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Montag de« 8 Dezember.
Eis EisMes MeMar?
Paris, 17. Dez. Aus sehr sicherer Quelle erführt inan, daß die Vereinigten Staaten in ganz kurzer , Zeit eine Entscheidung von allergrößter Wichtigkeit , terffen werden, um die euroväische Situation durch , eine große Weltkonferenz in Washington zu bessern. In gut unterrichteten Kreisen erfährt man, daß dieser Schritt in zwei bis drei Wochen von Washington aus unternommen werden wird. Alle Nachrichten deuten darauf bin. daß die amerikanische Regierung eine Anleihe zugunstenDeutschlands von IU 2 Milliarden Dollar beabsichtigt. Vorläufig liegen in Paris noch recht widersprechende Nach- ^ richten über die Einzelheiten des Projekts vor. In , hiesigen amerikanischen und französischen Zeitungen erregt der Plan, der von Washington mehr oder weniger offiziös bestätigt wird, allergrößtes Aufsehen.
! Amerika zur Hilfe für ^.utschlan- bereit.
Paris, 17. Dez. Zu dem amerilauischen Projekt einer 6 Milliarden Goldanleihe erfahren die hiesigen Blätter noch folgende Einzelheiten: Grundlegend für den Schritt Amerikas war die Unterredung, die Morgan mitHughes und dem Präsidenten Hardin 0 hatte. Morgan hat bereits, wie auch in Europa bekannt. einen großen Plan für eine amerikanische Intervention ausgearbeitet, aber die Verwirklichung dieses Planes an bestimmte Bedingungen geknüpft, mii denen sich die französische Regierung angeblich nicht hatte einverstanden erklären können. Es ist nun klar, daß die Konferenz der amerikanischen Botschafter aus Berlin, Brüssel und London, die am 7. Dezember iri London stattfand, von. sehr großer Bedeutung war, denn sie beschäftigte sich hauptsächlich mit diesem Projekt. Die drei Botschafter hatten an das amerikanische Staatsdepartement nach dieser Sitzung einen grundlegenden Bericht über die europäische Lage gesandt. Es handelte sich darum, genau anzugeben, unter welchen Bedingungen Amerika zu Hilfe kommen könnte und unter welchen Bedingungen sich unter der Reichskanzlerschaft Dr. Cunos sich auch die deutsch-amerikanischen Beziehungen gestalten könnten. Von amerikanischer Seite wird jedoch auch zugegeben/ daß die deutsche Note, die Bonar Law in London überreicht worden ist, vorher Amerika bekannt gewesen ist und daß Amerika durchaus nicht so sehr sich gegen diese Note ausgesprochen hat, wie es verschiedene französischen Zeitungen wissen wollten. Es handelt sich bei dem amerikanischen Projekt, wie aus -Washington nunmehr genau bekannt wird, um eine Anleihe von 6 Milliarden Goldmark zugunsten Deutschlands, das heißt um eine Zusammenfassung der äußeren und inneren Anleihe. die das Reich den Alliierten aufzulegen vorschlug. Amerika will mit der Zusammenfassung dieser beiden Anleihen zugleich das Reparationsproblem und das Problem der Stabilisierung der Mark lösen, denn in amerikanischen Finanzkreisen ist man der Ansicht, daß es jetzt die höchste Zeit sei, Deutschland zu retten.
Eine Weltkonferenz in Washington. — M Milliarden Dollar für Deutschland.
Die Nachrichten über ein Eingreifen Amerikas häufen MH. In einer Kabinettssitzung in Washington unter dem Vorsitz des amerikanischen Präsidenten Har ding wurde am Freitag abend tatsächlich die Reparationsfrage erörtert und die einer internationalen Anleihe an Deutschland. Die Berichte der amerik. Botschafter in Europa bildeten wohl die Grundlage der Erörterungen. Es ist davon i soviel bekannt geworden, dah sie die Lage Deutschlands als katastrophal schilderten. Die Uebernahme der Regierung durch Enno, der Verbindungen zu Amerika hat,
- wirkte also zweifellos günstig. Die Wirkung einer bloßen Beratung der euvopärschen Angelegenheiten hat sich softort am Dollar bemsröbur gemacht, der von 8000 auf rund 6000 gefallen ist. Man darf sich aber keinen allzu «optimistischen! Auffassungen hingeben. Die Beratung einer Sache bedeutet noch keine positive Hilfe.
Die europäischen Probleme sind so verwickelt, daß es dazu mancher Konferenzsitzung bedarf. Es kommt zunächst wirtschaftliche Hilfe in Frage. Wenn es sich bewahrheitet, daß Amerika die deutsch Anleihe finanziert, wäre viel, wenn nicht alles gewonnen. Dadurch wäre sein Interesse an Deutschland gefesselt, zweifellos aber davon abhängig, wie Frankreich sich zu den Sanktionen verhält. Immerhin würde Amerikas Entgegenkommen und Hilfe einem leichten Druck auf Frankreich gleichkommen. Zweifellos ist nun durch die Haltung der amerikanischen Finanzwelt (Morgan/ und die der Regierung die Stabilisierung der Mark in das Statium der Entscheidunaen getreten. So kommt
es, vay die deutsche Regierung einen neuen Zahlungsplan für die Reparationen ausarbeitet. Und das alles trotz des Vertrauensvotums, das Poincare wieder in der französischen Kammer davontrug. Er besteht also noch wie vor auf Pfändern.
