Gehwege, der Beleuchtung, Wasserversorgung, mit ihren Schulen gerecht zu werden. Und demgegen­über sieht sie nun eine Beamtunq um die andere gefährdet. Nicht bloß, daß von den jeder Oberamts­stadt bisher zuständigen Beamtungen mit der neue­ren Gesetzgebung 2 hier verschwunden sind: Das B e zi r ks s ch u l a m t und das Oberamts- physikat, nein, es wird andauernd an den Be­amtungen gerüttelt, die unseren Vorzug ausmachen: Vor einigen Jahren hatten wir uns um die Straßen- bauinspektion zu wehren, die Bahnhofinspektion ist gefallen, gleich darauf sprach man von der Aufhebung der Eisenbahnbetriebsinspektion, jetzt ist die Vau- inspektion an der Reihe. Von der Aufhebung der Handelskammer reden die Zeitungen auch schon. Dies alles, in der breitesten Oeffentlichkeit verhandelt, schadet auf die Dauer dem Ruf der Stadt ungemein und bringt eine höchst unerwünschte, fortdauernde Beunruhigung in die Einwohnerschaft. Wir glau­ben, die Eisenbahnverwaltung sollte nicht fortfahren, uns zu verkürzen; es ist genug, daß sie uns infolge der Verlegung des Heizhauses nach Brötzingen 2 7 Familie nu. 40 Unverheiratete nimmt. So dürfte ein Gesamtbild der Schädigungen ge­geben sein, welche die Verlegung der B.-J. von Calw für die Stadt und ihre Einwohnerschaft mit sich bringt. Daß aber diese Beeinträchtigungen einzeln und zusammengenommen in einer kleinen Stadt viel stärker wirken, als in einer Großstadt wie Pforz­heim, wo sie sich kaum bemerkbar machen dürften, bedarf umso weniger der Hervorhebung, als die Wahrung der Interessen Pforzheims nicht zu den Aufgaben der württem- bergischen E i s e n b a hn v e r w a l t u n g ge­hören wird. (Schluß folgt.)

Zur Eröffnung des ueueu BezirksLrauLeuhauses Ealw.

Noch wenige Tage und unser neues Bezirks­krankenhaus wird seiner Bestimmung übergeben wer­den können. Mit ihm ist unsrer Stadt eine neue bauliche Verschönerung zuteilgeworden, die sich wür­dig und stilvoll in die zukunftsreiche Gegend der Althengstetter Steige einfügt. Ueber die Bauge­schichte und die innere Einteilung des Gebäudes sind unsre Leser in zwei Aufsätzen in Nr. 232 und 233 des Ealwer Tagblatts schon unterrichtet worden und es bleibt nur noch die Aufgabe, über Bau und Ein­richtung in ihrer Wirkung auf den Beschauer einiges zu sagen. Der erste und unbestrittene Eindruck des neuen Bezirkskrankenhauses auf seine Besucher (die gestern in überaus großer Zahl von dem Recht seiner Besichtigung Gebrauch machten), ist der einer natürlich äußerst günstigen Lage. Schmuck grüßt die 64 Meter lange Front herab zur Stadt mit einem Hellen, lichten Gesicht und der Ausblick von oben, aus den Krankenzimmern, ist ein weiter, herrlicher. Wälder und bunte Wiesen leuchten herauf und sind seine getreue Nachbarn und der Kranke, tief unter sich den bewegten Gang des geschäftlichen Lebens wissend, mag in solch gesegneter Umgebung, die rings­umher und so weit das Auge fliegt, ein Bild stiller, kräftigender Ruhe bietet, allein schon im Genuß dieser wundervollen Ausblicke neu sein Herz mit Hoff­nung auf Gesundung seines Körpers füllen. Es ist ein Vorzug unsres neuen Krankenhauses, daß auf jeden Schmuck in der Bauweise verzichtet worden ist. Der Baumeister ging von dem berechtigten und von Jedermann wohl als berechtigt anerkannten Emp­

