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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und FreudensLadt.
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Nr. 27Z
Altensteig» Freitag de« 21 November.
Jahrgang 1924
Der NeparaLionsagent.
Anfang Oktober ist Herr S. Parker Gilbert, der neue Agent für die Reparationszahlungen, von Amerika nach Paris gefahren, hat sich dort mit der Reparationskommission besprochen und ist Ende Oktober nach Berlin weitergereist. Er hat sich bei der deutschen Öffentlichkeit durch ein Schreiben an den Reichsfinanzminister Dr. Luther eingeführt, in welchem er die Erstattung der 26prozentigen Aus- fuhrabLabs für sich in Anspruch nimmt. Vom 1. Dezember ab soll also das Reich nicht mehr den Exporteuren den 26- prozentigen Abzug von ihrer Rechnung vergüten, sondern die Ansprüche dem Reparationsagenten zuleiten, der dann die Entscheidung trifft und die betreffenden Summen aus- Sahlt.
Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als sei die Forderung des Reparationsagenten ein Mißtrauensvotum gegen diejenige Reichsstelle, welche die Anträge auf Rückerstattung der 26prozentigen Abgabe zu prüfen und zu genehmigen hatte. Im Londoner Protokoll, und zwar in der Anlage 3 Artikel 4 unter Nr. c, heißt es nur, daß Deutschland von seinen Zahlungen an die Reparationskasse die Beträge der 26prozentigen Ausfuhrabgabe abziehen könne. Darüber, wer den deutschen Exporteuren die 26 Prozent zu vergüten hat, ist nichts gesagt. Die 26prozentige Ausfuhrabgabe, die jetzt von England, Frankreich und Belgien erhoben wird, ist zwar im Londoner Abkommen vorgesehen, widerspricht aber trotzdem dem Geist der zwischen den früheren Kriegsgegnern erzielten Verständigung. Wir wollen doch mit unserem Geld nicht den Staatskassen in London, Paris und Brüssel Sondsreinnahmen verschaffen, sondern das im Oktober 1918 gegebene Aufbauversprechen einlösen! England hat seinerzeit die Ausfuhrabgabe beibehalten, um hintenherum mehr von den deutschen Zahlungen zu erhalten, als es dem im Juli 1920 zu Spaa beschlossenen Verteilungsschlüssel entspricht. Aus Neid und Selbstsucht sind Frankreich und Belgien dem englischen Beispiel gefolgt. Zwar wird die eigentliche Belastung Deutschlands dadurch nicht vergrößert, jedoch werden die Summen, die für die eigentlichen Aufbauzwecke zur Verfügung gestellt werden können, stark verkürzt.
Herr Gilbert hat in Berlin das bekannte Mitglied des Sachverständigenausschusses, Owen Poung, abgelöst. Dieser Letztgenannte hat bei seinem Scheiden aus Deutschland einen der ersten Geldscheine der neuen Reichsmarkwährung mitbekommen. Wenn auch diese Gabe als ein Abschiedsgeschenk zur Erinnerung an mehrmonatige Zusammenarbeit anzusehen ist, so hat sie doch darüber hinaus symbolische Bedeutung. Der Vertrauensmann der Alliierten soll sein Amt als Agent für die Reparationszahlungen nicht nur im Interesse der empfangsberechtigten Staaten, sondern auch zum Wohl der deutschen Wirtschaft und der deutschen Finanzen führen. Auf den ersten Blick sieht der Schritt des Herrn Gilbert wie ein Trick zur Ermöglichung einer umfassenden Wirtschaftsspionage aus. Mindestens bedeutet es eine Verzögerung in der Erstattung der Ausfuhradgaoe, wenn die Rückerstattungsanträge erst vom Transferkomitee begutachtet und dann erst vom Reparationsagenten zur Zahlung angewiesen werden sollen. Ein ganz anderes Gesicht würde jedoch der Brief Parker Gilberts erhalten, wenn die Information einer Nachrichtenstelle zuträfe, daß näm-, sich der Reparationsagent alle Zahlungen betreffend die 26- Prozentige Ausfuhrabgabe bei sich konzentrieren will, um bie im höchsten Sinne ungerechte Sonderbelastung des deutschen Handels und die illegitime Anzapfung des Reparationsfonds aus der Welt zu schaffen, d. h. England, Frankreich und Belgien zum Verzicht auf diese Abgabe zu veranlassen. (Leider stimmt diese Auffassung nicht ganz! Die Aed.) W.W.
