Ansporn für höheres Streben sein kann? Schwerlich in der Art, wie es sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet hat. Denn dies System hat Orden und Titel entwertet. Die Persönlichkeit wird durch ihre Leistungen, durch ihr Wollen und Wirken bestimmt, und trägt in ihnen ihre Ehre. Der größte Deutsche, dem schließlich Orden in Menge zuflogen, schätzte bekanntermaßen von allen nur die Rettungsmedaille und das Eiserne Kreuz, die unscheinbarsten. Eine Sache, für die wir streben, in der wir aufgehen, der wir Leben und Lebensglück opfern, trägt ihren Lohn und alle Ehre in sich selbst. Wenn unser ganzes Volk zu dieser Auffassung zurückkehrte, ohne daß die Geschichte iwm wieder einmal neue Prüfungen schickt, so würde es den Weg zu seinem Glück finden.
Zar Ferdinands Thron.
Die Gerüchte der letzten Taae über die stark erschütterte Stellung des Königs Ferdinand von Bulgarien und die Möglichkeit seiner Abdankung zugunsten des Kronprinzen werden in Meldungen aus Rom und Wien dick unterstrichen. Eine römische Depesche spricht von den Anschlagzetteln am Palais in Sofia mit der Aufschrift „zu vermieten", sowie von anonymen Briefen, die den König im Falle seiner Rückkehr mit dem Tode bedrohen. Außerdem wird versichert, wenn des Königs gegenwärtige Bemühungen in Wien fehlschlagen sollten, glaube man, er beabsichtige tatsächlich, die Krone niederzulegen.
Die deutschen Kautschukfabriken und die Putumayo- Ereuel.
Nach der Novembernummer des Ev. Missions- Magazins hat der Verein deutscher Kautschukfabriken am 3. Mai d. I. erklärt, die meisten der deutschen Firmen würden keinen Kautschuk mehr aus dem Pu- tumayobezirk, der durch die dort an den Indianern verübten Greuel verrufen ist, verwenden, bis Gerechtigkeit geübt sei. Man hofft, daß die englischen Fabriken diesem Beschluß beipflichten werden. Die Erklärung der deutschen Fabriken war begleitet von einer Gabe von 500 Mark an die Britische Anti- sklaverei-Eesellschaft.
Die Unruhen im Neukameruner Bezirk Sembe
sind nach einer aus Buea in Berlin eingegangenen drahtlichen Meldung des Gouvernements beendet. Wie der Bezirksleiter von Jukaduma, Assessor Heym, dem Gouvernement berichtet hat, ist es gelungen, den Widerstand des Cbastamms durch Einnahme von 4 stark befestigten Stellungen und der hartnäckig verteidigten Gebirgsdörfer zu brechen. Hiebei fielen 2 Polizeisoldaten, 3 wurden verwundet. Alle Häuptlinge des Sembegebirgs sind zum Zeichen ihrer Unterwerfung auf der Station erschienen.
Gerichtssaal.
Die Ermordung Klinglers vor dem Schwurgericht.
I.
Stuttgart, 10. Nov. Die Plattenhardter Wildereraffaire, der der ledige Forstanwärter Klingler zum Opfer fiel, beschäftigt das Schwurgericht in dreitägiger Sitzung. Wegen Mords und Jagdvergehens angeklagt sind der
19 Jahre alte Maurer Christian Mack und der 18 Jahre alte Maurer Gottlob Ruck von Plattenhardt. Geladen sind 75 Zeugen und 4 Sachverständige. Im Auftrag des Justizministeriums wohnt Ministerialrat Letzgus der Verhandlung an. Die Anklage vertritt Staatsanwalt Weil, die Verteidigung liegt in den Händen der Rechtsanwälte Christlieb und Dr. Erlanger. Auf dem Gerichtstisch liegen zwei abgeschlagene Gewehre.
