(!) Bezirksobstbauverein. Die am Mittwoch abgehaltene Herftversammlung des Bezirksobstbauver- eins erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. In einem neuangelegten Obstgarten an der Neuen Stuttgarter Straße gab Obstbauinspektor Winkelmann praktische Unterweisungen im Pflanzen und Schneiden des jungen Obstbaums und fand bei den interessanten und eingehenden Arbeiten die aufmerksamsten Zuhörer. Nach der praktischen Demonstration begab sich die Versammlung in den badischen Hof, woselbst der Obstbausachverständige seine Ausführungen erweiterte und einen von großer Sachkenntnis zeugenden Vortrag über Baumpflege hielt. Hiebei kam der Redner besonders auf die Bodenbearbeitung, die Düngung, den Rllckschnitt, die Rindenbildung, das Auslichten des Baumes, die Baumschädlinge u. die Rindenpflege zu sprechen und erläuterte seine Darbietungen mit Beispielen aus der Praxis. Präzepter B ä u ch l e, der an Stelle des verhinderten Vorstandes die Leitung der Versammlung übernommen hatte, dankte dem Redner für seine überaus wichtigen und fesselnden Ausführungen und forderte die Mitglieder auf, das Gehörte in die Tat umzusetzen und dem Obstbauverein Freunde zuzuführen, damit die Zahl der Mitglieder, die nunmehr 627 betrage, noch immer weiter steige und dem Obstbau eine noch größere Verbreitung zuteil werde. Den Schluß der Verhandlungen machte eine Verlosung von Obstbäumen und Geräten, die durch ihre reiche Ausstattung lebhaften Anklang fand und keinen Teilnehmer ohne Gewinn abziehen ließ.
Schule und Post. Im amtlichen Postverkehr der Volksschulrektoren und Volksschullehrer werden an Stelle der Uebergabescheine mit eingedrucktem amtlichen Wertzeichen künftig solche ohne Wertzeichen verwendet werden, deren Versendung in verschlossenem Umschlag unter Frankierung durch Postwertzeichen für den amtlichen Verkehr der Staatsbehörden erfolgt.
Gegen die Ortsschelle. Die Bekanntmachungen durch die Ortsschelle ausrufen zu lassen, ist leider auch noch vielfach üblich; aber wir zweifeln nicht, daß diese vorsintflutliche Einrichtung bald vollends verschwinden wird. Selbst das Gericht hat erklärt, daß diese Art der Bekanntmachungen in unserer heutigen Zeit vollständig unzureichend sind. Ein Kaufmann hatte nämlich gegen eine polizeiliche Verordnung verstoßen, die „aüsgeschellt" worden war, und erhielt aus diesem Grunde eine Strafmandat. Er erhob Widerspruch und beantragte richterliche Entscheidung. Das Gericht hob tatsächlich das Strafmandat auf, mit der Begründung, daß in der Jetztzeit niemand mehr erwarten darf, daß wichtige Bekanntmachungen „auf so alte Art" für verbindlich erklärt werden. Mit dieser Gerichtsentscheidung kann die Presse wohl zufrieden sein, sie bedeutet einen großen Schritt nach vorwärts u. es wird mit dem alten Zopf des Ausschellens wohl oder übel aufgeräumt werden müssen.
soll. Mutmaßliches Wetter. Für Freitag und Samstag ist fernerhin veränderliches, aber noch meist trockenes und mildes Wetter zu erwarten.
