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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altenstsig Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstadt.
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UltenHeig, Donnerstag de» 7. Dezember.
Jahrgang 19»
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Zchwarrwäläer Tageszeitung
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Das Attentat auf Scheidemann.
Leipzig, 5. Dez.
Oberreichsanwalt Ebermaier beantragt gegen jeden Angeklagten 11 Jahre Zuchthaus und außerdem gegen Oehlschläger noch 3 Monate Gefängnis wegen unbefugten Waffenbesitzes. In seinem Plaidoher sagte der Oberreichsanwalt, die Beweggründe lägen allerdings auf Politischem Gebiet, aber da es sich um einen gemeinen Mordversuch handle und die Angeklagten nicht den Mut der Ueberzeugung gezeigt hätten, beantrage er auch die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 20 Jahren.
Der Verteidiger Husterts erklärte, Hustert sei des versuchten Totschlags, nicht des versuchten Mords, schuldig. Es sei Hustert auch zu glauben, daß er von seinem Standpunkt aus aus idealen Gründen gehandelt habe. Daher sei ihm auch nicht ehrlose Gesinnung vorzuwerfen.
Scheidemann wandte sich zum Schluß noch gegen Ausführungen eines der Verteidiger und erklärte besonders in bezug auf die kaiserlichen Möbel, die in seiner Wohnung ständen, daß es sich hierbei um Möbel handle, die in den kaiserlichen Schlössern auf dem Boden herumgestanden hätten. Die gleichen Möbel ständen bei allen deutschen Minister und Staatssekretären.
Tas Urteil im Scheidemann-Prozetz.
Der Staatsgerichtshof fällte am Mittwoch folgendes Urteil: Oehlschläger wurde wegen gemeinsamen Mordvertucks zu 10 Jahren Zuchthaus und Hustert wegen des gleichen ebenfalls zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Gegen Oehlschläger wurde außerdem wegen Vergehens gegen das Wasfen- gesetz auf 3 Monate Zuchthaus erkannt. Die Angeklagten erhielten ferner 10 Jahre Ehrverlust. Die Kosten des Verfahrens werden den Angeklagten auferlegt. Die benutzte Spritze wurde gerichtsseitig eingezogen.
Neues vom Tage.
Eine Anfrage ver Botschafterkonferenz.
Berlin, 6. Dez. Eine Anfrage der Verbündeten bei der deutschen Regierung nimmt auf die Note der Verbündeten vom 29. November Bezug. In dieser Note war die Botschafterkonferenz auf das schon früher gestellte Verlangen einer Umwandlung der Militärkontrollkommission in ein Garantiekomitee zurückgekommen und hatte mitgeteilt, unter welchen Voraussetzungen diese Umwandlung erfolgen solle. Die jetzt vorliegende Anfrage fordert die deutsche Regierung auf, die Frage der Umwandlung der Kontrollkommission in ein Garantiekomitee näher zu prüfen. An zustä^i-wr Nette wird über den genauen Inhalt dieser Anfrage vorläufig noch Stillschweigen bewahrt.
Protest des bayerischen Landtags. -
München, 6. Tez. In der Vollsitzung des bayerischen Landtags gab Präsident Königsbauer unter dem lebhaften Beifall des Hauses eine Protesterklärung gegen die Demütigungsaktio» der Alliierten ab. Er führte dabei aus, daß da- Borgehcn der alliierten Mächte so ungeheuerlich sei, daß er sich gezwungen sehe, im Namen des bayerischen Landtags die schärfste Verwahrung einzulegen. Wenn zu den ungeheuerlichen Belastungen des Friedensvertrages noch die Geldvergeudung für die Ententekommissionen komme, und von unserem Volk gebüßt werden müsse, dann sei der anwachsende Unwille und die Erbitterung wohl verständlich. Daß die wahnsinnige Forderung auf die Zahlung von 2 Milliarden Papiermark weder von den betreffenden Städten noch vom bayerischen Staat erfüllt werden könne, wüßte Frankreich so gut wie wir. Es sei ein bis jetzt un erhör- terVorgang, daß unter Umgehung der Retchsregie- cung direkt von Stadtverwaltungen ein Tribut ge
fordert werde, als ob Deutschland unter der Gewalt! der Besetzung stünde. Das Vorgehen der Alliierten ziele offenbar darauf ab, Zwietracht zwischen Bayern und der Pfalz und zwischen Bayern und dem Reich zu säen, um dann den lang gehegten Plan der Ausbeutung und Besitzergreifung deutschen Landes verwirklichen zu können. Der bayerische Landtag verwahre sich dagegen, daß die Rechtlosigkeit der Bevölkerung in der Pfalz so weit getrieben werde, daß die Vorkommnisse im rechtsrheinischen Bayern bestraft werden sollen. Zur bayerischen Staatsregierung habe der Landtag das Vertrauen, daß sie den Weg gehen werde, auf dem die Ehre und Würde des deutschen Namens gewahrt würde. In diesem Vertrauen zur Regierung sollten sich aber alle Bevölkerungskreise bemühen, ihrem berechtigten Unmut Zügel anzulegen, da übereilte Handwagen zu unabsehbaren Folgen für Volk und Va.erland führen könnten,
Nitti gegen Clemencean.