Neues vom Tage.
Um die Räumung der Kölner Zone.
London, 20. Nov. Dre englische Regierung steht in Verhandlungen mit der französischen Regierung über die Räumung der Kölner Zone im Januar, bezüglich deren, wie die »Times" mitteilt, Deutschland neuerdings in London vorstellig geworden ist. Obwohl die französischen Einwendungen Segen die Räumung bekannt sind, meint die „Times", es sei nicht unwahrscheinlich, daß ein Kompromiß zustande- «mme, das die baldige Räumung ermögliche, da die fran- Wche Regierung bestrebt sei, die militärischen Ausgaben Möglichst herabzusetzen. Tatsächlich habe Herriot General sollet ersucht, einen Plan auszuarbeiten, wodurch die "heintruppen, deren Divisionen auf Kriegsstärke stehen, auf Friedensstärke herabgesetzt werden. Rollet habe dafür militärische Kommission eingesetzt.
§ Wahlabkommer» zwischen Zentrum und Bayerischer
! Volkspartei.
; München, 20. Nov. Dem Wahlabkommen, das zwischen s Per bayerischen Volkspartei und dem Zentrum geschlossen ! wurde, stimmte der Landesvorstand der bayerischen Zen- t trumspartei zu. Er wird von der Aufstellung eigener Kan» ; chidaten absehen. Den Parteiangehörigen wurde jedoch nicht
- nahegelegt, sich der Wahl zu enthalten, sondern es wurde ? ihnen völlige Wahlfreiheit zugestanden.
f Ein neues Besatzungsregime,
i Paris, 20. Nov. Laut „Oeuvre" soll in der kommenden ; Woche im Quai d'Orsay eine Konferenz stattfinden, die über i Verbesserungen im Verfahren' bei der Besetzung deutschen j Gebietes beraten soll. Es werden daran außer dem Mini- , sterpräsidenten Herriot und dem Kriegsminister der Präsi- j dent der Rheinlandkommission, ein Vertreter des General- j stabs der Besatzungsarmee, sowie die Berichterstatter der ! Finanzkommission der Kammer teilnehmen. Es handelt sich i bei den kommenden Besprechungen nicht nur um einen Ab- ! bau der Besatzung, sondern gleichzeitig auch um eine neue f Abgrenzung der Befugnisse zwischen den zivilen und den ^ militärischen Besatzungsstellen. Das Ziel soll die Wieder- < Herstellung des Zustandes sein, wie er vor dem 11. Januar z 1923, also vor dem Einbruch in das Ruhrgebiet, bestanden s hat. Es soll vor allem das Ilebergewicht, das die militä- j rischen Kommandostellen im Verlaus der letzten zwei Jahre ? an sich zu reißen vermocht haben, zugunsten der Zivilstellen ! beseitigt werden.
! Sassonow fühlt sich getroffen.
: Paris, 20. Nov. Sassonow, der sich in Versailles aufhält,
j ersucht den „Temps" um die Veröffentlichung einer Be- j richtigung zu der ihm in den Mund gelegten Aeußerung ! in den von dem „Oeuvre" veröffentlichten Aufzeichnungen ! des ehemaligen französischen Botschafters in Petersburg,
- Louis. Er erinnere sich nur noch vage an eine Unterredung, § die er mit Dutasta in Petersburg gehabt habe. Aber Arm- i seligkeiten, die ihm die Aufzeichnungen zuschreiben, habe er s sicher nicht gesagt. Schließlich erklärt Sassonow, Zar k Nikolaus habe entschlossen für den Frieden gearbeitet und ! sei von seiner Regierung hierbei unterstützt wordetr. Selbst
- wenn sich ein gegenteiliger Einfluß geltend gemacht hätte, hätte er nicht die geringste Aussicht auf Erfolg gehabt. Zum Schlüsse behauptet der ehemalige Außenminister: Unsere ehemaligen Freunde waren ebenso pazifistisch wie wir, was die Möglichkeit eines Druckes in aggressivem Sinne von ihrer Seite ausgeschlossen hat. (Nichts wie leere Ausreden! Die Red.)
