Aus den Tannen

Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Sta-t. Allgemein« Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw und Frsudenstadt.

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Die Vertagung in London.

Die Reparationsverhandlungen in London, an denen «Frankreich (Poincare), England (Bonar Law), Italien '(Mussolini) und Belgien (Theunis) beteiligt waren, wur­den am Montag abend abgebrochen bzw. unter­brochen. Die Besprechungen der alliierten Erstmini­ster sollen am 2. Januar in Paris wieder ausgenommen werden, um vor dem 15. Januar, an dem der deutsche fünfmonatige Zahlungsaufschub abläuft. Ergebnisse und Entscheidungen zu zeitigen. Die vielgenannte Brüsseler Finanzkonferenz, die für Mitte Dezember angesetzt war, findet nicht statt.

Damit ist die bereits gestern von französischen Blät­tern angedeutete Lage eingetreten: In London konnte man sich über die Pfänderpolitik Poincarcs, der eine Besetzung des Ruhrgebiets mit allen Mitteln erstrebt, nicht einigen. Das Kompromiß zwischen Frank­reich und England in der Reparationsfrage muß aber Won weit gediehen sein, denn die Anberaumung der Pa­riser Konferenz für 2. Januar und die weiterdauernden Sachverständigenberatungen lassen darauf schließen, daß eine Einigung erzielt wird, die nur in einer Annäherung Englands an den französischen Standpunkt in der Frage der Sanktionen zum Inhalt haben kann. Nach den Mel­dungen der Pariser Blätter war tatsächlich Bonar Law auch bereit, in eine teilweise Besetzung -des Ruhrgebiets einzuwilligen. Poicarne hat die Vertagung durch keine schroffe Haltung absichtlich herbeigeführt, um sich hiuter sein Kabinett zu flüchten, nachdem ein englischer Kabi­nettsrat am Montag nachmittag sich zweifellos gegen die weitgehende Poincare'sche Pfänderpolitik ausgespro­chen hat. Das bedeutet aber für Deutschland noch nichts Hoffnungsvolles. Die Meinungsverschiedenheit zwischen England und Frankreich in der Revarationsfrage wer­den ausgeglichen werden. Schon die gemeinsame Ver­werfung des neuen deutschen Reparationsplanes, der nur eiue Auslegung und Erweiterung der Note vom 14. Novbr. bedeutete, ließ für uns nichts Gutes erwarten. Frankreich und die französische Industrie werden nicht nachgeben in ihren Sanktionsforderungen, die auf den Raub deutschen Landes abzielen das hat ein wirk­licher Kenner und neutraler Zeuge, Lloyd George, mit seinen ersten Veröffentlichungen erwiesen, wenn nicht England oder Amerika ein Machtwort sprechen. Mer an diesem würde dann die Entente in Brüche gehen, und so bleibt man dabei, daß man weiter verhandelt, zuerst die Sachverständigen, dann die Ministerpräsidenten, wie Deutschland vollends zu Grunde gerichtet werden soll. Poincare blieb während der ganzen Verhandlungen darauf bestehen, daß das Ruhrgebiet besetzt werde. Darin liegt ein politisches und wirtschaftliches Ziel. Frank­reichs Großkapital und Industrie erstreben dies und Poin­care ist ihr Wortführer. Der Italiener Mussolini ist zwar nicht auf die Seite Poincares getreten; er hat sich gegen die Ruhrbesetzung ausgesprochen, aber trotzdem er­klärt er jeden Tag einmal: Deutschland kann bezahlen. Bonar Law fand an Mussolini zweifellos eine Stütze gegen Frankreichs Psänderpolitik, aber Englands Erst­minister ließ auch in seinen Erklärungen keinen Zweifel, daß er bei Frankreich, beim Verband zur Ausschlach­tung Deutschlands bleiben wird.

