Kirchci'.opfer für die bedrängten Weingärtner. Im Amtsblatt des Evang. Konsistoriums wird folgender Erlaß bekannt gegeben: Angesichts der großen Not, die zahlreiche weinbautreibende Gemeinden des Landes nach wiederholten Fehljah ren durch len nahezu völligen Ausfall des Ertrags der Weinberge in olesem Jahr betroffen hat, und die noch verschärft wird durch das Fehlen des Obstes im größten Teil des Landes, werden sich viele Kirchcngemeinden des Landes veranlaßt fühlen, durch Zuwendung des Opfers am Erntedankfest zur Linderung dieses Notstands beizutragen. Es, wird empfohlen, in diesem Falle das Erntedankfestopfer dem Notstandssonds der Centralleitung für Wohltätigkeit in Württemberg zu Gunsten der notleidenden Weingärtner des Landes zuzufüöce»
G>. Kirchliches. Die Kirchenkollekte für die Arbeit des Süddeutschen ev. Jünglingsbundes an den Soldaten des württ. Armeekorps hat laut Kons.- Amtsbl. 12 283 Mk. 81 Pf. ertragen. — In Schwenningen, Dek. Tuttlingen, ist mit staatl. Genehmigung ein Stadtoikariat errichtet worden. Das ständige Vikariat in Mainhardt, Dek. Weinsberg, ist ausgehoben worden. — Ferner wird ein Erlast der Ministerial- abteilung für die höheren Schulen betr. den evang. Religionsunterricht veröffentlicht, der an die Stelle des Memorierplans vom 2. August 1908 einen von der Evang. Oberkirchenbehörde unter dem 12. August 1913 festgestellten und durch die Ministerialabteilung für die höheren Schulen zur Einführung gelangten Lehrplans für Sprüche und Lieder setzt. Derselbe ist dem Unterricht vom Herbst 1913 an zu Grunde zu legen.
11k. Schifssliste für billige Briefe nach den Vereinigten Staaten von Amerika (10 Z für je 20 p): Die Portoermäßigung erstreckt sich nur auf die Briefe, nicht auch auf Postkarten, Drucksachen usw., und gilt nur für Briefe nach den Vereinigten Staaten von Amerika, nicht auch nach anderen Gebieten Amerikas, z. B. Canada. „Amerika", ab Hamburg, 6. November, „Großer Kurfürst" ab Bremen, 8. Nov.; „George Washington", ab Bremen 15. Nov.; „Kronprinzessin Cecilie", ab Bremen 18. Nov.; „Kaiserin Auguste Viktoria", ab Hamburg 22. Nov.; „Prinz Friedrich Wilhelm", ab Bremen 29. Nov.; „Kaiser Wilhelm II", ab Bremen 2. Dez. Alle diese Schiffe sind Schnelldampfer oder solche, die für eine bestimmte Zeit vor dem Abgänge die schnellste Beförderungsgelegenheit bieten. — Es empfiehlt sich, die Briefe mit einem Leitvermerke wie: „direkter Weg" oder: „über Bremen oder Hamburg zu versehen.
Der gesündeste Ort Württembergs. Im Juli dieses Jahres wurden Feststellungen getroffen über die Sterblichkeit in den deutschen Städten. Jetzt liegen die Zahlen aus allen deutschen Orten vor und wir können feststellen, daß in Württemberg Feuerbach zu den Orten mit der geringsten Sterblichkeit gehört. Die gesündesten Städte sind, wie die „Medizinische Klinik" in ihrer soeben erschienenen Nummer mitteilt, in Preußen Langerfeld mit 3,0 Sterbefällen auf 1000 Einwohner, in Bayern Landau mit 8,5, in Sachsen Döbeln mit 6,5, in Württemberg Feuerbach mit 6,8, in Baden Baden-Baden mit 9,4.
8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist kühleres meist trockenes, aber auch strichweise regnerisches Wetter zu erwarten.
