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Amtsblatt für d-n Bezirk Nagold und für Altsnsteig-Ltadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw und jreudenst rdt.
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Attenstkig. Donnerstag dev 3. Februar.
Jahrgang 925
Politische'Streiflichter
Durch die Ausführungen, die der Reichskanzler Dr. Luther auf die Rede Herriots in der französischen Kammer dieser Tage entgegnete, ist eine deutsch-französische Diskussion in Fluß gekommen, der man eine Bedeutung zumessen muß. Es ist nach den bisherigen Erfahrungen zwar nicht für den Erfolg solcher Erörterungen günstig, wenn derartige Auseinandersetzungen in aller Oeffentlichkeit sich vollziehen, doch kann man aus solchen Vorgängen mancherlei Schlußfolgerungen entnehmen. Was beispielsweise jetzt in der französischen Presse in Erwiderung auf die Rede Luthers ausgeführt wird, ist deshalb beachtlich; weil hinter diesen Darlegungen ganz offensichtlich sich gewisse Wünsche und Sonoie- rungsversuche verbergen. Das gilt namentlich für die mit auffallender Eindringlichkeit in Frankreich gegenwärtig im Anschluß an die Rede Luthers behandelte Frage, ob Deutschland bereit sei, um der Sicherheit Frankreichs willen, bestimmte Garantien zu geben. Im Grunde ist diese Frage ja bereits durch Luther selbst beantwortet. Die größte Sorge, die sich in Frankreich darauf wieder in aller Oeffentlichkeit äußert, ist die, daß Deutschland zwar an seinen- westlichen Grenzen zu einem solchen Sicherheitsabkommen bereit sei, dagegen nicht im Osten und Süden, also gegenüber Polen und der Tschechoslowakei Garantieverträge zustehen werde. In Frankreich hegt man offenbar die Furcht, daß Deutschland etwa Polen und die Tschechoslopakei angreifen wolle, um von hier aus das gesamte europäische Problem von neuem aufzurollen versuchen. Aber die Dinge liegen für jeden Kenner der Verhältnisse gerade umgekehrt. Deutschland ist es, das die größte Sorge vor solchen Angriffen haben muß angesichts der Tatsache, daß in Polen und in der Tschechoslowakei Rüstungen in ganz unerhörtem Ausmaß vorgenommen werden, die ihre Spitze ganz offensichtlich nicht etwa Rußland, sondern Deutschland gegenüber haben, lieber diese Dinge ist uns Frankreich Aufklärung und Sicherung schuldig, und wenn die französische Presse jetzt an Deutschland die Frage stellt, ob es bereit sei, einen Vertrag zu liefern, der keine Spitze gegen England hat, so kann man sich nicht nur über eine solche Naivität wundern, sondern man muß rückhaltlos aussprechen, daß die Garantie Englands gegen Abmachungen, die wir mit Frankreich treffen müßten, geradezu unerläßlich erscheint. Zn diesem Sinne ist ja seinerzeit auch schon das Cuno-Angebot erfolgt. Und auch die gegenwärtige Regierung würde die Mitwirkung Englands geradezu zur Voraussetzung machen.
Der Berliner Vertreter des „Echo de Paris" stellt ironisch fest, daß die 800 Millionen-Anleihe bei der Entschädigung der Ruhrindustriellen draufgegangen sei. De Villemus will von unterrichteter Seite erfahren haben, daß Deutschland während des Ruhrwiderstandes geheime Fonds für Auslandspropaganda angelegt habe. Ferner will er sich verschiedene Einzelheiten über geheime Sitzungen der Finanzkommission im vergangenen Oktober verschafft haben. In einer dieser Sitzungen soll Dr. Luther gegen die Aufwertung der früheren Anleihen Stellung genommen haben unter Hinweis darauf, daß die Ruhroperation Deutschlands Verpflichtungen in Höhe von ungefähr 15 Milliarden Goldmark auferlegt habe. Nach dem Geständnis eines deutschen Ministers habe der Ruhrwiderstand jedoch höchstens 7 bis 8 Milliarden Eoldmark gekostet. Die geheimen Fonds der deutschen Regierung könnten daher auf 8 Milliarden Goldmark veranschlagt werden. Es war zu erwarten, daß in der französischen nationalistischen Presse die Angelegenheit der Ruhrkredite weidlich ausgebeutet werden würde. Was aber der Berliner Vertreter des „Echo de Paris" über die Geheimfonds für Auslandspropaganda im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zusammensaselt, das gehört in das Bereich der allerausschweifendsten Phantasie, und für seine Vermutung, daß die Geheimfonds der deutschen Regierung auf acht Milliarden Eoldmark veranschlagt werden könnten, wird er selbst unter seinen leichtgläubigen französischen Lesern keinen finden, der so dumm ist, ihm so etwas zu glauben. Dieser niedliche Hetzversuch ist ein charakteristisches Beispiel sür die sonst oft nicht ungeschickt verwendete Art der französischen Hetze, Wahres mit. Lügen zu verbinden in der Er- Wartung, daß der Leser beides zusammen schluckt.
