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Sonntagsausgabe der Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen".

Nr. 3

Anzeigenpreis: Die einspaltige Zeile 20 Pfg., die Reklamezeile 50 Pfg.

Alten steig, Sonntag den 23. März

Bezugspreis im Monat 40 Pfennig Die Einzelnummer . . 10 Pfennig

1924.

Sonntagsgedanken.

An unbeschränkter Freiheit gehen die Menschen nicht dutzendweise, sondern zu Tausenden zu Grunde

Jer. Gotthelf.

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Zum Sonntag.

Eine Zeit größter Sparsamkeit ist angebrochen. Aber wir wollen dabei nicht am Unrechten Ende spa­ren. Wir wollen nicht sparen mit den Taten der Liebe. Wir wollen uns vielmehr freuen, daß un­sere Scherflein auch wieder.wertbeständig geworden sind und somit doch wieder etwas nützen. Wir wollen nicht sparen an den guten Worten, wo wir auch ins Gespräche kommen mögen, sparen dafür an allen Werleumdungen, Hinterhältigkeiten, Lästerungen. Wir wollen nicht sparen an dem, was zur Vertiefung und Bereicherung unseres Innenlebens dient, sparen dafür an allen den zerstreuenden Tingen, die uns nur unruhig machen. Wir wollen nicht sparen am Aufblick zu den Bergen, von welchen uns Hilfe kommt. Wir wollen sogar hiefür mehr Zeit und Kraft opfern als je einmal. Solche Ausgaben sind die beste Spareinlage. M. St.

Wochenrundschau.

Es gehört zum Charakter des Frühlings, daß er in der Menschenbrust neue Lebenshoffnung und neue Lebens­freude weckt. Wer der Dichter, mahnt: Laß dich nicht den Frühling täuschen! Dies gilt insbesondere für un'er deutsches Volk im Hinblick auf den vielfach erwarteten politischen Frühling, auf eine Besserung unserer poli­tischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach außen und innen.

Am 4. Mai finden die Neuwahlen zum Reichs­tag statt, vom 6.13. April sind bereits die Wähler­listen in den einzelnen Gemeinden aufzulegen. Noch sechs bewegte Wochen stehen damit bevor, rechnet man die Oster­zeit ab, in der hoffentlich der Wahlkampf ruht, so find es gar nur noch fünf Wochen. Es wird ein heches Rin­gen um den Wahlsieg und die Neuverteilung dr Site im Reichstag werden. Soll schon ein Wahlfeldzug sein, so muß er geführt werden gegen die Gleichgültigkeit des deutschen Volkes gegenüber der auswärtigen Politik, ge^en seine Unkenntnisse der Weltverhältnisse, und gegen seine gefährliche Neigung, sich bei dem politischen Urteil von unklaren Gemütsstimmungen, statt allein von den nüch­tern erkannten vaterländischen Interessen leiten zu la sen. Wir Lebenden haben eine neue Zeit zu tragen und wollen ihren Pflichten und Aufgaben gerecht werden, wie sie es verlangt. Das Alte ist vergangen, mögen wir es hoch und wert halten, aus den Gräbern können wir es nicht holen, in die es nicht allein widriges Geschick, sondern auch viel eigene Schuld und Fehle versenkt hat. Dem neuen Deutschland ist ein starkes,- mutiges, ideal gerichtetes Geschlecht nötig, das mit geistigen Waffen die Welt ge­winnt und den deutschen Namen aufs neue zu Ehren bringt. Blicken wir die Reihen der Männer durch, die in den letzten Jahren Deutschlands Geschicke als Partei­führer oder hohe Reichsbeamte bestimmten, so fällt auf, daß es meist dieselben Leute sind, die schon vor und wäh­rend des Krieges bestimmend bei allen Entscheidungen mitwirkten. Nicht einer von den Jüngeren hat sich durch­setzen können. <Ä> ist zu wünschen, daß in allen Parteien, ohne Unterschied, die Tüchtigsten aus der jüngeren Ge­neration durch die Wahl zu Einfluß gelangen, nicht nur die alt erfahreren Parlamentarier im 50. und 60. Lebensjahr. Das soll keine Zurücksetzung und keine Pietät­losigkeit gegenüber dem Alter sein, aber es ist klar, daß sich ein jüngerer Parlamentarier besser auf die neuen Aufgaben einstellt und eine stärkere Arbeitskraft sein kann, als der durch geschichtliche Bindung vergangener Zeiten beschwerte alte und bedächtige Volksvertreter. An den Parteien liegt es, auch die Jugend und die Männer in der Vollkraft des Lebens zum Zuge kommen zu lassen bei der Aufstellung der Kandidatenlisten.

