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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Sta-t. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw und Freudenstadt

Rr» »n mw» d« '-rresrn frei tuS HauS monatlich 60 Mark I R»«i»e»»reir, Die Ispaltte« ZNl« ck>« deren Rau« 5 M., tzi, ReNamezrüe 18 Mk. Msdestbetr«P

,i MHtrrschr<««r der Lettvoz i»?»ll'SS-««r Gemalt Ä>ek Vetrie!Mör««G d^r«-tceKl«nsvrach au? litereruu,. ! eine« LustrasI 10 Mk. »ei M^ertÄun-ea Rabatt. Aet Aa-lmr,Sv«M- ist »er Rabatt hmfilli«,

Rr. ros.

Altensteig, Montag den 4. September.

Jahrgang ivrr

An unsere Leser!

Die Lage im ZeitungSgewerbr ist eine sehr ernste ge­worden. Infolge der geradezu katastrophalen Geldentwertung Mn die Rohstoffe, Arbeitslöhne und Gehälter, Frachten etc. eine solch gewaltige Erhöhung erfahren, daß wir ge- zwangen find, den Bezugspreis unserer Zeitung für den Monat Veptemvrr auf 60 Mark festzusetzen.

Wir habenden seitherige« Bezugspreis unserer Zeitung schon vor 3 Monaten festgesetzt und unsere Lrfer wissen, wie sich die Seldverhältniffe inzwischen entwickelt haben.

Wir verzichte» trotzdem auf eine Nachbezahluug für die beiden verflossenen Monate Jnli »»» «»gnst, müssen aber bei denjenigen Lesern, die vierteljährlich ooraukbezahlt haben, für den laufenden Monat September 80 Mark per Exemplar zum Einzug bringen, um wenigstens im Septem­ber einigermaßen auf unsere Rechnung zu kommen.

Wir haben das Vertrauen zu allen unfern Lesern, daß sie unter Würdigung der entstandenen Notlage im ZeitungS- gewerbe trotz der notwendig gewordenen Aufschlags treu zu »nsererZeitung stehen, denn nur dann kann sie sich behaupten.

Beklag der Schwarzwalber T»reSzrit«»r AuS de« La««r»*.

Das abselehnte Etundungsgüuch.

Tie Reparationskommission hat das deutsche Stnn- tnmgsgesuch abgelehnt. Sie umschreibt zwar diese Ableh­nung durch die Ankündigung, daß die Beschlußfassung über das eingcreichte Gesuch bis zu einem Zeitpunktver­schoben" werden soll, wo die Reparationskommission ei- ? nm durchgreifenden Reformentwurf für die Finanzen ! Teutschlands fertiggestcllt haben wird. Und sie erklärt ! sich bereit, um Zeit für die Ausarbeitung dieses Reform- vlanes zu gewinnen, anstelle der vom 15. August bis zum l5. Dezember fälligen vier Barzahlungsraten deutsche Schatzbonds anzunehmen, die binnen 6 Monaten in Gold zahlbar und mit Garantien versehen sein sollen, über die Deutschland mit Belgien zu verhandeln haben wird. Wir sehen aber in dieser aus Verlegenheiten innerhalb der Entente geborenen Lösung eben doch nur eine Um­schreibung der Ablehnung des deutschen Moratoriumsge­suches. Tenn wer kann uns heute sagen, daß wir eine ! Finanzreform", die ausgerechnet der Reparationsaus- ! schuß wir nennen ihn wohl richtiger den Aussaugungs- ! ausschuß für Deutschland gestalten soll, überhaupt je- - mals annehmen können, ohne uns vollständig dem feind- j lichen Kapital a uszuliesern? Und wer kennt die Garantien, ^ die Belgien für Schatzbonds von einem Deutschland for- j dem wird, das die Reparationskommission selbst in ihrem ! gestrigen Bescheid als ein Reich bezeichnet,das sowohl - jeden inneren wie äußeren Kredit verloren hat"? Tie i Rcparationskommission deutet selbst an, Deutschland werde j die Schaßbonds eventuell durch ein Golddepot in einer ausländischen Belgien genehmen Bank sicherstellen müssen j Bon unserer letzten Goldreserve dürfen wir aber selbst- ' verständlich nichts hergeben. Das wurde deutscherseits erst vor wenigen Tagen betont und bei dieser Weigerung müssen wir auch bleiben. Tie Reichsbank ist ein autono­mes Institut, wie es die Entente ja selbst wollte, und svird als solches sich gewiß außerstande erklären, aus ihrem Goldsands Summen in einer ausländischen Bant als Sicherheit für Zahlungen zu deponieren, von denen das bankrotte Deutschland anerkannt hat, daß es sie nicht irrsten könne! Tie Zumutung ist, wie wir schon her- vorhoben, um so ungeheuerlicher, als die Reparations­kommission jetzt endlich selbst die völlige Kreditunfähigkeit Deutschlands öffentlich bestätigt.