— Gechingen, 29. Okt. Der Glaube an den Spür-, bezw. Scharfsinn der Polizeihunde hat hier einen starken Stoß erlitten, nachdem die wiederholte Inanspruchnahme desselben zu keinem greifbaren Ergebnis führte. Vor einiger Zeit wurden nämlich dem ledigen Schreiner Christian Wuchter, welcher in seinem Neubau an der Hengstetter Straße allein haust, abends während der Arbeitszeit aus dem im zweiten Stock befindlichen Schlafzimmer Kleider, sowie eine wertvolle und eine minderwertige Uhr entwendet. Durch die Unruhe seines bei ihm in der Werkstatt befindlichen jungen Hundes aufmerksam gemacht, begab sich W. ins obere Stockwerk, wodurch der Dieb wahrscheinlich verjagt wurde. Auf dem Boden vor dem Kleiderschrank lag ein in der Eile scheints zurückgelassener neuer Anzug. Dadurch erst wurde der Betroffene auf den Verlust aufmerksam. Sofort telefonierte er nach Stuttgart um den Polizeihund. Dieser kam aber erst andern Tags. Er verfolgte die Spur bis zum nahen Wald, dann über die Felder in den Ort hinein, wo er vor dem Haus eines Einwohners hielt. Ein zweiter Versuch hatte den gleichen Erfolg. Doch konnte der durch den Hund Verdächtigte über die fragliche Zeit sich ausweisen. Auch die gestohlenen Gegenstände förderte eine sofort vorgenommene Haussuchung nicht zu Tage. Und immer lauter wurde der Verdacht, daß ein bei dem Nachbar kurze Zeit in Arbeit stehender und nicht lang vorher verschwundener Schreinergeselle der Täter sei. Es verlautet auch, man habe in Stuttgart von den Gegenständen gefunden. Aber von andrer Seite heißt es wieder, der Betroffene wisse davon gar nichts. Die Untersuchung schwebt noch.
Altensteig, 29. Okt. Hirschwirt Schleeh ist seinen Verletzungen, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, gestern früh erlegen.
^ Neuenbürg, 29. Okt. In Virkenfeld ist der 54 Jahre alte^verheiratete Landwirt Johannes Bäuerle in seiner Scheuer neulich abgestllrzt und wurde bewußtlos vom Platze getragen. Er ist jetzt gestorben, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. Eine Witwe und 3 kleine Kinder betrauern den Vater.
Württemberg.
Aus dem Parteileben.
Aus Lyon in Südfrankreich ist beim Präsidenten der Zweiten Kammer von dem Landtagsabgeordneten, Rechtsanwalt Christian Storz die überraschende Nachricht eingelaufen, daß er sein Landtags- mandar für Tuttlingen nieder lege. Storz hatte den Sitz im Landtag seit 1905 inne und gehört der Fraktion der Fortschrittlichen Volkspartei an. In den Jahren 1903 bis 1911 war er außerdem Mitglied des Reichstags für den 14. Wahlkreis Ulm. Um dieses Mandat hat Storz, der seit 1892 in Heidenheim als Rechtsanwalt tätig war, nach seiner im Jahre 1911 erfolgten Uebersiedelung nach Stuttgart sich nicht wieder beworben. Damals tauchten auch Zweifel auf, ob er mit Rücksicht auf private Gründe nochmals als Landtagskandidat fungieren werde. Letzteres geschah gleichwohl, und so wurde Storz im zweiten Wahlgang am 29. Nov. 1912 wieder in den Landtag entsandt. — Da nunmehr im Bezirk Tuttlingen eine Ersatzwahl notwendig wird, werden einige Mitteilungen über die Stärkeverhältnisse der Parteien in dem Bezirk interessieren. Bei der Wahl von 1906 hatte Storz in der Hauptwahl 1843 Stimmen erhalten gegen 1799 der Sozialdemokratie, 1387 des Zentrums und 576 der Deutschen Partei. In der Nachwahl brachte es Storz auf 1723 Stimmen gegen 1432 der Sozialdemokratie. Bei der Hauptwahl am 16. Nov. 1912 haben von 7993 Wählern 6443 ihre Stimmen abgegeben , d. h. 80,7 Proz. Davon entfielen auf Storz, laut Wahlabkommen von der Nationalliberalen Partei unterstützt, 2499, auf Mattutat (Soz.) 2344, Vetzner (Zentrum) 1263 und Körner (V. K.) 347 Stimmen; im zweiten Wahlgang wurde Storz mit 3309 Stimmen gewählt, Mattutat (Soz.) erhielt 2735, Körner (B. K.) 168 und Betzner (Z.) 10 Stimmen. — Storz stand von jeher auf dem rechten Flügel seiner Partei und bekannte sich wiederholt offen gegen den Abbau der Schutzzölle. Besonders deutlich äußerte er sich in dieser Hinsicht noch während des Wahlkampfes um die Ersatzwahl in Eerabronn, wo er nicht nur eine Herabsetzung der Eetreidezölle verwarf, sondern sich eher noch für ihre Verschärfung ausspach. Außerdem war Storz der Spezialist seiner Partei in Eisenbahnfragen.