Die Angeklagten sind beschuldigt, am Abend des 19. Juli beim Wildern den Forstanwärter Klingler angeschossen und mit Gewehrkolben den Schädel eingeschlagen zu haben. Sie bestreiten die Tötungsabsicht und keiner will den Schuß auf den Forstwart abgegeben haben. In diesem Hauptpunkt schiebt einer die Schuld auf den andern. Mack will sogar in der äußersten Notwehr gewesen sein, und Ruck behauptet, der Forstwart habe sie meuchlings niederschießen wollen. Der Angeklagte Ruck hatte an jenem Nachmittag ein neues Gewehr, das er Tags zuvor zugeschickt bekommen, eingeschossen. Bei Bonlanden traf er mit Mack zusammen. Dieser holte bei einem Bekannten auch ein Gewehr und beide stellten dem Wild nach. Dabei wurden sie von dem Forstwart überrascht. Mack schilderte den Hergang folgendermaßen: Zwischen ihm und dem Forstwart sei ein Handgemenge entstanden, wobei er unter denselben zu liegen gekommen sei. Plötzlich habe ein Schuh gekracht und er habe gespürt, wie die Kräfte des Forstwirts nachgelassen hätten. Er habe dann das neben ihm liegende Gewehr des Forstwarts ergriffen und mit dem Kolben mehrmals auf ihn eingeschlagen, und es könne sein, daß er ihn auf den Kopf getroffen habe. Ruck behauptet, daß Mack mit einem Messer auf den Forstwart losgegangen sei und auch auf ihn geschossen habe. Er, Ruck, habe hinter einer Tanne Stellung genommen und als er auf die Auffordemng des Forstwarts sein Gewehr nicht weggelegt habe, habe dieser einen Schuß gegen ihn abgegeben. Auch er habe mit dem Gewehrkolben auf den Forstwart eingeschlagen. Mack habe gerufen: „Gottlob jetzt ist es genug, jetzt gehen wir durch". Sie seien dann davongesprungen, jedoch nach 6—7 Minuten wieder zurückgekehrt, weil sie das Messer und ein Gewehrteil vermißt hätten. Der Forstwart habe nicht mehr gelebt, was ihnen nicht recht gewesen sei. Sie hätten ihn dann in ein Walddickicht geschleppt. In der Voruntersuchung hat Mack angegeben, daß der Forstwart noch gelebt habe. Auf dem Heimweg hätten sie davon gesprochen, ob sie sich nicht stellen wollten, was die Angeklagten übrigens auch getan haben. — Der Angeklagte Ruck hat in der Voruntersuchung eingeräumt, daß nach seiner Haltung, die er hinter der Tanne eingenommen habe, der Forstwart der Meinung sein konnte, er wolle auf ihn schießen. Der Vater des Ruck bezeugte, daß sein Sohn niedergeschlagen gewesen sei und ihm erzählt habe, daß Mack auf den Forstwart geschossen habe. Die Mutter des Mack bekundete, daß ihr Sohn niedergedrückt nach Hause gekommen sei. Einem Zeugen hat Ruck auf dessen Frage, was er habe, erzählt, sie hätten am Samstag abend einen For st warttot geschlagen. Er wisse nicht, ob Mack auf den Forstwart geschossen habe. Dem Landjäger hat Ruck angegeben, daß er im Anschlag gestanden sei. Dem Getöteten wird von seinen Vorgesetzten das beste Zeugnis ausgestellt. Er war ein ruhiger Mann und im Dienst nicht übereifrig. Zur Sprache kamen verschiedene Zusammenstöße, die er mit Wilderern hatte. Die Leumundszeugen konnten im allgemeinen nichts Ungünstiges über die Angeklagten sagen.
Das Urteil im Ritualmordprozeß.
Kiew, 10. Nov. In dem Ritualmordprozeß ist der Angeklagte Beilis freigesprochen worden. Die Geschworenen haben die Frage 1) ob das Verbrechen in einem der Räume des Gehöfts Saizews begangen worden sei, bejaht, und die Frage 2) ob ein Ritualmord vorliege und das Verbrechen von Beilis begangen worden sei, verneint.
Landwirtschaft und Märkte.
Herrenberg, 8. Nov. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 155 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 35—48 Mark. 82 Stück Läuferschweine; Erlös pro Paar 60—95 Mark. Verkauf: flau.
