Lmtsblatt für den Bezirk Nagold und für AUsnsteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für dis Bezirke Nagold, Lalw und Freuden st«dt

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Nr. 837

Alteufteig. Dienstag den 10. Oktober

Jahrgang

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Jugend und Politik.

Politisierung der Jugend in Schule ud Jügen^ün- den wird heute in weiten Kreisen geford., " ,>.egie- rungsseite erfordert man die Erziehung zu Staatsgesin- nung, meint aber die Erziehung zum Republikaner. Won den Rechtsparteien fordert man die politische Bildung, die bekanntlich dem Deutschen fehlt, verrät aber den Par­teipolitischen Rekrutenfang. In Zentrinnskreisen und auf der linken Seite hat man mit feiner Beobachtungsgabe das Verlangen der Jugend nach Betätigung d-'rJugend-- krast" und von Turnen, Sport und Wandern erkannt, befriedigt ihn. benutzt ihn geschickt und wirbt sich so eben­falls den nötigen Parteinachwuchs. Also überall dasselbe, nicht Politisierung, sondern Parteipolitisierung der un­mündigen Jugend, Spaltung des Volkes bis auf den Kinderspielplatz und bis zur Milchflasche. Wenn sich aber parteipolitisch neutrale, aber nationale Jugend-, Sport- und Turnbünde austun, die den Gedanken der Jugend- und Volksgemeinschaft auf vaterländischer und sozialer Grundlage erstreben, die chie Jugend aller deutschen Stände und Volksklassen aufnchmcn, dann werden sie von allen Seiten bekämpft, von den einen, weil sie National­gefühl und deutsches Volksgefühl betonen, von den ande­ren, weil sie es ablehnen, für die noch lange nicht Wahl- mündigen das Festlegen auf das Parteiprogramm zu for­dern

Zunächst darf man nicht Staat und jetzige Staatsform in einen Topf werfen. Letztere ist rein parteipolitisch, denn sie wird von weiten Kreisen bekämpft und hat sich noch nicht in Deutschland bewährt. Die Erziehung der Jugend zum Republikaner führt zur theoretischen Verherrlichung einer noch nicht eingebürgerten und eroberten Staats­form, stößt viele Jugendliche vor den Kopf und macht ihnen die deutsche Geschichte schlecht, auf die sie stolz sein können, die ihnen Vorbilder geben, aus der sie lernen sollen. Wie kann man der Jugend z. B. beibringcn, daß das deutsche Volk stets allein durch innere Zwie­tracht von der Höhe tief herabgesunken ist, wenn man in ihr und ihrem Herzen selbst die Zwietracht sät. Tie Er­ziehung zum Staatsbürger geschaht dadurch, daß man Un­terordnung unter die Obrigkeit verlanghob sie einem gefällt oder nicht, das Vaterland unter allen Umständen über die Partei stellt, der Jugend beibringt, daß der deutsche Staat das einzige Staatsgefüge ist, der den Namen eines Volksstaates nicht verdient, weil Millionen deutscher Volksgenossen von ihm ausgeschlossen sind. Tie unbedingte Zusammengehörigkeit vom deutschen Volk und deutschen Staat ist die Grundlage deutscher staats­bürgerlicher Erziehung. Hierfür Verständnis beizubrin­gen, ist selbstverständlich und weit wichtiger als für die noch nicht Urteilsfähigen eine theoretische Erziehung zu der jetzigen Staatsform. Tenn die Staatsform ist etwas äußerliches, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, während der deutsche Vvlksstaat innere Ewigkeitswerte hat wenn wir überhaupt das höchste staatliche Ideal nicht ver­gessen, ein freies und in einem Staat geeintes Volk zu sein.

Das dient nicht nur der staatsbürgerlichen Erziehung, sondern auch der Erziehung zum politischen Denken, Füh­len und Handeln. Innenpolitisch denken wir Deutsche ja schon lange. Tie Süddeutschen sind stolz darauf, feit fast 100 Jahren ein Verfassungsleben zu haben, und das Deutsche Reich hat feit seiner Wiedergeburt das'freieste aller Wahlrechte. Aber gerade Baden und Württemberg, die viele große Leute hervorgebracht Haben, sind ein Be­weis dafür, daß ihre Politiker durch ihr lOOOjähriges Verfassungsleben bis auf den heutigen Tag nur inner­politisch gerichtet sind, weil gerade ihnen der Horizont eines großes Staates und damit das Gefühl für Macht- Politik fehlt. Im engern Kreis verengert sich der Sinn. Leider hat das größere Preußen in den letzten Jahrzehn­ten auch keinen großen Staatsmann hervorgebracht, doch fast allle bedeutenden deutschen Staatsmänner der beiden letzten Jahrhunderte haben auf preußischem Boden gewirkt.

