müssen, daß es — Ehrenpflicht eines Einzelnen ist, für die Erhaltung und Instandsetzung der Gräber seiner Vorfahren zu sorgen; es zeugt von wenig Pietät, wenn einem die Grabtafeln, die Großeltern und Urgroßeltern mit Liebe und Verständnis angefertigt haben, geradezu Wurst sind, und wenn der schönste und dauerndste Grabfchmuck einfach unter dem Wust des Epheus verkommt. Wenn dieser Appell an die Einzelnen nicht genügt, so sollte die Stadt bezw. Kirchhofverwaltung es in die Hand nehmen, hier Ordnung zu schaffen; ich weiß gewiß, daß jedermann überrascht sein wird, wie viel Schönes und Interessantes unter dem Epheu und manch anderen nicht gerade schön zu nennenden Bäumen verborgen ist. Daß die Stadt dazu ein Recht hat, ist mir nicht zweifelhaft. — Ein Drittes ist mir beim Gang durch den neuen Teil des Friedhofs ausgefallen: Neben einzelnen höchst erfreulichen und künstlerisch wertvollen neuen Grabmälern in Stein und Eisen beginnen auf dem neuen Teil schon wieder die geschmack - lose st en Fabrikate sich breit zu machen; in Stein gehauene aufgeschlagene Bücher, schwarz polierte Tafeln und sonstige Dinge, die heutzutage wirklich der Vergangenheit angehören sollen. Wo bleiben da die Früchte der Gewxrbeaus- stellung von neulich? Es wäre eine dankbare Aufgabe der Friedhofverwaltung, ähnlich wie cS in andern Städten ist, eine Art Aufsicht einzuführen, daß nur künstlerisch einwandfreie Grabmäler aufgestellt werden dürfen; sonst läuft die Stadt Gefahr, daß auch das viele Geld, das zum Schmuck des Kirchhofs verwendet worden ist, keine Zinsen trägt, und daß die Reihengräber im neuen Teil wieder ein ähnlich schreckliches Bild geben, wie die im obersten Teil des Kirchhofs. Es wäre auch für Bildhauer, Schlosser und Schreiner eine dankbare Aufgabe, mit Neuem zu kommen und dem Publikum Neuesund Gutes anzubieten, wie es zum Teil schon geschehen ist. Sicher ist es dann auch unmöglich, daß an einem Kreuz ein Perlenkranz hängt, mit der Aufschrift: „Souvenir de la Familie regrets" wie sie auf dem hiesigen Kirchhof zu sehen ist. — Wenn jeder in seinem Teil dazu beiträgt, die Stadtverwaltung, die erfreulich viel Verständnis für ihre Aufgaben am Kirchhof gezeigt hat, die Handwerker, denen ja die Stuttgarter Beratungsstelle soviel Anregung bieten kann, und das Publikum sich vernünftig leiten und beraten läßt, dann muß unser Kirchhof wieder ein Perle der Kirchhöfe von ganz Württemberg werden. L. k?.
8t. Von der Post. Die Postgehilfin Strähler in Calw ist auf ihr Ansuchen nach Hirsau versetzt worden.
Neue Gesetze am 1. Oktober. Ter 1. Oktober bringt wieder eine ganze Anzahl von Gesetzen, Bestimmungen und sonstigen Veränderungen, die für einzelne Erwerbszweige, zum Teil auch für die Allgemeinheit, von Bedeutung sind. Da ist zunächst die Aenderung des Reichs st empelgesetzes, das in der neuen Fassung vom 3. Juli d. Js. Geltung erhielt und in vielen Punkten von den bisherigen Bestimmungen abweicht. Für die Veteranen treten am 1. Oktober günstigere Bestimmungen für den Bezug der Beihilfen in Kraft. Weitgehend sind ferner die Aenderüngen in der Organisation des stehenden Heeres, bei dem die Aufstellung zahlreicher neuer Truppenteile erfolgt, die wieder Aendemngen bei den bereits bestehenden Formationen bedingt. Hierzu gehört auch der großzügige Ausbau des Luftflottenwesens das wesentlich verstärkt und erneut organisiert wird. — Der 1. Oktober hat auch für das deutsche Handwerk eine besondere Bedeutung. An diesem Termin findet die Uebcr- gangszeit ein Ende, die durch das Gesetz vom 30. Mai 1908 über den sogenannten kleinen Befähigungsnachweis für eine gewisse Klasse von Handwerkern hinsichtlich der Ablegung der Meisterprüfung festgesetzt worden ist. Das Gesetz, das die Befugnis zur Ausbildung von Lehrlingen nur denjenigen Handwerkern gibt, die die Meisterprüfung bestanden haben, läßt
Das Anglückshaus.
