Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Sta-t. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstadt.

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Nr. 7

Alleusteig, Freitag de« 9. Januar.

Jahrgang 4923

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Vrveltskorrzerne und Finanz- , konzerne

^'Die^Ehrer netung, welche das deutsche Publikum alle« Gebilden cntgegenbrachte, die sichKonzerne" nannten, hat durch die Feststellungen der Berliner Staatsanwaltschaft jin der Ossäre StaatsbankKutiskerVarmat einen schwer jren Stotz erlitten. Es wäre aber verfehlt» nun alle Kon- Herne als Vereinigungen von Unternehmungen anzusehen, deren Zweck es sei, öffentliche Organe» Vermögensbesitzer und Verbraucher auszupliindern. Zunächst muh unterschie­den werden zwischen Arbeitskonzernen, die sich in ihrer Produktion und in ihrem Absatz weitgehend unterstützen können, und Finanzkonzernen, die nur das eine mitein­ander gemein haben, datz sie aus der gleichen Kasse das Betriebskapital erhalten. An und für sich braucht aber noch nicht jeder Finanzkonzern ein unsolides Gebilde zu sein. Es ist sehr wohl denkbar, datz die einzelnen Unternehmun­gen eines Finanzkonzerns durch ihren Zusammenschluß eine Besserung ihrer Produktionsbedingungen erzielen. Wenn z. B. ein Unternehmen des ausgesprochenen Saison-Gewer­bes wie eine Zuckerfabrik, die nur einige Wintermonate hindurch arbeitet, in einen Konzern mit anderen Unterneh­mungen geht, die im Sommer und Herbst arbeiten und Ka­pital benötigen, so kann aus einer Konzerngemeinschaft für beide Arten von Unternehmungen ein Vorteil heraussprin­gen, indem sie weniger Zinsen für ihr Betriebskapital zu zahlen brauchen.

Im deutschen Publikum hat bisher die Vorstellung ge­herrscht, datz jeder Konzern eine durchdachte Arbeitsgemein­schaft sei. Dieser Glaube ist durch die Berliner Untersuchun­gen der letzten Wochen zerstört worden. Ein größerer Teil der älteren Konzerne: Thyssen-Konzern, Klöckner-Konzern, Deutsche Erdöl-Rüttger-Konzern ufw. sind Arbeitskonzerne, bei denen die einzelnen Werke untereinander Rohstoffe und Halbfabrikate austauschen. Dies gewährleistet die regel­mäßige Deckung eines laufenden Bedarfs unter Festhal­tung einer gleichen, erprobten Qualität und sichert anderer­seits was bei flauem Geschäft besonders wichtig ist wenigstens für einen erheblichen Teil der Produktion den glatten Absatz. Allerdings haben auch die großen Konzerne rn Einsatzsteuer gespart, also ihre Produktion auf Kosten des geldbedürftigen Staates verbilligt. Die Erfahrungen, die in der deutschen Wirtschaft mit Arbeitskonzernen ge­macht worden sind, waren nicht immer und nicht überall günstig. Die Sicherung des Absatzes wirkte einer Verbesse­rung der Fabrikationsmethode entgegen, wo nicht außer­ordentliche technische und organisatorische Energie das Feh­len des Konkurrenzanreizes wett machte. Ein voklswirt- schaftlicher nützlicher Konzern ist es z. B.» wenn ein Erz­bergwerk, eine Kohlengrube, ein Hochofenbetrieb und ein Walzwerk in einem Konzern vereinigt find. Dann liefern die Erz- und Kohlengr-ben ihre Rohstoffe an den Hoch­ofen und der Hochofen gibt das erschmolzene Eisen an das Walzwerk weiter. Erwähnt sei, daß auch die gemeinsame knergiegewinnung (ein großes Elektrizitätswerk) für ver­schiedenartige zu einem Konzern vereinigte Unternehmun­gen eine verbilligte und gesicherte Kraft- und Lichtversor­gung schaffen und damit eine ökonomischen und stetigen Produktion dienen kann.

Da? Charakteristische der Finanzkonzerne geht am deut­lichsten aus ihrer Entstehungsgeschichte hervor. Meist han­delt es sich um einen Kriegs- oder Inflationsgewinnler, der große Barmittel zusammengescharrt hat und dieses keld nun nutzbringend verwenden will. Er erwirbt Sach­werte, Unternehmungen oder Aktienpakete, wie sie ihm gerade in den Wurf kommen. Zuweilen fügt er seinem »Konzern" auch noch eine zahlungsunfähig gewordene Schuldnerfirma hinzu. Ein solcher Konzern ist dann keine Arbeitsgemeinschaft, sondern ein buntes Mosaik. Das Ge­meinsame solcher Unternehmungen ist auf wenige Dings beschränkt. Der Konzernführer, seine Verwandten und Freunde sind die Direktoren und Aufsichtsratsmitglieder der einzelnen Unternehmungen. Bestenfalls können sich die einzelnen Unternehmungen gegenseitig mit Kapital aus­helfen. In der Regel sind aber solche Konzerne nicht aus­reichend finanziert, da ihre Gründer und Führer in der Hauptsache an die Ausdehnung, nicht aber an den Ausbau denken. Dieser Umstand verführt die Finanzkonzerne zum Mißbrauch wirtschaftlicher Möglichkeiten. Sie treiben häu­fig sogenannteWechselreiterei", d. h. sie stellen aufeinander Wechsel aus, denen kein Geschäft (d. h. keine Warenliefe­rung), sondern nur das Streben nach Geldbeschaffung zu

. Krunde liegt. Wenn auf einem solchen Wechsel die nötige j llnzahlguter Unterschriften" steht, so werden sie meist von ! »en Banken eingelöst (diskontiert). In zahlreichen Fällen ! ^aben dann die Finanzkonzerne das verhältnismäßig » niedrig verzinsliche Kreditgeld zu hohen Zinsen weiter, j verliehen und die Differenz in ihre Tasche gesteckt. Selbst ^ »er Laie kann erkennen, daß solcheGeschäfte" niemandem i stutzen bringen außer eben dem Inhaber dieser Konzerne.

- den soliden und wirklich produzierenden Unternehmungen

i ist durch die Geldjagd solcher Finanzkonzerne häufig oie , Möglichkeit genommen worden, sich ausreichend mit Kapital i >u versorgen. Es wäre für die deutsche Wirtschaft nützlich, i Venn der demnächst in Berlin beginnende große Finanz- ! Prozeß zu einer starken Einschränkung der reinen Finanz- ^ konzerne führen würde. Dr. Croll.

! Die Negier«ngsbM>«ng

; Berlin» 8. Jan. DieVoss. Ztg." schreibt: Es ist mit gro- , ßer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß Marx bei ' iner gestrigen Unterredung mit Ebert den Auftrag zur Ka- ' binettsbildung nicht in die Hände des Reichspräsidenten

- zurückgelegt hat, sondern, daß er sich bemühen wird, heute i ein Reichsministerium zusammenzustellen, das zum Teil ! ans politisch-parlamentarischen Persönlichkeiten, zum Teil ? aus hohen Beamten besteht. Das Reichsministerium des , Innern würde dann mit dem demokratischen Patreiführer ? Dr. Koch besetzt werden, die Fachministerien würden Staats- i kekretär zu Leitern erhalten. Im Reichstag würde sich dieses s Kabinett lediglich auf Zentrum und Demokraten stützen, > daz uauf die wohlwollende Neutralität der Sozialdemökra- t ten rechnen können. Die Deutsche Volkspartei würde als ? Folge ihres gestrigen Beschlußes aus der Regierung schei- . den. Das bedeutet, daß Dr. Strefemann nicht mehr Autzen- ! minister bleiben wird. Man nimmt an, daß der Reichs-

i kanzler das. Auswärtige Amt, mit übernehme n w ird._

! Die neue Reichsregierung

! Berlin, 8. Jan. Wie die Blätter melden, Hofft Reichs­kanzler Marx, daß es ihm möglich sein wird, noch am j Donnerstag abend dem Reichspräsidenten die Namen der ! neuen Leiter der Reichsministerien znr Ernennung vorzu- s legen und alsdann mit der neuen Regierung vor ! den Reichstag trete» und die Regierungs»