Was uns fehlt, ist nicht die innenpolitische, sondern die außenpolitisch e Bildung. Diese kann aber nur durch vertieften Geschichtsunterricht, durch Beschäftigung wit den großen Staatsmännern aller Zeiten und Völkern gewonnen werden. Ferner ist genaue Kenntnis unserer deut­schen. Geschichte und deutschen Eigenart, aber auch die die Kenntnis der anderen Staaten und Völker nötig, öer Franzosen und Engländer ebenso wie der Tschechen «nd Polen, weil sie uns den Staat aller Deutschen nicht «rönnen. Menschen- und Völkerkenutnis und Menschen-

, und Völkerbehandlung sind dre Grunomgen für politische -Reife, sowie Verständnis dafür, daß Staat und Politik Machtfragen sind.

Wer vielleicht das Allerwichtigste ist die Erziehung zur deutschen Eintracht, Einheit und damit Kraft. Gerade ! hierin sollen wir von unseren Feinden lernen, von den - Polen, die in allen Parteien in Ists Jahrhunderten langer Knechtschaft di? Hoffnung auf den freien polnischen Staat nicht verloren, von den Franzosen, die vier Jahre , den Feind im Lande hatten, durchhielten und nun durch , ihre Machtpolitik die an die Wand drücken, mit deren < Hilfe sie allein Sieger wurden; und an die Engländer, ! deren Grundsatz ist:'Recht oder Unrecht, mein Vater- l land".

! Tie politische Erziehung in Schulen und Jugendbün- I den darf also außenpolitisch sein, sie muß Teut- j sehe aber nicht Parteipolitiker erziehen, und sie ist Ver- k brechen am Vaterlande, wenn sie Jugendbünde verfolgt, die Ideales, Großes, Deutsches und Starkes erstreben, nur weil sie nicht genau auf demselben Boden stehen. Kampf gegen alle Eigenbrödelei und Zwietracht, freie ! Bahn dem Grundsatz: Gedenke, daßTueinDeut- s scher bist!

gez. General Graf von der Goltz.

Anmerkung: Vorstehende Ausführungen des be­kannten Jungdeutschlandführers, die uns von geschätzter Leihe zugingen, treffen das Richtige, sofern es sich um die schulpflichtige Jugend handelt. Sie soll von der Var- teipolitik feruaelialten werden.

Gegen die Schuld Deutschlands.

Im April dieses Ja^ees fand in Peking eine Kon­ferenz des .. undes christlicher Studentenvereini­gungen" statt. Als Vertreter derDeutschen Christ­lichen Stube neuvereinigung" nahm u. a. der frühere Reichskanzler Georg Michaelis teil. Er erbat sich das Wort, um über die angebliche Kriegsschuld Deutschlands zu sprechen und führte u. a. folgendes aus:

Ich habe in - ^sprächen und in Gesprächen im geschlossenen Kreise viel über die klaren Tatsachen gesprochen, die beweisen, daß die Anschuldigung, Deutschland habe in jahrelanger geheimer Arbeit den Weltkrieg geplant und vorbereitet, unwahr ist. Ich werde jedem einzelnen von Ihnen aus Deutschland die Unterlagen schriftlich zustellen. Heute will ich nur eines hervorheben, für das ich mit meiner eigenen Person und Amtserfahrung einstehen kann, und weil es ganz klar beweist, daß Deutschland sich nicht aus den Krieg vorbereitet hat.

Sie wollen bedenken: wir hatten fast ein halbes Jahrhundert Frieden! Welcher andere Staat kann das von sich sagen? Wenn wir in dieser langen Friedens­zeit den Weltkrieg im geheimenen gerüstet hätten, was hätten wir dann zuerst getan? Wir hätten uns dann mit Lebensmitteln versorgt. Das deutsche Volk von annähernd 70 Millionen Menschen konnte sich schon vor dem Krieg nicht selbst ernähren; wir mußten zwei Millionen Tonnen Brot- und über 5 Millionen Tonnen Futtergetreide kaufen. Sie erinnern sich, daß die Kriegsfackel ju den letzten Tagen des Juli 1914 überraschend aufleuchtete. In den letzten Tagen des Juli telegraphierten die Oberpräsidenten der Industrie­gebiete Rheinland und Westfalen an die Ministerien in Berlin: wenn wirklich Krieg käme, würden ihre Industriearbeiter in kurzer Zeit nichts zu es­sen haben. Tie alte Ernte sei aufgezehrt, die neue noch nicht mahlfähig. In den Lagern sei nichts mehr. Das einzige, was kaufbar sei, seien einige Kähne aus dem Rhein, die mit Getreide nach Holland gehen sollten. Tie Ooem^ästdenten fragten, ob sie diese Kähne festhalten und kaufen könnten. Ich bin selbst nach Hannover geschickt worden (ich war damals Unter­staatssekretär im Finanzministerium), um den Kauf des Getreides zu veranlassen. Es waren noch nicht 2000 Tonnen, der deutsche Bedarf für noch nicht einen Tag. Das war das für den Weltkrieg vorbereitete Deutschland!"

