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Nr. 188 j

MtenBeig, Mittwoch de« k8 Aug«ßt

Jahrgang isr»

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Der Wechsel 1» der Regier»»-.

Der rasende See der Volksnervosität Kat sein Opfer gefordert, das Kabinett Cuno ist nicht mehr. Als Dr. Cuno dem Reichstag in letzter Stunde sein Programm des guten Willens entwickelt hatte, schien es zunächst so, als würde er von der Mehrheck der Volksvertretung Pas Vertrauensvotum erhalten, das er zum Schlüsse sei­ner Rede gefordert hatte. Es ist anders gekommen. Die Kommunisten des Reichstags formulierten ihr Mißtrau­ensvotum für das Kabinett Cuno, und innerhalb der So­zialdemokratischen Partei gingen die Wogen hoch. Die Person Dr. Cunos mußte weichen, damit den Linksradi­kalen der Wind aus den Segeln genommen wurde. Damit freilich sah sich die Sozialdemokratie auch ge­zwungen, selbst die Verantwortung an der Regierung mit zu übernehmen: der Gedanke der Großen Koalition wur­den von selbst Wirklichkeit. Von selbst, da seit der großen Sitzung des Reichstags am vergangenen Mittwoch für den Fall einer Kabinettkrise der Mann als einzig möglicher Nachfolger Dr. Cunos galt, der in ihr die wirksamste Rede gehalten hatte: der Führer der Deutschen Bolkspartei, Dr. Stresemann. Von ihm aber wußte man, wie von seiner Partei, vom Zentrum und von den Demokra­ten, daß sie nur dann zur Uebernahme der Erbschaft Dr. Cunos bereit sein würden, wenn die Sozialdemokratie ihre sicherte Stellung der Opposition verließ und sich selbst am neuen Kabinett beteiligte. Dr. Cuno mußte weichen, weniger, weil Volk und Parteien an seiner Person Anstoß nahmen, als deswegen, weil er sich nicht, auch in letzter Stunde nicht, von Mitarbeitern zu trennen wußte, die in ganz Deutschland seit langem das Vertrauen verloren hatten. Der Reichskanzler des passiven Widerstands zum Schutz von Rhein und Ruhr ist gefallen über den Reichs­finanzminister des passiven Widerstands im Innern Deutschlands zur Ueberwindung der wirtschaftlichen, der Währungsnot.

Dr. Stresemann als Nachfolger Cunos! Was hat den Führer der Deutschen Volkspartei auf den Schild ge­hoben? Ein paar Reden von Mark und Nachdruck, die beste davon gehalten am letzten Donnerstag mit der mutig iu ihr geäußerten Erkenntnis:Verbündete aus Mit­leid erhält man nicht", mit dem gelassen markigen Wort: So hoffnungslos, wie sie vielfach in der Oeffentlichkeit angesehen wird, ist unsere Lage wirk ich nicht", mit dem anfeuernden Zuruf an Reichstag und Reich:Ein Volk stürzt nur, wenn es sich nicht dazu aufrafft, sich gesund zu machen, und wir können gesund werden, wenn wir uns letzt dazu aufraffen". Reden allein sind keine Taten, das Weiß jeder. Wenn Dr. Stresemann also seine Kanzler­schaft zum guten Teil dem Erfolg einiger glücklichen Stunden verdankt, so hat er jetzt zu erweisen, daß er auch eine glückliche Hand für Taten sein eigen nennt. Tatsreudigkeit, Verantwortungslust und Wagemut sind ihm eigen; das Vertrauen der Parteien und des Volkes hat ein guter Stern ihm jetzt spielend verschafft; alle Vorbedingungen sind gegeben, auf breitester Basis kann er arbeiten, die Große Koalition ist da. In der Politischen Umschau der von ihm herausgegebenenDeutschen Stim­men" hat Dr. Stresemann am 5. August kluge und von «efer Einsicht zeugende Worte für unsere politische Lage 'gesunden. Mögen sie ein glückliches Vorzeichen sein!An ßch geht es um wirtschaftliche Fragen, aber die Quelle der Spannungen liegt doch auf außenpolitischem Gebie- . Gerade außenpolitisch hat Dr. Stresemann zurzeit eme starke Stütze, denn der gesamte Reichstag ist mit ihm kchP, daß Deutschlands Kampf um Ruhr und Rhein sieg- mch durchgeführt werden muß. Außenpolitisch waren ^Parteien ja auch mit Dr. Cuno einig: die außenpoli- Äpb Vage durch die Gesundung der innerpolitischen Ver­hältnisse günstig zu beeinflussen, ist die große Ausgabe, vor M der Führer der deutschen Volkspartei jetzt gestellt ist.