Neuenbürg, 4. Nov. Auf dem Marktplatz kam es zwischen hiesigen Arbeitern zu einer Schlägerei, bei der das Messer und
der Revolver eine Rolle spielten. Abgesehen von einer großen Stichwunde hinter dem Ohr, die einer der Beteiligten erhielt, kam es glücklicherweise nicht zu erheblichen Verletzungen. Der Streit ist auf den seit 20. September beendeten Streik in der Bügeleisenfabrik zurückzuführen. Bis jetzt sind vier an der Schlägerei Beteiligte verhaftet.
Conweiler, 4. November. Nach mehr als dreißigjähriger treuer Dienstzeit tritt Schultheiß Gann von seinem Amte zurück. Die Schultheißenwahl ist auf den 17. November anberaumt. Die Vorstellung der Bewerber, deren es schon sieben sind, findet am kommenden Sonntag, den 9. d. Mts., statt.
Württemberg.
Der Volkswirtschaftliche Ausschuß
der Zweiten Kammer beschäftigt sich gegenwärtig mit den Eingaben der Gewerbevereine, Handwerkervereinigungen und Handwerkskammern zum Sub- m i s s i o n s w e s e n, desgl. mit dem hierzu gestellten Zentrumsantratg. Schon 1910 und 1912 sind 2 Ausschustberichte über diese Frage ausgearbeitet worden. Die damaligen Referenten (Augst und Dr. Bauer) sind verstorben; infolgedessen hat das Referat der Abg. Liesching übernommen. Es wurde bezüglich der Festsetzung des „angemessenen Preises" ein vereinigter Antrag Liesching-Kiene angenommen: „Bei handwerksmäßigen Arbeiten ist der Zuschlag nur zu einem angemessenen Preis zu erteilen. Dieser ist in der Regel von den Behörden nach Anhörung von Sachverständigen aus dem Handwerk vor Erlassung des Ausschreibens der Arbeit festzusetzen. Für den Zuschlag kommen diejenigen Bewerber in Betracht, deren Angebote tüchtige und rechtzeitige Ausführung gewährleisten und nicht mehr als 7 A unter dem festgesetzten angemessenen Preis bleiben." Weitere Anträge Lieschings, bezw. des Zentrums bestimmen, daß bei Aufstellung von allgemeinen Bedingungen, Preisberechnungen und des Verzeichnisses für regelmäßig vorkommende handwerksmäßige Arbeiten und Lieferungen, einschließlich der Unterhal- tungsarüeiten, Sachverständige aus dem Handwerk beizuziehen und dabei die Handwerkskammern zu hören sind, und daß bei Abnahme von handwerksmäßiger Arbeit in geeigneten Fällen Sachverständige vom Handwerk zugezogen werden sollen. Bezüglich der Frage der Submissionsämter wurde die Eingabe, soweit sie ein Landesverdingungsamt im Auge hat, durch den Kammerbeschluß vom Juni für erledigt erklärt. Dagegen fand der Antrag Lieschings Annahme: Die Lieferung des Materials ist bei handwerksmäßig herzustellenden Arbeiten den Handwerkern in der Regel zu überlassen und eine Bestimmung dahin aufzunehmen, die Eeneralunter- nehmer sind vertragsmäßig zu verpflichten, bei Untervergebungen bei gleichen oder nur einen geringfügigen Unterschied aufweisenden Preisangeboten die ortsansässigen Handwerker, gleiche Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit vorausgesetzt, in der Regel ! vorzugsweise zu berücksichtigen. Soweit ferner die Einführung der Streikklausel in der Eingabe verlangt wird, das heißt, daß sich die Lieferfrist ^ um die Dauer eines Streikes verlängere, wurde das Verlangen abgelehnt, wie es auch vom früheren Aus- ' schuß geschehen war, ebenso ist in keinem anderen ' Staat eine solche Klausel eingeführt. Es ist eben von Fall zu Fall zu prüfen, ob etwa ein Verschulden i des Unternehmers am Streik oder an der Aussper- > rung vorliegt. Ferner wurde der Wunsch in der
Eingabe betreffend bauseitige Stellung der Gerüste, (das heißt vom Bauherrn im Unterschiede vom Bauunternehmer), als durch die allgemeinen Submissionsbedingungen 8 11 kür erledigt erklärt. Die Frage der gesetzlichen Regelung sowie der Verzinsung bei Verzögerung der Zahlung wurde für die nächste Sitzung, Dienstag, den 4.November, zurückgestellt.