Wöchentlicher Saatenstandsbericht der Preisberichtstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats. Infolge der andauernd milden Witterung haben sich die Wintersaaten in der Berichtswoche weiter günstig entwickelt. Von besonderem Nutzen waren die in den meisten Gegenden vorgekommenen Niederschläge für die spät bestellten Saaten, deren Aufgang und Wachstum infolge mangelnder Bodenfeuchtigkeit bisher vielfach zu wünschen übrig gelassen hatte. Die frühen Saaten haben sich weiter gekräftigt und zeigen einen guten, stellenweise sogar zu üpigen Stand; die späten Saaten, die meist erst nach dem Regen aufgegangen sind, kommen jetzt gleichfalls besser vorwärts. Leider haben Schnecken und Mäuse den Saaten weiteren Schaden zugefügt, so daß häufig Uber Neubestellungen berichtet wird. Die Rübenernte nähert sich ihrem Ende; ihr Ergebnis ist durch das warme Wetter zum Teil noch günstig beeinflußt worden. Die Weiden werden in vielen Gegenden noch ausgenutzt. _
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckeiei.
Rsklanieteil.
Immer mein wirck Tee, namentlich in cken kräftigen Lorten, als tägliches Oetränlc bevorzugt. Von
nMNM'rreenneiioii«»
setten sieb bonckon Tee ä M. 2.60 u. Englische Mischung ä M. 320 ciss ?kck. rum grossen Teil, Ceylon Inckian s M. 280 unck TT. Ceylon Inckian ä M 3 50 ckas ?lci. last ausschliesslich aus leinen tricktiscb-inclisoksn Tees russmmen Diese vier Mischungen verclienen ikres IVokI- geschmaclcs, ibrer Teinkeit unck grossen Crgiebigbeit ballier gar 2 besonckere Leacbtung.
- ^ äIldewsknls ^ künilinctei'uncl^r'snste
Hinweis.
UM- Der heutigen Nummer liegt eine Preisliste der seit 1887 bestehenden Münchener Engros Firma Gebr. 3. und P. Schulhoff bei.
Amtliche und Privatanzeigen.
Stadtgemeinde Calw.
Bekanntmachung
betr. die Auflegung der Wählerliste zur Gemeinderatswahl.
Die Wählerliste für die am Donnerstag, den 4. Dezember 1913 stattfindende Gemeinderatswahl ist vom Mittwoch, den 12. November bis Dienstag, den 21. November 1913, je einschließlich, während der Dtenststunden aus der Stadtschultheißenamtskanzlei (Zimmer Nr. 14) zur allgemeinen Einsicht aufgelegt.
Innerhalb dieser Woche ist jeder Wahlberechtigte befugt, gegen die aufgelegte Wählerliste wegen Uebergehung von Personen, welche in dieselbe aufzunehmen gewesen wären, oder wegen Aufnahme unberechtigter Personen mündlich zu Protokoll des Stadtschultheißenamts oder schriftlich mit voller Namensunterschrist Einsprache zu erheben.
Calw, den 11. November 1913.
Stadtschultheißenamt:
Conz.
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Bad Liebenzell, 10. November 1913.
Statt Karten.
Meine liebe Frau, unsere treubesorgte Mutter, Schwiegermutter und Großmutter
Gottliebin Schoenlen,
geb. Rittmann,
ist heute vormittag 11'/* Uhr nach längerer Krankheit im Alter von 63 Jahren sanft entschlafen.
Im Namen der tieftrauernden Familie:
Der Gatte: Friedrich Schoenlen, Kaufmann.
Beerdigung: Mittwoch nachmittag 2'/- Uhr.
Bad Liebenzell, den 10. November 1913.
Statt besonderer Anzeige.
Nach schwerem Leiden entschlief heute früh sanft im dreißigsten Lebensjahr meine liebe Frau
Clara Lorey,
geb. Meßner.
Hermann Lorey, Forstamtmann, mit Kindern Max und Helene.
Beisetzung in Tübingen.
Kgl. Forstamt Hirsau.
Reis-VerkNs.
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