finden aus, daß ein Krankenhaus in seiner äußeren Formung schlicht und freundlich wirken soll, und daß alle architektonischen Ueberladungen auszuschalten sind. Nüchtern wirkt unser Bau darum keineswegs; diesen Eindruck ließe schon seine schöne Umgebung nicht aufkommen und das neue Bezirkskrankenhaus Ealw wird unter den Krankenhäusern Württembergs einen ersten Platz einnehmen. Seine Fertigstellung vom ersten Spatenstich am 20. März vorigen Jahres bis zum Tage der Beziehbarkeit am 10. ds. Mts. konnte zur allgemeinen Befriedigung ohne Unfall vor sich gehen. Die Erstellung eines solchen Objekts stellt an die Fähigkeiten und Kenntnisse auch der örtlichen Bauleitung große Anforderungen und es wird ausgesprochen werden dürfen, daß Bauwerk­meister Flaig, dem sie übertragen war, seiner Auf­gabe vollauf gerecht wurde. Es ist Wert darauf gelegt worden, daß der neue Bau nicht nur ein Zeuge des Gewerbefleißes und Könnens von Stadt und Bezirk darstellen soll, sondern, daß er auch in seinen Bestandteilen ein Stück Heimat verkörpert und dem­entsprechend ist, soweit es sich mit den technischen und ästhetischen Anforderungen vereinigen ließ, heimisches Baumaterial verwendet worden. So z. B. besteht der Sockel, die Aufgangstreppe aus Ealwer Bunt­sandstein. Das harmonische äußere. Bild des Kran­kenhauses hat in der würdigen, schlichten inneren Ausgestaltung der Aufgänge und vor allem der Krankenzimmer die beste Ergänzung. Nirgends un­ruhige, das Auge beleidigende Farbtöne; im Großen und Ganzen herrscht der freundliche, Helle Ton vor eine wertvolle Rücksichtnahme auf die seelische Be­schaffenheit der Kranken. Daß die hvoienischen An­forderungen der Neuzeit gerade in einem Kranken­haus die möglichste Erfülluna erfahren haben, ist selbstverständlich; Wände und Tapeten sind abwasch­bar, für Wasser und Waschgelegenhet ist reichlich ge­sorgt und auf peinlich pünktliche Reinlichkeit ist von der Küche bis in die Aborte gehalten. Die Kranken­zimmer sind mit eisernen, weißlackierten Bettstellen und Waschgelegenheit, Stühlen usw. ausgestattet, die Deckbetten sind teils farbig, teils weiß überzogen und alle Betten mit den von den Vereinigten Decken­fabriken gestifteten Betteppichen, in dieBezirks­krankenhaus Calw" gewoben ist, versehen. Der neue Bau ist in seinem Teile auch wieder eine Be­stätigung der Entwicklung von Stadt und Bezirk. Es ist viel und fleißig an ihm gearbeitet worden und noch in den letzten Tagen bis unmittelbar vor der allgemeinen Besichtigung ist von eifrigen Helfern und Helferinnen die letzte Hand angelegt worden. Bereitet ist nun alles, um Kranken zu helfen und die ganze fürsorgliche Unterbringungsmöglichkeit im neuen Haus, die freundliche Pflege, vereint mit dem guten Ruf unserer Krankenhausärzte, nehmen dem Gedanken eines Aufenthalts im Krankenhaus doch vieles von seiner düsteren Seite. Möchte aller Kran­ken Ein- und Ausgang im neuen Haus ein geseg­neter sein!

-ta-t, Bezirk Nachbarschaft.

Calw, den 13. Oktober 1913.

Ein Ealwer auf dem verunglückten Dampfer Volturno.

Wie uns mitgeteilt wird, ist unter der Besatzung des verunglückten Dampfers Bolturno auch ein Cal- wer Sohn, der in den vierziger Jahre stehende Herr Paul Keller» der Bruder von Frau Obersekre-

Das Zlngluckshaus.

13.) Roman von Georg Türk

Er ist ein guter Mensch, der mich nimmt, wie ich bin! aber sonst? Die Menschen sind selten, denen man vertrauen kann. Hie und da läuft einem jemand über den Weg, zu dem man sich sofort hingezogen fühlt. Sie scheinen zu dieser Art von Menschenkindern zu gehören."