In der Frage der Ruhrentschädigungen hat die Regierung mne Denkschrift ausgsarbeitet, die voraussichtlich noch vor . Ende der Woche veröffentlicht werden wird. ,-,Gegenüber den > schiefen und von völlig falschen Voraussetzungen ausaeben» !
den Darstellungen eines'Teils der Presse" wird jedoch bereits jetzt in allgemeiner Hinsicht von zuständiger Stelle folgendes festgestellt und durch WTV. verbreitet: Der im Herbst 1923 gefaßte Entschluß der Reichsregierung, die Wiederaufnahme der Arbeit im besetzten Gebiet durch die Zustimmung zum Abschluß der Micum-Verträge zu ermöglichen, war der Ausfluß des politischen Willens, der Weg der sogenannten Versackungspokitik gegenüber den besetzten Gebieten unter keinen Umständen zu beschreiten. Viele Kritiker scheinen heute keine Vorstellung mehr davon zu haben, wie es im Herbst 1923 nach Beendigung des passiven Widerstandes in dem besetzten Gebiet ausgesehen hat, soweit die Besatzungs- Mächte die Wiederaufnahme der Arbeit tatsächlich verhinderten. Die notwendige Voraussetzung sür den Abschluß der Micum-Verträge war die Zusicherung der Reichsregieruna, nach erfolgter Ordnung der Reichsfinanzen für die unter dem Mrcum-System von der Industrie geleisteten Vorschüsse auf Reparationslieferung des Reichs Ersatz zu leisten. Nur so konnte allmählich Abhilfe geschaffen und äußerste Not von der Bevölkerung abgewandt werden. Die loyale Einlösung dieser damls übernommenen Verpflichtung deckt sich mit der bei Reichsregierung und Volksgesamtheit in gleicher Weise herrschenden Ueberzeugung, daß die besetzten Gebiete nicht zur Reparationsprovinz für das Reich werden dürfen.
Deutsche Finanzministerkonferenz
Berlin, 4. Febr. Im Reichsfinanzministerium haben heute die Beratungen der Finanzminister der Länder begonnen.. Die im Reichsfinanzministerium nach Luther ausgearbeite-! ten Entwürfe, die von seinem Nachfolger v. Schlieben ohnej Aenderungen übernommen worden sind, sollen den Finanz-! Ministern der Länder unterbreitet werden. Die Finanzminister der Länder haben auf Einladung der sächsischen Regierung eine Vorkonferenz gehalten, in der versucht wurde, eine einheitliche Stellungnahme der Länder zu den Plänen des Reichsfinanzministers herbeizuführen. Man hat sich, wie verlautet, dabei dahin geeinigt, Gegenvorschläge zu machen, die in wichtigen Punkten von den Plänen abweichen. Die wichtigste und wohl auch die umstrittenste Frage ist die des sogenannten Finanzausgleiches zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Das jetzt in Geltung befindliche Schema läßt dem, Reich nur 10 vom Hundert der Einkommen- und Körper- schaftssteuer, während Länder und Gemeinden 90 vom Hundert erhalten. Von der Umsatzsteuer, der zweitwichtigsten Steuerquelle des Reiches, erhalten die Länder 20 vom Hundert. Die neuen Steuervorschläge des Reichsfinanzministers gehen nun dahin, eine Ermäßigung der Reichseinkommen- «ud Körperschaftssteuer um ein Drittel vorzunehmen und den Ländern und Gemeinden ein Zuschlagsrecht zuzubilligen, Las an gewisse Höchstgrenzen und an die Genehmigung durch Len Reichstag gebunden ist. Die Aenderung sieht einen ähnlichen Zustand vor, wie er früher schon einmal bestanden hat. Weiter ist geplant, anstelle der ursprünglich beabsichtigten Beseitigung des Länderanteils an der Umsatzsteuer eine Erhöhung dieses Anteils eintreten zu lassen. Schließlich soll als Ersatz für den Ausfall, der dem Reich durch Verminderung der Einkommen-, der Körperschafts- und der Umsatzsteuer entsteht, eine starke Steigerung der Verbrauchssteuern ein-' -treten. Ferner ist eine durchgreifende Vereinfachung des ganzen Steuersystems geplant. Einzelne Steuern, die Las Reich bisher erhoben hat, sollen den Ländern und Gemeinden ganz überlasten werden, gewisse Steuern, die erst in der Inflationszeit eingesllhrt wurden, sollen wieder verschwinden. Auch die AuslanLskredite für Länder und Gemeinde« und nicht zuletzt die Aufwertungsfrage, werden bei den Ve- prechungen der Minister eine wichtige Rolle spielen. Werden die vorstehenden Pläne in die Tat nmgesetzt, so begibt sich !Las Reich damit eines wesentlichen Teils seiner jetzigen Steuerhoheit.
