Stuttgart, 277 Juni. "(P r o t e st ku n dg eb u n g e n.) Die sozialistischen Parteien lind die Gewerkschaften ver­anstalteten heute mittag aus Anlaß der Ermordung von Dr. Rathenau auf dem Marktplatz eine Demonstration, au der sich weit über 10 000 Menschen beteiligten. Von verschiedenen Punkten aus sprachen Redner dieser Par­teien für den Schutz der Republik, für Demokratie und Freiheit, für Auflösung aller reaktionären Organisatio­nen, für Säuberung der Regierungsstellen, Richterstellen, öffentlichen Aemter-und der Reichswehr von allen Ele­menten, die sich nicht auf dem Boden der Republik stel­len. Die Versammlung nahm einen ruhigen Verlauf.

Eßlingen, 27. JDm. (75 Jahre württ. Loko- motivbau.) Bor 75 Jahren, am 30. Juni 1847, machte die erste in Eßlingen fertiggestellte Lokomotive Eßlingen", gleichzeitig die 16. württ. Lokomotive über­haupt, ihre Probefahrt. Ein Jahr zuvor war die Ma­schinenfabrik Eßlingen errichtet worden. Seither hat diese Firma fast sämtliche Lokomotiven der württ. Staats- balmen erbaut.

Kurze Chronik.

Der Schönbuch-Süngerbund feierte am Sonntag das ll, Gauliederfest in Schafhausen, OA. Böblingen, und zugleich das 50. Stiftungsfest und die Fahnenweihe des dortigenLiederkranzes".

Am Samstag kam das Iftftährige Kind des Hilfsarbsi- lns Müller in Backnang unter einen mit Futter beladenen Wagen. Das Vorderrad ging dem Kind über die Füße und die Kopfhaut wurde ihm weggezogen. Man M, das Kind am Leben zu erhalten.

Zn Derendingen, OA. Tübingen, feierten der Maurer Peter Ru pp und seine Ehefrau Anna Maria die goldene Hochzeit. ^ ^

Bei der alten Klosterkirche in Lorch fand am Sonntag das Sängerfest des Silchergaus statt. Gauvorstand Lämm- le hielt die Festansprache.

Am Montag morgen wurde in Wangen i. A. im Hochholz eine anfangs der 20er Jahre stehende Frauens­person ' " 'infgeftlnd'en. Näheres wird erst die gerichtliche Untersuchung ergeben.

In Steinhofen i. Hohenz. wurde der Landwirt H. Müller von einem Farrcn derart zugerichtet, daß er den enittmcn schweren Verletzungen erlag.

Handel und Verkehr.

! Stuttgart, 27. Juni. Dem heutigen Schlachtvieh­markt waren zugeführt: 28 Ochsen, 16 Bullen, 100 Jungbullen, 116 Jungrinder, 132 Kühe, 323 Kälber, 532 Schweine, 35 Schafe und 1 Ziege, die sämtlich verkauft wurden. Erlöst wurde aus 1 Ztr. Lebendge­wicht: Ochsen erste Qualität 23503200, zweite 2300 bis 2600, Bullen erste 28003000, zweite 2200 bis MV, Jungrinder erste 30003300, zweite 26002900, dritte 22002550, Kühe erste 20002500, zweite 1506 dis 1900. dritte 10001300, Kälber erste 3450 bis 36Z0, zweite 32003400, dritte 28003000, Schweine erste 52005400, zweite 4800-6100, dritte 4200 bis 1650 Mk. Verlauf des Marktes: belebt. *

Mannheimer Produktenbörse, 26. Juni. An der hie­sigen Produktenbörse war die Stimmung für alle Ar­tikel sehr fest, und die Preise erfuhren in Anbetracht der starken Steigerung der Devisenkurse erneute Er­höhungen, denen gegenüber sich aber die Käufer zu­rückhaltend ver-hielten und zu kleinen Abschlüssen schrit­ten. Man Kannte offiziell für: Weizen 19201972, Roggen 15801600, Haber 16001610, amerik. Mais 1325, Weizenkleie 1025, Biertreber 900, Pretzstroh und gebünd. Stroh je 360400, Reis 21002400 Mk. die 100 Kilo waggonfrei Mannheim netto Kasse. Für Gerste, die mangels Angebote nicht offiziell notiert wurde, hörte -man Forderungen von 18001900 Mk. die 100 Kilo.

'W > .. >!!»

Mannheim, 26. Juni. