»

Familienabend des Schwarzwaldvereins.

(:) Am Samstag hielt der Schwarzwaldverein sei­nen Familienabend. Nach einleitenden Begrüßungs- worten des Vorsitzenden hielt Herr Rektor Beutel einen erklärenden Vortrag zu Lichtbildern, welche hervorragende Männer und Episoden aus der Zeit der Freiheitskriege Wiedergaben, meistens nach Ge­mälden von Künstlern aus der großen Zeit vor 100 Jahren. Vor und nach dem Bortrage wurden die Anwesenden durch Musik- und Gesangsvorträge er­freut, ausgeführt von Mitgliedern, welche sich dem Verein in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellten: Frl. Stüber und die Herren Beißer, Pfau, Kaufmann, Trippner, Rau und Olpp). Lebhafter Beifall, welcher den Darbietungen folgte, gab dem Dank der Versammel­ten beredten Ausdruck. Auch an dieser Stelle sei Allen, welche sich um die Belebung des Abends ver­dient machten, herzlicher Dank gesagt. Der ange­schlossenen Tanzunterhaltung wurde sehr lebhaft zu­gesprochen, und was die, desdräuenden" Festtages wegen beschränkte, Zeit den Tanzenden an Genuß hätte entziehen können, wurde ausgewogen durch . unermüdlichen Eifer der Musik. Als die Versamm­lung sich nach Mitternacht trennte, war wohl keiner, der unbefriedigt nach Hause ging.

Kt. Von der Schule. Die Bewerber um eine ständige Lehrstelle in Stammheim OA. Lalw haben sich bis zum 20. Dezember beim Evg. Oberschulrat zu melden.

v. Bahndienft. Lokomotivführer Wellhäuser hier wurde auf Ansuchen nach Tübingen versetzt. Dem Weichenwärter Zink hier wurde auf Ansuchen der Bahnwärterposten 68 a der Abteilung Brötzingen übertragen.

Von der Handwerkskammer Reutlingen. Flasch­nerobermeister Heinrich Essig in Ealw ist für den Rest der Wahlperiode 1909/15 an Stelle eines aus­geschiedenen Mitgliedes als Vollmitglied in die Handwerkskammer eingetreten. Dadurch hat das Oberami Calw, das bei den letzten Kammerwahlen zu kurz kam, wieder die früher innegehabte Vollver­tretung in der Handwerkskammer des Schwarzwald­kreises erhalten.

tvürttenivsrg.

Frln. Di. Isolde Kurz.

Stuttgart, 30. Nov. Zu der gestern abend vom Literarischen Klub veranstalteten Gedächtnisfeier für Hermann Kurz erschienen auch der König und die Königin. Der Dekan der philosophischen Fakultät Tübingen teilte mit, daß die Fakultät die Tochter des Dichters, Isolde Kurz, zum Ehrendoktor ernannt hat.

Reformationsdenkmal.

Stuttgart» 29. Nov. Der engere Rat des Ee- famtkirchengemeinderats hat der Ausführung des Brüllmannschen Entwurfes für das hier geplante Reformationsdenkmal zugestimmt.

Verbrannt. Ein Irrsinniger.

Mühlacker, 1. Dez. In dem nahen badischen Ort Gebricen verbrannte am Samstag die 50 Jahre alte Frau des Goldarbeiters Christian Rebstock, die das erlöschende Herdfeuer mit Erdöl anfachen wollte. Sie konnte noch in das Spital nach Pforzheim ver­bracht werden, starb aber am gleichen Tag. In

5, Ghotera.

Erzählung aus Nordfriesland von Jngeborg Andresen.

Nun bogen sie an der Kirche vorbei in die Glockenfennen ein. Silberweiß, zitternd im Mondlicht, braute der Nebel über das Land. Undeutlich, verwischt hoben sich hier und da die Umrisse einer Werft heraus. Durch die Stille klang dann und wann das Brüllen eines Tieres, sonst nur die heimlichen und doch deutlichen Atemzüge der schlafenden Erde.

Schweigsam eilten die beiden Frauen vorwärts. Jann Tirk'sche sah wohl, wie ihre Begleiterin vor jeder alten Weide, die da grau und gespenstisch am Graben hockte, vor jedem Stück Vieh, das plötzlich aus dem Nebel auftauchte, zusammenschrak. Aber sie rügte heute diese Furcht nicht, ging es ihr selber doch nicht viel besser. Dieser Schuster! Wer ihr das je gesagt hätte, daß sie noch hinter dem herlaufen müßte! Aber konnte man wohl dies arme dumme Ding allein lassen? ..

