SchwüHwälder Tageszeitung

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.Aus den Tannen

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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-^tadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalrv und jeeudsnstadt

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ALtenfteig, Samstag Le« 8. Süll.

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Zur Lage.

cd. Wir" stehen aufs, neue im Zeichen hartnäckiger Kämpfe. Eine zweite Hölziade hat sich in Zwickau, der «Kreisstadt des sächsischen Erzgebirges abgespielt. Tort kam es anläßlich der Tienstagdemvnstrationen zu schwe­ren ZusammenstößM mit der Sipo. Leider sind auch meh­rere Tote zu beklagen. Wenn es nicht gar so traurig wäre, «könnte man die Festsetzung des Gesamtrates als Schild- «bürgerstücklein belächeln, grausame Ironie des Schicksals bleibt es immerhin. Hoffentlich schreitet die Regierung «mit den schärfsten Mastnahmen ein und bringt die Rädels­führer hinter Schloß und Riegel, damit wieder Ruhe herr­schen kann. In Tarmstadt und anderswo kam es zu Ähn­lichen wilden Szenen, über die der ruhig denkende Bür­ger den Kops schütteln muß. Tas Fazit solchen Treibens liegt sa klar auf der Hand, aus den Gerichten häufen sich die Akten und eine Schwurgerichtsperiode folgt der an­dern in kurzem Abstand. Ter Kurs unserer Mark sinkt in rapidem Tempo,, das lähmend auf das Wirtschafts- 4ehm wirkt, kurzum,. es gehen Werte verloren, die nicht wieder einzubringen sind.

Zn München stand der Freiherr von Leoprechting, des Lanvesverrates angeklagt, vor den Schranken des Ge­richtes. Als getreuer Gehilfe des französischen Gesand­ten Tard hat er in schamlosester Weise sich als Spitzel betätigt und dafür klingenden Lohn erhalten, ein deutscher Freiherr in französischem Solde! Ein recht eigenartiges «Licht werfen die Verhandlungen auf Monsieur Tard, des­sen Tage in München gezählt sein dürsten. Die franzö­sische Regierung wird sich doch wohl die Blamage svaren wollen, einen derartig kompromittierten Herrn in seiner Stellung zu belassen. Er war ja, sowieso in München längst kaltgestellt und verkehrt nur "mit Ausländern 'Der Unze Prozeß legte Zeugnis ab von einem moralischen Tiefstand, der seinesgleichen suchen aber kaum finden dürste. Nun kommt der 25jährige für Lebenszeit ins Zuchthaus, ein verpfuschtes Leben durch« eigene, große Schuld. Tie Familie von Leoprechting gehört zum Ur- > adel Bayerns und hat damit, mehr als ihr Prestige ver- ! Ivren.

Tas Beamtengesetz zum Schutze der Republik wurde im Rcichsrat angenommen. Tie allgemeine Fassung des allen Beamtengesetzes, wonach der Beamte den Anforde­rungen seines Berufes nachzukommen hat, soll nunmehr eine positive und negative Erläuterung erfahren. Eine Positive insofern, alsder Reichsbeamte verpflichtet ist, in seiner amtlichen Tätigkeit für die verfassungsmäßige republikanische Staatsform einzutreren" und negativ, daß er alles zu lassen hat, was mit seiner Stellung als Beamter der Republik nicht zu vereinen ist. Tie Be­stimmungen des Gesetzes sollen sinngemäß auch Anwen­dung aus Angehörige der Reichswehr finden.

