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Amts- und Auzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
88. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamiS- bezirk Talw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg.. Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.
Freitag, den 26. September 1913.
Bezugspreis: In der Stadt mit Lrägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post- bezugSprei-für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen
K. Oberamt Calw.
In dem die Pferdevormusterung betreffenden Ministe- rial-Erlaß vom 14. Aug. d. Js. (M Abl. S. 651) ist u. A. bestimmt:
„In jeder Gemeinde muß neben den für die periodische Pferdevormusterung zu verwendenden Bestimmungstäfelchen ein Vorrat an Bestimmungstäfelchen der einzelnen Pferdegattungen vorhanden sein, der für den Fall einer Mobilmachung bestimmt ist und bei den Mobilmachungsakten des Ortsvorstehers gesondert aufbewahrt wird. Der Ortsvorsteher ist dafür verantwortlich, daß dieser Vorrat nach der periodischen Pferdevormusterung dem neuesten Pferdebestand entsprechend ergänzt wird. Ein Ergänzungsbedarf ist beim Oberamt anzufordern."
Hienach wollen die Herren Ortsvorsteher verfahren.
Den 25. Sept. 1913.
Reg.-Rat Binder.
Der neue Krieg
London, 25. Sept. Die gesamten albanischen Streitkräfte marschieren in Stärke von 20 000 Mann auf die Städte Ochrida und Kitschewo zu. Die Serben erwarten Verstärkungen. Die Stadt Dibra wurde von den Albanesen geplündert und niedergebrannt.
Belgrad, 25. Sept. 6000 Albanesen zogen durch das Dringebiet und mordeten und brandschatzten die Bevölkerung. Viele Christendörfer wurden niedergebrannt; 6000 Menschen sollen umgekommen sein. Die Albanesen verübten gräßliche Leichenschändung. In der Nähe von Prizrend kam es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Albanesen und Serben, die im Nähkampf ihre Gegner in die Flucht schlugen. Räuberbanden durchziehen plündernd das Land. Montenegro wird morgen mobilisieren.
Belgrad, 25. Sept. Ein Erlaß des Königs ermächtigt den Kriegsminister, Reserveoffiziere und -Mannschaften des 2. Aufgebots in Abteilungen nach Bedarf zur Waffenübung einzuberufen. — Wegen der diesjährigen schwachen Gerstenernte beantragte der Minister für Volkswirtschaft bei der Regierung, die zollfreie Gersteneinfuhr zu gestatten.
Auch
' Bulgarien
macht aus Anlaß der albanischen Wirren wieder mobil.
Fünf Regimenter der bulgarischen Armee des Distrikts Küstendiel, rückten Montag nach Mustapha ab, das sie besetzen wollen. Zwei Parlamentäre verlangten die Uebergabe der Stadt in Uebereinstimmung mit dem türkisch-bulgarischen Vertrage. Der Divisionskommandandeur von Adrianopel verlangte von der Regierung Instruktionen, worauf die Pforte Schritte bei General Sawowo unternahm.
„Rein innere Wirren"?
Wien, 25. Sept. Die „Albanesische Korrespondenz" erfährt von maßgebender Seite aus Valona: Bei der albane- sischen Bewegung handelt es sich fast ausschließlich um Kämpfe, welche die an Serbien abgetretenen Albanesen infolge der serbischen Unterdrückung in den abgetretenen Gebieten führen, also um rein innere Wirren in Serbien, die mit dem albanischen Staat und seinen leitenden Männern in gar keinem Zusammenhang stehen.
Die Haltung Oesterreich-Ungarns.
Wien, 25. Sept. Bei einer Besprechung des albanischen Aufstandes in den neuen serbischen Gebieten schreibt das Neue Wiener Tagblatt: Man wird gut tun, die gebotene Reserve den vorliegenden Berichten gegenüber zu bewahren und mit kühler Nüchternheit die Entwicklung der Ereignisse zu beobachten. Wohl nirgend mehr, als in Oesterreich-Ungarn hat man allen Grund, aufmerksam die Vorgänge zu verfolgen, und nirgend mehr als in Wien und Rom wird man die Störung der ruhigen Konstituierung des albanischen Staates bedauern. Mit großem Unbehagen haben Oesterreich-Ungarn und Italien ihre Unterschrift unter das Londoner Protokoll gesetzt und dem europäischen Frieden dadurch anerkanntermaßen einen nickt zu unterschätzenden Dienst geleistet. Das gegebene Wort wird selbstverständlich gehalten, und alle Bemühungen gellen nun der Durchführung der Londoner Beschlüsse: das ist die Grundlage unserer Haltung gegenüber der neuesten Phase. Serbien hat seine übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Ander
seits wird es Oesterreich-Ungarn gewiß nicht daran fehlen lassen, den Albaniern die Wahrung der Ruhe dringendst nahc- zulegen. Serbien hat sicherlich das Recht, in seinen neuen Gebieten mit aller Entschiedenheit die Ruhe herzustellen, aber im eigensten Interesse täte es am besten, das in London abgegrenzte Albanien zu respektieren. Jeder Schritt weiter, als unbedingt zur Niederwerfung des Aufstandes notwendig ist, kann für Serbien nur den Grund für neue Schwierigkeiten bieten. Konnte man in manchen politischen Zentren des Auslands auch bereits die Neigung haben, die Situation sebr pessimistisch aufzufassen, um dadurch den großen militärischen Vorkehrungen Serbiens Nachdruck und Berechtigung zu geben, so kann demgegenüber nur neuerlich konstatiert werden, daß Oesterreich-Ungarn auf den Londoner Abmachungen beharrt, und daß vorläufig die Gefahr einer internationalen Komplikation nicht zu besorgen ist.