Wenn er nun doch die Seuche hätte? Jann Dirk'sche schüttelte sich heimlich und sah nach ihrer kleinen, dicken Ge­fährtin. So sicher, wie sie sich vorhin der gegenüber gezeigt hatte, war sie durchaus nicht, daß der Schuster nur unter der Nachwirkung der Kaffeepünsche stände. Aber einerlei, hin mußten sie und schließlich hatte sie doch recht: die Ursache von all dem war das Trinken. Wäre der Schuster solide und ordentlich wie die andern aus derStraße", brauchte man hier nicht um Mitternacht nach dem Deich zu wandern!

Jann Dirk'sche wurde bei diesen Gedanken von einem heiligen Zorn gepackt; sie übersah noch einmal alle die Fahrten und Taten des Sünders, womit der seit langem die ganze nüchterne, solideStraße" bloßgestellt hatte, und sagte dann grimmig:Dat verbreite Supen! Wenn man t' em doch af- wönn kunn!" Life Ramaker'sche stimmte in das Klagelied mit ein, und so kamen sie jetzt unter lautem und eifrigem Reden auf den Deich hinauf der dunkle Haufe da rechts von ihnen mußte die Kate sein.

der Wirtschaft zur Kanne zog der 39jährige Buch­halter Karl Martin Klenkler aus Ueberlingen einen Revolver, lud ihn vor den Augen der Wirtstochter und drohte, sie zu erschießen. Die Tochter flüchtete. Der offenbar wahnsinig gewordene Klenkler wurde festgenommen und an das Amtsgericht Maulbronn eingeliefert.

Heilbronn» 28. Nov. Wie in anderen Bezirken des Unterlandes, spielte bis vor 15 Jahren hier der Schälwaldbetrieb, der die Erzeugung möglichst glat­ter und lohreicher Eichenjungrinde an Stockausschlä- oen zum Zwecke hatte, eine hervorragende Rolle. Die Rinde fand auf dem hiesigen Rindenmarkt, wo noch im Jahre 1884 58 850 Zentner Rinde verkauft wurden, lohnenden Absatz. Mit dem Rückgang des hiesigen Rindenmarktes infolge der Konkurrenz der vom Ausland, namentlich von Ungarn bezogenen Eichenrinde, sowie infolge der zunehmenden Verwen­dung überseeischer Gerbstoffe ist auch der Schälwald­betrieb zurückgegangen. Die Holzpreise sind durch­weg befriedigend, Brennholz wird im Bezirk abge­setzt und von Stammholz geht ein guter Teil über die Grenze, namentlich neckartalabwärts. Die Ver­änderung des Betriebs erfordert aber auch neue Ab­fuhrwege und deren Herstellung verursacht große Ko­sten. Diesen Winter baut das K. Forstamt hier einen solchen im Staatswald Erafenhau im Voranschlg von 2400 .st.

Au» w-tt «nt> Seit.

Der Bauernfchreck ein Puma.

Graz, 30. Nov. lieber die Expedition des Reichs­vereins der Verufsjäaer, die das als Bauernschreck bekannte Raubtier zwölf Tage im Gebiete der Stub- und Koralpe verfolgte, hat Sekretär Sammereyer einen Bericht erstattet, in welchem er zu dem Schluß kommt, daß der Bauernschreck ein Silberlöwe (Pu­ma) mit einem Jungen sei. Er hörte um 7 Uhr 30 Min. abends bei vollster Ruhe und tiefster Dun­kelheit in einem Walde oberhalb Hirschegg den Schrei des Tieres. Er klang wie das markerschütternde Schreien eines Esels, nur schriller, durchdringender und kreischender. Als Sammereyer am nächsten Tage sein nächtliches Erlebnis den Jägern auf der Stub- alpe erzählte, ohne den Schrei nachzuahmen, machte Ingenieur Hausmann aus Graz den Schrei täuschend nach. Hausmann, ein erfahrener Jäger, hat diesen Schrei wiederholt bei nächtlichen Ansitzen gehört und sich dessen täuschende Nachahmung zueigen gemacht. Nach Wien zurückgekehrt, hat Sammereyer in der Schönbrunner Menagerie Beobachtungen angestellt, und es gelang ihm, einwandfrei festzustellen, daß der von ihm gehörte und ihm treu im Gedächtnis geblie­bene Schrei nur von einem Puma herrühren kann, denn kein anderes Raubtier hat diesen Schrei. Auch die Wärter der Menagerie erkannten in dem Schrei, den Sammereyer nachahmte, sofort den Schrei des Pumas. Nun sind auch die Verwechslungen, (durch die Gestalt und Farbe des Pumas) einerseits mit einem Löwen, anderseits mit einem Wolf erklärlich.