Vom Standpunkt der Finanzwirtschaft ist es ganz un­möglich, einer solchen Verlängerung der Reparationskrise das Wort zu reden. Wäre die Reparationskommission das, was sie sein sollte, ein unparteiischer höchster Appell- M in dem durch! den Versailler Vertrag beraufbeschwore- uen Konkursverfahren, sv würde sie natüri'H nie die Ver­antwortung für ein solches unglaublich I rchtfertiges, ja KewissenlMs Gebaren auf sich! nehmen können, wie es aus Ar hier vorgeschlagenen Verkleisterung einer offenen rounde spricht. Nur um klaren Feststellungen und Ent­stellungen und Entscheidungen aus dem Wege zu gehen.

wird Sie allgemeine Unsicherheit verlängert und Deutsch­land weiter auf die Folter gespannt. Wir müssen uns Wundern, daß der englische Vertreter Bradbury, der' allerdings bei der Abstimmung über das Moratoriums­gesuch als einziger dafür stimmte Frankreich und Bel­gien stimmten dagegen, Italien enthielt sich der Abstim­mung, schließlich diesem unverantwortlichen Kompro­miß doch zugestimmt hat. Denn aus Dubois Erläute­rungen zu den Beschlüssen der Kommission erfahren wir, daß sie nach der Ablehnung des Bradburyschen Vorschlags, ein bedingungsloses Moratorium wenigstens iür das Jahr 1922 zu gewähren, ihren Bescheid einstimmig faßte.

Rein politisch betrachtet wäre es für Deutschland ebenso unheilvoll, der Pariser Entschließung zuzustimmen, wie es wirtschaftlich verhängnisvoll wäre. Die Be­lastung des deutschen Volkes erführe durch ein Eingehen auf-tWe Vorschläge der Reparationskommission nicht die geringste Erleichterung, die Verschuldung nähme infolge der Ausgabe von Schatzbonds unter Goldgarantie, die Belgien sogar weiter diskontieren will, enorm "i und mit ihr die Verelendung der Massen, die allgemeine Unruhe und Verzweiflung. Wir haben in den lettzen Monaten viel vom Schutze der Republik gehört und sogar Gesetze zu ihrem Schirm erlassen. Will man das deutsche Volk wirklich schützen, so gibt es aus die neuen Anträge, die von Paris kommen, nur eine ehrliche und wahrheitsgetreue Antwort. Sie lautet: unmöglich! (M. N-N.)

Richtlinien für die Mitwirkung der Schulen und Hochschulen zum Schutze der Republik.

Von zuständiger Seite wird mitgeteilt:

Im Hinblick aus die durch die Bluttat vom 24. Juni ds. Js. geschaffene innere Lage und auf die furchtbare Verwirrung aller politischen und sittlichen Begriffe auch bei einem Teile der die Schulen und Hochschulen besuchen­den Jugend sind bekanntlich auch die deutschen Unterrichts­verwaltungen am 19. Juli im Reichsministerium des In­nern zu emer Besprechung zusammengetreten und haben sich dabei aus die Ausstellung und Veröffentlichung be­stimmter Richtlinien für die Mitwirkung der Schulen und Hochschulen zum Schutze der Republik geeinigt. Diese Richtlinien, die von einem Teil der Presse auszugsweise bereits mitgeteilt worden sind, werden nun auch vom württ. Kultministerium in der nächsten Nummer seines Amtsblattes den ihm unterstellten Schulen und Anstalten zur Nachachtung bekanntgegeben.

