Nr. 272. Amts- und Anzeitzeblalt für den Oberamtsbezirk (Lalw. 88. Jahrgang.

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Urschktnungiwktf«: Smal wSchentlich. Anzeigenpreis: Im ObernmtS- tezirk Laiw für die einspaltige Borgiszeile 1V Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg-, Reklamen 2L Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S.

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Der offizielle Teil war damit zu Ende. Im Teeraum erklangen hernach noch ein paar Liedlein des gemischten Quartetts zur vergnüglichen Unter­haltung. Mit zufriedenen Gesichtern sah man die Erschienenen aus dem Saal scheiden. Den Damen, an ihrer Spitze Frau Fabrikant Rosa Wagner, die mit Opserbereitschaft an Zeit und Aufwendungen aller Art den festlichen Abend bereitet hatten, wer­den sie alle Dank wissen, die Zuschauer und Zuhörer waren. Auch finanziell mag der Abend seinen Zweck erreicht haben.

Frühlingscinzug. Auf der Nedaktionsstube des Calwer Tagblatts ist gestern schon der Frühling eingezogen. Er kam in Gestalt eines frischen kleinen Mädchens, das in der kleinen Faust Schlüsselblumen, Klee und eine Lichtnelke hielt und sie uns überbrachte mit der Bemerkung, an dem Wiesenweg nach Hirsau auf der Nagoldseite gebe es eine ganze Menge dieser Blümlein. Die paar Novemberkinder dienen jetzt dazu, uns für ein paar Tage noch den Frühling vorzutäuschen, denn daß es mit dem Frühling in Wirklichkeit doch noch nichts ist, das erfuhr man ja heute morgen, wo alle Höhen unserer Um­gebung bis tief herein ins Tal bereift waren. Da dürfen die uns überbrachten Blümlein eigentlich noch froh sein, daß sie von dem kleinen Fräulein uns gerettet wurden, so erfrie­ren sie wenigstens nicht und für Frühlingskinder ist es schon standesgemäßer, sie sterben in der Wärme, als sie fallen einem eisigen Frost zum Opfer.

Freunde der Mission und der deutschen Kolonial- arbeit seien auf den Vortrag aufmerksam gemacht, den Missionsinspektor Oettli aus Basel am nächsten Sonntag, 23. November, im Saal des evang. Ver­einshauses abends 5 Uhr überunsere Aufgaben ge­genüber dem Islam in den deutschen Kolonien" hal­ten wird. Inspektor Oettli ist schon seit Jahren mit der Leitung der westafrikanischen Missionsgebiete be­traut und verbindet mit einer genauen Kenntnis dieser Gebiete eine gute, anregende Rednergabe. Das Vordringen des Muhammedanismus in unse­ren deutschen Kolonien bedeutet eine schwere Gefahr für die Arbeit der deutschen Verwaltung und der Mission. Genaue und sachkundige Auskunft Uber diese Gefahr und die Mittel, ihr zu begegnen, wird Vielen willkommen sein.

! Althengstett, 19. Nov. Am kommenden Sonntag wird unsre Kirche, die im Lauf des Sommers und Herbstes neu hergestellt worden ist, eingeweiht werden. Im Auftrag des Konsistoriums wird an Stelle des erkrankten Herrn Dekan Roos Herr Prälat von Frohnmeyer-Stuttgart der Feier an­wohnen. Bei dem liturgischen Nachmittagsgottesdienst, der um 3 Uhr stattfindet, werden hiesige und auswärtige musi­kalische Kräfte Mitwirken. Möge der Gemeinde an ihrem Feste freundlicher Sonnenschein beschicken sein!

Conweiler, 20. November. Bei der Schultheißenwahl in Conweiler ist der Neuenbürger Oberamtsassistent Richard Künzele mit 180 Stimmen gegen 67 Stimmen, die auf Schultheißenamtsassistenten Palm von Kirchentellinsfurt sie­len, gewählt worden.

Ar»» Welt ««<- Zelt.

Viberach, 20. Nov. Gestern wurde der Verwal­ter der hiesigen Krankenkasse, Köpf, verhaftet, nach­dem vor einiger Zeit schon durch eine Revision seitens des Oberamts Unregelmäßigkeiten in der Kassenfüb- rung aufgedeckt worden waren. Die veruntreute Summe soll nach den Angaben Kövfs 7000 bis 8000 Mark betragen.

Ochsenhausen, 19. Nov. Im Fall Bernhard kommt jetzt immer mehr in die Oeffentlichkeit. Außer einem Abmangel in der Waisenhauskaffe mit 18 000 ^ und 21 000 Mündel­geldunterschlagungen sollen gleichfalls unreelle Geldunterneh­mungen vorgekommen sein. . .

