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Deutsche Einspruchnote.
Berlin, 8. Febr. Der deutsche Geschäftsträger in Paris hat der französischen Regierung folgende Note übergeben:
„Die französisch« Regierung hat in der vom 2. Februar datierten und am 4. Februar der deutschen Botschaft übermittelten Verbalnote der deutschen Regierung eine Verletzung des Vertrages von Versailles oorgetvorfen, die dadurch begangen worden sein soll, daß die Reichsbahnverwaltung die Durchleitung der internationalen Züge Paris—Bukarest und Paris—München—Prag eingestellt Hab Sie hat zugleich angekündigt, daß sie als „Sanktion ^für diese angeblich« Vertragsverletzung die deutschen Städte Offenburg und Appenweier besetzen werde. Die Besetzung der beiden Städte ist jedoch am Tage der Uebermittlung der Note tatsächlich schon durchgesührt worden. Die deutsche Reichsbahnverwaltung hat sich infolge Kohlenmangel und anderer durch den französisch-belgischen Einbruch in das Ruhrgebiet verursachten Verkehrsschwierigkeiten zur Einstellung einer großen Anzahl fahrplanmäßiger Zugsverbindungen des internationalen und des innerdeutschen Dienstes gezwungen gesehen. Es ist richtig, daß sich darunter auch die beiden in der Note genannten Zugpaare befinden. Zeit und Umstände jedoch geb.m dieser Anordnung der Reichsbahnverwaltung offensichtlich den Charakter einer vorübergehenden Notstandsmaßnahme. Von einer Vertragsverletzung kann daher keine Rede sein. Selbst wenn aber eine formale Verletzung des Vertrages vorläge, müßte es als das Zerrbild eines Friedenszustandes bezeichnnec werden, daß die französische Regierung eine Maßnahme von so untergeordneter Bedeutung, wie die Einstellung zweier Zugsverbindungen zum Anlaß nimmt, ohne weiteres ihre Truppen in deutsche Städte einmarschieren zu lassen.
Allerdings hat die französische Regierung, um das schreiende Mißverhältnis zwischen dem Beschwerdeanlaß und der von ihr verfügten Maßnahme zu verdecken, den Versuch gemacht, noch weitere angebliche Vertragsverletzungen Deutschlands heranzuziehen. Demgegenüber verweist die deutsche Regierung auf ihren früheren Notenwechsel mit der französischen Regierung. Sie stellt fest, daß sie in jedem einzelnen Falle den gegen sie erhobenen Vorwurf einer Verletzung ihrer Verpflichtungen in eingehender Begründung entkräftet hat, ohne daß die französische Regierung auch nur versucht hätte, die deutschen Argumente zu widerlegen. Einen Rechtstitel, auf den sie ihr vermeintliches Sanktionsrecht stützen will, führt die französische Regierung nicht an. Ihr stehen also in diesem Falle nicht einmal Scheingründe zur Verfügung, In der Tat handelt es sich um einen Akt reiner Willkür und Gewalt, begangen unter Ausnutzung der Wehrlosigkeit des deutschen Volkes. Die deutsch« Regierung erhebt hiergegen vor aller Welt feierlichen Protest.
Dann heißt es u. a. weiter: Am Tage der Uebermitt- lung der Verbalnote an die deutsch« Botschaft ist auch durch die interalliierte Rheinlandkommission in Koblenz dem deutschen Reichskommissar für die beferen rheinischen Gebiete eine Note zugestellt, worin sie mitteilt, daß sie unter Billigung der von der französischen Regierung eingeleiteten Besetzung von Osfenburg und Appenweier beschlossen habe, diese Gebiete unter das Regime des Brückenkopfes Kehl zu stellen und die Befugnisse ihres Delegierten in Kehl entsprechend zu erweitern. Keine Bestimmung des Rheinlandsabkommens oder des Vertrages von Versailles gewährt der interalliierten Rheinlandskommission das Recht, das Gebiet ihrer Zuständigkeit eigenmächtig zu erweitern -tue von ihre ausgesprochene „Billigung" macht die vertragswidrige Maßnahme der französischen Regierung nicht zu vertragsmäßigem Recht und kann ebensowenig der interalliierten Rheinlandkommission den für rhre Anordnung fehlenden Vertrags- und Rechtstitel ersitzen: vielmehr zeigt dieses Vorgehen erneut, daß . die interalliierte Rheinlandkommission sich zum Werk- Krug der französischen Politik machen läßt. Auch gegen diesen Rechtsbruch legt die deutsche Regierung Verwahrung ein.
Wegen der Mitwirkung der interalliierten Rheinlandrommission sind entsprechende Vorstellungen bei der englischen und belgischen Regierung erhoben ivorden."
Die Saarfrage.