4.) Roman Georg Türk.
Sie kamen an die Brücke, die über den Fluß führt, der träge an Erlenstadts Mauer vorüberfließt, und an das Tor, das aussieht wie ein aufgesperrter Rachen. Die zwei kleinen Fenster darüber schauen herunter wie zwei Augen und das rundliche, nach oben sich zuspitzende rote Dach sitzt auf dem Ganzen wie einü' Zipfelmütze. Eigentlich sollte sich dahinter noch ein hoher Turm erheben. Der war aber baufällig geworden und mußte deshalb abgebrochen werden. Sie traten durch das Tor und schritten durch die Hauptstraße. Zur Rechten und Linken standen die Giebelhäuser, eines immer ein wenig über das andere hervorragend, gleich als wären sie neugierig zu sehen, wer da durchs Stadttor hereinkäme.
Sie schritten über das holperige Pflaster und traten in manche gewaltige Regenpfütze. Es war ein ungemütliches Laufen und Hans Ringer war froh, als sein Begleiter endlich vor einem hohen zweistöckigen Haus stehen blieb und sagte: „Hier wohne ich! Vi8- ä-vi8 mein Herr Kollege, ein alter, würdiger Herr!"
Hans Ringer sah an Meinharts Behausung hinauf und sagte: „Groß genug für einen Einsiedler! Oder gedenkst du vielleicht bald zu heiraten?"
„Bewahre! So weit bin ich — fast hätt' ich gesagt: Gott sei Dank — noch nicht! — Zm übrigen aber: Lave Lauern!"
Die Mahnung „Vor dem Hunde wird gewarnt" war wohl am Platz. Denn kaum hatte der Pfarrer die Haustüre geöffnet, als ein häßlicher Köter, eine
als Ausnahme nur die Fälle gelten, in denen die Meisterprüfung in einem anderen Gewerbe abgelegt ist und in denen die Witwe oder die Erben den Betrieb als Gewerbetreibende weiterführen. Das Gesetz brachte aber gleichzeitig Uebergangs- bestimmungen, durch die vermieden werden sollte, daß die sofortige strenge Auslegung seiner Bestimmungen als hart empfunden werden sollte. Es wurde eine Frist von fünf Jahren festgesetzt, für diejenigen Handwerker, die nach dem früheren Gebrauch in gewissen Handwerkszweigen die Gesellenprüfung nicht abgelegt hatten. Innerhalb dieser fünf Jahre sollten für solche Handwerker die Bestimmungen des Gesetzes zur Zulassung zur Meisterprüfung von dem Bestehen einer Gesellenprüfung abhängig gemacht werden. Der Schluß von dieser Uebeigangszeit ist der l. Oktober 1913.
Vortrag. Die Herrnhuter Brüdergemeinde treibt seit alter Zeit ein Evangelisationswerk in Böhmen. Es wird gewiß manchem von Interesse sein, von einem mitten in dieser Arbeit stehenden Manne Näheres darüber zu hören. — Wir machen daher auch an dieser Stelle auf den Vortrag aufmerksam, den Pfarrer Schiller von Gablonz am Freitag Abend im Vereinshaus halten wird.
8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Donnerstag und Freitag ist mehrfach bedecktes, veränderliches Wetter zu erwarten.
)! ( Stammheim, 30. Sept. Vorgestern abend fand sich der hiesige Gesangverein „Liederkranz" zu einem Ständchen vor unserem Schulhaus ein. Galt es doch, seinem langjährigen verdienten Dirigenten, Hauptl. Letsch, einen letzten Abschied^gruß aus sangesfrohen Kehlen darzubringen. Es folgte die Abschiedsfeier im Gasthaus zum „Rößle", wobei die Stammheimer Einwohnerschaft, namentlich der Gesang- und Militär-Verein, sowie die bürgerlichen Kollegien durch ihr zahlreiches Erscheinen bewies, wie beliebt Herr Letsch hier war. Herr Schultheiß Rauserhob das große Verdienst des Scheidenden hervor, das dieser sich in 6jähr. treuer und unermüdlicher Arbeit als Lehrer erworben hat. Sodann erinnerte er an die ausgedehnte Wirksamkeit, die Herr Letsch in selbstloser und bescheidener Weise außerhalb seines Berufs entfaltet hat besonders als Vorstand des homöopathischen Vereins, des Gesangvereins, sowie als Gauvorstand, außerdem als Vorstand des Verschönerungsvereins, als Leiter der gewerblichen Zeichenschule und als Bibliothekar der Ortsbibliothek. In gemütvoller, herzlicher Stimmung verlief der Abend, verschönt hauptsächlich durch wohlgelungene Gesangsvorträge. Alle Redner gaben dem Gefühl des Bedauerns darüber, daß Herr Letsch uns verläßt, lebhaften Ausdruck. Herr Letsch selbst dankte in bewegten, zu Herzen gehenden Worten, die deutlich fühlen ließen, wie eng er und seine Familie mit den Stammheimern verbunden war. Sie lassen ihn nur ungern ziehen; unser Dank und unsere herzlichsten Wünsche begleiten ihn in seinen neuen schönen Wirkungskreis; uns wird er in lieber Erinnerung bleiben, und wir werden ihm und seiner Familie ein treues Andenken bewahren.