Berlin, 4. Febr. Zm Reichsfinanzministerium trat unrer dem Vorsitz des Reichsfinanzministers von Schlieben eine Konferenz der Finanzminister der Länder zusammen. Der Reichsfittanzminister kennzeichnete als Zweck seiner Einladung, eine Uebereinstimmung zu erzielen über den künftigen Finanzausgleich. Er b> ^ .re, da man nun damit rechnen könne, daß Reich, Länder und Gemeinden trotz hoher außergewöhnlicher Anspannung der Leistungen das laufende Rechnungsjahr im großen und ganzen .hne Fehlbetrag, vielfach mit Ueberschuß werden abschließen können, glaube er feststellen zu dürfen, daß die in der 3. Steuernor- verordn^..h "strossene Regelung des Finanzausgleichs den damit verle gten Zn. ^ in vollem Umfange erfüllt habe. Der zu scha,^»- F- - zav- ' ' - ^ - oa dem Reich,
Ländern und Gemeinden oie ,....mymen zur Verfügung
!
stellen, die zur Befriedigung aller wünschenswerter Beourf- nisse hinreichen, sondern er soll lediglich die Beteiligungs- Verhältnisse an dem Steueraufkommen festsstzen. Es fordere die geschwächte Steusrkraft der Wirtschaft zu Einschräm n- gen des Bedarfs, so haben das Reich, die Länder und Gemeinden diese Einschränkungen gemeinsam und zwar nach den ihnen richtig zugemessenen Anteilen am Steueraufkommen zu tragen. Der Finanzausgleich sei ein Verteilunos- problem. Bei einer Erörterung erhebe sich zunächst die Frage: Was ist zu verteilen? Auch bei äußerster Ausnützung reiche die Steuerkraft in der nächsten Zeit nicht aus, um die Ansprüche zu befriedigen, die Deutschland seiner geschichtlichen und kulturellen Bedeutung nach an seine Finanzen zu stellen berechtigt sei. Eine überschüssige Steuerkrast 'er nicht vorhanden. Den Ländern soll ein Betrag von etwa 1875 Millionen Mark aus der Einkommen-, Körperschaft?-, Umsatz- und Rennwettsteuer zur Verfügung stehen soll. Zu diesen 1875 Millionen Mark, die teils den Ländern zu überweisen, teils in Gestalt von Zuschlägen für die Länder und Gemeinden zu erheben wären, treten etwa 3000 Millionen Mark eigene Steuern der Länder und Gemeinden und etwa 650 Millionen Ueberschüsse der Betriebsverwaltungen. Er betonte, daß es ihm bei der finanziellen A -s- einandsrsetzung zwischen Land und Gemeinden auch als schwerer Fehler erscheinen würde, den Gemeinden finanzielle Möglichkeiten zu eröffnen, die über ihren durch oie allgemeine Lage vorgezeichneten Bedarf hinausgehen. Wann der.mitgeteilte Gesetzentwurf eine Verlängerung der Geltungsdauer des Vesoldungssperegesetzes um weitere zwei Jahre vorsehe, so sei dafür auch der Gesichtspunkt wirksamer Beeinflussung der Finanzpolitik der Gemeinden maßgebend. Zur Frage der richtigen Bemessung der Beteili'gungsver- hältniste an den Steuern erklärt der Minister, es erscheine ihm angebracht, die hauptsächlichsten Steuern, die Einkommensteuer und Körperschaftssteuer einerseits und die Umsatzsteuer andererseits nicht so wie bisher zu verteilen, sondern eine mehr horizontale Verteilung der Steuern in der Weise vorzunehmen, daß die Länder und Gemeinden an der Einkommensteuer und Körperschaftssteuer mit 66?ft Prozent und an der Umsatzsteuer mit 30 Prozent beteiligt weroen.