Es gilt, die Entwicklung und Haltung Amerikas zur Reparationsfrage und zur Markstabilisierung abzuwarten und nicht auf Rosen zu sehen, wo noch Dornen stehen.
Tie bevorstehende Weltkonferenz.
Paris, 17. Dez. Aus gut unterrichteten Washingtoner Kreisen erfährt man, daß die Einberufung der großen Weltkonferenz in Washington in 2 bis 3 Wochen von Washington aus unternommen Werken wird. Anscheinend will die amerikanische Regierung tatsächlich eine Anleihe für Deutschland in Höhe von IV- Milliarden Dol lar aufnehmen.
Neues vom Tage.
Poincare in der französischen Kammer.
Paris, 17. Dez. In der französischen Kammer ergriff Poincare das Wort, um zunächst über die Lausanne:: Verhandlungen zu sprechen, mit deren Verlauf er sich zufrieden erklärte. Frankreich werde in Lausanne in enger Verbindung mit seinen Alliierten bleiben. Von den Londoner Verhandlungen sagte er, daß sie sich im Geiste der Aufrichtigkeit und unrer großer Herzlichkeit abgespielt hätten. Er habe in London einfach die Ideen auseinander gesetzt, die er schon früher auf der Kammertribüne vertreten habe und er habe in keinem Punkte ernsten Widerspruch gesunden. Von den interalliierten Schulden sagte Poincare, daß kein Vergleich möglich sei zwischen diesen Schulden und den Forderungen, die Frankreich an Deutschland habe. Es wäre ungerecht, wenn die Alliierten untereinander strenger in ihren gegenseirigen Forderungen sein wollten als gegenüber Deutschland. Frankreich denke nicht an eine militärische Expedition und an kriegerische Unternehmungen. Es wolle bloß bezahlt werden. Wenn Deutschland nicht bezahle, habe Frankreich das Recht, Pfänder zu nehmen und diese seien dort, wo die deutschen Reichtümer sind. Lum Schlüsse sagte Poincare, daß es der Kammer frei stehe, zn entscheiden, ob die gegenwärtige Regierung würdig sei, die Verhandlungen fortzusühren. Poincare wurde am .Schluß seiner Rede mit lebhaftem Beifall begrüßt.
Ei« Vertrauensvotum für Poincare.
Paris, 17. Dez. Nach der Rede von Poincare ergriffen noch mehrere Abgeordnete das Wort, beson- sonders Tardien, der besonders heftig Poincare, auch wegen seiner Innenpolitik angrifs, ferner Fergeot und Herriot. Schließlich wurde ein einfaches Vertrauensvotum mit 512 gegen 176 Stimmen angenommen.
Tie Botschaft Ves englischen Königs.
London, 17. Dez. Das englische Parlament hat sich bis zum 13. Februar vertagt. Die Botschaft des Königs zum Schluß der Sitzungsperiode wurde im Oberhaus vom Lordkanzler und im Unterhaus vom Sprecher verlesen. Die Botschaft beginnt mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die Lausanner Konferenz bald zu einer glücklichen Lösung kommen möge. Dann kommt die Botschaft auf die Londoner Besprechungen, die deutschen Reparationen und ihre beabsichtigte Wiederaufnahme in Paris zurück. Es heißt darin, der Versuch, glückliche Bedingungen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas zu finden, erfüllt mich nach Wie vor mit tiefstem Interesse. Die Schwierigkeiten sind groß und können nur mit Geduld und aufrichtiger Zusammenarbeit der in erster Linie von ihnen betrof- men Staaten bewältigt werden.
SPSslaivische Kricgspläne.
Belgrav, 17. Dez. Die südslawischen Kriegsrüstungen nehmen einen immer größeren Umfang an. Die gartz öffentlich vor sich gehenden Kriegsvorbereitungen erfolgen unter der Begünstigung durch Frankreich, das der Belgrader Regierung das notwendige Geld zur Verfügung stellte. Die Rüstungen Südslawiens richten sich in erster Linie gegen Italien, dann aber auch gegen Ungarn und man glaubt in Belgrader politischen Kreisen, daß es spätestens im Frühjahr de- nächsten Jahres zu einem bewaffneten Zusammenstoß zwischen Südftawien und diesen Staaten kommen werde. Bestärkt wird man in dieser Ansicht dadurch, daß in letzter Zeit große Sendungen von Kriegsmaterial a»A Italien in Ungarn eingetrofsen sind.