Gerade der neu zu wählende Reichstag und die hieraus

zu bildende neue Reichsregierung werden fkch in außen- und inneirpolitischer Beziehung vor Aufgaben ge­stellt sehen, die die Geschicke Deutschlands für die Zu­kunft bestimmen. Die französischen Parlamentswahlen, die acht Tage nach den Wahlen zum deutschen Reichs­tag stattfinden, werden mit ausschlaggebend sein über die Grundfrage, ob es zu einem Ausgleich des französisch­deutschen Gegensatzes kommt, ob eine Verständigung er­reicht wird, die das deutsche Lebensinteresse wahrt. Heute erscheint das mit klaren Augen gesehen, angesichts der französischen Machtpvlitik als ein Ding der Unmöglich­keit. Die Wege dcr deutschen Außenpolitik führen über Paris, London und Moskau. Paris verriegelt die Lebens­straße des deutschen Volkes durch seine Truppen an Ruhr und Rhein. London hat ein europäisches Programm, bas sich weithin mit dem der deutschen Regierung deckt, es ivünscht die Befreiung deutschen Bodens von fremden Truppen und erstrebt wirtschaftliche Erholung Deutsch­lands zur Erfüllung der Reparationsverpflichlung und zur Schaffung eines deutschen Absatzmarktes für die eng­lische Industrie. Darum will Macdonald Deutschland als gleichberechtigtes Mitglied in den Völlerbund b.in- gen. Der Weg über Rußland ist noch versperrt, denn die Räteregiernng muß erst zeigen, daß sie nach Lenins Tod noch die alte Zauberkraft besitzt und das Ohr des Volkes hat.

-Man hatte immer schon vermutet, daß zwischen der tschechischen Republik und Frankreich ein Ge­heimbündnis bestehe, denn die tschechische Armee unter­stand von Anfang an französischer Leitung durch eine Militärkommission. Der gerissene Poincare und der junge tschechische Minister Dr. Benesch haben d.esen Vertrag schon Ende 1923 vereinbart. Damals wurde es bereits bekannt, als die Konferenz der Keinen Entente in Bel­grad tagte und als Südslawien (Serbien) ablehnte, einen Parallelvertrag zu schließen und statt dessen seinem Pra­ger Bundesgenossen den fertigen Vertrag mit Italien vorlegte. Da Frankreich und die Tschechoslowakei Mitglie­der des Völkerbundes sind, wären sie verpflichtet, den Vertrag beim Völle buud zu registrieren. Das ist nicht eschehen. Nun hat dasBerliner Tageblatt" den echten Lext der Geheimprvtokolle veröffentlicht, die regelrechte Kriegspläne gegen Deutschland und Oesterreich darstellen.

Während in London Macdonald mit dem Entschluß, den Ausbau des ostasiatischen Kriegshafens Siugapore nicht weiter fortzusetzen, einen deutlichen Friedenswillen zeigt, während er aus dem Völkerbund das machen will, dessen Zerrbild der jetzige Völkerbund ist, haben Frank­reich und die Tschechoslowakei den Völlerbund mit ihren Geheimverträgen umgangen, arbeitet Frankreich an der unproduktiven Rüstungsmaschinerie in ganz Europa. Es ist klar, daß man in Paris und in Prag die Echtheit der Dokumente be streitet; man klammert sich an kleine Uebersetzungsfehler. Aber diese kleinen Schönh.i s- fehler beweisen gar nichts; die Schlüssigkeit der Do­kumente ist für jeden Kenner der Verhältnisse so groß, daß man an ihrer Echtheit kaum zu zweifeln vermag. Man tut dies auch weder in England noch in Italien; in beiden Ländern ist man ganz überzeua- davon, daß die Dokumente den Schlußpunkt unter die richtigen Kombinationen setzen, die man sich bisher mangels Be­legen machen mußte. Und man ist in England und in Italien von diesem neuen Beweis der französischen Kriegs­arbeit umsomehr peinlich berührt, als das offizielle Frank­reich gerade jetzt wieder in der Frage der Militär­kontrolle das entwaffnete Deutschland mit einem ge­wissen Erfolg der Kriegslust bezichtigt hat. Die Doku­mente kamen gerade im Hinblick darauf zur rechten Zeit; die inneren Wirkungen in der Tschechoslowakei wird man noch abwarten müssen. Die Korruptionsaffären der letz- letzten Zeit haben dort den Zusammenhang der tschechischen Negierungskoalition ohnehin schon erschüttert.