Ein peinlicher Fall.
Viberach, 3. Nov. Der lanafährige Kassier des kgl. Waisenhauses in Ochsenhausen, I. Bernhard, dessen Name bei der letzten Etatsberatung in der Zweiten Kammer deshalb erwähnt wurde, weil er zugleich als Subdirektor einer Lebensversicherungsgesellschaft in Stuttgart Geschäfte machte, ist wegen mißglückter Spekulationen in Schwierigkeiten geraten. Bernhard galt allgemein als sehr reich. Die Angelegenheit wird dadurch um so peinlicher, daß nunmehr auch verlautet, seine Vorgesetzte Dienstbehörde habe ihm die Kasse des kgl. Waisenhauses abgenommen, nachdem sie bei einer außerordentlichen Revision nicht in Ordnung befunden worden war. Die Höhe des Abmangels steht noch nicht fest, da die ermittelten Ziffern sich von Tag zu Tag ändern. In einer Korrespondenz des Schwäbischen Volksboten wird von 18 000 gesprochen. Bernhard befindet sich in Stuttgart auf freiem Fuß. Wie es heißt, wurde für den Ochsenhausener Fehlbetrag Deckung geboten.
Stuttgart, 3. Nov. Bei der Wahl zum Ausschuß der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stuttgart vom 31. Oktober 1913 haben insgesamt 39 685 Versicherte abgestimmt. Es entfallen hievon auf Wahlvorschlag 1 (Vereinigte Gewerkschaften) 31477 Stimmen, Wahlvorschlag 2 (Verein für Arbeitervertreterwahlen und soziale Angelegenheiten) 8027 Stimmen, ungültig sind 81 Stimmen. Gewählt sind nach den Höchstzahlen vonWahlvorschlag 1 48 Vertreter, von Wahlvorschlag 2 12 Vertreter. In den Kassenvorstand sind vorn 1. Januar 1914 ab zu wählen von Wahlvorschlag 1 13 Vertreter, vom Wahlvorschlag 2: 3 Vertreter.
Stuttgart, 3. Nov. Die innere Abteilung des Gemeinderats hat das Entlassungsgesuch des städtischen Polizeidirektors abgelehnt. Dr. Bittinger ist deshalb verpflichtet, bis zum Ende seines 3jährigen Vertrages im Dienste der Stadtgemeinde auszuharren.
Sindelfingen, 3. Nov. Anstelle des auf 1. Januar 1914 zurücktretenden Kassiers der Handwerkerbank Sindelfingen, Ludwig Müller, wurde in der gestrigen außerordentlichen Generalversammlung dessen Sohn, Bankbeamter Ludwig Müller in Stuttgart, als Kassier der Bank mit 259 von 304 abgegebenen Stimmen gewählt. Dem scheidenden Kassier wurde als Llnerkennung für seine 28jährige treue Tätigkeit bei der Bank eine Gratifikation von 1000 Mark verwilligt. Ferner wurde von der Generalversammlung ein Kredit von 25 bis 30 000 Mark verwilligt zur Erstellung eines Bankgebäudes. — Die Handwerkerbank Sindelfingen hat den Zinsfuß für Darlehen von 4 auf 41t Proz. erhöht. Sparkasseneinlagen werden zu 4 Proz. verzinst.
Heilbronn, 3. Nov. Eine Generalversammlung des Konsumvereins hat einstimmig die Errichtung einer Genossenschafts-Bäckerei beschlossen.
Rottenburg, 3. Nov. Das Domkapital hat für die erledigte Stelle des Domdekans aus der Zahl derjenigen Kandidaten, die dem König zuvor benannt und von diesem nicht beanstandet wurden, den Domkapitular Prälat von Walser gewählt.
Das ZlnglüLshaus.
31 Roman von Georg Türk
Maria seufzte.
„Diese Schüchternheit zwingt ihn, seine Zuneigung zu Ihnen in der Tiefe seines Busens zu verwahren! Er geht, entschuldigen Sie den Vergleich, wie die Katze um den heißen Brei! Man müßte ihn schieben! Man müßte ihm helfen! Und ich bin gerade in der rechten Laune, diesen Helfer zu spielen!"
„Das werden Sie nicht tun!"
