der Wandelhalle wiederholt. Ein Zeichen, daß sie verdienten Beifall fanden. — Eine größere Jahrhundert-Feier wird noch zur Weihnachtszeit vom Militärverein und Liederkranz gemeinschaftlich abgehalten werden.
Fo Ostelsheim, 20. Okt. Auch unsere Gemeinde kann auf eine schöne und würdig verlaufene Feier zum Gedächtnis der Freiheitskriege und der Schlacht bei Leipzig zurückblicken. Am Freitag abend bewegte sich vom Rathaus aus ein stattlicher Zug, gebildet von den bürgerlichen Kollegien, dem Krieger-, Gesang- Turn- und Radfahrerverein, sowie der Schuljugend mit Fackel- und Lampionbeleuchtung durch die Straßen des Orts hinauf zum „Kessel", dem höchstgelegenen Punkt unserer Markung. An dem uralten Höhenweg „Ochsenstraße" wurde ein mächtig aufflammendes Höhenfeuer entfacht, das wohl weithin in die Ferne bis zu der durch die vielen aneinandergereihten Höhenfeuer hellstrahlenden Felsenstirne der Alb sichtbar war. Die festliche Stimmung wurde erhöht durch den Vortrag patriotischer Lieder seitens des Gesangvereins und durch eine Ansprache des O r t s g e i st l i ch e n, an welche sich das gemeinsam gesungene Lied: ,,Nun danket alle Gott" anschloß. Die Bedeutung der Turnerschaft und ihr ruhmvoller Anteil an den Freiheitskriegen wurde wachgerufen durch einen exakt vorgeführten Flaggenreigen des hiesigen Turnvereins. Nachdem sick die Schüler an einem Feuerwerk erfreut und das Lied: „Deutschland, Deutschland über alles" gesungen hatten, wurde der Rückmarsch angetreten. Nun versammelte sich die ganze Gemeinde zu einem wohlgelungenen Gemeindeabend im Easth. z. Rößle. Den Mittelpunkt der Darbietung bildete ein Vortrag über die Freiheitskriege. In klarer, anschaulicher Rede ließ Hauptlehrer Wälder die große Zeit vor hundert Jahren vor dem geistigen Auge der Zuhörer vorüberziehen. Die Feier wurde verschönt durch die Klavier- und Violinvorträge des „Gustavtrios", (Eemeinderat Gustav Schöffler, Gustav Schaible und Gustav Schmied), durch das gefühlvolle Wallbergsche Abschiedslied: „O Schatz, schau nicht so traurig drein", das Frau Schultheiß Maulbetsch mit packender Innigkeit sang, durch die beifällig aufgenommenen schneidigen Darbietungen der Musterriege des Turnvereins und durch die Aufführung des gut gespielten Theaterstücks: „Theodor Körners Abschied vom Elternhaus" (Frln. Schweizer und Fenchel, HH. König und Fenchel). Die Feier wurde umrahmt von den Liedern des Gesangvereins. Am Sonntag fand ein festlicher Dankgottesdienst statt, an dem sich auch die Vereine mit ihren Fahnen beeiligten. Frau Schultheiß Maulbetsch erfreute die Gemeinde durch den stimmungsvollen Vortrag des altniederländischen Volkslieds von Kremser: „Wir treten zum Beten". Die Jahrhundertfeier hat gezeigt, daß in unserem „sonst so stillen Ort" „uch was los" sein kann und berechtigt zu der Hoffnung, daß sich die Gemeinde im Laufe des Winters wieder zu einem Eemeindeabend zusammenfinden werde.
Teinach, 21. Oft. Beim Abwerfen des Transmissionsriemens wurde der 28 Jahre alte verheiratete Obersäger Wilhelm Walz erfaßt und ihm der linke Unterschenkel abgeschlagen.
Weilderstadt, 21. Okt. Der mit dem Marineluftschiff L 2 ums Leben gekommene, von hier gebürtige Monteur Hohenstein wird nicht in Fried
richshafen mit seinen Kameraden zusammen beigesetzt, sondern am Donnerstag hier.
8t. Weilderstadt, 21. Oft. Der König hat dem Beschälaufseher Grüner hier die silberne Verdienstmedaille verliehen.