Neben diesem bedeutendsten Ereignis in dieser Berichts- Woche steht vor allem das Pariser Sachverständigen- - Programm ans der Tagesordnung, das in nächster ! Zeit zu erwarten ist. Bereits können die Pariser Blät- ! ter nähere Inhaltsangaben machen. Man merkt, daß dicse ! Vorschläge in der Pariser Lust gereift sind, denn eine

Lösung der Reparativnssragen ist auf Grund dieser Ver­öffentlichungen nicht durchweg denkbar. Da ist zunächst die Gvldnotenbank, über die Dr. Schacht wieder die ganze Woche verhandelte, dann ein nur zweijähriger Zahlungsaufschub für Deutschland, ferner wird gefordert Neuordnung der deutschen Eisenbahnen, in die die fran­zösisch-belgische Regie eingegliedert werden toll, Belastung» der Bahnen mit 15 Milliarden Goldmark zugunsten der Verbündeten, Schaffung von Monopolen für Tabak, Al­kohol, Zucker und Zündhölzer, deren Einnahmen in die Reparationskasse fließen sollen, internationale Kontrolle der Finanzen, hypothekarische Belastung der ganzen deut­schen Wirtschaft usw. So wie d'e-e Programmpläne vor­liegen, bedeuten sie weitere Knebelung und weitere Lasten für das deutsche Voll. Nimmt man dazu noch die Rech­nung, die das Reichsfinanzministerium über die Kosten der feindlichen Besatzung aufgemacht hat mit einem Be­trag von bisher über 5 Milliarden Goldmark, und die durch die französische Heeresdebatte beleuchtete Rüstung Frankreichs gegen Deutschland, so flieht die politische Frühlingshoffnung des deutschen Volkes. Und alle die freundschaftlichen Reden, die in Wien anläßlich des Be­suches des deutschen Reichskanzlers Dr. Marx und dcs Außenministers Dr. Stresemann gehalten wu den, sind gut und schön, scheitern aber an den harten Tatsachen der Gegenwart, hat doch Frankreich die Tschechen verpflich­tet, daß bei einem versuchten Zusammenschluß, Deutsch­lands und Oesterreichs, diese sofort in Wien emzumar- schieren haben. Das Rüstungsfieber geht in der Welt um wie nie zuvor, vor allem gegen das entwaffnete Deutschland.

In den großen politischen Prozessen, die Zur Zeit die deutsche Oesfentlichkeit bewegen, bringt die kommende Woche die Urteile. Im Hitlerprozeß hat der Staats­anwalt sein Strafmaß angemeldet, für Hitler 8, Kriebel, Weber und Pöhner je 6, Ludendvrff 2, Frick und Röhm je 2, Brücker und Wagner je IVs und Pernet 1 Jahr 3 Monate Festung. Nun kommen die Verteidiger mit tagelangen Reden zur Entlastung der Angeklagten. Der frühere sächsische Justizminister Dr. Zeigner, der das Be­gnadigungsverfahren in großem Umfange übte, stcht vor der Strafkammer wegen Amtsuntreue. Es scheint aber, daß er mehr in dw Hände von schlimmen Elementen gefallen war, als daß er selbst grobe Verstöße sich zu Schulden kommen ließ. Das Reichsgericht verurteilte den französischen Hauptmann Robert d'Armont wegen Spionage gegen Deutschland zu 12 Jahren Zuchthaus.

Die Preuße« in Schiltach.

Eine Skizze aus dem achtundvierziger Jahr von Walther Burk. *)

Nun waren sie da, die gefürchteten Preußen! Mit rasselnden Trommeln und gellenden Pfeifen waren sie ins alte Städtchen marschiert, mit Pickelhauben, Brotbeuteln und einem schnauzbärtigen Hauptmann an der Spitze, der statt fünfpfumpf" sagte und eine lange magere Fuchs­stute ritt, die, wie ihr Herr, beständig die Augen rollte.

Mit recht gemischten Gefühlen sah alt und jung den unausbleiblichen Greueln entgegen, die sich nun mit mathe­matischer Sicherheit abspielen mußten, und überängstliche Mütter hatten bereits mit Bedacht ihre Säuglinge versteckt. Seit dem bethlehemitischen Kindermord konnte mau doch nicht wissen...

Wem aber nicht um die Seinen zu bangen brauchte, der brachte wenigstens noch eilends den wohlaefückteu Schmalzhafen beiseite, denn es hatte sich wie ein L..usteiler die Kunde verbreitet, die unschuldigen Brotbeuwl seien eine Art Butterbe'»alter. Gott sei Dank, - inan Geldkassette und Kirschwasser schon vor vierzehn Tagen im Wald ver­graben hatte, gleich als man erfuhr, daß diese Einquartierung bevorstehe!

Aber merkwürdigerweise geschah keinerlei Gewalttat, und die Preußen beuahmell sich genau wie andere kultivierte Menschen, nur daß sie scharf hinter den Bestecken her waren,

*) Wenn der Ginster blüht.