wurde. Es genügt, daß er überhaupt derartiges Vermögen oder Einkommen angibt. Die Angabe braucht nicht in be­stimmten Zahlen zu geschehen, ja, sie braucht ebensowenig sich als bewußte und ausdrücklich gewollte Angabe über unver­schuldete Steuerentziehung oder wissentliche Steuerhinter­ziehung darzustellen. Das ergibt sich klar aus dem Wortlaut des Gesetzes. Es muß genügen, wenn die Angaben des Pflichtigen subjektiv von dem Bestreben getragen sind, die Wahrheit zu sagen und der Steuerbehörde die Nachprüfung der Angaben zu ermöglichen; und objektiv müssen die An­gaben geeignet sein, bei der Steuerbehörde die Erkenntnis des berichtigten Vermögensstandes herbeizusühren. Eben weil der Zensit vielfach selbst nicht weiß, wann und wo er dem Staat in diesem Falle also ungewollt, Steuern ent­zogen hat, muß auf eine ausdrückliche Angabe verzichtet wer­den, denn andernfalls würde man ihn in solchem Falle schlech­ter behandeln, als denjenigen, der in strafbarer Weise wissent­lich Steuern hinterzogen hat und hierüber unschwer genau An­gaben machen kann und auch macht. Es reicht also z. B. aus, enn ein Kaufmann mit verwickeltem Geschäftsbetrieb seine ilanzen und Bücher offen legt und jegliche sonst im Ein­klang mit dem Gesetze von ihm verlangte und ihm mögliche Auskunft gibt und somit die Steuerbehörde in die Lage ver­setzt, aus dem ihr gebotenen Material das für sie zu einer berichtigten Veranlagung Wesentliche selbst zu schöpfen. Eben­so muß es genügen, wenn der Beitragspflichtige bei der dem­nächst abzugebenden Wehrsteuer-Vermögenserklärung sein Ver­mögen einfach vollständig angibt; es ist nicht notwendig, daß er die etwa mit früheren landesgesetzlichen Veranlagungen im Widerspruch stehenden Angaben ausdrücklich als solche er­wähnt oder gar sich selbst der Steuerhinterziehung bezichtigt. Die indirekte Angabe genügt; die Steuerbehörde kann dann aus diesen Angaben bereits die Beitragspflicht des Zensiten feststellen, eventuell im Beanstandungsverfahren weitere Auf­klärung herbeiführen."

Der Platz für das zukünftige Amtsgerichtsge- biiude. Vom K. Amtsgericht ist ein Grundstück von etwa 30 a Umfang von Gärtn. Hagele zum Preise von! 6.50 -4l für den gm vorbehaltlich höherer Genehmi­gung angekauft worden. Auf dem Grundstück soll später das neue Amtsgerichtsgebäude erstellt werden; es liegt unterhalb des neuen Bezirkskrankenhauses.

st. Realistische Dienstprüfung. Auf Grund der Erstehung der kürzlich vorgenommenen ersten Dienst­prüfung für das realistische Lehramt wurde die Be­fähigung zur unständigen Verwendung u. a. zuer­kannt: Siegfried Trautwein und Wolfgang Weiz­säcker von Calw.

Unrichtig gerechnet. In dem Bericht über den Wohltätigkeitsabend des Frauenvereins vom Roten Kreuz ist dem Berichterstatter ein höchst ungalanter Rechenfehler unterlaufen. Er zählt nämlich vier Damen auf, die es überraschend gut fertig­gebracht hätten, fünf (ganz böse) Buben zu mimen. So schlimm ist die Sache nun aber glück­licherweise doch nicht. Damit nun die vier im Be­richt mit Namen aufqeführten jungen Calwerinnen von dem Verdacht befreit werden, als genügten sie, fünf böse Bubenzu mimen", sei heute schleunigst nachgeholt, daß der fünfte böse Bub Frln. Eugenie Herzog war, und daß sie diesen zu markieren ebenso überraschend gut" fertigbrachte, wie die vier andern!

Bahndienst. Auf Ansuchen wurde Weichenwärter Seeger in Hirsau nach Brötzingen versetzt.

