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UlierrKelg. Samstag de« IS Oktober.
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Zur Lage.
^ saugen und Baugenin schwebender Mein ^ das ist, um mit dem Dichter zu sprechen, unsev 8»8 m diesen Tagen der Entscheidungen! Han- MU und Bangen in außenpolitischer Beziehung seit fünf Kahren, und fast ebenso lang im Innern! Und dieser Schwebezustand, dessen Ende jedermann herbeisehnt, ist Nn Donnerstag abend durch den Reichstag nochmals um zwei Tage verlängert worden. Die Entscheidung soll üm Samstag fallen. Sie lautet: Ermächtigungsgesetz oder Reichstagsauflösung.
Wie beide Zusammenhängen, das hat die Politische Entwicklung dieser Woche mit greller Deutlichkeit durch die tagelange Anssprache im Reichstag bewiesen. Nachdem Mi Ende der ersten Oktoberwvche durch die Bemühungen der Demokraten die alte Koalition aus Zentrum, deutscher Wollspartei, Demokratie und Sozialdemokratie wieder die Regierung übernommen hat und das alte Reichskabinett durch Ernennung von Dr. Luther, des sei herigen Reichs- kruährungsministers, zum Finanzminister und von Dr. Voeth zum Wirtschastsminister anstelle von Dr. Hilfer- ding und von Raumer wieder vollständig war bis auf das unbesetzte Ernährungsministerium, begann am Montag die politische Aussprache zu der Regierungserklärung.' Sie endete mit der Annahme eines Vertrauensvotums durch die Koalitionsparteien, dagegen stimmten DeutsH- Elionale,' Deutschvölkische und Kommunisten. Reichskanzler Dr. Stresemann rechnete dabei nochmals mit seinen Gegnern zur Rechten ab. Und.nun kam das Ermächtigungsgesetz zur Beratung. Es will der Regierung außerordentliche Vollmachten auf sozialpolitischem, wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet erteilen unter Außerkraftsetzung der Verfassung, soll aber nur für diese Regierung und diese Große Koalition gelten mit der Begrenzung bis zum 31. März 1924. Zur Durchdringung des Gesetzes ist, weil es einen verfas- fungsändernden Charakter hat, eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, also genau 306 Stimmen, auch.die Anwesenheit von mindestens pz der 469 Abgeordneten des Reichstags. Die vier Regierungsparteien verfügen, wenn sie alle Mann an Bord bringen, über etwa 20 Stimmen mehr als die Zweidrittelmehrheit. Nun hat es aber bei den Regierungsparteien selbst Gegner des Gesetzes: bei den Sozialdemokraten der Kreis des linken Flügels mit etwa 30 Mann und bei der Deutschen Volkspartei der rechte Flügel mit schwerindustriellem Einschlag. Auch beim Zentrum ist die Gruppe um Stegerwäld nur halb bei der Koalition. Grundsätzliche Gegner sind die Karteien der Opposition: die 70 Deutschnationalen, die mit einem gewissen Recht die Verantwortung für dieses weitgehende Gesetz den Regierungsparteien zuschieben, die doch über eine absolute Zweidrittelmehrheit im Reichstag verfügen, ferner die 15 Kommunisten und die 20 Mitglieder der Bayerischen Vvlkspartei, die dagegen stimmt, aber das Verlassen des Saales nicht mitmacht. Es war am Donnerstag ein klägliches Schauspiel, daß die Regierungsparteien es nicht fertig brachten, ihre Lente zur Verabschiedung des Gesetzes - zusammenzubringen. Die Rechte folgerte daraus, daß das den Bankerott des Parlamentarismus bedeute. So haben die Regierungsparteien die Entscheidung auf Samstag verschoben, da der Reichskanzler vom Reichspräsidenten ermächtigt war, bei Nichtannahme des Gesetzes den Reichstag auf- tzulösen. Mit diesem Dekret betrat der Kanzler am Donnerstag den Reichstag. Trotzdem 290—300 Abge- vrdnete der Regierungsparteien anwesend waren, bestanden Zweifel darüber, ob die Zweidrittelmehrheit für das Gesetz aufgebracht wird. Deshalb die vertagte Entscheidung bis Samstag. Bei einer etwaigen Reichstaglauflösung ist geplant, daß das bisherige Reichskabinett tvei- terregiert unter einem Ausnahmezustand und daß auch das Ermächtigungsgesetz durch entsprechende Verordnungen durchgeführt werden soll. Dagegen haben die Koa- ritionsparteien aber bereits Stellung genommen. Im Laufe des Freitag bemühten sich die Parteien durch Fraktionszwang ihre Abgeordneten herbeizuholen und Krr Abstimmung zu verpflichten.
