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Frankreich. Sniland «nd die Nntzr.
Jnr Ruhrgebiet geht das Spiel rechtloser Willkür seinen Gang. Die französische Eroberungspolitik wird hierbei wirksam durch das fast völlige Schweigen der ausländischen, besonders der englischen Presse unterstützt. So vergeht kein Tag ohne eine neue Verletzung der deutschen Souveränität.
An der Ruhr selber haben die Franzosen eine neue Taktik begonnen. Da alle ihre Kunststückchcn bisher versagt haben, das Ausspielen der Arbeiter gegen die Unternehmer, ebenso wie das Hetzen gegen das Kabinett Cuno, so legt man es jetzt darauf ab, die Arbeitermassen, die man nicht für sich gewinnen kann, zur Verzweiflung zu treiben und zu Unbesonnenheiten zu provozieren. Die dauernde Abschnürung des Rhein- und Ruhrgebiets durch ebenso brutale wie rechtswidrige Maßregeln, die, wenn sie durchführbar wären, gerade über die Arbeiter furchtbares Elend heraufführen würden, im Verein mit der zunehmenden Verrohung der französischen Militärbehörden zeigen sehr deutlich, wohin die Reise gehen soll. Man will provozieren, man will einen Generalstreik herbeisühren, der dann nach den historischen Rezepten der Cavaignac, Gallifet, Clemenceau und ähnlicher Schlächter niedergeworfen werden soll. Man plant ein ungeheures Blutbad. Man erinnere sick des Wortes Clemenceaus, es gebe 20 Millionen Deutsche zu viel. Ein Gemetzel, dem 200 000 bis 300000 friedliche Menschen zum Opfer fielen, würde dem französischen Militarismus eine höchst angenehme Beschäftigung hieten und die französische Politik ihrem Ideal einen Schritt näher bringen.
An die Möglichkeit, durch Verhandlungen des Landesseind zum Abzug von Ruhr, Rhein und Saar zu. bewegen, glaubt die „D. A. Ztg." nicht. Das Somit« äeo korgss hat seine Bedienten, die Millerand und Poin- care, zu weit vorgeschickt, das Staatsprestige ist engagiert worden, da gibt es kein Zurück mehr auf dem Wege der Vernunft. Tie französischen Offiziere haben sich zu ehrlosen Kulis dieser Kapitalistenklique erniedrigt, sie scheuen nicht davor zurück, an der Spitze uniformierter Einbrecherbanden Banken zu plündern. Geldschränke mit allen Hilfsmitteln gewerbsmäßiger Verbrecher zu erbrechen und das gefundene Geld zu stehlen. In der Armee des heutigen Frankreich sind alle Begriffe von Ehre und Berufs- ßvlz so verwüstet, daß nur selten sich der Brust eines dieser Osfizierseinbrecher der Stoßseufzer entringt: Welch nn schmutziges Handwerk!
..Frankreich, als der klassische Polizeistaat, wo sich der türstliche Absolutismus und mit ihm Polizeispitzeltum Md Spionage am frühesten ausgebildet haben, hat ebenso wie im annektierten Elsaß-Lothringen auch im Saar-, Rhein- und Ruhrgebiet eine Wolke geschäftiger Polizeispitzel über die geplanten Länder herabgelas- M. Daß sich der biedere „General" Degoutte ebenfalls sucht schämt, die Bespitzelung der deutschen Arbeiter M Ruhrgebiet zu organisieren, bewies vor kurzem eine längere Ausführung der „Roten Fahne", aus der die Bemühungen dieses Spitzelvarers besonders um die Seele «r kommunistischen Arbeiter sehr drastisch hervorgingen. Unterm anderm bestellte sich der Spitzelgeneral bei den Kommunisten eine Eingabe für die — Sozialisierung der Bergwerke im Ruhrgebiet, womit er freilich bei den putschen kommunistischen Arbeitern gründlich abgeblitzt