Nom, 30. Nov. Auf dem Bahnhof Ceccano (Pro­vinz Rom) stieß gestern abend infolge falscher Wei­che nstellung der Schnellzug RomNeapel mit einem Eüterzug zusammen. Sechs Reisende 3. Klasse und

Die beiden Frauen kamen zögernd näher und näher wenn nun da drinnen in dem windschiefen Gebäude der Tod hockte? Das Mondlicht zeigte ihnen deutlich eine niedrige Tür und schmale, vergitterte Stallfenster die Wohnräume muß­ten wohl auf der andern Seite liegen. Leise gingen sie um das Haus herum, in den kleinen, verwilderten Garten hinein. Ein Duft von Nachtviolen und Krausenminze schlug ihnen ent­gegen, die Ranken von Stachelbeerbüschen hakten sich in ihre Röcke, langes, feuchtes Gras wickelte sich um ihre Füße, und der Efeu an der Hauswand streifte sie mit raschelndem Laut.

Plötzlich blieb Jann Dirk'sche stehen und hob warnend den Finger: vor einem der beiden niedrigen Fenster stand Frau Lene auf den Zehen und drückte ihr Gesicht an die Schei­ben. Zum Oeffnen waren die Fenster nicht eingerichtet, nur oben standen zwei kleine Scheiben offen. Auf der Fensterbank drinnen hockte Pe' Mölk und hatte die Hand seiner Frau gefaßt. An das Ohr der Lauscherinnen schlugen kurze, abge­brochene Reden: bittere Selbstanklagen, Bitten um Verzeihung und heiße Gelöbnisse. Und die Antwort gab immer wieder junge, starke Liebe.

Erst ein kräftiges Räuspern machte die Beiden auf die Anwesenheit der Nachbarinnen aufmerksam die junge Frau wandte ihnen ein von glücklichen Tränen überströmtes Antlitz zu und rief leise und jubelnd:Em fehlt gornix" He is ganz gesund!"Na, dat freut mi", meinte Jann Dirk'sche trocken;hält he denn ok all utschlapen?" Der Schuster über­nahm selbst die Antwort:Ja, Nasche", sagte er ernst,dat häff ick . . . orndli häff ick utschlapen." Und dann setzte er bittend hinzu:Nu nehmt min lüttje Fru mit to Hus, se blisft hier sons de ganze Nach stahn." Frau Lene umklammerte fester ihres Mannes Hand und wollte etwas entgegnen, aber Jann Dirk'sche lachte vergnügt auf:Wi möt Di ock levers glieks mitnehm, Pe' Mölk de ol wackelige Dör kriegen wi wull noch apen ... De Smid kummt noch lang nich, also man gau dorbi!"

der Weichensteller wurden dabei getötet, etwa 20 Personen wurden verwundet.

Panama, 30. Nov. In dem Cucavacha-Erd- rutsch ist eine neue Bewegung emgetreten. Der kürz­lich erfolgte Durchstich durch den Erdrutsch ist wieder nahezu verschüttet worden._

Grriehtsiaal.

Vater und Sohn.