Der erste Teil -der Richtlinien besaßt sich mit den drän­genden Aufgaben der Unterrichtsverwaltungeu auf dem Gebiete der staatsbürgerlichen Erziehung; Schaffung neuer Geschichtslehrbücher mit Einstellung aus das Wesen und drs Aufgaben des Volksstaates und knapper Darstellung der Geschichte der letzten Jahre aus aktenmäßiger Grund­lage sowie entsprechende Zusammenstellung der Schüler­büchereien; Ausnahme des staatsbürgerlichen Unterrichts nach Art. 148 der Reichsversassung in die Lehrpläne aller

Schulen und Schaffung brauchbarer Lehrbücher dafür; Anpassung der Lehrpläne an die neuen Aufgaben der staatsbürgerlichen Erziehung und der Gemeinschaftsbil­dung ^ durch den Grundsatz des Arbeitsunterrichts; aus­reichende staatsbürgerliche Durchbildung und Fortbildung der Lehrer aller Schulgattungen unter Schaffung der ent­sprechenden Einrichtungen besonders auch an den Hoch­schulen; Einsetzung eines Tauerausschusses beim Reichs­ministerium des Innern zum Zweck der Beratung und An­regung. Ter zweite Teil weist die Lehrer auf ihre beson­deren Pflichten als Jugenderzieher und als Beamte eines republikanischen Staatswesens hin, die bei Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit nicht bloß jede Herabsetzung der geltenden Staatssorm oder der verfassungsmäßigen Regierungen des Reichs oder der Länder zu vermeiden, sondern auch positiv die Jugend für die Mitarbeit am Volksstaat heranzubilden, zur Mitverantwortung und zur Staatsgesinnung zu erziehen haben. Dabei ist jede Partei­politik gleichviel welcher Richtung von der Schule sernzu- halten; die Teilnahme der Schüler an Vereinigungen, deren Absichten den staatsbürgerlichen Aufgaben der Schule zuwiderlausen, ist verboten. Endlich- hat auch das Aeußere der Schule, z. B. der Wandschmuck der Schulräume, die Gestaltung der Schulfeiern, die Art der Verteilung der Schulausgaben der Reichsversassung bei der Schulentlas- - sung, den Anforderungen des neuen Staates Rechnung zu tragen.

Es muß der Schule gelingen, die Jugend aus der , vaterländischen Not, der politischen Zerrissenbeit un^ -

dem wirtschaftlichen Truck der Gegenwart innerlich zu befreien und sie auf Grund der hohen Ueberlieferung deutscher Kultur zu dem Ideal des aus Selbstverant- wortuug und Hingabe an die Gemeinschaft beruhenden Volksstaates zu führen. Zur Mitarbeit an dieser ebenso mühsamen als lohnenden, vor allem aber für den Be­stand unseres Volkes und Reichs schlechthin unerläßlichen Ausgaben ruft das Kultministerium in dem die Richtlinien einführenden Erlaß nicht nur die Schulaufsichtsbehörden, die Lehrerschaft und die beteiligten Elternkreise, sondern auch -die Jugend selbst und letzten Endes das ganze Volk in allen seinen Schichten auf. Nur durch Pflichttreue und Arbeit, durch Ordnung und Zucht geht der schwere Weg zum Wiederaufbau Deutschlands.

Der Reichskanzler über den Ausgleich mit Bayern.