Die Eröffnung des englischen Parlaments hat bvn neuem bestätigt, was an dieser Stille immer wieder «lont worden ist: England freut sich im geheimen der ächrb.s tzung und hofft, daß der Kampf an der Ruhr recht lange dauern möge. Der Mangel an Entschlußkraft, der Miondcrs seit einem Jahrzehnt das Kennzeichen englischer Mptesverfassung ist, hat in den Parlamentsreden einen lsprfen Ausdruck gefunden. Bonar Law ist entschlossen, Mnn man dieses Wort auf ihn anwenden darf, die --wohlwollende Neutralität" dem französischen -3erbreck>en gegenüber beizubehalten. England gehört zu Garanten des Versailler „Friedens". Dadurch, daß ^ *uhig mit ansieht, wie Frankreich aus der Versailler urkunde einen Fetzen Papier macht, erklärt es, daß chm an der Aufrech:erhaltung des Versailler Diktats nichts wchr gelegen ist. Es kann daher nur noch eine Frage sbr Zeit und der Auswahl des richtigen Augenblicks sein, M man auch in Berlin ausspricht, was es ist: Ver- r^llles existiert nicht mehr. Es scheint freien so, als ob man in Berlin an diese Konsequenz der
englischen Haltung immer noch nicht denke. Je deutlicher man in Deutschland erkennt, daß man in Englands Politik nichts anderes als Haß, Mißgunst und Furcht Deutschland gegenüber als Motive finden wird, desto besser für Deutschland. Je mehr die breite Schicht der englischen Wähler, die heute noch nichts von den Zuständen in Deutschland oder auch nur an der Ruhr weiß, zu erfahren bekommt, welche klägliche Rolle heute England in der Achtung der Welt spielt, desto besser für England. Heute stehen die Dinge so, daß man sich in London zu jeder Woche beglückwünscht, die der Entscheidungskamps an Ruhr und Rhein länger dauert. Siegt Frankreich, so hat man in London bereits alles vorbereitet, um als Partner in das Geschäft um die „Goldmine", wie unlängst ein smarter Engländer die Ruhr nannte, einzutreten. Hat es keinen Erfolg, so wird Bonar Law Gott Aum Zeugen anrufen, daß feine Hände rein geblieben sind von den völkerrechtswidrigen Verbrechen, die Frankreich an der Ruhr begangen. Zurzeit jedenfalls hat Englands nur den einen Wunsch, daß sich Frankreich und, Deutschland gegenseitig zum Ausbluten bringen. Dieses Stellung Englands wird durch die Preisgabe des Koch-; lentransportwegs über Köln, Düren—Neuß bestätigt.
Mit welcher zähen und zugleich tückischen Feindschaft die englische Politik alles Deutsche in der Welt auch heute noch verfolgt, dafür ist der abgebrochene Kongreß' von Lausanne ein neuer Zeuge. Uuter den Forderungen, die man der Türkei vorgelegt hat, gehen gerade die Bestimmungen über die Vernichtung des deutschen Eigentums, der deutschen Konzessionen und Gerechtsame in der Türkei weit über die Forderungen des Vertrages von Sevres hinaus. Es ist dringend zu verlangen, daß man von Berlin aus in Angora Protest gegen diese Bestimmungen erhebt, die eine schwere Schädigung Deutschlands bedeuten. Noch heute, im fünften Jahre nach dem Kriege, sucht England die geringen deutschen Handelsbeziehungen im Auslande mit dem gleichen Konkurrenzneid zu vernichten, wie nur je.
Was hat Seutschland bisher geleistet.
(Vom 11. November 1918 bis 30. September 1922.)
UH. Ueber die Höhe der finanziellen und sachlichen Leistungen Deutschlands durch Ausführung des Friedensvertrages bestehen vielfach sehr unklare Vorstellungen, im Inland sowohl wie im Ausland. Es ist bekannt, wie insbesondere in denjenigen Ländern, deren Regierungen ihre macht- und wirtschaftspolitischen Ziele hinter „absichtlichen Verfehlungen" Deutschlands in der Reparationsfrage zu verstecken suchen, die Legende Verbreitung und Glauben findet, Deutschland habe seit Kriegsende wenig oder so gut wie nichts geleistet. Eine lügnerische und hetzerische Propaganda beutet diese Legende neuerdings in der skrupellosesten Weise aus, und es ist deshalb von Wert, gerade in diesem Augenblick einmal eine Zusammenstellung zu bringen, die einen genauen Ueberblick über die tatsächliche Höhe der deutschen Leistungen und Lieferungen jeglicher Art gemäß dem Friedensvertrag, seinen Vorverträgen und zusätzlichen Abkommen für die Zeit vom 11. November 1918 bis 30. September 1922 gewährt. Es sollen! dabei in runden Ziffern nur die wesentlichen Leistungen wiedergegeben werden. Aber gerade sie geben, aneinandergereiht, eine Anschauung von den riesigen Summen, die der deutschen Volkswirtschaft für Reparationszwecke entzogen sind.