Göppingen, 29. Okt. Im Laufe des Monats Oktober fanden für die vier Landtagswahlbezirke des 10. Wahlkreises Konferenzen der sozialdemokratischen Parteiorganisationen statt. Die sozialdemokratische Kreisgeneralversammlung hat schon im August beschlossen, den Tagwachtredakteur Crispien als Reichstagskandidaten für den 10. Wahlkreis aufzustellen. Nunmehr sind auch die Landtagskandidaten aufgestellt worden. Sämtliche bisherigen Landtagskandidaten wurden wieder aufgestellt: für Göppingen Fr. Herpich-Stuttgart, für Gmünd W. Schuhmacher-Stuttgart, für Schorndorf der Landtagsah- geordnete F. Hoschka-Cannstatt und für Welzheim Fr. Wanner-Emünd. — Die nächste Reichstagswahl findet voraussichtlich Ende 1916, die nächste Landtagswahl 1918 statt.
Bondorf O. A. Herrenberg, 29. Okt. Der mit Heu und Oehmd gefüllte Schuppen des Stationswärters Egeler ist niedergebrannt. Cgeler hatte das Heu, ca. 100 Ztr. nach Zuffenhausen verkauft. Es sollte heute eingeladen werden. Die Entstehungsursache des Brandes ist unbekannt; Brandstiftung wird vermutet.
Stuttgart, 29. Okt. Der letzte Mitgrllnder der Stuttgarter Turngesellschaft vom Jahre 1843, Zahntechniker Hermann Eulen, ist gestern im Bürgerhospital, 86 Jahre alt, gestorben. Fünfmal war er erster Sieger auf Kreisturnfesten des Kreises Schwaben.
Giengen a. B., 29. Okt. Am letzten Sonntag vormittag wurde einem Landwirt im benachbarten Dorfe H. ein seltenes Glück zu teil. Ein Mutterschwein bescherte ihm 10 Junge, eine Kuh ein Kalb und zuguterletzt brachte der Storch einen strammen Buben!
Ulm, 29. Okt. Gestern hat sich in seinem väterlichen Schlosse in Autenried bei Günzburg der Major z. D. Rudolf Frhr. von Reck erschossen. Er diente bei einem Münchener Art.-Reg. lieber die Beweggründe zu dem Selbstmord ist noch nichts bekannt.
Gerabronn, 29. Okt. Der Kutscher Georg Walther aus Wachbach, der in der nächsten Woche heiraten wollte, ist zwischen Bartenstein und Klopfhof verunglückt. Seine Pferde gingen durch. Er selbst wurde von dem Leiterwagen derart gegen eine Mauer gedrückt, daß er kurze Zeit darauf tot war.
A«r w-tt «n- Z«tt.
Rastatt II.
^ Nach dem Stichwahlabkommen hätten in Lahr- --tadt die Natlib. und die Sozdem. ihre Kandidaten zugunsten des Kandidaten der Fortschr. Volksp. zurückziehen lassen. Nun weigern sich aber die Natlib., das Abkommen zu beachten und haben beschlossen, rhre Kandidatur aufrechtzuerhalten. Es sei widersinnig, daß die beiden weitaus stärksten Parteien, die natlib. und die sozdem., ihre Kandidaten zugunsten der schwächsten, der Fortschr. Volksp., zurück- zrehen sollen. Auch habe nach dem ursprünglichen Blockabkommen die Nationalliberale Partei, wie es dem alten Besitzstand entspreche, in Lahr-Stadt den Kandidaten zu stellen gehabt.
Amtliches zum Unfall des L 2.