Stuttgart, 28. Nov. Mit einer Familientragödie schloß die 4. Schwurgerichtsperiode. Der 58 Jahre alte Metzger Friedrich Bauer von Rutesheim war des versuchtenTotschlags an seinem 36jäh- rigen Sohn angeklagt. Zwischen Vater und Sohn bestand ein schlechtes Verhältnis, das noch gespann­ter wurde, als der Sohn eine Französin als Frau heimbrachte. Am 2. Juni wollte der Sohn wieder nach Frankreich abreisen. An diesem Tage äußerte er in einer Wirtschaft, er gehe jetzt zu seinem Vater und frage ihn, ob er ihn als Sohn anerkenne, er nehme einen Revolver mit und es könne etwas ab­setzen. Seine Eltern erhielten durch eine dritte Per­son Kenntnis von der Aeußerung. Die Familie wurde durch die Drohung in große Angst versetzt, die Mutter schloß die Wohnung ab und versteckte sicki im Stall. Als der Sohn das Haus verschlossen fand, rüttelte er an den Türen, schlug zwei Fenster ein, wobei er sich an der Hand verletzte, und stieß Schimpf­worte und Drohungen aus. Als er den Hof betrat, stand er plötzlich seinem mit einem Gewehr bewaff­neten Vater gegenüber. Nach einem kurzen Wort­wechsel krachte ein Schuß, der den Sohn in den Bauch traf. Der alte Bauer gab dann noch aus einem Re­volver einen Schuß ab, der in das Scheunentor ging. Der Sohn mußte operiert werden. Die Schrotkörner waren nicht durchgedrungen, sondern in der Bauch­wand stecken geblieben. Der Angeklagte bestritt, daß er seinen Sohn habe erschießen wollen, und machte im übrigen Notwehr geltend. Er will im Aermel seines Sohnes einen Gegenstand gesehen haben, den er für einen Revolver gehalten habe. Der junge Bauer soll, wie bezeugt wurde, nichts in der Hand gehabt haben. Auch will der Angeklagte, als er die blutige Hand seines Sohnes sah, gedacht haben, jetzt hat er seine Mutter umgebracht, jetzt geht es an dich. Die Geschworenen verneinten die Schuld­srage, worauf der Angeklagte freigesprochen wurde. _

Lair»rvirts«tz»ft «nv Märkte.

Gegen die Seuchengefahr. Mit Rücksicht auf die zunehmende Maul- und Klauenseuche sind laut einer Anordnung im Amtsblatt der Verkehrsanstalten so­fort wieder allgemein die zur Beförderung von Klauenvieh (Wiederkäuern und Schweinen) benutz­ten Eisenbahnwagen sowie die Gerätschaften, beweg­lichen und festen Rampen verschärft zu desinfizieren.

Stuttgart, 29. Nov. Schlachtviehmarkt. Zuge­trieben: 139 Stück Großvieh, 47 Kälber und 345 Schweine. Bullen 1. Kl. 8689 >st. Stiere 1. Kl. 99102 .tl. Jungrinder 2. Kl. 9698 ^st. Kälber

1. Kl. 97104 -4t. Schweine 1. Kl. 7576 -4l,

2. Kl. 7374 -4l. Verlauf des Marktes: mäßig

belebt._

Für die Schrtstleirung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckeiei.

Sie hatte recht: auf so etwas war die Tür nicht mehr ^naerichtet: Pe' Mölk war wieder frei. Er sah noch immer blaß und jämmerlich aus, so daß Jann Dirk'sche ihn resolut unter einen Arm faßte und Life Ramaker'sche an die andere Seite dirigierte auf die Weise kriegte sie ihre Strafreden und Ermahnungen auch am besten angebracht. Ohne Wider­spruch ließ er alles über sich ergehen; dann und wann nur drehte er sich um und nickte der kleinen Frau zu, und die lächelte ihn wieder an: was Pe' Mölk heut' Nacht versprochen, wird er halten.

An den beiden folgenden Tagen blieb die Tür des Schusterhauses verschlossen; weder der Schmied, der sich nach seinem entwischten Cholerakranken umsehen wollte, noch Jann Dirk'sche, die ihre Predigt im Lichte des Tages noch einmal wiederholen wollte, fanden Einlaß, ebenso wenig wie die zahlreiche Schar der Neugierigen und Spottlustigen, die am Türdrücker des Schusterhauses rüttelten.

Am dritten Tag aber stand schon frühmorgens die Tür weit und einladend offen, und als sich nach und nach die Gäste über die Schwelle schoben, teils ohne, teils mit reparatur­bedürftigen Stiefeln in der Hand, sahen sie Pe' Mölk am Schustertisch sitzen und lustig hämmern. Dabei machte er einen solchen Lärm, daß man immer wieder die neugierigen Fragen hinunterschlucken mußte; bis es schließlich Toms Semp ge­lang, das Nötigste und Verwunderlichste zu erfahren. Mit sei­ner schrillen, kantigen Stimme schrie er zwischen zwei Hammer­schläge hinein:Pe' Mölk häst 'n Orden krägn? Wat fitt dor op din Rock?" Da legte der Schuster behaglich lächelnd den Hammer zur Seite und nestelte an der bunten Nadel auf dem Aufschlag seines Arbeitsrockes; Frau Lene aber schob die Tassen auf dem Eßtisch zusammen und gab dem Frager Ant­wort:Min Mann is Guttempler worn dat bedüd de Na­del. Nu seit Din Stäweln man hen morgen kannst se weller haln!"

Ende.