Heilbronn, 15. Okt. Volks- und Mittelschulen, die heute in die Herbstvakanz gehen, haben gestern die Jahrhundertfeier gehalten und damit in den Schulen den Festreigen eröffnet. Jungdeutschland ging am Samstag abend voraus und am Sonntag abend versammelten sich die hiesigen militärischen Vereine zu einer großen erhebenden Feier. Vor 50 Jah­ren am 18. Oktober 1863, einem Sonntag, fand die 50jährige Feier der Schlacht von Leipzig nachmittags mit einem Festzug auf den Hammelwasen (Schwarz-rot,gelb) statt; die Festrede hielt Prof. Kraut.

Friedrichshafen, 15. Okt. Der König reist nächsten Frei­tag morgens 6,05 Uhr unter Benützung der fahrplanmäßigen Züge, in die ein Sonderwagen eingestellt wird, über Ulm- Crailsheim-Nürnberg nach Leipzig, um der am 18. Oktober stattfindenden Feier zur Einweihung des Völkerschlachtdenk­mals beizuwohnen, und kehrt über Halle-Würzburg-Stuttgart am Sonntag den 19. vormittags 11,17 wieder hierher zurück.

Memel, 15. Okt. Heute abend um 6 Uhr begann hier der Stafettenlauf Memel-Leipzig. Der Vorsitzende des Turnver­eins, Rechtsanwalt Codlowsky, übergab am Nationaldenkmal nach einer Ansprache dem ersten Läufer den Behälter mit der Urkunde, die ein Treugelöbnis der deutschen Turnerschaft an den Kaiser enthält und dem Monarchen bei der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals übergeben werden soll.

Wien, 15. Okt. Die Feier der Völkerschlacht bei Leipzig wurde heute abend mit einem Zapfenstreich, an dem sämtliche Regimentskapellen der Wiener Garnison teilgenommen haben, eingeleitet. Die Kapellen marschierten mit klingendem Spiel, begleitet von Lampionträgern über die von einer vieltausend­köpfigen Menge erfüllte Ringstraße vor das Schwarzenberg- Denkmal, wo die Volkshymne angestimmt und von Tausenden mitgesungen wurde.

Stadt, Bezirk ««- Nachbarschaft.

Calw, den 16. Oktober 1913.

Jahrhundertfeier.

Es steht nun unverrückbar fest, daß die Höhenfeuer im ganzen Schwabenland am Freitag den 17. Oktober, abends kurz nach 6 Uhr auflodern werden. Auf Stuttgarter Markung sind 6 Höhenfeuer vorgesehen. Auch die benachbarte Stadt Feuerbach hat Höhenfeuer beschlossen. Vom Kernenturm, zwi­schen Neckar- und Remstal, wird ein starkes bengalisches Feuer seine Strahlen entsenden und auf dem Schwäbischen Alb wer­den auf allen markanten Punkten Feuersäulen aufsteigen. Doch nicht bloß am Trauf, sondern auch auf der Hochfläche und in den Quertälern der Schwäbischen Alb (z. B. Heidenheim­werden Höhenfeuer sich zeigen. Die Albfeuer werden korre­spondieren mit den Feuern am Rande und auf dem Rücken des Schwarzwalds. Im württembergischen Unterland wird das Leuchtfeuer auf dem Wartberg bei Heilbronn der Mittel­punkt sein. Hoffentlich wird weder Regen oder Nebel, noch aber der Glanz des erst wenige Tage im Abnehmen begriffe­nen Vollmonds eine Beeinträchtigung der Leuchtwirkung ver­ursachen. Wichtig ist, reichlichen Brennstoff herbeizuschaffen, damit das Anhalten der Feuer in voller Entfaltung der Flam­men doch für mindestens eine Stunde gewährleistet ist. Es ist angeregt worden, es möge zur Zeit des Anzündens der Höhenfeuer zur Vorfeier des 18. Oktobers am kommenden Frei­tag Abend mit den Kirchenglocken geläutet werden. Wie der Staatsanz. mitteilt, entspricht dies durchaus den Wün­schen des evangelischen Konsistoriums und des bischöflichen Ordinariats, und es darf wohl angenommen werden, daß der Gedanke weithin im Lande zur Ausführung kommt.

Bei der Kreditbank für Landwirtschaft und Gewerbe Calw (E. G. m. b. H.) hat gestern (vorbehältlich der Zustim­mung der nächsten General-Versammlung) der neu gewählte Kassier, Herr Eugen Ritter, gebürtig aus Vaihingen a. E.,

seinen Dienst angetreten. Derselbe hat seine Ausbildung im genossenschaftlichen Bankwesen genoffen und war stets bei derartigen Banken tätig, zuletzt 8 Jahre als Buchhalter und Kontrolleur beim Bankverein in Könitz. Möge die Tätigkeit des neuen Beamten in seinem jetzigen Wirkungskreise eine er­sprießliche sein.