Strafantrag im Hochstaplerprozeß.
Berlin, 20. Nov. Im Prozeß Egloffstein beantragte der Staatsanwalt unter Zubilligung mildernder Umstände gegen Egloffstein, der von den Sachverständigen als geistig minderwertig erklärt worden war, Einzelstrafen in Höhe l von insgesamt 44 Jahren Gefängnis, dis auf die gesetzlich i zulässige Höchststrafe von 16 Jahren zusammengezogen wer- i den sollen. Die Strafanträge gegen Hermes bzw. Dora ! Lehmann lauteten auf 5 Jahre bzw. 3 Jahre Gefängnis.
! Für die Krankenpflegerin Schwartz sind 1600 Mk. Geldstrafe ! beantragt worde«
- Rückkauf deutscher Dampfer.
' Dessau, 20. Nov. Der Norddeutsche Lloyd kaufte die aus Grund des Versailler Vertrages abgelieferten Dampfer „Anhalt" und „Dessau" zurück. Das Staatsministerium hat dem Norddeutschen Lloyd aus diesem Anlaß seine Glückwünsche übermittelt und von ihm die Mitteilung erhalten, daß die beiden Dampfer unter ihren früheren Namen wieder in Dienst gestellt werden.
Das neue österreichische Kabinett.
-Wien» 20. Nov. Nach mehrstündigen Besprechungen zwischen den Eroßdeutschen und den Christlichsozialen ist ein Kompromiß zustande gekommen, wodurch die Lösung der in d:n letzten Wochen aufgeworfenen Streitfragen, in erster Reihe die Frage der Bundesverfassung und der Vundes- finanzverfassung, ferner die Frage der konfessionellen Schule vertagt wird. Im übrigen wurde die Koalition anf der bisherigen Grundlage erneuert. Vizekanzler Frank erklärte, daß er durch seine ganze bisherige Betätigung sich viel zu sehr solidarisch mit Seipel und Kienböck fühle, als daß er in die Regierung Ramek eintreten könnte. Er wird durch Waber ersetzt, der schon wiederholt, zuletzt unter Seipel im Jahre 1922, Justizminister gewessn war. In den Verhandlungen mit den Eroßdeutschen gab der zum Außenminister ausersehene Christlichscziale Dr. Mataja die Erklärung ab, daß er die Außenpolitik im Sinne Erünbergers mit^noch
stärkerer Betonung der Handels- und wirtschaftspolitischen Interessen betreiben und in den verschiedenen Anschlußmöglichkeiten, sei es gegenüber Deutschland oder den Nachfolgestaaten, ganz auf den Grundsätzen der Regierung Seipel fußen werde. Die neue Negierung, die aus Christlichsozialen und zwei Großdeutschen bestehen wird, wird in der Sitzung des Nationalrats gewählt.
Wien, 20. Nov. Der Nationalrat bestätigte die neue Regierung in namentlicher Abstimmung mit 91 gegen ZV Stimmen der Sozialdemokraten. Die Regierung setzt sich nunmehr folgendermaßen zusammen:
Vundeskanzer Dr. Ramek,
Vizekanzler Dr. Waber (Eroßdeutsch), soziale Verwaltung Dr. Resch, Finanzen Dr. Ahrer, Aeußeres Dr. Mataja. Dazu kommen die bisherigen Minister Schneider, Bölinger, Schürff (Eroßdeutsch) und Vangoin, die ihre Aemter behalten. Die neue Regierung besteht also aus 7 Christlichsozialen und 2 Großdeutschen.