Tas Schutzgesetz stößt in Bayern noch immer auf Wi­derstand. Im Landtage erklärte der Minister des In­nern, Tr. Schweyer, zu der ablehnenden Haltung der bayerischen Regierung gegenüber dem Gesetz zum Schutze der Republik, daß nach Ansicht der bayerischen Regierung in der gegenwärtigen Zeit eine Politik der Mitte, der Ruhe und Ordnung getrieben werden müsse. Das Gesetz sti aber so gehalten, daß es eine tiefgehende Beunruhigung ^ westen Kreisen der Bevölkerung Hervorrufen müsse.' ; Von den Mchrheitssozialdenrokraten ist eine Reihe von j Milderungen zur Erweiterung und Verschärfung des ! Petzes eingebracht worden. Zur Durchberatung der ver- ! lchiedenen Anträge wurde eine Unterkommission zusam- « jhengesetzt, deren Verhandlungen die Basis für die Ab- ! Inminimg im Rechtsausschnß des Reichstages ergeben. !

Gegen den Reichswehrminister richtete sich ein General- j «»griff der Linken im Reichstage. Auch die Hindenburg- i ^stse war wieder aufs Tapet gekommen. Es war erstaun- z urh, daß Tr. Geßler, der noch bei der letzten Beratung j fernes Etats ein ziemlich wohlwollendes Haus für sich ! ,pEe, am Donnerstag unterliegen sollte. Gastier ist ein ! schwer kranker Mann, schon vor der Ermordung Rathe- ? »aus war sein Gesundheitszustand besorgniserregend. Am z Donnerstag trat Major Schleicher den Angriffen der Unken entgegen. Er schilderte kürz und knapp die bv- !

kannten Ereignisse nach der amtlichen Darstellung. Ar Schimpfereien und Zwischenrufen fehlte es natürlich nicht besonders als der Vertreter des Reichswehrministeriums die Regimentsfeiern zu stützen suchte. Vorübergehend ge­lang es dem Innenminister Tr. Köster, die Wogen der Erregung zu glätten. Bon einem K'önigsbcrger Redner, dem Wg. Kuno, wurden die gehässigen Angriffe auf den greisen Feldmarschall Hindenburg mit großer Entrüstung zurückgewiesen. Ter Abg. Hensel jedoch goß Oel ins Feuer, als er mit Wärme für die Reichswehr eintrat. Da kam es in dem hohen Hause zu einem Tinmnlt, der ein­fach jeder Beschreibung spottet. Mit geballten Fäusten rückte die Linke gegen den Redner an, ohrenbetäubender Lärm verhinderte eine Verständigung. Der Reichstags­präsident stellte seine Glocke beiseite und verschwand aus dem Saale. Tamit nahm das Satyrspiel im Reichsparla­ment sein wenig glorreiches Ende.

Sehen wir uns in den übrigen Ländern um, so ist viel Bemerkenswertes nicht zu berichten. Im Nachbar- lande Oesterreich ist nunmehr die Gtreikefahr beseitigt, die finanzielle Lage prekärer denn je. In Polen hat man einem neuen Minister das Portefeuille der Finanzen in die Hand gedrückt, der arme Mann wird nicht viel da­mit anzufangen wissen, da die Karre gar zu sehr ver­fahren ist. Umsomehr betätigt sich deredle" Pole in Oberschlesien, wo er mit eine Rücksichtslosigkeit zu Werke geht, die nur ihm und seinem Freunde Polln zu eigen ist. Franzmann und Panje Pvpolski geben ein famoses Paar unverschämten Gaunertums ab. Tie Franzosen haben wieder durch eine Schreckenstat 6 Oberschilesicr getötet, wann werden diese Bedrückungen ein Ende nehmen. Am deutschen Rhein die schwarze Schwach und im blühenden Oberschlesien die Revolverkanvnen des Feindes, der nie

zu hassen aufhörcn wird!-

Wir stehen am Ende einer Woche der Quak und Dein Tie deutschen Herzen tragen schwer an der Not «der Zell. Mutter Germania trauert um verlorenes herrliches Gut.

Neues vom Tage.