Deutschland hat in dem angegebenen Zeitraum geleistet:
Goldmilliarden
Reichs- und Staatseigentum in den abgetretenen Gebieten (einschl. Oberschlesien) 5,6
Saargruben 1,0
uichtmilitärische Rücklaßgüter (Westfront) 1,9
rollendes Eisenbahnmaterial und Rheinbrücken 2,3
Seeschiffe und Binnenschiffe 6,0
Kohlen und Koks (Weltmarktpreis) 2,3
liquidiertes deutsches Eigentum im Ausland 11,7
abgetretene Forderungen des Deutschen Reiches an seine ehemaligen Kriegsverbündeten 8,6
Barzahlungen einschließlich Ausgleichszahlungen 2,7
sonstige Leistungen und Lieferungen jeglicher Art 3,5
Deutschlands Gesamtleistungen rund 45,6
Zu diesen Lieferungen und Leistungen kommen in
Ausführung des Friedensvertrags noch folgende deutsche Verluste hinzu:
Goldmilliarden
abgelieferte Kriegsschiffe (ausschließlich der bei Scapa Flow versenkten Schiffe) 1,4
sonstige militärische Abrüstung 6,3
industrielle Abrüstung 2,7
innere Ausgaben 0,5
rund
10,9
Mit Einschluß dieser Ausgaben ergibt sich als Gesamtsumme der deutschen Leistungen und staatliche« Verluste ein Betrag von 56,5 Milliarden Goldmark (in Papiermark umgerechnet, bei einem Tollarstand von 20 000, ein Betrag von 282V- Billionen Mark), wobei es noch der Feststellung bedarf, daß in diese Summe der Wert von Elsaß-Lothringen (von amerikanischer Seite auf mehr als 20 Milliarden Goldfranken geschätzt) sowie der Wert der Deutschland entrissenen Kolonien nicht eingerechnet ist. Unter Hinzurechnung dieser Werte erhöht sich die Gesamtleistung Deutschlands auf über 100 Milliarden Mark.
Angesichts dieser ungeheuren Leistungen, wie sie noch kein Volk jemals in der Geschichte aufgebracht hat, haben Frankreich und Belgien den Mut gehabt, infolge des verschwindend geringen Mankos an Hotz und Kohle von „absichtlichen Verfehlungen" Deutschlands zu reden, wegen dieser angeblichen Verfehlungen den Einbruch ins Ruhrgebiet zu unternehmen und deutsches Land im Frieden zu besetzen!
Neue Gewalttaten an der Ruhr.
Dortmund, 20. Febr. Wie erst jetzt bekannt wird, unternahm der Generaldirektor der Deutschen Lebensmittelwerke, Geheimrat Fleithmann, eine Reise im Lastkraftwagen nach Dortmund, um sich dort einer Operation zu unterziehen. Kurz vor Dortmund wurde das Auto von französischen Posten zum Halten gebracht. Ter schwer erkrankte Generaldirektor wurde herausgeholt und auf offener Landstraße ausgesetzt, während der Kraftwagen beschlagnahmt und weggeführt wurde. Geheimrat Fleithmann ist an den Folgen dieser Brutalität gestorben.
Essen, 20. Febr. Die Verkehrslage hat sich im wesentlichen nicht verändert. In Herne und Torsten, das die Franzosen besetzt haben, haben sie noch nicht in den Betrieb eingegrrffen. Infolgedessen ist der Durchgangsverkehr nach Wesel noch nicht gestört. Die Betriebslage im Bezirk Elberfeld ist außerordentlich schwierig. Die angekündigten französischen Regimenter sind nicht in die Stadt Dortmund eingerückt. Tie Lebensmittelzufuhr ist ungehindert. Kohlenzüge nach Italien und der Schweiz werden nur durch- gelassen, wenn italienisches oder schweizerisches Begleitpersonal vorhanden ist. Mit einem großen Truppenaufwand haben die Franzosen am Montag den Bahnhof Herves-Dorsten besetzt. Damit kontrollieren sie die Abfuhr der bisher noch freien nördlich gelegenen Zechen.
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Paris, 20. Febr. Zu den französisch-englischen Verhandlungen über die Eisenbahnen im besetzten englischen Gebiet glauben wir noch Mitteilen zu können,. !dah außer der für Kohlentransporte bestimmten Linioj Düsseldorf—Neuß—Düren—Aachen eine zweite dop-; gleisige Nordsüd st ratze den Franzosen für mi« lltärische Zwecke zur Verfügung gestellt wiriH
Uebcrgrisfc in Mainz.
Frankfurt 20. Febr. In Mainz ist am Montag das Postamt von den Franzosen besetzt worden, die sofort die ganze Post beschlagnahmten. Der Postdirektor und zwei weitere Beamte wurden verhaftet. Der Grund' ist nicht bekannt.
Deutsche Minister an -er Ruhr.
Berlin, 20. Febr. Der preußische Handelsminister Siering ist trotz der Drohungen der Franzosen heil und unversehrt aus dein Einbruchsgebiet zurückgekehrt. Er hatte dort Unterredungen mit Vertretern sowohl der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer, mit Mitgliedern der Handelskammer, der Gewerkschaften und Betriebsräte.
Schändliche Behandlung des Essener Bürgermeisters.
Esse», 20. Febr. Der zu Gefängnis verurteilte Bürgermeister Schäfer, der ursprünglich nach Zweibrücken abtransportiert werden sollte, befindet sich immer noch in einer engen Zelle des Gefängnisses in Bredeney. Schäfer ist herzleidend. Unter der Einwirkung der Haft hat sich sein Zustand wesentlich verschlimmert. Es ist deshalb