Tschechische Militärkrise.
Prag, 20. Nov. Der Generalinspektor der tschechoslowakischen Armee, Machar, ist seines Amtes enthoben worden. Die Ursache seines Rücktritts bilden Meinungsverschiedenheiten mit dem Eeneralstabschef, dem französischen General Mittelhauser. Wie es heißt, geht Machars Bestreben dahin, den Einfluß der französischen Militärmission einzuschränken und das tschecho-slo-mkische Offizierskorps im Ee- neralstab und in der Administrative zu stärken.
Die Wirre« in China.
Peking, 20. Nov. Nach Berichten aus Hangkau find an dev neuen militärisch-»« Regierung, die von Wupeifu und mehreren Militärgouverneuren errichtet wurde, 9 Provinzen beteiligt. Wuscbana ist Hauvtstadt.
Aus Stad! und Land.
Wtevsteig. 21. November 1824
* Die zweite Dolksschuldienstprüfung. Aus Grund der am 29. Oktober d. I. und den folgenden Tagen abgehaltenen Prüfung sind 98 Lehrer und Lehrerinnen zur ständigen Anstellung an evangelischen Volksschulen für befähigt erklärt worden. U. a. Beck Karl von Nagold, Bürkle Richard von Oberwaldach OA. Freudenstadt, Gutekunst Wilhelm von Altensteig, Pfau Wilhelm von Herzogsweiler, Schleeh Wilhelm von Cresbach, Wenzelburger Friedrich von Pfalzgrafen weiler, Wörner Karl von Wenden; Heinrich Helene von Spielberg OA. Nagold und Jett er Emilie von Steinheim a. d. Murr (A l t e n st e i g).
8. Ehrung. Eine freudige Ueberraschung machte der hiesige Liederkranz gestern Abend seinem alten Herbergsvater, früheren Lindenwirt Luz hier, anläßlich seines 75. Geburtstages durch ein dargebrachtes Ständchen. Vorstand Wizemann gratulierte dem Jubilar im Namen des Vereins. Welches Band Sänger, Verein und Herbergsvater in 30 jährigem Zusammensein, von 1890—1920, umschlingt, davon können wohl am besten die Senioren des Vereins erzählen.
Württ. Volksbühne. Morgen Abend 7 Uhr eröffnet die. Württ. Volksbühne, wie bereits mitgeteilt, ihr erstes Gastspiel der neuen Spielzeit in der Turnhalle in Nagold mit einer Aufführung von Schillers tragikomischem Märchen „Turandot", Prinzessin von China. Die Aufführung, mit der die Schillerinszenierungen sder Volksbühne fortgesetzt werden, ist auf diese Zeit gelegt, um des am 10. Nov. zum 165. Mal sich führenden Geburtstags des Dichters zu gedenken. Das in der Märchenwelt 1001 Nacht angcsiedelte Werk ist eine Uebersetzung und Bearbeitung Schillers nach der Tragikomödie des .Italieners Gozzi. Die von Direktor Herbert Maisch geleitete Inszenierung ist in Farbe und Linie auf den Stil chinesischer Lackmalereien gestellt und mit einfachsten Verwandlungen den Möglichkeiten der Saalbühne angepaßt. Am Sonntag Abend geht als zweite Vorstellung Friedrich Wolfs Tragödie aus der Bauernrrvoltc 1514 „Der Arme Konrad" in Szene, die sich zu einem künstlerischen Ereignis in der diesjährigen Winterspielzeit gestalten dürfte. Das auf schwäbischem Boden spielende Werk des jungen Hechino r Arztes, das bisher erst an den Staatstivarcrn in Stuttgari, Dresden, Karlsruhe zur Aufführung kam, ist eine der stärksten Bühnendichtungen der Gegenwart und dürste durch die Aufführung der Württ. Volksbühne zu einem Heimat-
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