Berlin, 6. Dez. Der ehemalige italienische Mini sterpräsident Nitti richtet im „Berliner Tageblatt' einen offenen Brief an Clemenceau anläßlich dessei Provagandareise nach den Vereinigten Staaten. Nitt schreibt u. a.: Sie selbst haben der französischen Kammer gesagt, daß die Friedensverträge ein Mittel seien, den Krieg fortzusetzen. Vier Jahre nach dem Krieg lieht noch ein Okkuvationsheer am Rhein unter dem Vorwand, die Bezahlung einer Entschädigung zn garantieren, die niemals bezahlt werden wird. Um die Bezahlung dieser widersinnigen Entschädigung zu erzwingen, steht am Rhein ein Heer von Negern, Braunen und Gelben, das in den letzten Jahren weit mehr gekostet hat als vor dem Kriege Deutschlands ganzes Heer und seine ganze Flotte. Sie wissen, welche Gewaltakte begangen wurden. Der Vertrag von Versailles hatte nicht, den Zweck, das kaiserliche Deutschland zu entwaffnen und Deutschland in ein demokratisches Land zu verwandeln, sein wahrer Zweck ist, die deutsche Nation zu ersticken. Amerika muß Europa jeden Kredit verweigern, solange dieses die Rüstungen nicht beschränkt und dem wahren Frieden zustrebt. Sie müssen die Amerikaner fragen, ob vier Jahre der Erfahrung nicht zu dem Beweis genügen, daß Europa unvermeidlich dem Abgrund zutaumelt. Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien sind die vier fortgeschrittensten Nationen Europas. Ihre Uneinigkeit ist der Ruin Europas und der Niedergang der Welt.
Amerika und die Londoner Konferenz.
London, 6. Dez. Staatssekretär Hughes hat, wie in politischen Kreisen verlautet, durch den englischen Botschafter in Amerika der englischen Regierung Mitteilen lassen, daß Amerika zu der bevorstehenden Brüsseler Konferenz sich zurückhaltend stellen müsse angesichts des feindlichen Drucks, den die bisher bekannt gewordenen französischen Pläne bei der amerikanischen Regierung gemacht haben. Amerika würde England bei der Lösung der Reparationsfrage nur dann unterstützen können, wenn diese nach friedlichen wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolge. In politischen z Kreisen glaubt man, daß die Reise des englischen Botschafters in Paris nach London im Zusammenhang mit der amerikanischen Mitteilung steht.
Amerika und die neueste Ententesanktion.
Neuyork. 6. Dez. Die von der Entente über Deutschland verhängte neueste Sanktion, die einigen deutschen Städten Geldstrafen in Höhe von 1 Million Goldmark auferlegt, wird von der amerikanischen Presse aufs schärfste verurteilt, weil Deutschland dadurch finanzielle Leistungen rein machtpolitischen Ansprüchen der Verbündeten opfern müsse. Diese Maßnahme zeigt, daß die Verbündeten noch weit davon entfernt wären, deutsches Kapital zur Wiedergutmachung von Kriegsschäden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten heranzuziehen, wie es von Amerika verlangt werden müsse.
Die Minist'--' ;ngcn in London.
Paris, 6. Nov. Poincare wird am Freitag abend in London ankommen. Er wird vom Finanzminister De Lasteyrie und dem politischen Direktor des Außenministeriums, Peretti, begleitet sein. Aus englischer Seite werden Bonar Law und Baldwin, unterstützt von einem Stab von Sachverständigen, an den Beratungen teilnehmen. Die offiziellen Besprechungen werden am Sonntag früh im Amtspalast von Bonar Law beginnen, lieber die Aufgaben der Ministerbesprechungen tritt vorläufig unter den Alliierten eine geteilte Auffassung zu Tage. Es wird bestätigt, das Poincare mit den Ministerbesprechungen nur die allgemeinen Grundzüge des Brüsseler Konferenz- Programms aufrollen, der Konferenz selbst aber nicht vorgreifen möchte. Dagegen scheint man in England schon in den Vorbekvrechunaen eine vrinzipiells
Einigung erzielen unv scgon in Lvnvon vre zur Beratung stehenden Probleme grundsätzlich behandeln zu wollen.