Tie Dreschmaschine wandert seit einiger Zeit auf den Bauernhöfen umher. Wer der Arbeit zuschaut, bemerkt, wie ebensogut als das Getreide das Unkraut wohl gediehen ist. Hederichsamen, Steinsamen, Kornraden usw. liegen haufen­weise unter der Maschine. Frägt man, was mit den Unkraut­samen geschieht, damit sie nicht mehr auf die Aecker gelangen, so erfährt man meistens, daß sie auf die Wiesen gestreut wer­den, wo sie unschädlich sind und noch ein wenig als Dung wirken. Es gibt auch Bauersleute, die den Unkrautsamen, den sie auf den Speicher tragen, zu einem andern Zweck verwen­den. Sie schütten im Winter dann und wann einen Sack voll davon in den Hof oder vor ihr Haus und erleben dann die große Freude, daß Tauben, Finken, Meisen, Goldammern usw. mit lautem Gezwitscher herzufliegen, um sich an dem auf diese Weise reichlich gedeckten Tisch zu erlaben. Dieses Bei­spiel verdient allseitige Nachahmung zum Nutzen unserer Vö­gel. Lehrreich ist, wie im Winter der Hederichsamen mit Gier verzehrt wird, während er in guten Zeiten verachtet ist. Auch bei den Vögeln heißt es: Hunger ist der beste Koch.

Wir stehen in der Zeit des Mostens. Da dürfte es manchen interessieren, zu erfahren, daß der Obst­most in süßem, unvergorenem, also alkoholfreiem, Zustande aufbewahrt werden kann. Das wird auf folgende Weise gemacht: Der süße, durch ein feines Tuch geseihte, Saft wird in saubere Flaschen bis auf etwa 8 c-n, unter dem Flaschenrand gefüllt. Diese werden in ein Behältnis (Waschkesses), das bis auf etwa 5 --in unter den Flaschenrand mit Wasser ge­füllt wird und mit einer Bodeneinlage versehen wird, hineingestellt. Der Most wird nun auf 70 bis 76 Grad Celsius erwärmt und 15 Minuten lang in dem auf dieser Wärme erhaltenen Wasser stehen gelassen. Alsdann werden die Flaschen, aus denen der oben angesammelte Unrat mit einem Ruck herausgespritzt wird, gut verkorkt. Der Rand der Flaschen wird mit flüssig gemachtem Paraffin luftdicht verschlossen. Die Flaschen werden liegend im Keller oder an einem kühlen Ort aufbewahrt. Weitere Auskunft über das Verfahren ist in Form einer gedruckten Anweisung auf der Geschäftsstelle dieses Blattes erhältlich. Ein Liter reiner Saft kommt bei diesem Verfahren ohne Berechnung von Arbeitslohn auf etwa 20 Z. Der Most kann aber bei Gebrauch recht wohl zur Hälfte mit Wasser vermischt werden, dann kommt ein Liter auf etwa 10 . Solcher Most besitzt noch alle Nähr­

stoffe, die der gegorene Most verloren hat. Er stillt den Durst wie dieser, verbessert das Blut und be­ruhigt die Nerven, entbehrt aber der schädigenden Eigenschaften des gegorenen Mostes, dessen Alkohol­gehalt bekanntlich den eines leichten Vieres über­trifft, der also mindestens ebenso schädigende Wir­kungen hat, wie leichtes Bier. (Eingesdt.)

8Lb. Mutmaßliches Wetter. Für Freitag und Samstag ist vorwiegend trübes und naßkaltes Wetter zu erwarten.

Altensteig, 16. Okt. Im Hause eines Sattlers wurde der Koffer des Gehilfen erbrochen und gegen 100 Mark gestohlen- Von dem Täter ist bis jetzt nichts bekannt.

Neuenbürg, 16. Okt. Der Wirt Ehr. Seitz von Chri- stophshof Gemeinde Wildbad wurde an das Amtsgericht ein­geliefert und in Haft genommen. Er soll auf dem Heimwege von einer Nachhochzeit versucht haben, seine Ehefrau, mit der

er schon einige Zeit schlecht stehen soll, einen steilen Abhang hinunter in die Enz zu werfen und zu töten. Der Ehefrau gelang es jedoch zu fliehen.

Württemberg.

Militärischer Dank.