Das Saargebiet ist eine der brennendsten aller offenen Wunden an dem geschlagenen und geschundenen deutschen Volkskörper, und unsere deutsche Mentalität empfindet die mit allen Mitteln des Betrugs, der List und Gewalt an der Saar getriebene Französisierungspolitik um so abstoßender und widerlicher, als die Regierungskommission des Franzosen Rault sich in einem heuchlerischen Phrasenmantel des Rechts kleidet, und alle R c ch ts b rüche, Gewaltakte und Gemeinheiten im dreimal geheiligten Namen des Völkerbundes geschehen. Wenn der Völkerbund auch nur einigermaßen den bescheidenen Rechten Geltung verschaffte, die der Versailler Vertrag seinem Mündel an der Saar gelassen hat, könnte das deutsche Volk mit ruhiger Seele dem Abstimmungstag des Jahres 1934 entgegensetzen. Es ist bekannt, wie die vollkommen französisch eingestellte Regierungskommission auf allen Gebieten bemüht ist, das Saargebiet von seinem Mutterlande abzuschneiden und französischer Wirtschaft und Kultur — als sogenannte „Treuhänderin"
' Deutschlands — den Weg zu bahnen.
Mit der hanebüchenen Lüge von den 150000 Saarfranzosen, die den Anschluß an Frankreich erstrebten, und von denen niemals auch nur der tausendste Teil wirklich existiert hat, begann das Unglück der Saardeutschen.
Die Negierungskommission des französischen Präfekten Rault hat deshalb ihre Politik, die 800000 deutsche Menschen mit despotischen Herrschaftsmitteln lediglich als lebendes Inventar zu den in französischen Besitz gelangten Saarkohlcngruben behandelt, ungestört treiben können, weil der Völkerbund eben nichts anderes ist, als eine Herrschaftsorganisation der Allierten zur dauernden Niederhaltiing Mittel- und Osteuropas, eine Gesellschaft aus Gegenseitigkeit, unter dem überragenden Einfluß der nach dem Kriege herrschenden Kontinentalmacht — Frankreich.
Indessen sind nicht alle Trabanten der großen Allierten immer geneigt, die gehorsamen Mitläufer zu spielen, sondern naiv genug, die Dinge gelegentlich bei ihrem Namen zu nennen. Die Reden des Südafrikaners Lord Robert Cecil und des Deutschenfreundes Nansen auf der letzten Völkerbundstagung brachte die Regierungskom- missron in arge Bedrängnis. Zum ersten Male hatte sie einer öffentlichen Kritik standgehalten, und ihr Schicksal hing am seidenen Faden. Es ist noch einmal gut gegangen! Jene bekannte Rede Balfours hat der Regierungskommission mächtig den Rücken gesteift. Sie kehrte aus Genf mit dem vom Präsidenten Rault eingestandenen Vorsatz zurück, der „deutschen Propaganda" im Saargebiet, der sie schon jetzt beinahe zum Opfer gefallen war, kräftig zu Leibe zu gehen. Als erste fielen die beiden Redakteure der „Volksstimme" der neuen Gewalt- Aera zum Opfer.
Die deutsche Regierung hat neuerdings beim Völkerbund wegen der vertragswidrigen Haltung der Regierungskommission des Saargebiets auf dem Gebiet des Schulwesens Einspruch erhoben. In dieser Note h ißt es: Der Bevölkerung des Saargebiets ist durch den Versailler Vertrag die Aufrechterhaltung ihrer Schulen und ihrer Sprache ausdrücklich zugesichert worden. Die Grundlagen des Schulwesens im Saargebiet müssen daher in dem Zustande, in dem sie sich b i Inkrafttreten des Vertrags befanden, beibehalten werden. Im Gegensatz zu dieser Bestimmung strebt die Regierungskommission eine grundsätzliche Veränderung des gesamten Schulwesens an. Insbesondere hat sie eine Entwicklung geduldet und sogar gefördert, die die vertraglich geschützten Landes schulen gefährdet und die Schulverwaltung allmählich in die'Hände Frankreichs überleitet. Ohne Befragung der gewählten Vertreter der Bevölkerung hat sie bestimmt, daß auch Kinder des deutschen Personals der Kohlengruben und sogar Kinder der nicht zum Grubenpersonal gehörigen Landesbewohner > ihrer gesetzlichen Schulpflicht durch den Besuch französi- ' scher Schulen genügen können. Mit Hilfe dieser Verordnungen konnte die französische Grubenverwaltung durch Mittel, wie Ranzengeld, kostenlose Lieferung von Lernmitteln und Kleidung, Weihnachtsgeschenke, Begünstigungen oder Benachteiligungen, Zusicherung von Belohnungen, andere Kinder zum Besuch der französischen Schulen zil veranlassen usw., geradezu eine Entvölkerung der Landesfchulen herbeiführen. ' In ver