Daß diese Krise nicht die letzte ist, erkennt man daraus, daß noch das Arbeitszeitgcsetz, das man aus dem Ermächtigungsgesetz herausgenommen Hat, erledigt werden muß. Dabcr geht es bekanntlich um den Achtstundentag, der im Interesse der Förderung der Produktion abgebaut werden,M.l. Wenigstens bei der
Urproduktion, im Bergbau. Aber die Haltung der Sozialdemokratie steht jetzt schon fest, daß sie an dieser „Errungenschaft" nicht tippen läßt. Auch die Erfahrungen im Ruhrgebiet aus dieser Woche haben gelehrt, daß es nicht leicht ist, mit dem Achtstundentag zu brechen. Die Gruben- und Zechenbesitzer haben dort anschlagen lassen, daß vom 9. Oktober ab wieder zur Arbeitszeit wie im Frieden zurückgekehrt werde (8 Stunden unter und 10 Stunden über Tag). Allein sämtliche Arbeitnehnrerverblinde haben sich dagegen erklärt, auch der Reichsarbeitsminister und die Arbeitgeber haben nachgegeben. Ein nichr hoffnungsvolles Vorspiel zur bevorstehenden Arbeitsaufnahme an der Ruhr. Dies umso mehr,, als die Metallindustrie des Ruhrgebiets infolge der wirtschaftlichen Krise bereits zu starken Arbeitszeitverkürzungen übergehen mußte. Es sollte also nur dort, wo Arbeit genug vorhanden und im vaterländischen Interesse gelegen ist, gegen Bezahlung mehr gearbeitet werden.
Daneben hat diese Woche Jndustriellenverhandlnngen mit dem französischen Befehlshaber an der Ruhr, General Degoutte, gebracht. Daß die Reichs regierung durch Hugo Stinnes nicht vorher verständigt wurde, liegt an ihr selbst, denn die Krise der vorletzten Woche gab ihr nicht Zeit zu Besprechungen. Nun sind gerade die Besprechungen in Düsseldorf ziemlich ergebnislos verlausen und das deutsche Recht, über Kohlenlieserungen an den Gegner auf Reparationslasten ist gewahrt. Die Werhand- kmrgen von Stinnes waren nach amtlicher Darstellung einwandfrei. Allerdings hat eine andere Jndustriellen- WNppe, Otto Wolf und der Phönixkonzern, bereits einen Vertrag mit den Franzosen abgeschlossen. Aber mau ' muh den Kämpfern an Ruhr und Rhein doch soviel Zutrauen, daß sie die deutschen Interessen wahren. Schließ« ;Lch kommt man doch auf diese Einzelverhandlungen hin- iaus, nachdem ein Schritt der deutschen Regierung in Paris nach Verhandlungen zur Wiederaufnahme der Arbeit an der Ruhr abgelehnt wurde. ^Frankreichs Ziel steht unverrückt: Es will das Rubrae- Mt.
Während man in Berlin in parteipolitischer Zerrissenheit und Ohnmacht herumstritt, bildete sich in Sachsen eine Links regierung aus 5 Sozialdemokraten und 2 Kommunisten und.zugleich mit d?m roten Thüringen eine Art Sowjetstaat-Bund, der dem Reiche noch ' mancherlei zu schaffen machen wird. Weniger Bayern, l das unter seinem Diktator Kahr seinen Kurs fest und . ruhig weitergeht. Der politische Wirrwarr in Berlin Hot zweifellos mit dazu beigetragen, daß der Dollar in Vieser Woche zu Riesensprüngen ansholte, sos daß wir den russischen Entwerutngsprvzeß um ein vielfaches übersprangen. Ein amtlicher Dollarstand von inehr als 5 Milliarden bedeutet, daß der Milliardenschein keine Goldmark mehr wert ist. Wohl ist seit Freitag ein Rückschlag eingetreten, aber die Entwertung dieser Woche ist 'so phantastisch und riesengroß, daß die Kaufkraft des i deutschen Papiergeldes fast Null ist. Das deutsche Volk i ist, wie ein Redner des Reichstags sagte, bedroht, „bei ! vollen Scheunen Hungers zu sterben". Darum helfe». Mch alle Sicherungsmaßnahmen der Regierung nichts, bis ein wertbeständiges Zahlungsmittel vorhanden ist. Die Währungsreform ist, wie schon vor Monaten hier angedeutet wurde, immer noch die dringlichste Aufgabe einer deutschen Regierung. Es mutet geradezu grotesk an, wenn man jetzt durch eine Verordnung wertbeständige Steuern einsührt, aber immer noch kein wertbeständiges Zahlungsmittel besitzt. Die Währungsbank wird zwar in kommender ZÄrche wohl mit Hilfe von amerikanischem Kredit gegründet; aber es wird trotzdem eine schlimme Uebergaugszeit in der Lebensmittelversorgung geben. Der Zahlemv ahnsinn der Gegenwart treibt die Menschen zur Verzweiflung. Was die Regierung tun muß, muß bald geschehen. Es ist die letzte Stunde! Der Multiplikator, Millionen mal Friedenspreis, dieser Woche — Montag 130, Dienstag 170, Mittwoch 285, Donnerstag 750, Freitag 1200 — redet eine solche Sprache, daß die Kaufkraft des Einzelnen zusammenschrumpft--und schließlich jene Energien des Hungers auslöst, die noch jeden Umsturz mitverursachten! Die Substanz jeglichen Daseins wird durch diesen Zahlen- und Milliardenrausch untcrhöhlt. Wehe, wenn die zermürbten Körper und die entfesselten Geistesk-'ift' ios- brechen über die Verantwortlichen in Reich und Staat. Heute kann man ruhig sagen: So wird es nicht weitergehen. Wir stehen vor einem Wende Punkt!
