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Sahrgwrg 19»

An die IeiLungsleser in Württemberg! il

Tas Zeitungsdruckpapier, das im Januar bis äüf^ iS6ü Mk. für ein Kilo, also auf annähernd das 2700fache! der Vorftciegszeit, gestiegen war, wird durch die in», folge der Ruhrbesetzung erheblich fortgeschrittene Geld­entwertung und die Hamit zusammenhängende enorme Steigerung der Holzpreise, Kohlenpreise, Frachtensätze. Löhne und Gehälter eine erneute Verteuerung in einen! Ausmaß erfahren, wie sie bis jetzt nicht annähernd dagewesen ist. Dabei werden die Holzpreise weiter in der unerhörtesten Weise Hinaufgetrieben, so daß eS heute in Deutschland nichts gibt, was annäherndso teuer ist, wie das Holz.

Tie übrigen Herstellungs- und Verrriebskosten der Zeitungen bürden den Verlegern Lasten aus, unter de­nen sie bestimmt zusamnienbrechen »nützten, wenn sie nicht wenigstens einen Ausgleich der entstehenden rei­nen Mehrkosten herbeiführen wüedrn. Es bleibt den Zeitungsverlegern nichts anderes übrig, als die Bezuas- und Anzeigenpreise wiederum «rrdSK-»

Es ist wirklich eine verzweiflungsvolle Lage, in der sich die Zeitungen befinden, während sich andererseits gerade in diesen Tagen, in denen es sich um Sein oder Nichtsein Deutschlands handelt, zeigt, daß die deutsche Presse als wertvollste Waffe im Kampf gegen eine schändliche Fremdherrschasr nichr entbehrt werden kann. Es darf deshalb auch zu der würrtembergischen Leser­schaft das Vertrauen gehegt werden, daß sie unter ein­sichtsvoller Würdigung der bestehenden Schwierigkeiten ihren Zeitungen in jeder Hinsicht die Treue bewahren' werden.

Ter Vorstanv des Vereins Württ. Zeitnngsverleger.

D», Bezugspreis »er Sch««twN»rr Tase»r»U««8 »An» de» Ta««««' muß aus Grund der geschilderte» unauf­hörliche» Anwachsens de» Leuerunz aus 1800 Mark fest­gesetzt werde«. Im Verhältnis «tu niederer Preis, wenn man tu Betracht zieht, daß andere Zeituugr« 8000 Mt. monatlich toste».

ZKrrÄnchm'ÄÄ.

Was an der Ruhr vorgeht, soll einewirtschaftliche Maßnahme" und einefriedliche Aktion" sein. In Wftk- lichkeit ist es der Anfang einer Sch r e ck en s h err- fchaftder Franzosen, der Beginn derFrcnnösie- nmgsversuche". Havas berichtet, daß eine neuePh >- f e iin Kampf uin das Ruhrgebiet eingesetzt habe, die st,eit desenergischeren Vorgehens". In der Tat zeigt sich das schon seit einigen Tagen. Amtsenthebungen, Auswei­sungen, Verhaftungen," Verschleppungen von leitenden höheren Reichs- und Kommunalbeamten, und jetzt der seit Montag verhängte Belagerungszustand sind Stich­worte für die einsetzende schärfere Methode. Es ist gren­zenlos, und es widerspricht jeder Menschlichkeit, wie die Franzosen in den einzelnen Fällen verfahren. Eine Schreckensherrschaft wird aufgerichtet, die weder auf Frauen und Kinder, noch auf Greise und Kranke Rücksicht nimmt. So wurden in Essen die meisten Krankenhäuser beschlagnahmt und mußten für Franzosen geräumt wer­den. Die Ersetzung des deutschen Post- und Telegraphen­personals durch französische Beamte ist eingeleitet. Die Zollgrenze ist allerdings noch nicht errichtet, weil sie sich chen nicht so leicht durchführen läßt.

Die französischen Blätter gestehen den Mißerfolg der Ruhrbesetzung in wirtschaftlicher Beziehung zu. Weder Kohlenzüge noch Schiffsladungen sind bisher von einiger Bedeutung nach Frankreich geschafft.worden. Die Ent­täuschung darüber ist groß, die Erbitterung über den deutschen Widerstand noch höher, weshalb die französische Presse das Kriegsrecht fordert und die Parole ausgibt: An die Mauer mit den Saboteuren!" Das ist echte französische Brutalität.

Der deutsche Außenminister Dr. Rvsenberg hat die wirtschaftliche Fehlspekulation der Franzosen dieser Tage einem neutralen Pressevertreter dahin erläutert: In der Zeit bis zum 11. Januar, dem Tage des Ein­marsches, erhielt Frankreich! von uns täglich für rund 430 000 Goldmark Kohle und für rund 30 000 Goldmark Holz. Nach dem Einmarsch hat Frankreich zwar an­fänglich unter schwersten Eingriffen in das Privateigen­tum täglich für rund 6000 Goldmark Kohle erhalten, zurzeit geht aber keine Kohle mehr nach Frankreich und ebensowenig Holz. Dafür entstehen Frankreich, wenn man.die Besatzungsstärke wahrscheinlich zu medria

auf 50 000 Mann emscyatzr, an Mehrkosten stfür die Ver­wendung seiner Truppen im Ruhrgebiet rund eine Vier­telmillion Goldmark täglich. Dazu kommen noch die Ausgaben, die die Ruhraktion der französischen Volks­wirtschaft verursacht und die Schädigungen, die der fran­zösischen Industrie durch die Unterbrechung des Kohlenzu- slusses zugefügt werden. Unter dem Druck der Bajonette wird aber der deutsche Arbeiter keine Kohlen fördern. Wenn inan glaubt, uns durch einen inneren Krieg von Verurteilungen und Ausweisungen und von Beschlagnah­mungen mürbe zu machen, so täuscht man sich."