§ erklärung abgeben zu können. Die Leitung des k Außenministeriums dürfte Marx selbst Lberneh- ! meu. Vizekanzlerschaft und Reichsministerium des Jn- ! nein soll dem Führer der demokratischen Partei Koch r übertragen werden. Das Reichswehrministerium soll in de« r Händen Dr. Keßlers verbleiben. Das Reichssinanzmini- ! sterium wird von Dr. Luther, der kein Parlamentarier i ist, weiter verwaltet werde«, desgleichen das Reichsarbeits- j Ministerium vo« Dr. Bra « « s. An die Spitze des Justiz­ministeriums wird Staatssekretär Dr. Joel und an die Spitze des Reichsverkehrsministeriums Dr. Krohne tre­ten. Das Reichswirtschaftsministerium uud das Reichspost­ministerium werden gleichfalls den jetzt zuständige» Staats- ! sekretären unterstellt werden.

Lausanne, S. Jan. Das Erdbeben, das in drei sich fol­genden Stößen von abnehmender Heftigkeit bestand, wurde heute vormittag 3.45 Uhr bis 4 Uhr im ganzen Kanton Watt, speziell am Fuße des Jura, verspürt. In einer Ort­schaft verließen die Bewohner panikartig die Zimmer. Alle Einwohner des Ortes sind erwacht. An den Mauern der Häuser traten Risse auf.

Neuenburg, 9. Jan. Es wurden drei Stöße verspürt. Die» Bewohner der Ortschaft Fleurier wurden von einer Panik ergriffen. Auch in Neuenbur a zit terten die Maueru jkuj»

Aufsehenerregende Mandatsniederleguug

Berlin, 9. Jan. Die dem Zentrum angehörenden Abg. Dr. Höfle und Lange-Hegermann haben, wie das Nachrich­tenbüro des V. d. Z. hört, ihre Reichstagsmandate nieder­gelegt. Wenn diese beiden verdienten und allgemein im Reichstag anerkannten Politiker, deren Scheiden sicherlich die Zentrumsfraktion lebhaft bedauern wird, sich alsbald nach den Wahlen zu einem solchen Schritt entschlossen ha­ben, so wird man in der Annahme nicht sehlgehen, daß die Komplikationen, in die beide Herren durch die Barmat­angelegenheit verwickelt sind, die Ursache für eine solche Entscheidung sind. Ob -mit der Mandatsniederlegung des^ Abg. Dr. Höfle auch sein Ausscheiden aus dem Reichskabi-. nett erfolgt, steht im Augenblick noch nicht fest, dürfte jedoch) zu erwarten sein.

Nach den weiteren Nachrichten ist es nicht sicher, daß die Mandatsniederlegung tatsächlich erfolgt ist. Das Zentrum bestreitet es. Nun, man wird ja bald sehen, wie der Hase läuft.

Die Pariser Finanzkonferenz und Amerikas Anteil

London, 8. Jan. Der Berichterstatter desDaily Expreß" will wissen, daß Elemente! dem britischen Schatzkanzler das formelle Versprechen gegeben habe, daß irgendwelche Zah­lungen Frankreichs an die Vereinigten Staaten gleiche Zah­lungen an Großbritannien zur Folge haben werden. Der Pariser Berichterstatter derMorningpost" bericht t, in amtlichen britischen Kreisen sei der Rindruck der ersten ! Konferenz durchaus befriedigend. Churchill sei der Mei­nung, datz die Regelung der englisch-amerikanischen Streit- I punkte betreffend den Anteil Amerikas an den deutschen ! Zahlungen bald erledigt werden könnte. Die Stimmung in 'den amtlichen amerikanischen Kreisen sei allerdings weniger optimistisch.