Für Deutschland gibt es nun Gelegenheit, seine neuen Vorschläge weiter auszubauen. Daß dabei die Mit­wirkung der deutschen Industrie an erster Stelle l steht, ergibt sich aus dem deutschen Zeituugskrieg, der r seit Montag darob entbrannt ist. Die Linkspresse macht ! der Industrie den Vorwurf, daß sie die Regierung Cuno nicht unterstützt, daß die Schwerindustriellen eine z Zwischenlösung abgelehut, dagegen nur . bei einer endgültigen Lösung der Reparationsfrage sich zur Mit­wirkung bereit erklärt haben. DerVorwärts", das Zen? i tralorgan 'der Sozialdemokratie, spricht von einem Dolchstoß der Industrie", während das Haupt­organ der industriellen Kreise um Stinnes, dieDeut­sche Mlgemeine Zeitung", versichert, daß die deutsche Industrie bereit sei, ihre Hilfe und Unterstützung zu jeder wirklichen Lösung der Entschädigungsfrage zu bieten, . daß sie eine endgültige Bereinigung erstrebe. i

AlterrHOig, Mittwoch de« ZS. Dezember.

Neues vom Tage.

Tic deutsche Antwort in der Entwaffnnngsfrage.

Berlin, 12. Dez. Am Montag ist der Botschafter- Konferenz in Paris die Antwort-Note in der Entwaffnungsfraqe übergeben worden. Die deutsche Regierung weift darin den Vorwurf der Ver­zögerung in der Ausführung der militärischen Be­stimmungen des Friedensvertrages zurück und betont, daß die Entwaffnung Deutschlands been­det ist. Deutschland dürfe für sich in Anspruch neh­men, die ihm auferlegte Abrüstung in einem solchen Umfange und mit solcher Schnelligkeit durchgeführt zu haben, daß die Abrüstung Deutschlands im Lichte der Weltgeschichte eine gewaltige Leistung darstellen wird. Im einzelnen werden die politischen und wirt­schaftspolitischen Gründe dargelegt, die es ratsam erscheinen lassen, die augenblicklich vorhandenen Kräfte in diesem Umfange aufrecht zu erhalten.

2t. ch dem Abbruch.

Frankfurt a. M., 12. Dez. Aus London wird der Franks. Ztg." gemeldet: Die Konferenz der Minister­präsidenten ist ohne Ergebnis abgebrochen und bis zum Januar vertagt worden. Der entscheidende Grund ist, daß die englische Regierung, unterstützt von Musso­lini, den Plan Poincares zur Besetzung des Ruhr­gebiets bestimmt ablehnt. Selbst das englische An­gebot, in der Schuldensrage entgegenzukommen, mil­derte Poincares Sinn nicht. Sein Auftreten machte einen sehr schlechten Eindruck. Die Konferenz wählte die mildeste Form, um ihr Scheitern zu umschreiben. Dieselbe Rücksichtnahme dürfte auch in der Oefsentlich- keit andauern, schon weil die Fortdauer der Lausanner Konferenz ein englisch-französisches Zerwürfnis nicht zulüßt. In Anbetracht des Hauptgrunds für den Verband, spielt es keine wichtige Rolle, daß die Ver­bündeten einmütig die deutschen Vorschläge ablehnten» denn dies bedeutet nur, daß die Verbündeten irgend einen Gegenstand brauchten, um ihre Einheitsfront sichtbar zu machen. Aua) die englischen Sachverstän­digen sollen sich allerdings für den Vorschlag nicht begeistern. Das Schatzamt interessiert sich nur für ein« endaültiac R-"eluna nebst einem alatten Zahlungs­aufschub. Wenn England bei der Ablehnung mit­stimmte, bedeutet dies aber keineswegs, daß Deutschland! nach englischer Ansicht für einen Zahlnnasaufschnb' anbiete. Daaeaen svrang Poincare auf, bevor er die Vorschläge geprüft batte, um sie als nahezuperfid" zu erklären. Einsi-btsge verbündete Beobachter ver­hehlen nicht, daß für Poincare heute fever deutsche Vorschlag eine Unverschämtheit ist. Selbstverständlich müssen die Vorschläge erst überlegt werden, und die Verbündeten werden vor Mitte Januar aufs neue beraten. Es bleibt abzuwarten, ob diese offene Absage der Verbündeten an Poincare irgend welche Folgen hat. Inzwischen kann von deutscher Seite nichts Bes­seres geschehen, als an dem Reformwerk weiterzu­arbeiten.