Und die ganze Ueberspannung der französischen Hab­gier, die sich jetzt an der Ruhr so deutlich zeigt, wird durch die Geschichte des Versailler Vertrages und die Re­parationen in den letzten Jahren beleuchtet. Es ergibt sich dabei zugleich, wie Frankreich durch seine rücksichtslose Selbstsucht sich selbst geschädigt hat: 1919 beim Friedens- schluß bot Deutschland 200 Milliarden Kriegsentschä­digung an, man forderte 375; 1920 forderte man 269, Deutschland bot etwa 100; 1921, als der Wiederherstel­lungsausschuß endlich dem Vertrage gemäß die Ent­schädigungssumme festsetzte, waren es noch 132 Milliar­den, Deutschland bot 50; und 1922, als die Verbands­mächte nur noch 50 forderten, erklärte Deutschland, gestützt auf eine Bescheinigung der Londoner Bankwelt, es könne überhaupt nicht mehr zahlen, bedürfe vielmehr einer langen Schonzeit und obendrein einer beträcht­lichen Anleihe. Es war nun doch sicherlich nicht der böse Wille Deutschlands, der seine Gegner veranlaßte, ihre Forderung Stufe um Stufe zu ermäßigen, sondern die unabweislich zwingende Erkenntnis der wirtschaftlichen Notwendigkeit, und als dann schließlich nach den geschei­terten Konferenzen von London und Paris, England, Italien und Amerika so geräuschvoll von Frankreich abrückten, geschah das gewiß nicht der schönen Augen Deutschlands wegen, sondern in der selbstischen Erwägung, daß das französische Verfahren sie auch um den Rest der Beute bringen werde, auf den sie noch hoffen durften. Denn wir Deutsche sollten uns keiner Täu­schung hingeben: alle unsere Gegner be­stehen aus ihrem Schein, auf dem Versailler Vertrag, mit Ausnahme Amerikas, das ihn nicht un­terzeichnet hat, und alle, auch Amerika, bcharrten dar­auf, daß wir allein die Schuld am Kriege trügen, denn wenn ihm diese Grundlage entzogen wäre, würde das Versailler Friedensgebäude zusammenbrechen.

Nun sucht Frankreich wieder das Lügenhaus des Ge­waltfriedens von Versailles zu retten und sich seinen Anteil am Raub zu sichern. Djx Schreckensherrschaft an der Ruhr wird die Nervenprobe bringen müssen, wer länger durchhält: die Deutschen in Abwehr und Leiden oder die Franzosen mit Bajonetten und Gewalt­taten gegen ein wehrloses, friedfertiges Volk. Nur unser Sieg kann den wahren Frieden bringen.

Die Lage im Ruhrgebiet.

Dortmund, 30. Jan. Ueber das Ruhrgebiet ist am Montag der verschärfte Belagerungszustand verhängt worden. Gegen die Sabotage bei Post und Eisenbahn wird nach der Verordnung mit Waffengewalt vorge­gangen werden. Alle Versammlungen bedürfen der besonderen Genehmigung der Besatzungsbehörde, ebenso stehen Zeitungen, Theacer und Kinos unter Zensur.

Düsseldorf, 30. Jan. Vertreter oer Arbeiter- und Angestelltengewerkschaften aller Richtungen faßten fol­gende Entschließung:Die von den Besatzungs- truppen vorgenommenen Verhaftungen zahlreiche« Reichs- und Staatsbeamten können die Gewerkschafters ,in ihrem bisherigen Verhalten nicht irre machen. Tieft Maßnahmen sind vielmehr geeignet, den Widerstand bis zum äußersten zu steigern. Die Gewerk­schaften werden jedenfalls wie bisher alles ausbietenj daß die Franzosen ihr Ziel nicht erreichen."

Mainz, 30. Jan. Der Mainzer Hauptbahnhof wurde durch eine Abteilung französischer Eisenbahner besetzt. Die Beamten erhoben sofort Protest und erklärten, den Betrieb einzustellen, wenn die Besatzung, die sich auch auf sämtliche Stellwerke erstreckt, nrcht zu­rückgezogen wird.

Durch Eingriffe der Besatzung ist in dem Industrie- gebiet außer dem Eisenbahnverkehr auch dev Fernsprechverkehr in wesentlichem Maße lahm-- gelegt worden.

Der Oberbürgermeister von Duisburg, Dr. Garres, erhielt ebenfalls den Ausweisungsbefehl. <

EM neues Verkehrs verbot an die Eisenbahner.