LlnLersuchttng gegen BarmaL-Kutisker
Berlin, 4. Febr. Der Untersuchungsausschuß sür die An- Kelegenheit Barmat-Kutisker vernahm den Abg. Heil»! mann (Soz.) zum Fall Barmat als Zeuge. Er erklärte^ er habe Julius Varmat 1919 kennen gelernt, als er, Heil- Mann, die Berliner Berichterstattung für ein holländisches sozialistisches Blatt übernommen habe, zu dessen Gründung Julius Varmat 350 000 Gulden hergegeben habe. Als Bar- wrat in Geschäftsangelegenheiten' im März 1919 nach Berstin kam, habe er Barmat persönlich kennen gelernt. Varmat sei von Trölstra als aufrichtiger Freund der Arbeiterbewe- tznng, sowie von einem früheren Anwalt Barmats als durchaus einwandfreie Persönlichkeit charakterisiert worden. Heilmann selbst gewann während eines 6jährigen Verkehrs mit Barmat denselben Eindruck. Die Verbindung Barmats mit Hermann Müller und Wels sei im April 1919 zustande gekommen. Barmat hatte dem Büro der sozialistischen Internationale damals in Amsterdam drei Räume zur Verfügung gestellt. Was die Behauptung angeht, Varmat habe den „Dolchstoß" finanziert, so verweist der Zeuge daraus, daß der Einzug in diese Räume erst mehrere Wochen nach dem Waffenstillstand erfolgte. Seine Parteigenossen Müller und Wels hätten im Mai Barmat kennen gelernt. Diese Bekanntschaft sei später in Berlin fortgesetzt worden. Nach dem Kriege erteilte die Paßstelle in Amsterdam Varmat dreimal ein Visum. Ein D-' ^rvisum sei von Maltzahn bei der deutschen Gesandtschaft >m Haag abgelehnt worden, der erklärt habe, ein solches könne nur das Auswärtige Amt in Berlin ausstellen. Als im Fahre 1917 die im Ausland lebenden Russen zu Zustimmungskundgebungen für eine entente- , treue Kriegsverlängerung veranlaßt worden seien, sei Barmat für einen anständigen Frieden mit Deutschland ein- qetreten. Daraufhin sei Varmat in Amsterdam ausgepsif- sen worden. Das Angebot, bolschewistff b->r Generalkonsul in Ho-iland zu werden, habe Barmat a l ftut. Bar""K sei nach Berlin zurückgek^h.i und habe e> « ^,. .iben e,,ns hervorragenden belgischen Politikers an Ebert vorg^n- sen, in dem gebeten worden sei, ihm, dem belgischen Politiker, mitzuteil"«. welche l. ft"^eren Wünsche die Sozialdemokraten für die Friedens«^ Handlungen in Versailles hätte«. Er "wlle diese Wünsche oem sozialistischen Vertreter Bel- Oe:, auf der Versailler Konferenz übermittel . Desbrlll Kr Barmst Eoert. sorge stellt morden. D- .'cr bade rnpl Lern.