„Ich werde es tun!" gab er bestimmt zur Antwort.
„Sie sind ein schrecklicher Mensch!"
„Mag sein!" gab er lachend zurück. „Ich fühle es: ich tue eine edle Tat! Aber wie es anfangen? Das ist die Frage ..."
Er strich sich über die Stirn. Auf einmal sprang er auf.
„Ich hab's!" rief er. „Sie haben sich doch vor kurzem photographieren lassen?"
Sie nickte.
„Das trifft sich ja vorzüglich! Wollen Sie mir ein Bild zeigen?"
„Ich weiß nicht, was Sie damit wollen?"
„O bitte, holen Sie doch ein Bild!"
Kopfschüttelnd erhob sich Maria, ging in ihr Zimmer und kam mit dem Bild zurück und reichte es ihm.
„Ausgezeichnet ... Ich bekomme doch auch eins? Dies Bild aber ist für einen anderen!"
„Unterstehen Sie sich!"
Hans Ringer lachte ihr lustig ins Gesicht.
„Fräulein Hellmuth! Sagen Sie mir offen und ehrlich und ohne Verstellung: Wäre es Ihnen wirklich so schrecklich, wenn ich dies Bild dem Pfarrer geben würde?"
Maria senkte den Kopf und schwieg.
„Na also!" sagte Hans Ringer gemütlich. „Doch wenn man jemand ein Bild schenkt, dann schreibt man auch eine Widmung darauf!"
Er holte Tinte und Feder.
„Wollen Sie das nicht gleich besorgen?"
Maria zögerte.
„Ein ganz schrecklicher Mensch sind Sie!" erwiderte sie mit gut gespieltem Zorn, ergriff die Feder und schrieb:
„Zur freundlichen Erinnerung. Maria Hellmuth."
„Sind Sie nun zufrieden?" sagte sie und legte die Feder hin.
Der Assessor nahm das Bild und fuhr sorgsam mit dem Löschblatt über das Geschriebene.
„So!" sagte er befriedigt. „Eben schlägt es dreiviertel neun Uhr. Um neun Uhr ist die Sitzung zu Ende. Das Bild bring ich sofort dem Pfarrer."
Er ergriff seinen Hut, Maria stand auf. Sie wollte widersprechen. Er aber sagte: „Bleiben Sie nur ruhig sitzen! Ich komme bald zurück und bringe
den Pfarrer mit! Bleiben Sie nur!- O,
diese wundervolle Abendröte, die zwischen den Bäumen ins Zimmer leuchtet. Fräulein Hellmuth, Sie find ganz und gar mit Glut übergossen. — Auf Wiedersehen!"
Und fort war er.-
Vor dem Pfarrhaus schritt er aus und ab, bis es neun Uhr schlug; es dauerte nicht lange, bis die Haustüre sich öffnete und der Pfarrer mehrere Männer hinausließ.
Eben wollte er hinter dem letzten die Türe abschließen, als der Assessor rief: „Halt, laß mich erst herein!"
„Was, du bist hier?"
Sie stiegen die Treppe hinauf und betraten die Studierstube, die voller Rauch war.
„Ja!" lachte der Pfarrer und öffnete das Fenster. „Wenn bei mir Sitzung gehalten wird, wird dazu geraucht. Rauchen beruhigt und man redet leichter . . . Doch, was verschafft mir noch die Ehre deines Besuches?"
„Ich muß dir etwas zeigen."
Er reichte ihm das Bild.
„Ah! Fräulein Hellmuth."
„Ganz richtig! Das Bild hat sie mir eben geschenkt."
„Das Bild — hat sie dir geschenkt?"
Der Assessor lachte hellauf. Recht kläglich klang die Stimme des Freundes.
„Nur keine Bestürzung! Ich habe gelogen. Dir gehört das Bild! Und hier steht die Widmung!"
Der Pfarrer las leise die Worte:
„Zur freundlichen Erinnerung. Maria Hellmuth."
„Vorwärts!" ries Hans Ringer eifrig. „Setz deinen Hut auf? Du mußt dich bei ihr bedanken?"
»Jetzt? So spät? — Das hat doch bis morgen Zeit. (Fortsetzung folgt.)