Berlin, 29. Okt. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt: Die amtlichen Ermittelungen über die Entstehungsursache der Katastrophe des 'Marineluftschiffes „L. 2" haben das Nachstehende ergeben: Bildung eines luftverdünnten Raumes in der vorderen Gondel, hervorgerufen durch die bei dieser Konstruktion erstmals angewandte Art des an der Vorderseite der Gondel befindlichen Schutzschirmes; Ansaugen des an der Unterseite des Luftschiffes austretenden Gases; Entzündung des in die Gondel hin- eingesogenen Gasgemisches durch einen Funken am Motor.
Die abgelehnte Verfassung.
Schwerin, 29. Olt. Ein großherzoglicher Erlaß teilt dem Landtag mit, daß der Grbßherzog die Enr- aegennahme der Antwort des Landtages, der die Verfassungsvorlage abgelehnt habe, verweigere. Trotz des eifrigen Bemühens des Landesherrn, die Ver- fassungsresorm durchzusetzen, sei dies nicht gelungen. Der Großherzog wolle jedoch aus eigenem Entschluß nicht eine Verfassung in Kraft setzen, da ein solcher Entschluß in seinen Folgen unübersehbar sei und ein Eingreifen des Reiches zur Folge haben könne. Der Landesherr werde jedoch das gesteckte Ziel weiter verfolgen. Nachdem auch der Strelitzer Erlaß verlesen worden war, wurde der Landtag geschlossen.
Der Kaiser als Jäger.
Offizielle Berichte über die Jagd in Konopischt, zu der Kaiser Wilhelm vom Erzherzog Franz Ferdinand eingeladen war, sagen: „Die Jagd ist vorzüglich ausgefallen. Kaiser Wilhelm war von ihrem Ergebnis sehr befriedigt und in prächtiger Laune. Es wurden 3300 Fasanen zur Strecke gebracht, von denen der Kaiser 1180 Stück erlegt hat. Bei dem ersten Trieb gab er 211 Schüsse ab, von denen 195 ihr Ziel trafen." — Nach Beendigung dieser Schießerei fand abends ein Mahl im Schlöffe Konopischt statt.
Die Pest.
Nowotscherkask, 28. Okt. In der Dorfschaft Gromos- lawka in dem 2. Donbezirk an der Grenze des Gouvernements Astrachan sind 7 Personen gleichzeitig an Pest erkrankt. 5 Personen sind gestorben.
Gerichtrfaal.
Stuttgart, 29. Okt. Wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz hatte sich der Filialleiter der Firma Mettler und Eegenbach, Jakob Schenkelberg vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er hatte am 6. und 8. September von Würmern belebte Himbeermarmelade verkauft. Daß er wissentlich gehandelt hat, konnte ihm nicht nachgewiesen werden; das Schöffengericht verurteilte ihn dagegen wegen fahrlässiger Nahrungsmittelfälschung zu 25 N Geldstrafe, wobei die grobe Fahrlässigkeit in Betracht gezogen wurde.
Breslau, 29. Okt. Von der hiesigen Strafkammer wurde heute in der Sittlichkeilsaffäre das Urteil gefällt. Von den Angeklagten wurde einer zu 1 Jahr, zwei zu 7 Monaten, sechs zu je 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Die übrigen 5 Angeklagten wurden freigesprochen.
kan-rvirffthaft «nd Märkte.
Biberach. 29. Okt. Die Maul- und Klauenseuche ist ausgebrochen in Allrach O. A. Leutkirch und in Memmingen.
Kurzer Getreidewochenbericht der Preisberichtstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats vom 21. bis 27. Okt. 1913. Die festere Tendenz der amerika- nischenMärkte machte hier zunächst keinen Eindruck, da die zweite Hand andauernd billiger offerierte und der schleppende Warenabsatz im Inlands zu erneuten Lieferungsabgaben Veranlassung gab. Erst gegen Schluß der Woche begann die andauernde Festigkeit Amerikas, die sich auch in erhöhten kanadischen Forderungen zum Ausdruck brachte, die ALgeber im Lieferungsgeschäft vorsichtiger zu stimmen, zumal die zweite Hand, die in der letzten Zeit viel Ware abgestoßen hat, sich zurückhaltender zeigte und auch Rußland seine Forderungen erhöhte. Hinzu kam, daß die Trockenheit in Indien andauert und daß neuer-