Berli«, 30. Jan. Der Reich 4 Verkehrsmini­ster hat in einem Erlaß die Beförderung von Kohlen oder Holz jeder Art nach Frank­reich und Belgien verboten, ebenso Truppen­transporte und Nachschübe, insbesondere Militär­transporte im neubesetzten Gebiet. Das Zu­sammenarbeiten mit französischem und belgischem Eisenbahnpersonal auf deut­schen Strecken wird untersagt. Nur den Be­fehlen der deutschen Behörden ist Folge zu leisten.

Herzlose Gewa tpolillk.

Dortmund, 30. Jan. Nach der Festnahme der hier von den Franzosen verhafteten Beamten wurden sie im Auto nach Dorstfeld in eine Wirtschaft gebracht, wo gegen den Polizeipräsidenten Brandt, den Präsidenten der Oberpostdirektion in Dortmund, Oberpostrat Hüffel, und den Oberbahnhofsvorsteher W vrmer eine mehr­stündige Verhandlung stattfand. Tas Ergebnis der Verhandlung war, daß alle sofort aus dem besetzten Gebiet ausgewiesen worden sind. Tie Verabschiedung von den Familien wurde nicht gestattet.

Kein Gruß der französischen Fahnen.

Berlin. 30. Jan. Der preußische Minister des In­nern hat an den Regierungspräsidenten in Münster folgenden Erlaß gerichtet:In Anbetracht des völker­rechtswidrigen Vorgehens der Franzosen und der Belgier gegen die Bevölkerung und Beamten des neu besetzten rheinisch-westfälischen Industriegebiets wird sämtlichen Beamten der Polizei, mit Einschluß der Landjäger, verboten, dieOffiziere und Fah­nen fremder Heere zu grüßen."

Mit vorgehaltenem Revolver zum Fahren gezwungen.

Koblenz, 30. Jan. Ter Verkehr aus demRuhr- gebiet nach dem Westen und Süden ist vollständig unter Kunden, da die Eisenbahner hier.zum größ­ten Teil in den Ausstand getreten sind und den Fran­zosen viel zu schaffen machen. Linksrheinisch liegt der Personen- und Güterverkehr vollständig still. An verschiedenen Orten wurde das Lokomotivpersonal, das deutsche Lebensmittelzüge befördert, mit vorgehal­tenem Revolver gezwungen, französische Transporte zu fahren. Auf die Drohung der Eisenbahner in Mainz, bei Nichtzurückziehung der Truppen die Arbeit einzustellen, wurden die Truppen zurückgezogen.

Ueber 10V Beamte ansgewiesen.

Koblenz, 30. Jan. Im ganzen sind bis jetzt über 100 Beamte allein aus dem altbesetzten Gebiet mit Fa­milien ausgewiesen worden. Neuerdings wurden auch zehn Bürgermeister aus Orten der Umgebung von Kob­lenz aus ihrem Amte enthoben.

Französischer Vandalismus.

Essen, 30. Jan. Hier waren bekanntlich beim Ein­marsch der Franzosen 18 Schulen mit Militär beleZt worden. Nachdem die Truppen weiter transportiert worden sind, sind die Schulen in trostlosem Zustand zu­rückgelassen worden. Die ganz neuen Bänke waren Zer­schlagen und zum Feueranzünden verwendet worden; die Schulzimmer in höchstem Grade verunreiniat und die Klosetts mit Weißbrot verstopft worden.

Neuer Mord.

' Bochum, 30. Jan. In Hervest-Torsten wurde ein Zugschaffner von französischen Soldaten erschossen. Bis zur Mittagszeit war in Bochum äußerlich die Lage ruhig, obwohl die Verhängung des> verschärften Belagerungszustandes große Unru.he her­vorgerufen hat.

Drohungen Poincares.

Paris, 30. Jan. Poincare erklärte amerikanischen Pressekorrespondenten gegenüber, Frankreich habe nicht die Absicht, das Ruhrgebiet zu an­nektieren, um die notwendigen Kohlen für die Eisenbahn und die Industrie in Lothringen heraus- zuholen. Er unterstreiche jedoch die Tatsache, daß die französische Armee so lange deutsches Gebiet besetzenwerde,bisdasDeutscheReichseine Reparationsverpflichtungen gemäß dem Versailler Friedensvertrag erfüllt habe. Tie Ruhr ist ein weiteres Pfand von gleicher Art wie die Rheinlande. Wenn Deutschland. mit den Zah­lungen beginnt und mit den Lieferungen fortsährt, wie sie ausgemacht wurden, werden die französischen und belgischen Truppen sich aus dem Ruhrgebiet zu­rückziehen und 15 Jahre, nachde »»mit der Ausführung der Vertragsbestimmungen begonnen wurde, wird auch das linke Rheinufer geräumt werden. Die Pfandnahme wird also solange dauern, bis Deutschland bezahlt hat. Es können fünf Jahre vergehen, be- »vor genügend Beweise der Aufrichtigkeit, Reparationen zu zahlen, seitens des Deutschen Rei­ches gegeben wurden.