Polnische Oberschl- s Wirtschaft. ^ ,

Breslau. 7. Juli. Seit der Uebergabe des an Po­len fallenden Teils Oberschlesiens haben sich dort die Schwierigkeiten täglich vergrößert. Im Zugsverkebr halten die Störungen an, während der Paketverkehr überhaupt noch nicht ausgenommen wurde. Von eben erst angestellten Polizei- und Postbeamten hat ein Teil schon wieder gekündigt, weil am letzten Sams­tag die Gehaltszahlungen ausgeblieben sind. Die Schu­len sind seit einer Woche geschlossen. Man weiß noch nicht, wenn sie wieder geöffnet werden. Der größte Teil der deutschen Lehrerschaft hat Polnisch-Oberschle- sien verlassen. Sämtliche interalliierten Truppen sind nunmehr in Oppeln zusammengezogen worden.

Tie Schulvfragen in ver französischen Kammer.

Por's 7 Juli. In der französischen Kammer wurde die Debatte über die Schuldfrage durch den Kommu­nisten Cach in wieder ausgenommen, der scharfe Angriffe aeaen die Regierung Poincares von 1914 richtete. Poincare sei mitschuldig am Aus­bruch des Krieaes. Poincare antwortete auf die Angriffe der Kommunisten mit einer zweieinhalbstün­digen Rede indem er eingehend auf die verschiedenen Anklagen einging. Er bedauerte, daß der kommunisti­sche Führer sich dazu hergeben konnte, die Deutschen in ihrem Bestreben zu unterstützen, die Kriegsschuld von Deutschland obzuschütteln. Die Deutschen bezweck­ten damit, auch die Reparationen abzulebnen Um­so unbeareillicher sei es. daß sich Franzosen bereit fänden, diesem Feldzug ihre Hilfe zu leihen. Poin­care wies die Beschuldigungen, die an seine Adresse ge­richtet worden waren, zurück, und erläuterte nochein- n ol ganz genau die Verbältnisse, wie sie vor 1914 be­standen. In Frankreich habe es niemals eine Kriegs­partei gegeben und die französische Regierung habe sich stets bemüht, eine Politik der Annäherung an alle Mächte zu betreiben Mit der österreichischen Regie­rung hätten immer die herzlichsten Beziehungen be­standen. Am Schluß der Sitzung wurde der sozialdemo­kratische Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungs­kommission mit 487 gegen 65 Stimmen abgelehnt. Es wurde sodann folgende Tagesordnung der Mehrheit mit 532 gegen 65 Stimmen angenommen: Die Kam­mer weist mit Verachtung den zuounsten Deutschlands organisierten und entwickelten Feldzug zurück, wonach die französische Politik die Verantwortung am Kriegs- änsbruch haben sollte, obwohl es feststeht, und auch

I rm Versailler Vertrag enthalten ist, und vom Reichs- > tag in der Sitzung vom 10. Mai 1920 bestätigt wurde, daß diese Tatsache nicht stimmt. Die Kammer lehnt sieden Zusatzantrag ab und geht zur Tagesordnung über.

! Dämmernde Einsicht der Verbündete«.

! London, 7. Juli. Als für die Gedanken, wenngleich noch nicht für die Taten der Verbündeten bezeichnend, verdient ein Berliner Bericht desDaily Telegraph" E wähnung der folgendes als Meinung nicht deutscher Finanzkreise meldet: Die Markvaluta hat den Gefahr­punkt erreicht und im Oktober wäre es bereits zu spät für eine Aktion der Verbündeten in der Ricktung « auf eine Stcllu i'i"'una. Deshalb sei nunmehr wenig­stens eine kleine Anleihe, oder ein kurzer An'schub für weitere Zahlungen ratsanz, denn die Zahlung von monatlichen Raten führe unbSsingt zu einer weiteren Steigerung der Inflation, während attdererseits in An­betracht des den Voranschlag übersteigenden Ertrags der Steuern eine Balancierung des inneren Reichsbudgets - möglich erscheine.

Reichstag.

j Berk«, 6. Juki.

! (Schluß.)

