Nr. 278 Amts- und Anzeigeblalt für den Oberamtsbezirk Lalw. 88. Jahrgang.

»rscheinunarwris«. Smal wSchentlich. »nzelgenpret»: Im OberamtS- »eztrk Lalw sllr dir einspaltig- Borgis,eile 10 Psg,, außerhalb desselben IS Psg., «»«amen LS Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Leleson S.

Dsnnerrtag, -«n 27. November

Vr-ug-yrritder Sradr mtt Trägerlohn Mt. ^. vieNeljÄhrlich, Pvft- bezug-prei- für dtn LrtS- und NachdarortZverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg Ä) Psg.. m Bayern und Reick 42 Pfg.

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Zur Weihnachtszeit

ist das eifrige lesen des Lokalblattes mehr denn je von Nutzen. Darum bestelle man sofort für den Monat Dezember das

- Lalwer Lagblatt.^

Amtliche VeEanntmaehnngen.

K. Oberamt Calw.

Die Herren Grlsvorßeher

wollen ihren voraussichtlichen Bedarf an Vordrucken in Mili­tärsachen für 1914 bis 1. Dezember d. I. hieher berichten, wobei ein etwaiger Vorrat zu berücksichtigen ist.

Den 24. November 1913.

Reg.-Rat Binder.

Sekanntmachung

betr. die Wanderarbeitsstätte in Calw.

Die Amts-Versammlung hat am 27. April 1911 beschlos­sen, das ganze Defizit der Wanderarbeitsstätte mittelst Umlage auf dem gesetzlichen Umlagefuß von den Gemeinden des Bezirks zum Einzug zu bringen und den Gemeinden zu em­pfehlen, zur Deckung ihres Umlagebetreffs Kollekten bei den Gemeindeangehörigen zu veranstalten.

Infolge der segensreichen Tätigkeit der Wanderarbeits­stätte werden die Bezirks-Gemeinden durch Bettler und Land­streicher nicht mehr belästigt, und es sollte daher den Bezirks­angehörigen durch Veranstaltung von Hauskollekten Gelegen­heit gegeben werden, ihren Wohltätigkeitssinn zu betätigen und die Wanderarbeitsstätte finanziell zu unterstützen. Auch sollten wie bisher die Täfelchen mit der Aufschrift:Aus­weis über geleisteten Beitrag zur Wander-Arbeitsstätte" gegen einen jährlichen Mindestbeitrag von 1 Mark abgegeben wer­den. Diese Täfelchen verbleiben im Eigentum der Amts­körperschaft und werden zurückgezogen, sobald der jährliche Beitrag eingestellt wird.

Die Gemeindebehkrden werden ersucht, alsbald eine Sammlung zu genanntem Zweck in die Wege zu leiten, die ersammelten Beträge an die Oberamtspflege abzuliefern und dem Oberamt bis spätestens 31. Dezember d. I. vom Ertrag der Sammlung Kenntnis zu geben.

Bei dieser Gelegenheit richte ich an die gesamte Bezirks­bevölkerung wiederholt die dringende Bitte, die Bestrebungen der Wanderarbeitsstätte kräftig zu unterstützen und jeden Bett­ler ab- und an die Wanderarbeitsstätte zu verweisen.

Den 24. November 1913.

Reg.-Rat Binder.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 26. Nov. 1913.

Am Bundesratstisch sind erschienen: die Staats­sekretäre Lisco und v. Tirpitz, sowie Kriegsminister v. Falkenhayn. Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1.18 Uhr. Das Andenken des verstor, denen Abgeordneten Zürn (Reichspartei) wird in üblicher Weise geehrt. Auf der Tagesordnung steht die Interpellation betreffend die Arbeitslosig­keit und eine wegen der Vorgänge in Zabern. Von Regierungsvertretern wird erklärt, daß die Inter­pellationen in nächster Sitzung beantwortet werden sollen. Darauf folgt die erste Lesung des Gesetz­entwurfs über den

Verrat militärischer Geheimnisse.