Er vernahm ein seines, leises Lachen und fuhr fort: Sie müssen noch ein wenig bleiben! Sie müssen mir von Ihrer Familie erzählen! Da wohne ich nun wo­chenlang in diesem Hause und weiß so viel wie nichts von den Bewohnern! Alle Morgen kommt Ihre Mut­ter zu mir. Ich sehe es ihr an: es gefällt ihr mancherlei nicht auf der Welt! Es geht ihr also genau wie mir! Wollen Sie mir nicht ein wenig erzählen, als Beloh­nung gleichsam, weil ich Ihnen vorgespielt habe!"

Wieder klang ihr leises, feines Lachen, dann schien sie sich zu besinnen. Nach einer Weile hob sie den Kopf und sagte entschieden:Gut! Es mag sein! Es schickt sich ja vielleicht nicht, aber"

Sie machte eine Handbewegung, die den unvollende­ten Satz ergänzen sollte. Dann fetzte sie hinzu:Zün­den Sie das Licht an!"

Sie setzte sich auf das Sofa. Er stellte die Lampe aus den Tisch und nahm ihr gegenüber auf einem Stuhle Platz.

Bon uns soll ich erzählen?" sagte sie. Weiß ich doch nichts von Ihnen!"

Von mir ist wenig zu berichten!" antwortete er. Mit kurzen Worten gab er Bescheid über seine Fa­

milie und von der Unlust, mit der er den ihm aufge­zwungenen Beruf erfüllte. Von Elisabeth redete er nicht. Von seiner Liebe und Hoffnung zu Maria zu sprechen dazu schien ihm die Bekanntschaft mit ihr doch zu kurz. Einen Augenblick dachte er zwar daran, ihr auch das zu sagen, aber er tat es dann doch nicht.

Maria hatte schweigend zugehört. Dann legte sie eine kleine Weile die Hand über die Augen, als be­sänne sie sich. Leise sagte sie:Ich will Ihnen nun von uns erzählen. Lange habe ich nicht mehr von diesen Dingen geredet. Ueber die Art meiner Mutter wundern Sie sich? Sie hat Schlimmes durchgemacht! Schlimmeres, viel Schlimmeres als Sie! Hören Sie zu!"

Sie setzte sich bequem zurecht, sah nach dem Fenster, an dessen Scheiben die sich leise bewegenden Schatten der Aeste sichtbar waren, und begann:

Wir waren nicht immer hier in Erlenstadt. Unser Vater war Forstmeister. Wir wohnten weit weg von hier in einem einsamen Haus, das mitten im Wald stand. Wir Kinder verlebten eine wunderschöne Zeit. Meine älteste Schwester Hedwig half am frühesten im Haushalt mit; sie war die meiste Zeit bei der Mutter. Es ist ja heute noch so! Anna und ich hielten uns zum Vater. Er nahm uns mit hinaus in den Wald, er lehrte uns Tiere und Pflanzen kennen, er senkte uns eine tiefe Liebe zur Natur ins Herz. Was waren das für herrliche Tage! Von meinem alten Großvater habe ich Ihnen schon gesagt. Es war mein erster Schmerz, als man ihn eines Tages forttrug. Meine zwei Brüder-"

Sie stockte.

tär Bauer in der Vahnhofstraße. Herr Keller ist seit längeren Jahren als Schiffskoch auf dem betreffenden Dampfer tätig gewesen. Noch am Samstag abend haben die Angehörigen des Herrn Keller von der be­treffenden Dampfergesellschaft telegraphisch um Nach­richt über Herrn Keller gebeten und gestern früh fol­gende Antwort erhalten:

Wie uns berichtet» ganze Bemannung ge­rettet. Uranium."

Aus diesem Telegramm ist allerdings nicht genau zu entnehmen, ob Herr Keller zu den Geretteten ge­hört. Wir hoffen und wünschen das alle. Ob er vielleicht mit dem als gerettet angegebenen Schiffs- Läcker gemeint ist?

st. Uebertragen wurde vom Evang. Oberschulrat eine ständige Lehrstelle in Pfalzgrafenweiler an lln- terlehrer Leonhard Maurer in Calw.