Zur Beurteilung des Londoner Ergebnisses ist zrt beachten: 1. daß nach der Meinung maßgebender englischer Stellen iraeudwslche Sonderverhandlnnocik Frankreichs vor Beendiaung der Aussprache völlig aussichtslos seien. 2. Daß zwar Poincare diesmal! als Trnck ans die deutsche Fndirstrie gewisse für England unannebmbare Einariffe im Ruhrgebiet for­derte, andererseits aber, wie hier von best unterrichteter Seite versichert wird, die Ergreifung der Wäwer, Bergwerke usw. alsproduktive"", geldbrinaende Pfän­der. Vielmebr glauben die genannten Beurteiler, daß trotz der auf das Ruhraebiet bezüglichen Forderung Poincare sich dem englischen Standpunkt nicht ganz unwesentlich genähert babe. Freilich ist es eine an­dere Franc, ob die französische Politik innerhalb der nächsten Wochen eine solche Annäheruna auch prak­tisch sichtbar werden läßt. Immerhin ist bemerkens­wert. daß selbst Männer, die Poincares Politik aufs schärfste widerstreben, einen solchen Fortschritt ver­zeichnen. 3. Wird bestätigt, daß die Ablehnung der deutschen Vorschläge tatsächlich unter ganz verschie­denen Gesichtspunkten erfolgte, so daß wesentliche Teile auch künftig Bedeutung erhalten könnten. Endlich darf nicht übersehen werden, daß die Verbündeten unter­einander gewisse Punkte besonders bezüglich der Ver­bandsschulden in privaten Besprechungen fördern, in­dem Bonar Law Zugeständnisse machte, die jetzt schon für Mussolinis Haltung in der Ruhrfrage Früchte trugen. Aus diesen Gründen geben maßgebende eng­lische Beobachter die Hoffnung anf eine erträglich« Lösung trotz oder teilweise vielleicht auch geradezu wegen de? heutigen Abbruchs immer noch nicht auf.

, Jahrgsttg 1SL8

Vorbereitungen im Rheinland.

Berlin, 12. Dez. Am 14. ds. Mts. wird lt.S. Z." im besetzten Rheinland eine bedeutsame Zusammenkunft der interalliierten Befehlshaber stqftsinden. Nachdem der englische Kriegsminister Lord Derby mit seinem Gene­ralstabschef und den Oberkommandierenden der englischen Besatzungstruppen in Aachen eingetroffen ist, werden dort auch der belgische Kriegsminister mit seinem Stabe und der amerikanische Befehlshaber vom Brückenkopf Mainz erscheinen, um an den von Frankreich geplanten Trnp» penbesichtigungen teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit soll die Stellung und das Verhalten der englischen und amerikanischen Besatzungstruppen gegenüber den etwa im Falle der nächsten Woche notwendig werdenden Zwangs­maßnahmen gegen Deutschland geklärt werden. Weiter will man Maßnahmen gegen die angebliche Gefährdung der Sicherheit der Besatzungstruppen treffen.

Ein bayerischer Staatspräsident.

München, 12. Dez. Der Verfassungsausschüß deS bayerischen Landtags beschäftigte sich mit der Frage der Schaffung eines bayerischen Präsidenten mit weitgehen­den Vollmachten. Redner der Demokratie, der Sozial­demokratie und des Bayerischen Bauernbund nahmen gegen den Antrag Stellung.' Mit 15 Stimmen der bei­den Rechtspartei!:., gegen 13 Stimmen der übrigen Parteien wurde der Antrag angenommen, zu dem die Re­gierung ihre Zustimmung erteilt hatte.