Der Entwurf wird von Staatssekretär v. Lisco nach der juristischen Seite begründet, nach der mi­litärischen vom neuen Kriegsminister, Generalmajor v. Falkenhayn. Dieser benutzte sein erstes Auf­treten im Reichstag, um einige programmatische Sätze über seine Auffassung von dem ihm vom Kaiser

übertragenen Amt kundzugeben. Das Programm, nach dem der Kriegsminister zu handeln habe, sei vollständig enthalten in seiner Aufgabe, die mächtige Waffe, die die Armee in der Hand des Kriegsherrn bilde, scharf, blank und schlagbereit zu halten ge­gen jeden Feind. Er müsse allen Bestrebungen, die sich mit seiner Aufgabe oder den Forderungen dersel­ben und ebenso mit den Lebensbedingungen der Ar­mee Deutschlands nicht vertragen, nicht nur seine Mitwirkung versagen, sondern sie nach Kräften un­schädlich zu machen versuchen. Nach diesen, den So­zialdemokraten sehr ungemütlich gewordenen, von der bürgerlichen Mehrheit mit starkem Beifall auf- gencinnienen Ausführungen ging der Kriegsminister über zur Begründung der Vorlage. Wir müssen, sagte er, auch gegen Gegner kämpfen, denen es ge­lungen ist, unsere Blößen vorzeitig zu erspähen. Ge­gen die Gefahren, denen uns in dieser Beziehung die Lücken des Gesetzes aussetzen, müssen wir uns wenden, zumal diese Gegner in den letzten Jahren außerordentlich groß geworden sind. Der Publizistik vermag ich da eine Ausnahmestellung nicht einzu­räumen. Ein Vorrecht zu Gunsten der unbeschränk­ten freien Meinungsäußerung muß die Heeresver­waltung ablehnen. So entschieden die Armee jeden Versuch abwehren muß, die Vorgänge bei ihr zum Schutz des Reiches und zu Nebenzwecken rücksichtslos und öffentlich auszubeuten, so entschieden muß sie fordern, vaß das Volk über sie fortlaufend umgehend unterrichtet wird. Für die Marine sprach in glei­chem Sinne Staatssekr. v. Tirpitz. Dann eröffnete der Sozialdemokrat Stadthagen die Besprech­ung. Er forderte eine internationale Vereinbarung zur Abschaffung der Spionage und für jeden Deut­schen das Recht, militärische Angelegenheiten zu er­örtern. Aber die Militärverwaltung scheue die Öf­fentlichkeit. Am sichersten traf das Empfinden der weitesten Kreise des Volkes der Abg. Gröber vom Zentrum. Er hielt den Regierungsvertretern ent­gegen, daß keiner von ihnen das Geheimnis verraten habe, was eigentlich ein militärisches Geheimnis sei. Wer entscheidet schließlich über den Charakter einer solchen Nachricht? Wie soll ein Laie sich über diese feinen Unterschiede klar werden? Dann kann ja jeder noch so gut gemeinte Zeitungsartikel gefaßt werden. Auch für den Krieg haben wir vollständig ausreichende Strafbestimmungen. Was ist vertrau­lich zu halten, was ist geheim? Wir haben das schon bei uns in der Kommission gemerkt, wie schwierig es ist, festzustellen, was geheim zu halten ist, was nicht. (Sehr gut!) Wenn dann ein Reichstagsab­geordneter seinen Wählern Bericht erstattet und ganz unabsichtlich etwas andeutet, was geheim sein soll, dann würde man ihm auch den Prozeß machen. (Hört, hört!) Will man alles von dem Ermessen einer einzigen maßgebenden Stelle abhängig machen? Von dem Ermessen eines einzigen Menschen? Will man der Presse ihre wichtige Funktion erschweren? Und doch läßt man bei den Manövern alle möglichen fremden Offiziere herumlaufen. (Sehr richtig!) Die machen doch die Augen auf! Die deutsche Presse hat sich einmütig dagegen erklärt, mit vollem Recht. (Sehr richtig!) Die Hauptversammlung der deut­schen Presse in Düsseldorf, der Verein deutscher Zei­tungsverleger, der Verband deutscher Journalisten- und Schriftstellervereine, sie alle haben Widerspruch erhoben, auch der löbliche Wehrverein. Er würde ja Objekt sein. Wenn seine Veröffentlichung und die des Flottenvereins verboten würden, so würde freilich viel Beunruhigung vermieden werden. Ich beantrage Ueberweisung des Gesetzes an eine Kom­mission von 21 Mitgliedern. Der Nationalliberale v. Caller hob hervor, daß das Volk ein großes Interesse an militärischen Dingen habe, das nicht unterbunden werden dürfe. Nachdem der Konser­vative Holtschke erklärt hatte, daß man im