Württemberg.

Der Justizausschuß der Zweiten Kammer

verhandelt gegenwärtig über den Gesetzentwurf über öffentliche Lichtspielvorstellungen. Berichterstatter ist der Abg. Weber, Mitberichterstatter der Abg. Hey­mann.

Ueber die gewerbliche Steuerbelastung in Württem­berg

meint der Hansabund: Nach den neuesten amtlichen Mitteilungen über die Ergebnisse der württembergi- schen Einkommensteuer im Jahr 1910 steht fest, daß die württembergischen Gewerbetreibenden (Gewerbe, Han.del und Industrie), obwohl die Zahl ihrer An­gehörigen nur etwa die Hälfte der zur Landwirt­schaft zählenden Personen beträgt, an Einkommen­steuer dreimal soviel leisten, als die Landwirtschaft, nämlich 5,7 Millionen Mark gegenüber 1,9 Millio­nen Mark. Auf einen einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb fallen im Durchschnitt nur 15 -4t Steuer ge­genüber 77 -4t die auf einen Gewerbebetrieb im Durchschnitt entfallen. Nimmt man zu den Einkom­mensteuern noch die Ertragssteuern hinzu, so steigt die Leistung der Gewerbetreibenden in Württemberg auf rund 8 Millionen Mark gegenüber 3,6 Millionen Mark bei der Landwirtschaft. Aus Kapitaleinkom­men werden im ganzen etwa 5Z4 Millionen Mark Steuern geleistet, während die Gruppe der Angestell­ten, der Arbeiter und der freien Berufe an Steuern etwa 6,35 Millionen Mark aufbringt. Diese Ver­gleichzahlen sind ungemein interessant, sie sind zum erstenmal für Württemberg berechnet worden auf der Grundlage der Steuerreform, die am 1. April 1905 in Kraft getreten ist. Eine wirklich gerechte Eemeindebesteuerung ist erst dann zu erwarten, wenn unter Aufhebung der seitherigen Gemeinde­umlagen alle Berussstände nach Maßaabe ihres Ein­kommens und Vermögens zur Deckung des Gemeinde­bedarfs herangezogen werden. Was aber hier für die Gemeindebesteuerung gefordert ist, das gilt genau in der gleichen Weise für die staatliche Besteuerung. Auf beiden Gebieten muß mit dem ungerechten Er­tragssteuersystem gebrochen werden. Die Unterschei­dung der Steuerpflichtigen nach Erwerbsklassen und Einkommensgruppen, die, wie schon betont, nun zum erstenmal in Württemberg statistisch durchgefllhrt ist, wird sehr wirkungsvoll ergänzt durch eine Unter­suchung der Verschuldungsverhältnisse der einzelnen Erwerbsklassen. Während sich die Reinerträge aus allen Betriebsarten auf etwa 13 Milliarden im Lande berechnen lassen, beträgt die Summe der Schuldzinsen jährlich rund 88 Millionen Mark. Die Verschuldung ist am stärksten bei den Gewerbetreiben­den; es entfallen nämlich im Durchschnitt auf einen Gewerbetreibenden 823 -4t jährliche Schuldzinsen, während bei der Landwirtschaft auf einen Betrieb jährlich im Durchschnitt nur 293 -4t Schuldzinsen fest­gestellt werden konnten.

Vom Jungkonfervativen Verein.

Stuttgart, 20. Nov. Gestern abend fand im Herzog Christoph" die gutbesuchte Jahresversamm­lung des Jungkonservativen Vereins statt. Die Be­richte des Vorstands und Kassiers konnten eine für die Partei günstige Entwicklung der Bewegung fest­stellen. Die Vereinseinnahmen wiesen eine wesent­liche Steigerung, die Mitgliederzahl eine stetige Zu­nahme aus. Nach der Erledigung der Neuwahlen

Das IlnglüLshaus.

49 Roman von Georg Türk

(Schluß.)

Zweiundzwanzig st es Kapitel.

Eines Tages erhielten Pfarrer Altheimer und Hans Ringer einen Brief.

Beide hatten den gleichen Inhalt.