Die Stimmung in London.
London, 25. Sept. Die von Tag zu Tag beunruhigenderen Meldungen über die jüngsten Ereignisse in Albanien, die Neigung, von der einen Seite den Serben und Griechen, von der andern den Oesterreichern und Italienern oder gar den Türken und Bulgaren die Schuld für die neuerlichen blutigen Zusammenstöße in die Schuhe zu schieben, sowie der augenblickliche Mangel an Berichten zuverlässiger, sachkundiger und unabhängiger Zeugen an Ort und Stelle erregt hier in den politischen Kreisen Unbehagen und Mißstimmung. Tie Times, die während der hiesigen Botschafterkonferenzen mitunter dem Foreign Office als Mundstück gedient hat, hebt heute hervor, die Wurzel des Uebels in Albanien bestehe darin, daß der von Sir Edward Grey am 13. August angekündigte internationale Aufsichtsausschuß, der mit' einer Gendarmerie das neue albanische Staatswesen'einrichten sollte, noch immer nicht in Tätigkeit getreten sei. Serbien und Grie-! chenland sei dadurch ermöglicht worden, aus Albaniens in- nern Wirren Kapital zu schlagen und sie wohl gar zu schüren. Diese Verzögerung, die hauptsächlich in einer merkwürdigen Verschleppung der Ernennung des österreichisch-ungarischen Vertreters in dem genannten Ausschuß ihren Grund habe, müsse um so mehr überraschen, wenn man sich der Ungeduld Oesterreich-Ungarns bei den Botschafterkonferenzen erinnere, als es galt, die Autonomie für Albanien zu sichern und die Einrichtung des neuen Staates zu beschleunigen. Die Times glaubt allerdings nicht, daß Oesterreich-Ungarn bei dieser Verschleppung irgendwie tiefliegende Anschläge verfolge, sie gibt aber zu bedenken, daß die Wiener Regierung dadurch den Kritikern der österreichischen Politik, die ihr die Absicht zuschreiben, das Werk des europäischen Konzerts zum Scheitern zu bringen, in die Hände arbeite,zumal da diese Kritiker in der Lage seien, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die der tüchtigen Arbeit Admiral Burnegs in Skutari von Anfang an durch österreichische Beamte bereitet worden seien. Ein schnelles Vorgehen des internationalen Aufsichtsausschusses sei vor allem nötig, um weiteres Blutvergießen und verschlüssle Erbitterung im neuen albanischen Staatswesen verhindern. Nebenher wird Serben und Griechen zur Erwägung gestellt, daß ihre Bestrebungen zu dem Zweck, ein unabhängiges Albanien als eine unmögliche Gründung hinzu- siellen, eine kurzsichtige und verfehlte Politik sei, die leicht gerade das entgegengesetzte Ergebnis herbeiführen könnte.
Gegen die Home Rule.