Württemberg.
Landtag.
Stuttgart, 21. Okt. Der Volkswirtschaftliche Ausschuß der Zweiten Kammer nahm heute einen Antrag des Abgeordneten Betz, die Eingabe um Erbauung der Linie Eerstetten—Herbrechtingen der Regierung zur Berücksichtigung und die Erbauung der Linie Weißenstein—Böhmenkirch—Heidenheim zur Erwägung zu überweisen, an.
Aussehenerregender Bilderdieüstahl.
Von der oberen Donau, 21. Okt. Das Jagdschloß Bronnen, das schönste Landschaftsbild des oberen Donautales, ist seit mehr denn 500 Jahren im Besitz des Freiherrn von Enzberg. Im Laufe des Spätsommers wurde ein schwerer Einbruch im Schloß verübt. Da es zur Zeit unbewohnt ist, wurde er erst vor wenigen Tagen entdeckt. Durch ein kleines Fenster im Abort, von dem das eiserne Gitter vorher weggerissen wurde, drang der Dieb in das Innere des Schlosses und begann dann, nachdem er sämtliche Türen mit einem scharfen Meißel gesprengt hatte, seine ruchlose Tat. Im Saal befinden sich vier Oel- gemälde, die von der Decke fast bis zum Boden reichen. Davon wurde eines, eine Wildschweinjagd, mit der Burg Bronnen im Hintergrund darstellend, mit einer Breite von 3,75 Metern und einer Höhe von 2, 55 Metern aus dem Rahmen geschnitten und fortgeschafft. Das Gegenstück dazu wurde ebenfalls herausgeschnitten, vom Dieb aber auf dem Boden liegen gelassen. Ferner wurde gestohlen: ein ca. 1 giu großes Oelgemälde, die Burg Rockenbusch oberhalb der Mühle Bronnen darstellend, und sechs Stück auf Brettchen genagelte Rehgeweihe. Ferner versuchte der Dieb, zwei Etageren aus der Barockzeit stammend, je ca. 1 Meter hoch, mitzunehmen, brachte sie aber rncht zum Abortfenster hinaus. Die Bilder haben einen hohen Altertumswert und stammen aus dem Jahre 1700. Der Dieb muß' ein Bilderkenner sein oder von dem hohen Wert der Bilder gewußt haben, da er nur die wertvollen herausgeschnitten und mitgenommen hat. Man hat von ihm bis jetzt keine Spur.
Süddeutsche Volksbank.
Mergentheim, 21. Okt. Der zum Liquidator der Süddeutschen Volksbank gewählte Bezirksnotar Sa- lenbauch in Weikersheim hat sein Amt niedergelegt. An seiner Stelle ist der Vorstand der Heilbronner Treuhandgesellschaft, Emil Mack-Heilbronn zum Liquidator ernannt worden.
Eßlingen, 21. Oft. In einer Trockengrube der Maschinenfabrik Mettingen ist heute vormittag der etwa 30 Jahre alte Taglöhner Albert Kleinknecht von Steinenbronn, wohnhaft in Berg, erstickt. Die unter Anwendung des Sauerstoffapparates angestellten Wiederbelebungsversuche blieben leider erfolglos.
Gmünd, 21. Okt. Der Dieb, der, wie gemeldet, eine Kuh in Ebnat O. A. Ellwangen gestohlen hatte, trieb diese, wie gleich vermutet wurde, auf den Viehmarkt nach Gmünd und suchte sie dort an einen Milchhändler zu verkaufen. Dieser schöpfte Verdacht und ließ einen Schutzmann holen, worauf der etwa 30 Jahre alte Dieb einen Revolver zog und mehrere Schüsse abgab, die niemand trafen. Er verschaffte sich aber dadurch freien Weg und entkam völlig unerkannt.
Arir wett und Zeit.
Bayrische Regierung und Arbeitslosenversicherung.