Nagold, 1. Okt. Gestern abend 10 Uhr entgleiste auf der Station Berneck der schmalspurigen Nebenbahn nach Altensteig aus noch nicht aufgeklärter Ursache die Lokomotive und der Gepäckwagen des Personenzugs 1ö. Personen wurden nicht verletzt. Der Materialschaden ist unbedeutend.
Württemberg.
Die württembergischen Manöver.
Nun sind auch die Manöver des XIII. swürttbg.) Armeekorps zu Ende, die sich im Raume zwischen Heilbronn und Crailsheim, nördlich der Waldenburger und Limpurger Berge, abspielten. Die tiefeingerissenen Täler des Kochers und der Jagst, die das Gelände durch-!
Bulldogge mit doppelter Nase, herausrannte, mit der unverkennbaren Absicht, sich auf den Fremden zu stürzen. Aber Meinhart hatte bereits das Tier am Halsband ersaßt und gab ihm folgende Ermahnung: „Dem da" — er deutete auf Hans Ringer — „darfst du nichts tun!" Du mußt ein braver Hund sein! Merk dir das, Scholli!"
„Wie? Was? Scho l li heißt diese Bestie? Das ist ja der reinste Hohn!"
„Wenn du nicht merkst, daß dieser Hund schön ist, hast du eben keinen Geschmack!"
„Eine Freude werden die Leute, die zu dir kommen, an ihm kaum haben!" meinte Ringer.
„O!" tröstete der Pfarrer. „Für gewöhnlich trägt er einen Beißkorb!"
Sie traten ins Haus und stiegen die Treppen empor. Knurrend und noch nicht ganz zufrieden folgte Scholli, der Pfarrershund.
Der Pfarrer hatte natürlich nur die nötigen Räume in dem großen Haufe eingerichtet. Er führte seinen Gast ins Studierzimmer und nahm ihm den nassen Mantel und den tropfenden Schirm ab. Gern vertauschte Ringer auch seine durchweichten Stiefel mit großen Filzpantoffeln.
Hans Ringer sah sich in dem behaglich warmen Zimmer um. Von der Wand grüßten fromme und weltliche Bilder, über dem Schreibtisch hing ein großes hölzernes Kruzifix. Die Möbel stammten aus der Väter Tagen. Sie waren aus schwerem Holz, und die Bezüge der Stühle waren längst verblaßt. Das Sofa, auf dem sich Hans Ringer niederließ, hatte vielleicht Meinharts Großmutter einst mit in die Ehe gebracht.