London, 25. Sept. 500 Ulsterdelegierte versammelten sich gestern in der Ulfterhall zu Belfast in Gegenwart von Sir E. Tarsen, der Lords London-Derry und Abercorn und vieler anderer Mitglieder des Ober- und Unterhauses. Lord London-Derry eröffnete die Verhandlungen, die bei verschlossenen Türen geführt wurden. Ein nachher ausgegebenes Kommunique teilt mit, daß die Versammlung die Artikel der provisorischen Regierung genehmigte, sowie den Zeitpunkt, an dem sie in Kraft terten sollen, mit Anordnungen über die Art, wie man etwaigen Beschlüssen des geplanten Parlaments in Dublin Widerstand leisten könne. Die Einzelheiten sollen veröffentlich werden, wenn die Homerule Gesetz wird. Zugestimmt wurde ferner der Stiftung einer Garantiesumme von 1 Million Pfund Sterling, wovon die Mitglieder des Ulster-Freiwilligenkorps entschädigt werden sollen für persönliche Unbill,
die ihnen bei der Ausführung irgend welcher Anordnungen der provisorischen Regierung zugefügt wird. Zm Falle ihres Todes sollen die Angehörigen die Entschädigungssumme erhalten. Verschiedene Komitees, darunter auch ein Finanzkomitee, werden eingesetzt. — Damit ist der große Kampf des liberalen Kabinetts um Herstellung der irischen Selbstregierung in ein neues Stadium getreten. An turbulenten Versammlungen, Straßenaufläufen und wilden Drohungen gegen As- quith und Winston Churchill hat es nicht mehr gefehlt, seit die Vetobill dem Unterhaus den Weg frei gemacht für Home Rule. Zedoch hier wird sozusagen ein Verein zur Durchbrechung gesetzlicher Maßnahmen konstituiert und der konservative englische Hochadel sammelt Geld für ein Freiwilligenkorps, das mit Polizei und Negierungstruppen zu kämpfen bereit sein mutz. — Ulster ist das Nordstück der grünen Insel, ein protestantisches Kolonistenland, dessen Bewohner nicht nur nach Konfession, sondern auch nach Art und Temperament vom katholischen Iren sich tief unterscheiden. Ein tiefes Mißtrauen trennt die beiden Volksteile und die protestantisch-konservative Minderheit, die alles von einem irischen Parlament befürchtet, entschließt sich zum Kampf bis aufs Messer.
London, 25. Sept. Die Situation in Irland hat sich bedeutend verschärft. Nächsten Sonnabend findet eine Versammlung von 12 000 Ulsterleuten statt. Bei diesen sollen sich eine ganze Anzahl Offiziere der aktiven britischen Armee befinden, darunter zwei Obersten.
Stadt, Bezirk »nd Nachbarschaft
Calw, 25. September 1913.
Vom Rathaus.
Der Gemeinderat hielt gestern nachmittag 5 Uhr unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Conz gemeinsam mit der Ortsbehörde eine Sitzung ab. Anwesend waren 10 Gemeinderatsmitglieder, Dekan Roos und Stadtpfarrer Heberle. — Die Ortsarmenbehörde verhandelte in der Hauptsache über einen Erlaß der Landarmenbehörde betr. hälftige Uebernahme der Kosten für Stiefel, die an „unordentliche" Wanderer abgegeben werden, über Pflegekinderangelegenheiten usw. — Dem Gemeinderat gab der Vorsitzende bekannt, daß mit der Anstellung des Hilfslehrers am Realprogymnasium 9 Unterrichtsüberstunden weniger zu geben sind. Daran anschließend folgte aus der Mitte des Gemeinderats Kritik und Antikritik der Zustände, die zu Beginn des Wintersemesters am Realprogymnasium herrschten, insofern als drei Lehrkräfte fehlten. Schulangelegenheiten bildeten den wichtigsten Inhalt der Mündigen Sitzung. Davon sei erwähnt, daß im neuen Schuljahr Klasse 7 des Realproghm- nasiums, wie kürzlich an dieser Stelle schon mitgeteilt, von : Schülern besucht wird, eine gegenüber früheren Jahren überraschend hohe Ziffer. Der in Betracht kommende Nachwuchs für diese Klaffe ist gleichfalls ein großer, sodaß ihre Belastung, die infolge Angliederung der Realschule s. Zt. nur noch 2 Jahre dauern sollte, sehr erwünscht und notwendig wäre. Von dieser Sachlage nimmt der Gemeinderat Kenntnis und will in einer Eingabe an die Ministerialabteilung für Höhere Schulen aussprechen, daß er mit Rücksicht auf diese gute Frequenz der 7. Klasse Wert darauf legt, daß die Klasse auch für nächsten Herbst zugesichert wird. — Bei Erledigung sonstiger geschäftlicher Gegenstände teilte der Vorsitzende mit, daß, wie wir in unsrer Zeitung schon früher mitteilten. Hirsaus bürgerliche Kollegien den Beschluß der Cal- wer bürgerlichen Kollegien bezüglich der Versorgung Hirsaus mit Gas durch das städt. Gaswerk Calw angenommen haben. Direktor Eglinger vom Gaswerk in Karlsruhe hat nachträglich eingehende Berechnungen an-. gestellt, die ergeben haben, daß bei einem Garantieverbrauch von jährlich 20 000 cdm der Kubikmeter 23 Pfg. betragen müßte. Der Gemeinderat ist der Ansicht, daß demnach Hirsau mit dem 22 Pfg.-Preis recht gut befriedigt sein kann. — Schluß der Sitzung um 8 Uhr.
Höhenfeuer. Die Zeit für das Anzünden der auf Freitag, den 17, Oktober, zur Erinnerung an die Befreiung Deutschlands aus der Fremdherrschaft geplanten Höhenfeuer ist nun für alle Punkte, wo solche von irgend welcher Seite (Ge-