Jahrgang
Deutscher Reichstag.
Berlin, 16. Dez.
Zur zweiten Lesung des Haushalts des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft lag am Freitag MN Antrag Hergt (D.natl.) vor. der die sofortige Bezahlung des Umlagegetreides verlangt und Kredite für Genossenfchaftsverbände und für die Düngemittel- rndustrie fordert, sowie eine bessere Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Betriebe auf dem Gebiete des Tarifwesens.
Abg. Dr. Philipp (D.natl.) fordert eine Erhöhung des Umlagegetreidepreijes. Das Brot werde nicht von der Landwirtschaft verteuert, sondern durch die hohen Preise, zu denen die Reichsgetreidestelle Auslandsgetreide kaufe.
Abg. Heim (Bayer.Vp.) wendet sich gegen die Vorgänge in Sachsen. Mit Strafbestimmungen und Gendarmen könne man die mißlichen Erscheinungen nicht bekämpfen, dadurch schade man nur der Produktion. Zu ihrer Förderung sei aber von Reichs wegen nichts geschehen.
Abg. Schmidt-Köpenick (Soz.) erinnert an die Notlage weiter Kreise. Die Ärotverteuerung könne nicht ins Ungemessene gehen.
Abg. Baumann (Zentr.) wünscht höhere Aufwendungen für die Bekämpfung der Reblaus.
Abg. Hepp (D.VP.) bedauert die Angriffe gegen den Reichslandou k. Gerade jetzt sei eine Einheitsfront der Landwirtschaft notwendig.
Reichsernährungsminister Luther gibt zu, daß die Milchversorgung in den Städten besorgniserregend sei. Eine Konferenz der Ernährungsminister werde Hilfsmaßnahmen erwägen. Der Landwirtschaft müsse der notwendige Dünger Angeführt werden. Das Brotgetreide müsse möglichst rasch in die öffentlichen Hände kommen. Berechtigte Wünsche über die Menge des abzuliefernden Getreides müßten berücksichtigt werden, ohne daß die Versorgung der Bevölkerung leidet. Gegen bösen Willen müsse das Ge/setz aber durchgeführt werden. Die Reglerung wird für einen Preis eintrete«, der dem Landwirt die nächstjährige Gestellung ermöglicht. Es wird eine erhebliche Steigerung notwendig werden, die sich natürlich auch im Brotgetreide auswirkt (hört, hört links), immerhin hier weit geringer als im Getreidepreis. Die Brotpreiserhöhung soll dem Einkommen angepaßt werden. Es muß dafür gesorgt werden, daß unser Volk nicht verhungert. Die Produktion mutz daher gesteigert werden. Die Preise müssen tragbar bleiben. Der Minister erkläre, er wisse nicht, ob die Landwirtschaft von dem Preis voll befriedigt sein wird. Er fordert sie ans, sich ihres Zusammenhanges mit dem ganzen Volk bewußt zu sein, damit wir gemeinschaftlich durch die Not dieses Winter kommen.
Abg. Bartz (Komm.) lehnt jede Erhöhung des Umlagegetreides ab.
Die Entschließungen werden angenommen.
Der HarkHalt für das Ernährungsministerium bewilligt.
Württembergischer Landtag.
Stuttgart. 16 Dez
Am Samstag behandelte der Landtag das Gesetz über weitere Bürgschaft des Staats für die Neckar- kanal-A.-G. Berichterstatter Möhler (Ztr.) befürwortete die Vorlage nebst dem einschlägigen 3. Nachtrag und erwähnte u. a„ daß Verhandlungen mit dem Ausland wegen Heranziehung von ausländischem Kapital im Gange seien. Vorläufig sollen nur die zwei fortgeschrittensten Kraftwerke, in Baden Wieblingen, in Württemberg Neckarsulm, fortgeführt und ausgebaut werden; dre übrigen Staustufen, m Württemberg also Horkheim, Ober- und Unterst! rkbeim und Obereßlingen, sollen ganz oder teilweise eingestellt werden. Die Neckarverlegung bei Unter- und Obertürkheim müsse, schon wegen der Hochwassergefahr, vollendet werden.
Abg. v. Mülberger (Dem.) richtet die dringende Bitte an die Regierung, dah doch die begonnenen Kraftwerke fortgeführt werden.
Abg. Ströbel (B.B.): Der Neckarkanal wächst sich mehr und mehr zu einem Sorgenkind aus. Ursprünglich waren die Baukosten für die 7 Staustufen, die jetzt in Angriff genommen sind, zu 620 Mill Mk. veranschlagt; jetzt, im Dezember 1922, spricht man schon von 26 Milliarden Mk., und das Ende der Bauverteuerung ist noch nicht abzusehen. Jedenfalls stehen wir vor der Tatsache, daß wir kein Geld haben, um den Kanal zu bauen, denn wir sind arm und werden den Kanalbau, wenn nicht unvorhergesehene Fälle eimieten, nicht zu Ende rühren können.
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