Der württembergische Minister des Innern veröffentlicht eine Danksagung des Generalkommandos des württembergi­schen Armeekorps für die vorzügliche Aufnahme der Twppen während der Herbstübungen. Die Danksagung betont beson­ders. daß die Manöver an Kriegsmäßigkeit gewonnen haben und vielen Wünschen nach Geheimhaltung der Unterbringung verständnisvoll entsprochen wurde.

Manneszucht im württb. Heere.

Auch im Jahre 1912 hatte Württemberg die günstigste Kriminalstatistik aufzuweisen, es marschiert mit Sachsen an der Spitze der gesamten deutschen Aripee und Marine. Bei einer Stärke von nahezu 27 000 Mann, Offiziere und Militär­beamte eingeschloffen, sind die rechtskräftigen Verurteilungen, die 1911 noch 1,48 Prozent betrugen, auf 1,15 heruntergegan­gen. (Sachsen 1911 1,33,1912 1,14); die ungünstigste Ziffer im Heere bezw. der Marine betrug in den letzten Jah­ren 2,72; im Vergleich zu der Kriminalstatistik anderer Heere aber sind dies sehr günstige Verhältnisse. Was Württemberg betrifft, so mußte nur in drei Fällen auf Zuchthaus, auf Ge­fängnis über drei Monaten in 67 und unter drei Monaten in 105, aus Festungshaft in 8, auf Haft in 11, auf strengen Arrest in 44, andern Arrest in 66, auf Geldstrafen in 106, auf Eh­renstrafen in 59 Fällen erkannt werden. Von den Verurteilten waren 132 im bürgerlichen Leben vorbestraft; militärgericht­lich mußten noch wegen vor ihrer Einstellung begangener Ver­gehen 48 nachbestraft werden. Die gesamten Straftaten um­fassen 66mal Fahnenflucht, darunter aber 40 Abwesende, die ^ sich schon länger ohne Abmeldung im Auslande aufhalten, solche gegen die militärische Unterordnung 74 mal, darunter 10 in der Trunkenheit, Mißbrauch der Dienstgewalt von Vor­gesetzten und Wachen 22 mal, gemeinrechtliche Vergehen 50 mal, Betrug und Urkundenfälschung 13 mal, Körperver­letzung 23 mal, Sittlichkeitsvergehen in keinem Falle.

Huzenbach O. A. Freudenstadt, 16. Okt. Gestern mittag wurde die Leiche des Architekten Kaiser von derKrone" in Huzenbach nach Freudenstadt, wo der Verunglückte ein Wohn­haus besitzt, übergeführt. Er hinterläßt zwei Kinder im ju­gendlichen Alter. Seine Ehefrau, die einzige Tochter des Schultheißen Wurster in Röt, ist vor einigen Jahren im besten Alter an ejner Herzlähmung verschieden.

Tübingen, 15. Okt. Die naturwissenschaftliche Fakultät unserer Universität kann beim Beginn des Wintersemesters auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Sie ist seinerzeit als erste deutsche naturwissenschaftliche Fakultät durch einen Erlaß des Kultusministers von Golther vom 5. August 1863 ge­gründet worden.

Schorndorf, 15. Okt. Der Stadtschultheiß hat in der letz­ten öffentlichen Sitzung des Gemeinderats festgestellt, daß die­sen Herbst bei der Einquartierung sich wohlhabende Ein­wohner durch Verreisen ihrer Quartierpflicht entzogen oder rundweg erklärten, sie würden keinen Soldaten ins Haus lassen. Der Stadtschultheiß kündigte unter dem Beifall des .Kollegiums und unter scharfer Verurteilung dieser Handlungs­weise für die Zukunft eine strenge Durchführung der gesetz­lichen Bestimmungen und der zwangsweisen Eintreibung der Kosten von den Quartierträgern an. (Patriotisch bis zum Geldbeutel.)

Mainhardt, 15. Okt. In manchen Waldteilen des Main­hardter Waldes gibt es so viele reife Heidelbeeren, daß es sich lohnt, sie zu pflücken. Gewiß eine große Seltenheit!

Das Anglückshaus.

16.) Roman von Georg Türk.