Justizminister Radbruch erklärt, vou einem amt- , nchen Erlaß des bayerischen Ministers bezüglich der i Informierung bei Maßnahmen auf Grund der neuen

- Verordnung sei hier nichts bekannt. Er würde im i Gegensatz zur Rechtslage stehen. Man müsse alles j Verständnis haben für die Schwierigkeiten der baheri- s scheu Regierung.

- Major Schleicher verliest als Vertreter des Reichs- weyrministeriums, von ständigen Zurufen der Linken unterbrochen, eine lange Erklärung über das Verhal-

.« ten der Truppen bei der Hindenburgfeier in Königs- i berg. Der Ueberfall auf die kleine Reichswehrtruppe,

! die sich in Notwehr befand, war vorbereitet. Die Teil- j nähme der Reichswehr bei Ehrung von Gefallenen « soll Ine Liebe zum deütschen Vaterland pflegen und j die Regimentstage sollen ein Mittel sein, über die im Volke vorhandenen Gegensätze hinwegzuführen. (Ge- j lächter links).

, Reichswehrminister Geßler weist daraus hin, daß. I schon im vorigen Dezember eine Reihe von Bünden verboten wurde. Wir haben jetzt allerdings anderes Rechtsmittel und es sind eine ganze Reihe von Orga­nisationen verboten worden, darunter diejenigen des deutsch-völkischen Schutz- und Trutzbundes, eine große Anzahl von Jugendbünden, der Bund nationalgesinn­ter Soldaten, die Stahlhelmdereinigung und andere. Ob die Mittel ausretchen, wird die Zukunft lehren. Wir haben dem Reichsrat erneut ein Reichspolizeigesetz zugestellt. Es wird auch ihnen in den nächsten Tage» zugehen. Wir sind mit größter Strenge vorgegangen,

> aber wir wissen auch, daß nicht alle diese Vereini­gungen aus Bosheit entstanden sind. Andererseits stellt uns die Auflösung dieser Vereinigungen vor neue Auf-

. gaben. Schon vor ihrer Auflösung im Herbst habe«

« wir versucht, die durch die Auflösung brotlos gewor­denen Existenzen unterzubringen. Auch jetzt haben wir «in Oberschlesien wieder Hunderten von Feldzugteilneh­mern, die existenzlos geworden sind, in Verbindung mit dem GewerkschaftSbund und der Industrie wirtschaft- , sich geholfen.

Es folgt die

Besprechung der Interpellationen.

Abg. Enno (D.V P.)r Hindenburg ist hochbetagt noch « einmal in seine Heimat gefahren und in die Städte, die i ihn zum Ehrenbürger ernannt hatten. Die Veran- ! staltung war ganz unpolitisch, die Begeisterung unge-

> Heuer. Hindenburg parteipolitisch stempeln zu wollen,

! ist unerhört. Schämen müssen wir uns im Ausland.

! (Beifall rechts, Händeklatschen auf den Tribünen,- j ster Lärm bei den Unabhängigen und Kommunisten,

! Glocke des Präsidenten. Um den Redner drängten sich ! erregte Gruppen. Einige Tribünenbesucher werden von ! unabhängigen Kommunisten veranlaßt, die Tribüne

zu verlassen.) Der Redner geht sodann unter fortwäh- ! renden Unterbrechungen der Linken und stürmischem ! Beifall der Rechten auf die Einzelheiten des Hinden- : burgbesuches ein. .

- Abg. Hensel (D.N.): Die ganz« Interpellation hatte ' nur den Zweck, ein Trommelfeuer gegen die Deutsch- i nationalen zu veranlassen. Selbstschutzorganisationen « sind nur eine Gegenmaßnahme gegen linksradikale Aus- i schreitungen und die Regimentsfeiern dienen nur der ! Kameradschaft. Sie werden uns das deutsche Heer und

seine Großtaten nicht aus den Herzen reißen können (Beifall rechts, Lärm links.) Die Heimat ist dem Heer l in den Rücken gefallen. Die Linke sollte sich schämen.

' Mj« neus ZuLthausgesetz zu machen (wütender Lärm