Michaelis wies dann noch auf das Elend der Hungerblockade hin. Tie Wirkung seiner Worte war stark. Tie Bertn-wr Englands, Japans, Austra­liens, Neuseelands, Amerikas und selbst Frankreichs rückten entschieden von dem Versailler Frieden ab undwaren dahin einig, daß es ihre ernste Pflicht sei, der Wahrheit zu dienen und ihrer Stimme unbedrngt Gehör zu verschaffen". , ^

Hinter der Konferenz stehen 500 000 bis 1000 000 Studenten aller Länder. Das ist zwar nur eine kleine Minderbeit. oder, wie Bros. K. Seim, ein anderer

deutscher Teilnehmer an ver Konferenz, sich ausdrückne. eine schmale Brücke über den Abgrund, der die Völler trennt."Aber," so fährt er fort,auch eine schmale Brücke ist noch immer eine Brücke."

Es ist eine Ehren-f icht Deutschlands, mühevolle und harte Kleinarbeit in der Verbreitung der Wahrheit über die Kriegsschuldfrage nicht zu scheuen.

Die Last der Besatzungskosten.

Die Broschüre der Repa. ' unskommission über die bisherigen Zahlungen Deutschlands ergibt ein Bild der Kosten für die Besatzungstruppen. Die Besatzungs­kosten setzen sich aus zwei Posten zusammen: 1. aus den Auslagen, die die alliierten Länder bisher leisteten und die Deutschland bisher zurü^-wstattete, 2. aus oen Auslagen, die Deutschland direkt bezahlte (und zwar für Einquartierungen der Truppen Requisitionen, Transporte usw.).

Tie Auslagen der zweiten Kategorie sind in Papier­mark angegeben und von der Re, : ?ationskommission in Goldmark umgerechnet worden, die Auslagen der ersten Kalorie wurden ursprünglich in den Wäh­rungen der alliierten Ländern angegeben und in Gold­mark zum mittleren Kurse während je drei Monaten umgerechnet. Tie Besatzungskosten betrugen vom 11. November 1918 bis 30. April 1921: für England 991 097 000 Goldmark

für Fran r.ich 1 275 588 000 Goldmark

für Italien 10 052 000 Goldmark

für Belgien 194 599 000 Goldmark

für die Ve.?in. Staaten (mit Ausnahme der Papiermark,

die sie direkt erhielten) 1 010 614 000 Go^dmark zrch .men: o -^,1 ^-ruvmarl

vom 1. Mai 1921 bis 30. April 1922: für England 24 006 000 Goldmark

für Frankreich 224 472 000 Goldmark

kür Belgien 41138 000 Goldmark

für die Verein. Staaten (mit Ausnahme der in Papier­mark bezahlten Beträge) 561 60 000 Goldmark

zusammen: 345 ,<^00 ^owmarr

Die Gesamtsumme für die Besatzungskosten vom November 1918 bis zum 30. April 1922 beträgt dem­nach 3 827 726 000 Goldmark, also eine Papiermark­summe selbst bei niedrigstem Kurs von schwin­delhafter Höhe, eine Ausgabe vornehmlich für den französischen Militarismus!

Tie Reparationskommission veröffentlicht eine Er­klärung, worin darauf hingewiesen wird, daß tue von der Kommission veröffentlichten Tabellen über die von Deutschland geleisteten Zahlungen keine vollständige Darstellung der von Deutschland geleisteten Zahlungen enthielten. So seien über 2.1 Milliarden aus Requisitions- und Ausgleichszah­lungen nicht aufgeführt, ebenso sei in der Ta­belle keine Abschätzung des Wertes des Staatseigen­tums von Oberschlesien gegeben, das an Polen ab­getreten und eventuell Deutschland gutzuschreiben sei.

Neues vom Tage.

Ein neues Sachlicfcrungsabkomrnen.

München, 9. Okt. TerDeutsche Jndustrieverband" (Sitz München) hat mit großen französischen Wieder­aufbaugruppen zur Durchführung eines Lieferungs­abkommens Verhandlungen eingeleitet, die vor dem Abschluß sieben, "^as Abkommen unterscheidet sich von anderen durch besonders bindende Vereinbarungen, die sich auf Rohstofflieferungen an die liefernde Jndustr-e und auf die Finanzierung beziehen. Das Abkommen, das in erster Linie für die süddeutsche Industrie un­mittelbare Auftragserteilung sichert, bietet hierin be­sondere Vorteile. Zunächst sind sofort bedeutende Auf­träge an die Bauindustrie und verwandte Unterneh­mungen zu vergeben. Es kommen in der Folge aber auch alle anderen Industriezweige in Frage. Sie für die Ausfuhr leistungsfähig sind.

Für die Arbeitsgemeinschaft.

Elberfeld, 9. Okt. Seit Sonntag findet hier der der Reichsparteitag d<u Deutschen demokrati­schen Partei unter zahlreicher Beteiligung aus ganz Deutschland statt. Der Partei-Ausschuß hat mit großer Mehrheit folgende Entschließung des Partcivorstandes angenommen:Ter Parteitag erwartet von der Ar­beitsgemeinschaft, daß sie dazu beiträgt, alle gemeinsamer Arbeit zusammenzufassen. Er nimmt als auf dem Boden der Republik stehenden Kräfte zv selbstverständlich an, daß diese Arbeitsgemeinschaft die Selb^ändiakeit der Vartei und die Aufrechterhal-