ckN Paris mag man jubeln über den Sturz des ver­haßten Kabinetts des passiven Widerstands an plum- Anbiederungen an den mutmaßlichen Nachfolger hat derTemps" in diesen Tagen nicht fehlen lassen.

, ^ ver Jubel dürfte recht bald in bittere Enttäuschung mschlagen. Es galt die Sammlung der nationalen Kraft Mm härtesten Daseinskampf: die Große Koalition bietet Es galt die äußerste Anspannung der wirt- furchen Nerven zur Rettung Deutschlands aus Wäh- - -Mselend und Lebensmittelnot: Dr. Stresemann beweist

oen Gtanven an n-re ÄnvgrrnMrr ourcy vre Uebernahme der Kabinettsbildung. Es galt, Bürgerkrieg und Kapitu­lation zu vermeiden: der Zusammenschluß der Parteien geschieht zur Frontstellung in beider Richtung. Ist diese Einstellung der gesamten Nation glücklich erreicht wor­den und vollbringt ein harter Wille auch harte Taten, so rst nicht einzusehen, warum der»Glockenschlag der Mitter­nachtsstunde nicht doch unserm Siege klingen und einen neuen Morgen heraufführen soll. Die Zukunft mag es beweisen!

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Ter neue Reickskanzler Dr. Gustav Strese­mann ist 45 Jahre alt. Nach abgeschlossenem Stu­dium der Geschichte, Staatswissenschaften und Literatur wurde er geschäftsführendes Präsidialmitglied des deutsch-amerikanischen Wirtschaftsverbandes, dann war er von 1902 bis 1918 Syndikus des Verbandes säch­sischer Industrieller. Dem Reichstag gehört Strese­mann seit Dezember 1914 an und nach dem Ableben Bassermanns wurde er der Führer der Nationallibe­ralen Partei und Reichstagsfraktion. Nach der Revo­lution gehörte er der verfassunggebenden National­versammlung an und wurde zum Führer der neu sich bildenden Deutschen Volkspartei gewählt, deren Führer er seitdem ist.

Zurückkattende Beurteilung des neuen Kabinetts Stresemann durch Frankreich.

Bast!, 14. Aug. Nach Pariser Krivatmeldungen er­klärt man in französischen amtlichen Kreisen zum neuen Kabinett Stresemann in dem Urteil darüber sich noch zurückhalten zu müssen, da vor allem die Zusammensetzung des Kabinetts für die weitere Ent­wicklung der Reparations- und Ruhrfrage wichtig sei. Man erkläre, daß Frankreich nichts tue, dem neuen! Kabinett, dessen Schwierigkeiten man natürlich nicht verkenne, die Ausgabe zu erschweren. Man gehe so­weit, anzudeuten, daß, falls man in Paris die Ueber- zeugung gewinne, daß Stresemann die Politik des passiven Widerstandes an der Ruhr aufzugeben beab­sichtige, man Mittel und Wege finden könnte, ihm dieses zu erleichtern. Tie französische Regierung würde z. B. auf irgend eine Weise zu erkennen geben, zu welchen Erleichterungen in der Ruhrpolitik sie sich, in diesem Fall herbeilassen würde. Eine solche Geste! würde aber auch die erste Wirkung der Kritiken der französischen großen Wirtschaftskreise an der negativen Poincare'schen Politik sein.