Friedrich Meinhart schrieb:Kommt, wenn ihr könnt, nach Erlenstadt! Das Unglückshaus wird ab­gebrochen! Eine Bau gesellschaft hat das ganze Ter­rain vor dem Westtor angekauft. Eine moderne Villenkolonie soll dort entstehen . . . Ich will für heute nichts weiter schreiben. Montag früh um sechs Uhr beginnt die Arbeit. Lest zur Vorbereitung Heb­bels Gedicht:Das alte Haus". Es paßt zwar nicht ganz, aber es enthält doch eine Stimmung, der ähn­lich, die uns alle beseelt. Ich werde am Montag morgen mit Weib und Kind den Burgberg Hinan­steigen und zuschauen, wie die ersten Ziegel fliegen!"

An jenem Morgen es war ein lichter, Heller Sommermorgen stiegen sie den Berg hinan, sie, die einst das Unglückshaus bewohnt hatten, Fried­rich Meinhart, der Pfarrer, in voller Kraft der Mannesjahre und seine Frau Anna. An Hedwigs Hand ging Maria, die älteste Tochter. Dann folgte der Magistratsbeamte Karl Hellmuth mit seiner Frau und einem Sohn. Den Schluß machten Hans Ringer und seine Frau von Pfarrer Altheimer be­

gleitet. Schweigend schritten sie den Berg hinan, ein jedes in Gedanken versunken.

Eben ging im Osten die Sonne auf und ihre ersten Strahlen vergoldeten die alten Tore und Tür­me, und flogen über die Giebelhäuser und küßten die alten Wipfel der Bäume, die um das Unglücks­haus standen.

Horch! Welch Kreischen trug der Morgenwind herauf? Das war die Säge, die sich in den ersten Baum fraß. Es klang wie Jammern und Stöhnen. Und dann dann neigte sich die Krone . . . Ein Schwanken ... ein Krachen der erste Baum war gefällt.

Die oben am Burgberg sprachen kein Wort. Schweigend sahen sie zu, wie ein Baum nach dem andern stürzte.

Nun schauten die grauen Mauern ungehindert zu ihnen herauf.

Friedrich Meinharts Gedanken weilten bei der alten Chronik, bei den Unglllcksgeistern, bei Maria . . . Er sah Anna an und faßte ihre Hand.

Sieh! Da zeigte sich der erste Arbeiter auf dem Dach. Die Ziegel flogen . . . Staub wirbelte auf . . . Die Balken krachten.

Da reckte sich Meinhart hoch auf und sprach: Nun fällt es in Trümmer, das alte Haus, das Un­glückshaus! Mir ist, als müßten alle, die einst dies Haus bewohnten, bei uns stehen. Der NameUn­glückshaus wird bald vergessen sein. Neue, luftige Häuser werden dort stehen! Wenn wir künftig an dem Platz vorübergehen werden, so wird im Geiste wohl das Unglückshaus vor uns stehen und trübe

zum Vorstand und Ausschuß wurden zahlreiche An­träge besprochen, die vor allem eine weitere Aus­dehnung des Arbeitsgebiets der jungkonservativen Vereinsbewegung betrafen.

Der Fehlherbst.

Weinsberg, 20. Nov. Die hiesige, im Bezirk größte und durch ihr Erzeugnis über die Grenzen des Landes hinaus bekannte Weinbaugemeinde hat dieses Jahr insgesamt 412 bi Wein erzielt (1912 1426 bl). Der Gesamterlös beträgt ca. 30 000 (1912 56 000 -4t (?)). Der Flächengehalt der im Er­trag stehenden Weinberge beträgt 190 ba 95 a, der Durchschnittspreis beträgt für Rotgewächs 82 -4t, für Weißgewächs 71 -4t. Höchsterlös war für Rot 90 -4t, für Weiß 96 -4t. Dieser heurige Ertrag ist nicht zu­letzt zurückzufllhren auf die segensreiche Tätigkeit der Weinbauschule, sowie den Fleiß und die Einsicht des Weingärtnerstandes im Weinberg, welcher, wie nicht leicht an einem andern Ort, von jeher viel Empfäng­lichkeit für die Verbesserung des Weinbaues an den Tag gelegt hat.