München, 21. Okt. In der heutigen Abendsitzung der Kammer der Abgeordneten wurde eine Interpellation Dr. Casselmann (lib.) in Verbindung mit Anträgen des Zentrums und der Sozialdemokratie behandelt, welche von der Regierung Maßnahmen gegen die herrschende Arbeitslosigkeit verlangt und die Einführung der Arbeitslosenversicherung durch das Reich bezw. Bayern fordert. Der Minister des Innern, Frhr. v. Soden, erklärte namens der Staatsregierung, daß sie, um der Arbeitslosigkeit zu steuern, alles getan habe, was nach Lage der Verhältnisse habe geschehen können. Was die Frage der Arbeitslosenversicherung betreffe, so müsse er erklären, daß an die Einführung der reichsgesetzlichen Arbeitslosenversicherung, die die verhältnismäßig beste und zweckmäßigste Lösung des Problems zu ermöglichen scheine, in absehbarer Zeit nicht gedacht werden könne. Die Staatsregierung ist bereit, ungeachtet der Fortdauer der ungünstigen Finanzlage, die Gewähmng staatlicher Zuschüsse zu gemeindlichen Arbeitslosenversicherungen in Aussicht zu nehmen und die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Mittel aus den allerdings sehr knapp bemessenen Budgetreserven zu beantragen.
Gefährlicher Flug.
Düsseldorf, 21. Oft. Der Flieger Ehrhardt, der heute mit einem Passagier in Bonn zu einem Flug nach Kiel aufgestte- gen war, wurde bei Reisholz in der Nähe von Düsseldorf mit seinem Flugzeug von einer mächtigen Bö auf den Rhein niedergedrückt. Die Flieger entgingen mit Mühe dem Ertrinken. Das Flugzeug schwamm den Rhein hinunter und landete bei der Rheinwerft in Düsseldorf, wo es abmontiert wurde.
Amsterdam, 21. Oft. Aus dem letzten Manöver in Twenthe wird folgender Vorfall gemeldet: Als die Glocke vom Turme von Ryssen 3 Uhr morgens schlug, näherte sich eine Gesellschaft, darunter eine Dame, den feindlichen Vorposten; die Schildwoche ruft den Ankommenden ein gebieterisches Halt zu, worauf alle stehen bleiben. „Ein Mann trete hervor", ruft die Schildwache; es geschieht, der Hervortretende ist ein General, der der Schildwache mitteilt, daß die Dame die Königin sei, und daß die Gesellschaft außerdem aus Prinz Hendrick und fünf Generalen bestehe, weshalb sie also durchgelassen zu werden wünschen. „Das Paßwort", erwiderte die Wache; aber keiner kannte dieses, worauf der Soldat erklärte, daß die Gesellschaft nicht passieren dürfe. „Aber es ist doch Ihre Majestät. . . .", antwortete der General; „einerlei", war die Antwort. Aber der Soldat fand ein Mittel, um der Königin die schuldige Ehrfurcht zu beweisen und doch seine Pflicht zu erfüllen; er ersuchte einen Kameraden, an seiner Stelle Wache zu stehen und begab sich dann mit dem General zum Kommandanten der Wache, worauf natürlich alles in Ordnung kam. Der wachestehende Soldat wurde für seine Pflichttreue und Geistesgegenwart vom Regimentskommandeur belobt.
Washington, 21. Okt. Die hiesigen Deutschen begingen den Gedenktag der Völkerschlacht bei Leipzig mit einer erhebenden Feier. Auch in Philadelphia wurde der Tag festlich be- gangen. __
Laiörvirtsehstt und Märkte.
Neubulach, 20. Oft. Der heutige Viehmarkt war gut befahren, auch wurde ziemlich gehandelt; an Jungvieh waren 25 Stück, Kühe 14 Stück, Stiere 1 Paar, an Schweinen 10 Paar Saugschweine und 14 Paar Läuferschweine zugeführt. Die Preise bewegten sich bei Jungvieh von 240 an, Kühe 400 ^., Stiere 300 an, Milchsäue 38—40 und Läufer 65—115 pro Paar.
— Weilderstadt, 20. Okt. Marktbericht. Der Gesamtzutrieb zum heutigen Kirchweihmarkte betrug 610 Stück Vieh und zwar: Ochsen und Stiere 192, Kühe und Kalbinnen 326, Schmal- und Ein-
Das Zlngküäishaus.
21.) Roman von Georg Türk.
Der schöne Morgen wandelte sich in einen heißen Tag. Ja, so heiß wurde es, daß man meinte, es wäre Hochsommer. Das benahm Hans Ringer schließlich ganz die Lust zur Arbeit.