Da» «tue Kabinett vor dem Reichstag.

Berlin, 14. Aug.

In einem außerordentlich stark besuchten Hause stellte Reichskanzler Tr. Stresemann am Diens­tag dem Reichstage das neue Kabinett vor. Tie kom­munistischen Versuche, ihn durch Lärm und Zurufe zu stören, erhöhten nur die Wirkung seiner verhältnis­mäßig kurzen Rede auf die Zuhörer. Ter Reichskanzler teilte zunächst mit, daß das Außenministerium vor­läufig von ihm selbst verwaltet werde. Außenmini­ster und Postminister sollen später ernannt werden. Dagegen ist ein neues Ministerium für die besetzten Gebiete eingerichtet und mit dem Oberpräsidenten der Rheinlande, Fuchs, besetzt worden, weil, wie der Reichs­kanzler mitteilte, die Rheinlands wissen wollen, daß *ihre Interessen in der Reichsregierung besondere Pflege finden. Nachdem er seinem Vorgänger und dessen Mit­arbeiter für ihre Tätigkeit gedankt hatte, sprach Tr. Stresemann die Hoffnung aus, daß die Regierung und eine staatsbejahende Opposition sich in der Sorge um die deutsche Zukunst znfammenfindet. E ' wies auf die breite Grundlage des Kabinetts hin und versprach Verständnis für das Eigenleben der deutschen Länder, samen Willen der Regierung stoßen. Tie erforderlichen Angriffe aus die Verfassung würden aus den unbeug- Machtmittxl habe sie. Ter Reichskanzler sprach den Wunsch aus, daß die englische Kundgebung sür das Recht der besetzten Gebiete in Frankreich und Bel­gien nicht ohne Widerhall bleiben möge und erklärte sich mit einem Schiedsspruch in der Ruhrfrage ein­verstanden. Werde Deutschland dann noch.eine Ruhe­pause gewährt, so werde es alle Kräfte zur Regelung der Reparationsfrage aufbicten, nur müsse dem Volke die Existenz ermöglicht werden. Tie Konsolidierung unserer politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei auch die Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Sachlieferungen. Ter Kanzler erinnerte an die Steuer­vorlagen und appellierte an alle Schichten zur Unter­stützung der Goldanleihe. Er versprach die Befriedi- aunü des Bedürfnisses nach Wertbeständigkeit und bat

vre Lanvnnrisryasr um rurigc -vrrryrcfe. Er begrüßte die Bereitwilligkeit der Wirtj^aft zur Sicherung der Er­nährung und Stützung der Währung. Großen Lärm erregte bei den Kommunisten die Erklärung Strese- manns, daß man bei der wertbeständigen Entlohnung nicht die Vorkriegsverhältnisse zu Grunde legen könne. Ter Kanzler fordert dann noch die Unterstützung der Reichsbank für die Maßnahmen der Regierung und bat um Verabschiedung der Go.danleihe zusammen mit der Aussprache über die Regierungserklärung. Tas Parla­ment müsse sich in dieser schweren Zeit zusammen- finden. Auf die mit lebhaftem anhaltendem Beifall aufgenommene Rede des Kanzlers folgten die in An­betracht der Lage gleichfalls kurz gehaltenen Erklä­rungen der Parteien.

Abg. Müller-Franken (Soz.) wiederholte kurz das bekannte Programm der Sozialdemokraten, wobei er das Hauptgewicht auf die Erfassung der Sachwerte legte. Er verlangte ferner Abrücken der Reichswehr von allen illegalen Organisationen und wertbeständige Löhne. Im übrigen kann die Regierung aus die Unter­stützung der Sozialdemokraten rechnen.

Auch Abg. Marx (Zentr.) sprach dem Kabinett das Vertrauen aus.