Der Erzähler fuhr fort und bei seinen folgen­den Worten wurde es etwas stiller.Merkwürdige Dinge sagt er: Das Reich Gottes kommt bald. Und nach ihm, dem Johannes, soll noch ein viel Größerer kommen! Den Kaufleuten sagt er: ihr müßt künf­tig ganz ehrlich sein und den Bauersleuten: ihr dürft nimmer fluchen beim Pflügen und den Sol­daten: ihr müßt mit eurem Lohn zufrieden sein! und den Scheinheiligen! O denen reißt er gründ­lich die Maske vom Gesicht!" Der Erzähler dämpfte seine Stimme und die anderen steckten die Köpfe zu­sammen.Ja, sogar vom König redet er."Wie? Was?" flüsterten die anderen. Noch leiser fuhr der Erzähler fort:Er sagt vom König, es sei nicht recht, daß er seines Bruders Philippus Weib, die Herodias, zur Frau habe."Unerhört!" rief da einer der Lauschenden unbedacht und schlug mit der Faust auf den Tisch. Eine Stille trat ein.Was ist unerhört?" schrie da auf einmal der König und wurde zornig. Da mußte der Erzähler zum König kommen. Unter Zittern und Zagen berichtete er, was er gehört hatte von Johannes, dem Täufer. Kreidebleich vor Wut saß die Königin da.Der Mann ist des Todes!" rief sie mit bebender Stimme. Denk doch an die Gäste!" flüsterte ihr der König zu.Was kümmern mich die Gäste!" war die Ant­wort.Der Mann muß sterben!"Wir wollen das abmachen, wenn wir allein sind!" entgegnete der

König. Dann rief er mit lauter Stimme:Schenke, bring mir Wein! Es lebe die Königin!" Und alle Gäste stimmten ein in den Ruf:Es lebe die Kö­nigin!" Der unangenehme Zwischenfall war er­ledigt. Aber so recht lustig wurde es doch nicht mehr. Eher als sonst stand der König auf und die Gäste gingen nach Hause. König und Königin wa­ren allein in ihrem Schlafgemach. Sofort begann die Königin wieder:Der Mann muß sterben!" Meint ihr, daß der König eingewilligt hat? Nein! Er hatte nämlich noch ein wenig Gewissen und das sagte ihm: der Mann am Jordan hat recht! Und wenn einer die Wahrheit sagt, dann darfst du ihn nicht töten lassen! Und darum widersprach er der Königin. Diese antwortete:So soll also die­ser Mensch über uns ungestraft reden und das Volk gegen uns aufhetzen?" Da erschrak der König und bekam Angst um seinen Thron. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er sagte: Töten laß ich ihn nicht! Aber reden über uns soll er auch nicht mehr! Ich lasse ihn gefangen nehmen und in einem finsteren Kerker unserer Burg einsperren!" Damit gab sich die Königin zufrieden; denn sie dachte sich:Ist er erst einmal in meiner Gewalt, so wird sich schon Ge­legenheit finden, ihm das Lebenslicht auszublasen!" Am anderen Morgen, als die Sonne aufging, saß Johannes der Täufer auf einem Stein am Jor­dan. Die Gegend war wüste, aber es war da eine seichte Stelle im Fluß, eine Furt, wo viele Menschen vorbeikamen. Es war noch früh und Johannes ganz allein. Da sah er etwas in der Morgensonne auf- leuchten. Er sah schärfer hin.Das sind Soldaten!"

murmelte er.Sie wollen mich hören!" Und er stand auf, sie zu erwarten. Als sie in der Nähe waren es waren vielleicht fünf Mann und ein Anführer, wollte Johannes beginnen. Aber der Anführer trat vor, winkte ihm mit der Hand, er solle schweigen, und sprach:Uns schickt der König! Du mußt uns folgen als unser Gefangener!" Jo­hannes war sehr erstaunt, aber er fügte sich und sagte:In Gottes Namen!" Die Soldaten banden seine Hände und führten ihn fort. Als bald darauf Leute kamen, fanden sie ihn nicht mehr. So kam Johannes der Täufer ins Gefängnis."

Vom Kirchturm des Dorfes schlug es zehn Uhr.

Nun," rief der Pfarrer in der Schulstübe,ihr möchtet sicher gern wissen, wie es Johannes dem Täufer weiter erging. Davon das nächste Mal!"

Die Kinder verließen das Haus, ohne viel Lärm.

Dann erschien der Pfarrer Altheimer. Ein stattlicher Mann zwischen vierzig und fünfzig. Sein Gesicht war glatt rasiert. Seine blauen Augen blick­ten fröhlich in die Welt. Er war einer von den Menschen, in deren Nähe man das Gefühl hat, als gehe wohltuende Wärme von ihnen aus.

Friedrich Meinhart stellte Hans Ringer vor.

Ah!" meinte Pfarrer Altheimer mit schallen­dem Lachen,der Herr Assessor, der mir meine amt­lichen Schreiben immer postwendend zurückgibt. Ja, ja! Damals im Examen hieß es schon: Der Kan­didat Altheimer ist zwar im großen und ganzen recht brauchbar! Aber im Kirchenrecht da fehlt es ganz bedeutend!"

(Fortsetzung folgt.)