Die Fürstenfeier in Kelheim wird mehr und mehr zum Spottziel für die nicht gute" Presse. Wie man weiß, hatte der König von Bayern alle deutschen Vundesfürsten nach Kel­heim geladen, um mit ihnen und dem Volk die Jahr-

Bulgariens Wirtschaftslage nach dem Kriege.

Wer annehmen wollte, daß sich Bulgarien als dasjenige Land, welches für die Balkankriege die größten Opfer gebracht hat, nunmehr in einer be­sonders schlimmen wirtschaftlichen Lage befinden müsse, ist entschieden im Irrtum. Vielmehr geht aus einer Veröffentlichung der Kgl. Bulgarischen Han­delskammer hervor, daß Bulgarien den Krieg weit besser überstanden hat, als man annehmen sollte.

Die Bevölkerung Bulgariens besteht zu 70 Pro­zent aus Kleinbauern. Bis zur Mobilisierung (17. bis 30. Septbr. 1912) war die Lage der Land­wirtschaft, die auf zehnjährige gute Ernten zu- rllckblicken konnte, geradezu ausgezeichnet. Der lange Krieg hat das Wirtschaftsleben zwar gestört, aber nicht gehemmt. Während der ganzen Zeit haben die Frauen und die zurückgebliebenen Männer ihre Aecker regelrecht bestellt. Auch die Industrien, wie die Mehl-, Textil-, Leder- und Spiritusindustrie ha­ben ihren Betrieb ruhig fortführen können, zum Teil sogar intensiver als vor dem Kriege. Auch der Han­del hat nicht geruht. Die Kaufleute, die ins Feld mußten, haben sich größtenteils durch andre geeignete Personen ersetzen lassen können. Infolge dieser günstigen Umstände, schreibt dieDeutsche Jndustrie- Korr.", konnte der Staat bei seinen Bewohnern trotz des langen Krieges alle Arten von Waren im Werte von 300 000000 Franken erhalten. Wäre die bul­garische Nationalbank vor der Mobilisierung nicht in so guter Verfassung gewesen, so hätte sie sich bei ihrer Banknoten-Emission nicht im Rahmen ihres vorhan­denen Goldbestandes halten können. Daß weiterhin während des Krieges die Geldeinlagen bei den Ban­ken eine Steigerung erfahren hatten, und daß der Eetreidevorrat von 1912 und 1913 nach der Demobilisierung eine Million Tonnen beträgt, zeigt, daß das Land sich gegenwärtig in recht guter Lage befindet. Allerdings ist der Wechselkurs während des Krieges von 12 auf 78 Prozent ge­stiegen. Damit ist aber nicht gesagt, daß Bulgarien am Vorabend eines Krachs stünde. Vielmehr weist die Handelskammer mit Recht darauf hin, daß für Bulgarien der hohe Wechselkurs nur dann als Kri­terium des Verfalles seiner Volkswirtschaft bezeich­net werden könne, wenn dessen Struktur nicht eine andre wäre als. die der Länder mit hochentwickelter Industrie und starkem Großgrundbetrieb. Der jetzige hohe Wechselkurs ist lediglich das Zeichen einer Geld­knappheit, die infolge des Stillstandes der Ausfuhr während eines ganzen Jahres natürlich nicht aus- bleiben konnte, die aber durch den Wiederbeginn des Exports in nicht allzu langer Zeit wieder behoben sein wird.

Stadt, Bezirk rmd Nachbarschaft.

Calw, den 20. November 1913.

Der Frauenverein vom Roten Kreuz für die Kolonien

hielt gestern in den Sälen desBadischen Hofes" einen Wohltätigkeitsabend ab. Wie überall, wo die Rote Kreuz-Frauenvereine mit Veranstaltungen her­vortreten, fand auch die des hiesigen Vereins einen großen Zuspruch aus allen Kreisen der Einwohner­schaft. Frauenkunst, der feine, frische und liebliche Anstrich, der alles umkleidet, was Frauen in Ent­faltung mannigfach künstlerischer Kräfte ausüben, gab dem Abend seinen poetischen Inhalt, der durch den Gedanken an den guten Zweck, dem das Fest galt, seine praktische Ergänzung fand.