schiedenen Ortschaften mutzten bereits mehrere Klassen ver Landesfchulen geschlossen werden, und viele andere stehen vor der Schli.ßung. Die Regierungskommission ent- äußert sich also zugunsten des französischen Staats, dem im Saargebiet kein Anteil an der Verwaltung, sondern nur die Ausbeutung der Kohlengruben gebührt, mehr und mehr eines wichtigen, ausschließlich ihr selbst übertragenen Verwaltungszweiges. Nach ihrem Standpunkt würde sogar nichts im Wege stehen, daß Frankreich allmählich das ganze Volksschulwesen im Saargebiet an sich zieht. Dies steht im vollen Widerspruch zum Versailler Vertrag. Der französische Staat hat im Saargebiet lediglich das Recht, als Neöenanlagen der Gruben Volksschulen oder technische 'Schulen für das Grubenpcrsonal zu errichten, was sich nur auf französische Kinder beziehen kann, da der Vertrag diesen Unterricht in französischer Sprache, nach französischen Lehrplänen und überhaupt ganz nach dein Belieben Frankreichs Vorsicht, und da jede andere Auffassung unvereinbar wäre mit der an anderer Stelle ohne jede Einschränkung vorgeschriebenen Erhaltung des Landesfchulen sowie mit dem allgemeinen Grundsatz, demzufolge die gesamte Verwaltung Sache der Regierungskommission ist. Die deutsch« Regierung verlangt vom Völkerbund die Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustands, insbesondere, die Wieüeraufrichtung der frühem Grundlagen des Schul-^ Wesens, die Beschränkung des Besuchs der französischen Schulen auf französische Kinder und die Beseitigung! solcher Schulen, die nicht Volks- oder technische Schulens sind.
Das Abstimmungsergebnis wird für das Schicksal! des Saargebiets nicht allein ausschlaggebend sein. Dis! obcrschlesische Abstimmung wurde zugunsten Polens aus-' gedeutet, weil England Oberschlesien gerade als Kompen-s satiousobjekt seiner Orientpolitik gebrauchte. Und daß! England genau so auch mit dem^ Saargebiet zu verfahren bereit wäre, beweist jene Rede Balfours in Genf, in der «r der deutschen Saarbevplkerunb bitteres Unrecht tat und die arg kompromittierte Regierungskommission deckte, weil er nach einer etwas bewegten Auseinandersetzung mit Frankreich in der Abrüstungsfrage das Bedürfnis empfand, den Franzosen wieder etwas Honig um den; Mund zu schmieren. Auf die „Gerechtigkeit" der Engländer zu bauen, wäre eine gefährlich« Illusion, und wenn sie dem Saargebiet jemals helfen sollten, so nur dann, wenn ihnen das gerade in ihr weltpolitisches Kalkül passen sollte.
Heute schon Voraussagen, wie sich das Schicksal des Saargebiets endgültig gestalten wird, wtzre verfrüht. Wir dürfen jedoch nicht müde werden, sowohl das deutsche Stammesbewußtsein im Saargcbiet wie das Gewissen der Welt gegenüber dem sch r eien den Unrecht an der Saar wachzn erhalten und die moralischen Kräfte für unser guteS Recht ins Feld zu führen. Groß sind die Widerstände, die sich uns entg genstelltcn. Aber , an einer unermüdlichen! Arbeit für die Deutscherhaltung des reichen und' schöne» Saargebiets muß sich doch schließlich das Goethewort bewahrheiten:
Men Gewalten zupr Trutz sieb «rh-Den,
Nimmer sich beugen,
Kräftig sich zeigen,
Rufet di' Arme der Götte . .
Türkisches Ultimatum an die Alliierten.
London, 8. Febr. Aus Konstantinopel wird gemeldet: Ter Vertreter Angoras in Konstantinovel Adnanl Beh hat auf Befehl seiner Regierung den Verbündete» Obertommissaren Sie Forderung nach Kurückzie- hung der Kriegsschiffe der Alliierten aus dem Hafen von Smyrna in Form eines 24stündigen Ultimatums überreicht. Bei Nichtannahme würden die Baiterien das Feuer auf Sie Schiffe eröffnen. Tie Obertvmmissare erhielten schließlich von den Türken ein« Verlängerung der Frist um 7 Stunden. Ter fran- Köns > Konsul hat um die Erlaubnis gebeten, ' die französische Kolonie in Srnhrna einschiffen zu dürfen.
11- ng lisch,-französische Antwort ans das Nltimatnm.
K.'.is, 8. Febr. 'Aus London wird gemeldet, die englische und französische Regierung haben sich über Sic Antwort, die der Angoraregierung auf ihre Forderung nach Zurückziehung der Kriegsschiffe auS Smyrna zu geben sei, geeinigt und beschlossen, den TürH ken mit einer euer gischen Note zu antworten und dir Angoraregierung davon zu verständigen, daß die
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