Er saß — gegen Ende des Nachmittags — an seinem Tisch, hatte die Feder in der Hand, sah zum Fenster hinaus und dachte daran, daß heute Abend Maria und Anna zu einem Konzert zu ihm kommen würden.
Der Assessor schritt daheim in seiner Stube auf und ab. Die Zimmertllre stand offen.
„Wo bleiben die beiden?" dachte er sich. „Sie haben doch versprochen, zu kommen."
Am westlichen Himmel stand düsteres Gewölk, ein Frühlingsgewitter war im Anzug. Die Luft war drückend und schwül. Kein Blatt rührte sich. Fast unheimlich war die Stille.
Es war schon neun Uhr vorüber.
Da kam Maria, ein Lied summend, die Treppe herauf.
Sie erschrak fast, als Hans Ringer sie anredete. Denn es war ganz dunkel.
„Warum so spät?" fragte er.
„O!" erwiderte sie, „jetzt fällt es mir ein: wir wollten ja heute Abend bei Ihnen sein! Das Hab ich nun wahrhaftig ganz vergessen! Aber daran ist
Anna schuld! Sie ist heute mittag von einer Freun-j din und deren Eltern zu einem Ausflug abgeholt worden! In einer Stunde kommt sie mit der Bahn zurück! Sie sind mir doch hoffentlich nicht böse, daß ich unsere Abmachung vergessen habe."
„Fast! Zur Strafe müssen Sie jetzt bis zur Rückkehr Ihrer Schwester mir Gesellschaft leisten!"
„Ich wollte in meiner Stube lesen."
„Ich will Ihnen vorlesen!"
„Gut! Zur Sühne für meine Vergeßlichkeit will ich darauf verzichten, in meiner Geschichte, die gerade recht spannend ist, jetzt weiter zu lesen."
Sie trat in die Stube.
„Wie schwül es ist!" sagte Maria.
Von ferne her vernahm man ein dumpfes Grollen.
„Hoffentlich kommt Ihre Schwester noch trocken heim. Ich fürchte, das Gewitter zieht näher!" sagte er und zündete die Lampe an.
Maria hielt sich die Augen zu. Der jähe Wechsel von Helle und Finsternis tat ihr weh.
Durch die Bäume fuhr ein unheimlicher, pfeifender Wind. Auf dem Dache kreischte und ächzte die Weterfahne und man vernahm ein Klirren in den alten, nicht mehr festgefügten Ziegeln.
Hans Ringer stand vor seinem Büchergestell und überflog die Bände.
Sein Auge blieb auf den Werken Heinrich Heines haften. Er nahm den ersten Band heraus.
! „Was haben Sie da?" fragte Maria.
Sie saß auf dem Sofa, ihre beiden Hände hatte sie unter den Kopf gelegt, so daß ihre feine, zierliche Gestalt scharf unter der einfachen Bluse hervortrat.
Seltsam rauschte vor dem Fenster der Wind.
Seltsam ward Hans Ringer zumute.
Wie ein Magnet zog die zierliche Gestalt seine Blicke an.
„Heinrich Heine!" antwortete er. „Mein Lieblingsdichter! Hak Wenn sein Spott dreinfällt in all die Philisterei um ihn her; wenn er Götzen unbarmherzig vom Thron wirft — dann lacht mir das Herz im Leib! Doch davon sollen Sie jetzt nichts hören! Der Mann kann auch anderes!"
Er warf die Blätter hin und her, las bald da, bald dort ein paar Verse, bunt durcheinander, ohne Wahl und Plan ....
„Mir träumte einst von wildem Liebesglllh'n, Von hübschen Locken, Myrten und Resede . . ." und dann:
„Da schaut ich eine schöne Maid,
Die emsig wusch ein weißes Kleid.
Die Wänglein süß, die Aeuglein mild,
Ein blondgelocktes Heil'genbild."
Ein Heller Schein war vor dem Fenster aufqe- leuchtet, nach einer Weile vernahm man dumpfes Rollen. Das Gewitter kam näher . . .
Hans Ringer sah nach Maria. — Seine Stimme zitterte beim Lesen.
(Fortsetzung folgt.)