Berlin, Z. Sept. Im Ueberwachungsaus schuß des Reichstags erklärte nach längeren Ausführungen des Abgeordneten Dr. Beherle

Reichskanzler Tr. Wirth,

daß es sich bei den Aussprachen der Reichsregierung mit der bayerischen Regierung selbstverständlich nicht darum handeln konnte, erst eine Anerkennung des Gesetzes durch die bayerische Regierung zu erzielen. Nachdem nun ein gewisser Frieden erreicht sei, rich­tete der Reichskanzler an die Bayerische Volkspartei die dringende Bitte, auf die ihr nahestehende Presse mäßigend einzuwirken. Der Reichskanzler zitierte Stel­len ans demBayerischen Kurier", worin dem Mini­ster Rathenau und dem Reichskanzler vorgeworfen werde, daß sie die Bolschewisierung Teutschlands im Auftrag von Moskau erstrebten und lediglich aus die­sem Grunde eine Entwaffnung der Konterrevolution im Sinne gehabt hätten. Er zitierte weiter Anwürfe eines anderen Organs der Bayerischen Volkspartei gegen den Reichspräsidenten Ebert und den Minister j Rathenau. Der Reichskanzler wies auf den Ernst der -gegenwärtigen außenpolitischen Situa­tion hin, die wahrscheinlich auf lange Jahre hinaus ) entscheidend für die deutsche Nation sein werde. Nur ! ein völlig einiges deutsches Volk könne solch schwere ! Lagen überstehen. Ter Reichskanzler werde das, was er mit Bayern vereinbart habe, loyal durchführen. Ten Ausführungen des Abg. Dr. Rosenfeld gegen "''e er­klärte der Reichskanzler, daß weitere Schri .e zum deutschen Einheitsstaat in dem Sinne, daß jetzt Hoheits­rechte der Länder auf das Reich übergetragen werden, keinesfalls geschehen könnten. Die Lebensnotwendig­keiten des Reiches seien jetzt in erster Reihe vom V? litischen Standpunkt aus zu betrachten, u.nd da gern"' ' vollauf das in der Weimarer Verfassung Erreich:.

Rcichsjustiz minister Tr. Radbruch

betonte, daß in den Verhandlungen zwischen der Reichs­regierung und der bayerischen Regierung bei aller Schonsamkeit, die man den bayerischen Wünschen zu­teil werden lassen wollte, dennoch in zwei Punkten sich nicht habe ablenken lassen. Erstens hätte es die Reichsregierung abgelehnt, daß die Schranken der Schutzgesetze in irgend einer Weife durch­brochen werden, und zweitens /ei jeder Reser­vatpolitik energischer Widerstand gelei­stet worden. Ter Minister begründete in bis ins ein­zelne gehenden juristischen Ausführungen diese Ansicht.

Rcichsnriuister des Fnnern Tr. Köster führte aus:Wir haben nicht mehr über die An­erkennung, sondern über die Ausführung der Schntz- gesetze verhandelt. Es galt, ein übergroßes Mißtrauen Bayerns in die Ansichten der Reichsregierung und die Zwecke der Gesetze zu beseitigen. Das haben wir hof­fentlich erreicht. Die Reichsregierung ist nicht ab­gewichen von der Bindung, die ihr die Beschlüsse des Reichstags auferlegt haben."

Abg. Dr. Braun-Franken (Soz.) polemisierte scharf gegen den Abg. Beherle und stellte fest, daß seine Partei durchaus unbefriedigt sei über die Tatsache -.er Verhandlungen mit der bayerischen Regierung, wie über die dlM und das Kraebuis dieiev Verwandlungen.

Jin Weiteren Verlauf der Debatte,' an der sich die Abgeordneten Unterleitner (U.S.P.), Hergt (D.natl.), Spahn (Zentr.), Dr. Kahl (D.VP.), Dr. Rosenfeld (U. S.P.) beteiligten, bemerkte Abg. Erkelenz (Dem.), daß der ganze Konflikt hätte vermieden werden können, wenn man bei der seinerzeitigen Durchberatung der Schutzgesetze im Reichstag auf seinen Parteifreund Hamm gehört hätte. Damals hätten sich die Demokra­ten die größte Mühe gegeben, -ruck die bäuerische Eigen­art Rücksicht zu nehmen.

Damit war die Anssprache erledigt. Niichste Sitzung Dienstag 18 Uhr: BesoldungSangelrgrnheite».