V. Vadisch-württemb. Eisenbahnverkehr. Zwischen Württemberg und Baden, die an der gemeinsamen, langgestreckten Grenze durch 14 Eisenbahnlinien ver­bunden sind und die unter sich selbst ihren stärksten Wechselverkehr haben, vollziehen sich in neuerer Zeit erfreulicherweise immer wieder Vereinheitlichungen im Eisenbahnwesen. So werden vom 1. Jan. an die Monatskarten und Arbeiterrückfahr­karten, wie sie bisher im Binnenverkehr der bei­den Staaten bestanden, erstmals auch zwischen württ. und badischen Stationen ausgegeben.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Dienstag und Mittwoch ist bereits wieder trübes und dann auch naßkaltes Wetter zu erwarten.

Bad Liebenzell, 12. Okt. Bei der Station Grim­bach im Nagoldtal wurde neulich ein schwerer Dieb­stahl in des Wortes gewichtigster Bedeutung verübt. Diebe stahlen ein altes, eisernes Wasserrad der Was­serleitung Huchenfeld, das außerhalb des Maschinen­hauses lag, zehn Zentner wog und nur noch einen Alteisenwert von etwa 25 Mark hatte. Die Diebe brauchten dazu ein zweispänniges Pferdefuhrwerk und 3 bis 4 Mann zum Aufladen. Gewiß ein unrentables Geschäft. Als aber die Landjäger auf die Suche gingen, brachten die Diebe gestern nacht mit Roß und Wagen ihre Beute wieder zurück und legten sie fein säuberlich an die alte Stelle.

Nagold, 11. Okt. Gestern nachmittag 4 Uhr ist Tuchfabrikant Albert Koch in Rohrdorf an einem Schlaganfall gestorben. Er war Seniorchef eines der bedeutendsten industriellen Etablissements des Na­goldtales, er bekleidete verschiedene Aemter als Mit­glied der Handelskammer Calw, des Bei­rats der Verkehrsanstalten, Ausschußmitglied des Gewerbevereins in Nagold und Gemeinderat in Rohrdorf.

Württemberg.

Herbstwanderversammlung der Nationalliberalen Partei.

Göppingen, 12. Okt. Nach einer Sitzung des Lan­desausschusses und nach einem gemeinschaftlichen Mit­tagessen wurde heute nachmittag im Apostelsaal die Herbstwanderversammlung der Nationalliberalen Partei abgehalten. In der Landesausschußsitzung war der Landesausschuß konstituiert und Organi­sationsfragen erörtert worden. In der Nachmit­tagsversammlung hieß zunächst der Bezirksvorsitzende Redakteur Kirchner die sehr zahlreich erschiene­nen Parteifreunde mit einer kurzen Ansprache will-

Sie haben zwei Brüder?" fragte Hans Ringer.

Ja, ich habe noch einen Bruder! Lassen Sie mich nur erzählen! Meine zwei Brüder sie sind älter als wir Schwestern tollten gerne für sich herum. Mit Heinrich kamen wir nie recht gut aus. Er war uns Mädchen viel zu wild! Er versteckte sich hinter die Büsche, um uns zu erschrecken. Karl, den Sie ja kennen, war uns viel lieber. Die Jahre gingen hin. Die zwei Knaben kamen kurz nachein­ander auf höhere Schulen . Wir Mädchen blieben da­heim. Der Vater hielt nichts von Töchterschulen und dergleichen. Wir sollten nur tüchtig im Haushalt lernen. Was weiter nötig sei, besorge er schyn selbst. So lebten wir zufrieden daheim. Damals war die Mutter noch nicht so, wie sie jetzt ist. Ein wenig still war sie freilich immer. Wenn der Vater lu­stige Geschichten erzählte, und sein und unser lautes Lachen im Haus erscholl, so saß die Mutter dabei und lächelte bloß. Aber man sah es ihr an, daß sie glücklich war .... bis zu jenem Tag, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Heinrich hatte eben die Universität bezogen, Karl war in der letz­ten Klasse des Gymnasiums. Ich kam mit dem Va­ter vom Wald und wir waren beide in der fröh­lichsten Stimmung. Wir gingen auf unser Haus zu. Da als wir ganz in der Nähe waren, sahen wir den Postboten heraustreten. Plötzlich hörten wir einen Schrei, der uns durch Mark und Bein ging. Mutter mußte ihn ausgestoßen haben. Wir eilten in die Stube. Mutter lag ohnmächtig am Boden. Meine älteste Schwester kniete leichenblaß neben ihr.