Weitere Besprechungen mit Bergmann.

Paris, 12. Dez. Auf Grund der Beschlüsse des englischen Kabinettsrats soll der deutschen R gierung eine ganz kurze Note übersandt werden mit der Mitteilung, daß die Vorschläge des Reichskanzlers Cuno als unge­nügend befunden wurden. Staatssekretär Bergmann und Haben stein weilen aber noch in London und werden zweifellos dort die Besprechungen zur Ermittlung eines genügenderen Angebots fortsetzen. Man erwartet zum 2. Januar iir Paris ein neues Ange­bot Deutschlands, das vielleicht allen weiteren Be­setzungsplänen den Boden entziehen könnte.

. Kanzlerrede in. Reichswirtschaftsrat.

Berlin, 12. Dez. Der vorläufige ReichswirtschaftsraH trat in seinem neuen Dienstgebäude in der Bellevu« Straße zu einer Sitzung zusammen, die in besonder« feierlichem Rahmen stattfand. An den RegierungSZ tischen hatten der Reichspräsident Ebert, Reichskanzlei Dr. Cuno, Reichswirtschaftsminister Dr. Becker und" zahlreiche andere Minister des Reichs und der Län-Z der Platz genommen. Nach Eröffnung der Sitzung: durch den Präsidenten Edler von Braun ergriff Reichs­kanzler Dr. Cuno das Wort. Er sagte u. a.: ,

Niemals bisher ist es so darauf angekommen, all« wirtschaftlichen Kräfte zusammenzufassen, wie im ge-! genwärtigen Augenblick, da es sich um die endgültige! Lösung wichtiger Probleme handelt. Besonders der, Ausgleich der Gegensätze im Innern tut not. Der Reichswirtschaftsrat habe den Weg der Versachlichung der Arbeit eingeschlagen. Seine Ziele träfen in dieser Beziehung mit denen zusammen, die das neue Kabinett zu seinem Programm erhoben habe. Die Regierung könne und wolle der Unterstützung die­ser wirtschaftlichen Kreise nicht entraten. Zusammen müsse man nach der Lösung der großen Fragen suchen, die uns mehr denn je beschäftigen. Der Reichskanzler ging in diesem Zusammenhang auf das Reparations­problem ein Nur aktive und positive Mitarbeit könne uns zum Heil gereichen. Falsch wäre es, diese Auf­gabe in andere Hände als in die der berufenen Leiter des Reichs zu legen. Wir haben diese Aufgabe zu erfüllen geglaubt, indem wir einen positiven Vorschlag, der der Vorbote einer endgültigen Lösung sein sollte, überreichten. Der Reichskanzler sprach sein Bedauern darüber aus, daß ein so ernstes Projekt nicht wenig­stens die Beachtung gefunden hätte, daß man den Weg zu gemeinsamen Verhandlungen einschlug, durch den allein die endgültige Lösung gefunden werden könne. Der Kanzler richtete dann einen Appell zur gemeinsamen Arbeit zwischen Regie­rung und Volk an das Haus. Zum Schluß sprach Dr. Cuno die Hoffnung aus, daß aus der Arbeit dieses Hauses dem Volk Segen erblühen möge.

Bayern und die Sühnenote.

München, 12. Dez. Ministerpräsident Knilling wies im Haushaltsausschuß der Landtags auf die Drohung hin, wonach die alliierten Regierungen für ihre Kon­tributionsforderung sich in der besetzten Pfalz be­friedigen würden. Schon gegen die bloße Ankündi­gung eines solchen Vorgehens müsse die bayerische Regrernna die allerschärfste Verwahrung -in- leäen.