Festlich gestimmt erwartete die Versammlung den Beginn des Abends. Mit dem Vortrag eines sinnigen Prologs, gesprochen von Frau'Stadt­schultheiß Conz, wurde er eingeleitet. Der erste Teil des Programms war dann ausschließlich mit musikalischen Nummern besetzt. Ein gemischtes Quartett-, Violin- und Klavierspiel, äolo- und

Duettgesänge waren als erster Teil festgesetzt wor­den. Und dieser erste Teil war in seiner Zu­sammenstellung nicht nur von auserlesenem Ge­schmack, sondern ließ auch in seiner Ausführung von glänzendem Können der Mitwirkenden Zeuge wer­den. Die einheimischen Kräfte entwickelten in Ge­sang und an ihren Instrumenten vollauf anzuerken­nende künstlerische Fähigkeiten, die eine Frucht liebe­vollen Hingebens an die Musik sind. Die gemischten Quartette wurden von den Frl. Roos und Stü­ber und den Herren Lindemann und Rheinwald klangvoll und lieblich vorgetragen, die Cavatine von Raff fand durch die Herren Gg. Wagner (Vio­line) und Kauffmann (Klavier) eine prachtvolle Wiedergabe. Leider war es den Zuhörern nicht ver­gönnt, den hier ob seiner künstlerischen Fähigkeiten hochgeschätzten Konzertsänger Ient sch zu hören. Es wurde allgemein bedauert, daß ihn stimmliche In­disposition verhinderte, die von ihm ursprünglich zu­gesagte Mitwirkung auszuführen. Daher wurde es mit Freuden begrüßt, daß wenigstens sofort der beste Ersatz, den Herr Jentsch finden konnte, Konzertsänger Haas, einspringen konnte. Er ließ sich unter Be­gleitung von Herrn Rheinwald, in Schubert und Schumann namentlich hören (Jentsch hatte Erieg und Löwes Archibald Douglas vorgesehen) und erntete natürlich lebhafte Anerkennung. Frau Konrad Wagner war mit mehreren Sopran-Soli ver­treten. Ihrer Stimme liegt das Frische, Helle, die Zigeunerlieder von Brahms z. V. gab sie entzückend. Nicht minder klangvoll schön gelangen ihr Strauß' Breit über mein Haupt und der stimmlich nicht leicht zu bewältigende Traum durch die Dämmerung. Als sie geendet, wurde ihr lebhafter Beifall zuteil. Als Klavierpartner hatte sie Herrn Kaufmann, der geschmackvoll und mit der ihn auszeichnenden reifen Fertigkeit seiner Aufgabe sich entledigte. Sehr schön gesungen wurden dann die Duette: Das Kornfeld und Auf einem Zweig von Rosen. (Frau Konrad Wagner und Herr Haas); am Klavier saß dieses- mal Frl. Fanny Dreiß, die in ihrer Begleitung durch und durch musikalisches Feingefühl zeigte, was der Wirkung der Zwiegesänge außerordentlich zu­statten kam. Wie reich Calw an musikalischen Kräf­ten ist, das zeigte sich bei diesem Konzert wieder. In den letzten Nummern des ersten Teils ließ sich Herr Haas noch einmal hören, darunter mitDie beiden Grenadiere", die er ergreifend herausbrachte. Schade nur, daß nicht bekannt gegeben worden war, daß die auf dem Programm vermerkte Pause erst nach den Haasschen Gesängen eintreten werde; so kamen Viele um den Genuß derselben und denen, die zufällig an ihm teilhaben konnten, wurde er durch die Unruhe in den Nebensälen zum Teil ganz empfindlich gestört. Im Glassalon war eine Teestube aufgemacht wor­den, die in Einrichtung und durch ihren Inhalt von allerlei süßen und heißen Sachen jedermann höcknte Anerkennung abnötigte. Ihnen wurde fleißig zu­gesprochen, sodaß die liebenswürdigen Damen bei ihrer süßen oder heißen Hantierung kaum mehr zu Atem kamen. Die Calwer männliche Jugend trinkt, wie es scheint, auch gerne Tee . . . ! Das Vor­nehmste, Schönste des zweiten Teils waren die beiden Stücke für Cello und Klavier, die von den Herren Erwin und Adolf Weber vorgetragen wurden. Das erste Stück war eine eigene Kom­position Herrn E. Webers. Hut ab vor dieser Beiden Kunst!Die Kraniche des Jbykus", vergröbert und weniger klassisch als die Schillers polterten dann über die Bretter. In diesem kleinen Schwank Phi- lippis entwickelten ihre darstelleriscbe Seite die Da­men Frl. Seeger, Hippelein, Knödel, Göhner und die Herren König, Brösamlen, Zickfeld, Albrecht. Zum guten lustigen Ende mußten fünf noch ganz junge Damen fünf ganz böse Buben mimen und die Frl. Schüz, Wieland, Wagner und Groß brachten das überraschend gut fertig!