großen ganzen dem Gesetzentwurf folgen könne mit Ausnahme des Presseparagraphen, kennzeichnete v. Liszt (Vp.) den Entwurf dahin: sein letzter Zweck sei nicht der Schutz des Reiches gegen Spionage, son­dern der Schutz der Militärverwaltung gegen die Kritik verfehlter Anordnungen. Die Verschärfung der Strafen hält der Freikonservative Mertin für einen Fortschritt, der Presseparagraph ist auch für ihn unannehmbar. Nach einer Rede des Sozialdemo­kraten Cohen, auf die der Kriegsminister er­widerte, ging die Vorlage an eine Kommission. Schluß 6 Uhr. Morgen 1 Uhr Fortsetzung.

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Dem Reichstage sind der Entwurf eines Ge­setzes über die Aufnahme eines Disziplinarverfah­rens und der Entwurf eines Gesetzes betreffend die Aenderung der ZK 56 und 56 o der Gewerbeordnung zugegangen. Ferner wurden folgende Kurze An­fragen an den Reichskanzler gestellt: 1) Wann und in welcher Gestalt wird die in Aussicht genommene Sachverständigenkommission für die Wohnungsreform in Tätigkeit treten? Eöhre. 2) Ist die in der Oeffentlichkeit wiederholt aufgestellte Behauptung richtig, daß aus Anlaß der Heeresverstärkung seitens der deutschen Heeresverwaltung Pferde ausländischer Herkunft angekauft werden, ob wohl geeignete Tiere deutscher Zucht reichlich angeboten worden sind? Für den Fall der Bejahung dieser Frage, welche Maß­nahmen ged'enkt der Herr Reichs kanzlep"gegen eine Benachteiligung der deutschen Pferdezucht zu treffen? Alpers. _

Stadt, V«zirr «ad Nachbarschaft.

Calw, den 27. November 1913.

Zur Gemeinderatswahl. II.

Was ist Kommunalpolitik? Der Bonner Staats­rechtslehrer Zorn erklärt den Begriff Politik folgen­dermaßen:Politik ist die geistige Fähigkeit, den Staat und dessen öffentliches Leben zu verstehen und die Kunst, nach Maßgabe dieses Verständnisses auf den Staat und das öffentliche Leben des Volkes ein­zuwirken." Auf das kommunale Leben übertragen, heißt es, daß Kommunalpolitik in der Fähigkeit be­steht, das Gemeinwesen zu verstehen, und aus diesem Verständnis heraus diesem Gemeinwesen zu dienen und an ihm nach Maßgabe seiner Fähig­keit, nach Kräften zu arbeiten. Das aber führt zu einem weiteren Gedanken, ohne den der Begriff Kommunalpolitik nur unvollständig umschrieben wäre. In weitaus stärkerem Maße als bei den Wahlen in den Reichstag, selbst bei denen zum Land­tag, ist der wählende Bürger bei den Gemeinde­wählen leicht dazu geneigt, seine persönlichen Inter­essen durch die Abgabe seines Stimmzettels aus­schlaggebend werden zu lassen. Ideal ist so etwas nicht und den Absichten des Gesetzgebers zuwider, wenn das Wahlrecht zu persönlichen, egoistischen Zwek- ken mißbraucht wird. Also auch das ist ein Bestand­teil des Begriffs Politik: selbstlos dem Reiche, dem Lande, der Gemeinde seine Kräfte zu leihen. Und daraus folgt: Wähle selbstlos! Wohin wollte das führen, wenn jeder, weil der eine Eemeinderat gegen die Aufstellung einer Laterne in der und der Straße stimmte, der andere nicht für die Genehmi­gung irgend eines Baugesuches eintrat, ein dritter es ablehnte, die Pflasterung dieser oder jener Straßen­strecke zu befürworten und ein vierter Stadtvater gar in einem Rechtsstreit nicht zugunsten des mit dem Wähler befreundeten Teils sprach für seine unerfüllt gebliebenen persönlichen Wünsche sich da­durch rächte, daß er entweder gar nicht mehr wählt, (und dann die Partei büßen läßt), oder aus diesen egoistischen Gründen gerade dem betr. Gemeinderat seine Stimme entzieht, der im allgemeinen durchaus gesunde Ansichten vertritt? Hierher gehört lo­gisch dann das Wort von der Duldung an­dersgerichteter Anschauung und dieses gelten zu