schneiden, waren für die Truppen, namentlich aber für die Artillerie, eine vortreffliche Schule. Das Wetter hielt sich, abgesehen von einigen Regentagen, im ganzen gut. Doch sah sich die Manöverleitung wegen der kühlen Nächte veranlaßt, anstelle der Biwaks sogenannte Ortsbiwaks treten zu lassen, bei denen die Truppen nach dem im Freien erfolgten Abkochen in Scheunen untergebracht werden. Die Quartiere wurden durchweg gelobt. nur war eine schwache Belegungsfähigkeit der einzelnen Ortschaften festzustellen. Die Folgen davon waren eine größere Weiträumigkeit der Unterbringung und weite An- und Abmärsche. Die heurigen Manöver brachten verschiedene Neuerungen. In erster Linie ist die durchgängige Verwendung der feldgrauen Uniformen zu erwähnen, die sich nach der Seite der verringerten Fernsichtwirkung größerer Truppenkörper vorzüglich bewährte. Doch wurde über ihre geringere Haltbarkeit gegenüber dem farbigen Tuch, über ihr baldiges Unansehnlichwerden und über die verminderte Möglichkeit der Unterscheidung der einzelnen Waffengattungen und Truppenverbände geklagt. In letzterer Beziehung behalf man sich teilweise dadurch, daß man für einzelne Bataillone die alten schwarzen Hosen beibehalten hatte. Recht kriegsmäßig, und wie festgestellt werden konnte, von belebendem Einfluß auf die fechtenden Truppen war die Herbeiziehung der Re - gimentskapellen zu den Gefechten. Das Vorgehen zum Angriff begleitete die Musik immer mit einem anfeuernden Marsch. Weniger freudig als bei den Truppen wurde diese Neuerung von den Musikkapellen selbst begrüßt. Sie verlangt von ihnen vieles Marschieren und hat, dem Vernehmen nach, bereits Anlaß gegeben, daß viele Musiker ihre Kündigung eingereicht haben. Die Folge wird wohl die sein, daß unsere auf hoher Stufe stehenden Militärkapellen an ihrer künstlerischen Qualität Einbuße erleiden. Erstmals iahen die württembergischen Manöver Heuer auch Militärflieger zur Aufklärung herangezogen. Leider verhinderten aber die fast täglich auftretenden starken Nebel oder heftigen Winde die Flieger an einer ausgedehnteren Mitarbeit. Anwesend und beim Bahnhof Waldenburg stationiert waren 4 Flugzeuge 3 Tauben und 1 Albatroß-Zweidecker), sowie 9 Offiziere der Fliegerabteilung in Metz. Eine besondere Ueberraschung hatte die Manöverleitung für die Korpsmanöver vorgesehen. Unter Veiziehung der beiden Saarburger gelben Ulanenregimenter, der Hagenauer Dragoner, der beiden württembergischen Dragonerregimenter, einer Abteilung reitender Artillerie, Jäger zu Rad und verschiedener Nebentruppen hatte sie eine Kavalleriedivision gebildet und es verstanden, ihre Zusammensetzung und ihre Parteizugehörigkeit in unbestimmtes Dunkel zu hüllen. Dadurch und durch Zurückbehaltung von Reservetruppen zu freier Verfügung sind den Führern manche Ueberraschungen bereitet worden, denen aber die Eigenschaft einer vortrefflichen Schulung im Ernstfall nicht abgesprochen werden kann. Ueberhaupt war es das sichtliche Bestreben des neuen Kommandierenden Generals v. Fabeck, bei allen Maßnahmen nach Möglichkeit die Kriegsmäßigkeit zu wahren und von Führern wie Geführten ein völlig kriegsmäßiges Verhalten im Gefecht zu fordern. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß der Gesundheitszustand der Truppen während der Manöver ausgezeichnet blieb, gleichwie ihre Stimmung trotz manchmal lange ausgedehnter Hebungen und vieler Geländeschwierigkeiten im ganzen § vortrefflich war.
Auf dem Büchergestell standen feierlich-ernst nebeneinander die Werke bedeutender Theologen; doch fehlten auch die Klassiker nicht. Auch waren dicke, schweinslederne Bände zu sehen; sicherlich Schätze aus dem Archiv der Stadt Erlenstadt. Daneben hing ein Pfeifenbrett mit Pfeifen daran, geziert mit studentischen Zirkeln und Wappen.
Hans Ringer lehnte sich auf dem Sofa behaglich zurück und sagte: „So, hier ist es gemütlich und man kann ein vernünftiges Wort miteinander reden. Vor allem danke ich dir, daß du mich abgeholt und einstweilen hier geborgen hast. Es kommt mir freilich fast wie ein Frevel vor, daß ich, das Weltkind, in diesen heiligen Hallen weile. Sieh, wie der heilige Thomasius von deinem Bücherbrett mich anschaut! Doch du runzelst die Stirne! Also von was anderem! Hast du schon eine Wohnung für mich ausfindig gemacht?"
„Leider ist die Auswahl hier nicht groß. Ich habe da und dort gefragt. Aber nur drei Häuser habe ich finden können, wo möblierte Zimmer zu vermieten sind. Ich bin eben selber noch wenig bekannt, llebrigens, da fällt mir gerade ein: Vorm Westtor draußen steht ein Haus, ein altes, graues Haus. Ich bin schon manchmal daran vorbeigegangen, und habe mir gedacht: Da möcht ich auch drin wohnen! Aber ich weiß nicht einmal, wem es gehört, geschweige denn, ob dort ein Zimmer zu haben wäre. Nun, wir werden schon was finden. Morgen nach der Kirche —"
Hans Ringer unterbrach ihn. „Ja so! Morgen ist Sonntag. Wenn du vielleicht deine Predigt —"
(Fortsetzung folgt.)