Meues vom Tage.
Verbot der Hundertschaften durch den Nü 0 tä rbe fehisha ber.
Stuttgart, 12. Okt. Der Militärbeseh lshab er des Wehrkreiskommandos 5, Generalleutnant Reinhardt, hat noch folgende Verfügungen erlassen:
1. Ich verbiete die Bildung von Verbänden, die in der Form von Hundertschaften, Sturmtrupps u. dergl. wirtschaftliche oder innerpolitifche Ziele erzwingen wollen, ebenso die Aufforderung zur Bildung solcher Verbände und die Teilnahme an denselben. Bereits bestehende Verbände dieser Art sind hierdurch aufgelöst.
2. Zuwiderhandlungen werden nach § 4 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. September d.J. betreffend die zur Wiederherstellung der öffentliche« Sicherheit und Ordnung für das Reich nötigen Maßnahmen bestraft.
3. Diese Verfügung tritt sofort in Kraft.
Die in den einzelnen Teilen meines Wehrkreises z» Tage getretene unterschiedliche Anwendung des Vev- sammiungsverbots gegenüber vaterländischen Feier« veranlaßt mich, zum Zweck einer in diesem Punkte gleichmäßigen Handhabung zu bestimmen, daß alle Vaterländischen Feiern mir zur Genehmigung angemeldet werden. Ich ersuche, bei diesen Vorlagen dahingehend Stellung zu nehmen, ob und aus welchen Gründen ein Verbot für angezeigt erachtet wird. Rechtzeitige Anmeldung ist erforderlich, die Entscheidung behalte ich mir vor.
Wenn der Reichstag anfgeköst werde« sollte.
Berlin, 12. Okt. Der „Vorwärts" schreibt: Es bleibt ' selbstverständlich dabei, daß bei einer Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der Reichstag sofort aufgelöst werde. Aber auch dann würde keine Regierungskrise dieserhalb ausbxechen-vielmehr habe das Reichskabinett schon jetzt beschlossen, auch in diesem Falle die Geschäfte weiter zu führen und die hauptsächlichsten Maßnahmen, die es auf Grund des Ermächtigungsgesetzes zu treffen beabsichtigt, nunmehr kraft des bekannten Art. 48 der ReichSverfassung z» ergreifen.
Beratung der Koalitiouspartcien.
Berlin, 12. Okt. Die Fraktionssührer der KoaR-' tionsparteien traten zu einer Sitzung zusammen. Die D-mokraten haben beschlossen, beim Reichspräsidenten ZN vorstellig zu werden, daß eine Auflösung Reichstags in dem Sinn etwa erfolgen sollte, i ü Regierung ohne Reichstag die geplan- j ten Maßnahmen durchführt und kerne Wahlen ausschreibt. Auch in den übrigen bürgerlichen Parteien besteht die Auffassung, daß ein solches Vorgehen auf Grund des Art. 48 der Reichsverfassung nicht zulässig und deshalb ein solcher Weg von vornherein unmöglich sei.
In der Sitzung der sozialdemokratischen Neichstags- fraktion wurde festgestellt, daß es bei dem bisherigen Brauch der Fraktion bleibt, wonach es den Mitgliedern nicht gestattet ist, gegen den Fraktionsbeschluß zu stimmen. » Das Frartionssekretariat hat Vorsorge getroffen, daß dis am Donnerstag nichtanwesenden Fraktionsmitglteder am Samstag in Berlin weilen.
Ablehnung Frankreichs.
Berlin, 11. Okt. Amtlich wird mitgetsilt:
„Im Anschluß an die Aufgabe des sperrigen Widerstandes hat die deutsche Regierung am 27. September dem hiesigen französischen und belgischen Vertreter die Erklärung abgegeben, daß Deutschland bereit sei, über die Frage der Wiederaufnahme des normalen Verkehrs- und Wirtschaftslebens im Ruhrgebtet in Beratungen mit den Besatzungsmächten einzutretcn.
Der französische Ministerpräsident hat unseren Geschäftsträger, den Botschaftsrat von Hösch, am 10. Oktober empfangen und ihm aus seine Anfrage mitgeteilt, daß die französische Regiernng es ablehne« müsse, mit der deutschen Regierung über die Einzelheiten der Aufgabe des sperrigen Widerstandes zu verhandeln. Es sei die Absicht Frankreichs und Belgiens, die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch unmittelbare Verhandlungen mit der deutschen Wirtschaft und den deutschen örtlichen Behörden zu regeln. Die Regelung gehe allein Frankreich, Belgien und die Bewohner des besetzten Gebiets an. Eine Einflußnahme der deutschen Regierung auf die Gestaltung der Verhandlungen sei durchaus möglich, da es der deutschen Regierung freistehe, die deutschen Behörden und Organe im besetzten Gebiet mit Anweisungen über ihre Aui^^.cg zu versehen. Zu Ver- oandlunsen mit der deutschen Regierung über die Ge»