Der Papst an die Lausanner Konferenz.
Lansanne, 6. Dez. Der Papst hat an die auf der Lausanner Konferenz vertretenen Mächte eine Note gerichtet, in der er darauf hinweist, daß unter der Christenheit in Konstantinovel und in Armenien eine wahre Panik herrs-be >md er deshalb die Präsidenten der Konferenz anflehe, so rasch wie möglich Maßnahmen zum Schutze der schwergeprüften Bevölkerung zu ergreifen.
Rücktritt des spanischen Kabinetts.
Paris, 6. Dez. In der spanischen Kammer hat im Verlaus der Fortsetzung der Debatte über die Schuld an der spanischen Niederlage von Melitta der Ministerpräsident Sanchet Guerra im Namen des gesamten Kabinetts seine Demission gegeben. Die Demission des Ministerpräsidenten ist vom König angenommen worden. Der Rücktritt des Ministerpräsidenten erfolgte, da der König einige Mitglieder des Parlaments in die Debatte über die Verantwortung für die Niederlage von Melitta verwickelte. Guerra verlangte die sofortige Unterbrechung der Sitzung, da er sich zum König begeben und seinen Rücktritt anbieten wolle Dabei kam es unter den Abgeordneten und auf den Tribünen zu Tumultszenen.
Der russilch-uai»ernschc hmnvelsvertrag.
Paris, 6. Dez. Eine von der russischen Handelsvertretung in Rom veröffentlichte Erklärung besagt, daß im Verlauf oe> Unterredung zwischen Mussolini und Krassin der italienische Ministerpräsident die dringende Notwendigkeit, einen Handelsvertrag zwischen Italien und Rußland abzuschließen, anerkannt habe. Krassin hat ihm eine Denkschrift hierüber überreicht. Dieses Schriftstück, das von den Russen zusammen mit der italienischen Vertretung in Moskau ausgearbeitet wurde, setzt auseinander, daß Italien zunächst seinen großen Bedarf in Petroleum in den Nasta-Quellen Südrußlands, vor allem in der Ukraine decken könne. Rußland seiners-tts sei in der Lage, im nächsten Jahre bedeutende Mengen von Getreide nach Italien einzuführen.
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen.
Dresden, 6. Dez. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag wurde der bisherige sozialistische Ministerpräsident Buck mit 47 sozialistischen und kommunistischen Stimmen wiedergewählt, während die übrigen 45 Stimmen zum Teil auf einen Deutschnationalen, zum Teil auf einen Volksparteiler entfielen oder unbeschrieben waren. Buck wird die bisherigen Minister von neuem beruf n', so daß also die Landtagswahlen keine Veränderung heroeigeführt haben.
Die angeblichen Vorschläge Poineares.
Rom, 6. Dez. Die Zeitung „Monio" glaubt die Vorschläge, die Poincare in London machen wird, wie folgt umschreiben zu können:
1. Frankreich muh endlichen Zahlungen erhalten. An erster Stelle steht daher eine erste Ausländsanleihe- Deutschlands, die von der deutschen Industrie garantiert werden sott, und 20 Milliarden Goldmark betragen kann. Von diesem Erträgnis will Frankreich 50 Milliarden Papicrfranken erhalten, den Rest dürfte Deutschland für die Markstabilisierung und die Befriedigung der ersten Ansprüche der (wahrscheinlich) amerikanischen Geldgeber verwenden;
2. Frankreich sieht ein, daß Deutschland auch 1923 keine direkten Bezahlungen leisten kann. Es sei daher nicht gegen ein Moratorium für 1923, fordere aber neue Garantien. Das Blatt spricht ausdrücklich von Garantien, nicht von Pfändern und nennt eine solche französische Garantieforderung: die Zolleinkünfte, deren Erträgnis zurückgestellt bleiben soll;
3. Frankreich fordert die Durchführung einer strengen Kontrolle der deutschen Finanzen.
Die Meerengenfrage.
Lansanne, 6. Dez. Die Meerengenkommission trat am Mittwoch zu ihrer 2. Sitzung zusammen. Der amerikanische Vermittlungsvvrschlag wurde durch Lord Curzon dargelegt. Er sieht zwar auch eine Jnternationalisie- rung und Entmilitarisierung der Meerengen vor, die Verwaltung soll einer internationalen Kontrollkommission übertragen werden, deren Präsidium ständig von der Türkei ausgeübt wird. Die Durchfahrt von Handelsschiffen sott vollständig frei sein, die von Kriegsschiffen», besonderen Beschränkungen unterliegen. ,