Wildbad, 19. Nov. Der im Sägwerk Windhof beschäftigte 37 Jahre alte Taglöhner Gottl. Eitel geriet mit dem rechten Bein zwischen zwei Stämme, kam zu Fall und erlitt einen doppelten Bruch des Unterschenkels; er wurde ins Krankenhaus Neuen­bürg verbracht.

Oberndorf, 20. Nov. Eine alte, hier zu Lande noch in Uebung stehende Volkssitte ist das sogen.Brautverkaufen". Es kommt vor in ländlichen Gemeinden in dem Fall, daß Braut und Bräutigam nicht denselben Heimatort haben. Die Burschen des Heimatsorts der Braut geben diese nur gegen ein Lösegeld heraus. Sie erwarten am Ortseingang oder vor der Wohnung der Braut die Ankunft des Bräutigams und sperren den Weg, bis derKaufschilling", welcher in der Regel nach der Höhe der Mitgift der Braut bemessen wird, entrichtet ist. Dieser betrug bei einem kürzlich in der Nähe von Schramberg vorgekommenenBrautverkauf" 70 Mark nebst 40 Flaschen Wein.

Heilbronn» 20. Nov. In das hiesige Untersuch­ungsgefängnis wurde der 18jährige Fabrikarbeiter Eugen Weber aus Gruppenbach eingeliefert, der im Streit den 26 Jahre alten verheirateten Zimmer­mann Klenk auf der dortigen Ortsstraße erstochen hatte.

Von der bayrischen Grenze, 20. Nov. Am Sonn­tag schlug bei einem Gewitter der Blitz in den Stall eines Großbauern in Fünfstetten an der Bahn Do­nauwörthTreuchtlingen, tötete 6 Stück Vieh und steckte den Stadel in Brand.

Ar,» Welt und Zeit.

Die Genfer Spionagegeschichte.

Zürich, 20. Nov. Nach amtlichen Mitteilungen hat die von einem Vertreter des schweizerischen Ge­neralstabs vorgenommene Untersuchung der in der Genfer Spionageangelegenheit beschlagnahmten Ak­ten bis heute nicht ergeben, daß auch gegen die Schweiz Spionage betrieben worden ist. Es wurde nur ein einziges Papier gefunden, das auf die Schweiz Bezug hat; sein Inhalt ist aber harmlos. Amtlich wird entschieden bestritten, datz schweizerische Festungspläne, Dokumente über die Artillerie usw. verraten worden seien. Gegen die in der Angelegen­heit verwickelten Personen wird die schweizerische

Erinnerungen werden erwachen. Aber wir werden sie sehen in einem verklärten Licht! Die Sonne hat die grauen Nebel bezwungen."

Er schwieg.

Die anderen hatten ergriffen zugehört.

Altheimer nahm Meinharts Hand, sah ihn und die anderen an und sprach:Kommt! Wir haben genug gesehen! Wir wollen gehen!"

Noch einen Blick warfen sie hinab; dann gingen sie den Berg hinunter.

An der Abbruchstelle vorbeizukommen, vermie­den sie. Sie gingen um die Stadt und gelangten zum Friedhof, um noch der Mutter und Marias Grab zu besuchen.

Mutter und Tochter ruhten nebeneinander.

Die Blumen blühten und dufteten. Funkelnde Tauperlen hingen an den Gräsern.

Eine Weile standen sie an den Gräbern. Und still, wie sie gekommen waren, so gingen sie wieder fort ....

Nach ein paar Tagen reisten die Gäste zurück in die große Stadt mit ihrem Lärm, mit ihrem Hasten und Jagen. Aber sie wußten einen Zufluchtsort : das Pfarrhaus in Erlenstadt. Wohl sorgte die Kinder­schar, die dort heranwuchs, dafür, daß es nicht zu stille war. Aber Kinderlachen konnten die Gäste wohl ertragen. Sie kamen oft und gern und fanden freundliche Aufnahme und Erholung bei den Men­schen, die ihnen lieb und teuer waren.

Ende.