Der italienische Wahlrechtsentwurf

Rom, 8. Jan. Der Ministerrat beschäftigte sich mit dem Wahlgesetzentwurf und entschied sich zugunsten des Wahl­rechts, aber gegen die Wahlpflicht, gegen die schriftliche Wahl und gegen das Auswandererwahlrecht. Der Minister­rat sprach sich ferner dafür aus, daß die Kandidaten in dem Wahlkreisen, in denen keine Gegenkandidaten ausgestellt sind, als gewählt zu gelten haben. Mussolini erklärte, datz die gegenwärtige Kammersession nach Annahme des Wahl­gesetzentwurfs geschloffen werden könne, um die Neuwahlen vorzunehmen.

Neues vom Tage

Der neue Ebert-Rothardt-Prozeß Berlin, 9. Jan. Wie derVorwärts" meldet, ist die Zu- ssammenstellung der Urteilsbegründung im Prozeß des Reichspräsidenten gegen den stellvertretenden Schriftleiter iderMitteldeutschen Presse" in Staßfurt Rothardt nun­mehr fertigestellt. Nach der Zustellung wird von den An­wälten des Reichspräsidenten die schriftliche Begründung ihrer Berufung erfolgen. Zu der neuen Verhandlung in der Strafsache, die diesmal die Große Strafkammer beim Landgericht Magdeburg beschäftigen wird, wird mitgeteilt, sdaß sie schon Ende Februar oder Anfang März stattfindes Wird, da sowohl der Reichspräsident als auch die Staats­anwaltschaft um möglichste Beschleunigung des Verfahrens .uachgesucht haben.

Erdbeben in der Schweiz

Zürich, 9. Jan. Am Donnerstag wurde auf der schweize­rischen Erdbebenwarte in Zürich ein starkes Nahbeben mit Beginn um 3.45.15 Uhr registriert. Das Beben wurde fast im ganzen schweizerischen Flachlande, aber besonders stark im Jura verspürt. Der Herd befindet sich etwa 18 Kilomet« west-nord-westlich von Zürich in der Gegend von Orbe, wo das Beben besonders stark gewirkt hat, ohne daß jedoch Häuser beschädigt wurden.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 8. Jan. ^

Auf der Tagesordnung stand die erste und zweite Bera­tung des Entwurfs eines Gesetzes wegen des deutsch-pol­nischen Abkommens über Staatsangehörigkeits- und Op­tionsfragen.

Präsident Loebe eröffnet die Sitzung um 3.15 Uhr. Er teilt zunächst mit, daß die gestrigen Zeitungsmeldungen, wonach die Präsidentenwahl in der Diplomatenloge beson­ders von den Diplomaten der vormals feindlichen Länder lebhaft beklatscht worden wäre, nicht richtig seien. Dagegen sei eine solche Kundgebung erfolgt in der neben der Diplo­matenloge liegenden Loge, in der die Angehörigen der Par­lamentarier und Abgeordneten Platz genommen hatten. Er werde den Präsidenten des Landtags, sobald er gewählt sei, ersuchen, seine Mitglieder darauf aufmerksam zu machen, daß derartige Kundgebungen unzulässig seien. (Heiterkeit.)

Ein Antrag auf Strafverfolgung des Abg. Thaelmann (Komm.) wird dem Geschäftsordnungsausschuß überwiesen.

Das deutsch-polnische Abkommen wird dann in erster Be­ratung ohne Debatte dem Auswärtigen Ausschuß über­wiesen.

Der zweite Punkt der Tagesordnung, die erste und zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aenberung des Postgesetzes wird angenommen.

Der Präsident gibt bekannt, datz von dem Abg. Katz (Komm.) aus Wien ein Telegramm eingetroffen sei. in dem