Dagegen mißbilligte der Führer der Deutschnatio­nalen, Abg. Hcrgt, den Sturz des Kabinetts Cuno.

Inzwischen ist folgendes Vertrauensvotum, unter­zeichnet von den vier Regierungsparteien Marx (Zentr.), Tr. Petersen (Dem.), Wels (Soz.) und Dr. Schulz (T.VP.) eingegangen: Ter Reichstag billigt die Erklärung der Reichsregierung «nd spricht ihr das Vertrauen ans.

Abg. Tr. Schulz (D.PP.) begrüßt die Regierungs­erklärung und sagt der Regierung alle Unterstützung zu. Er schließt sich dem Tank an Dr. Cuno an.

In ehrlicher Zusammenarbeit werde man bestrebt sein, alle Kräfte des Volkes zusammenzufassen zur Auf­rechterhaltung der Staatsautorität im Innern. Tie Deutsche Volkspartei habe das größte Opfer gebracht, indem sie ihren besten Mann zur Führung der Reichs­geschäfte zur Verfügung gestellt habe. Taß dieses Op­fer nicht vergebens sei,'sei der heißeste Wunsch der Partei.

Abg. Tr. Petersen (Dem.) hält es für merkwürdig, daß ausgerechnet der Abg. Hergt sich über den Einfluß der Straße beklage, obwohl er selbst auf dem letzten Parteitag erklärt habe, man werde die Teutschnationale Partei auf die Straße führen.

Abg, Leicht (Bayer. VP.) dankt dem Reichskanzler für seine Worte über das Verhältnis des Reiches zu den Ländern und sieht darin eine Voraussetzung für den Wiederaufbau und den gedeihlichen Bestand des Vaterlandes.

Abg. Fröhlich (Komm.) richtet heftige Angriffe ge­gen das neue Kabinett, das er ein Kabinett der Ka­pitulation vor Poincare nennt. Tie neue Regierung werde nur die alte Bankerottpolitik der Cunoregierung sortsetzen. Es verbleibe keine andere Antwort als die Revolution. Tie Sozialdemokratie werde das Schick­sal der großen Koalition teilen und zu Grunde gehen.

Abg. Wnlle (Teutsch-Völk.) bezeichnet die Regierung Stresemann als ein Werk der Straße. Es sei ein so­zialdemokratisches Ministerium von den Kommunisten geschaffen. Tie Sozialdemokraten seien als Partei nur noch eine große Seifenblase, die bei den nächsten Wah­len unfehtbar Platzen müsse. Herr Sollmann werde im Staate des Herrn Zeigner eitle Freude erregen.

Abg. Lcdcbour (Parteilos) nennt den neuen Kanz- * ler einen Vertreter der Rechten und warnt die Sozial­demokratie vor dieser Koalition.

Abg. Breitschcidt (Soz.) weist die kommunistischen Angriffe auf die Sozialdemokratie entschieden zurück.

Tie sozialdemokratische Partei denke nicht daran, kapi­talistische Politik zu treiben. Ter sozialistische Einfluß des Kabinetts werde ständig kräftig unterstützt werden. Eine Arbeiterregierung sei nach sozialistischer Ueber- zeugung für absehbare Zeit in Deutschland eine Un­möglichkeit. Daher bleibe nichts anderes übrig, als zu versuchen, in einer bürgerlichen Regierung nach Möglichkeit mitzuarbeiten. Tie Schuld an dem Riß in der Arbeiterschaft tragen die Kommunisten.

Damit schließt die Aussprache. Es folgt die nament­liche Abstimmung über das Vertrauensvotum. Für das Vertrauensvotum stimmen die Regierungsparteien. Tagegen stimmen die Deutschnationalen, die deutsch­völkischen, die Kommunisten und die beiden Unab­hängigen. Tie Bayerische Volkspartei enthält sich der Stimme. Tas Vertrauensvotum wird mit 24V gegen 76 Stimmen bei 2S Enthaltungen unter lebhaftem Beifall der Regierungsparteien angenommen.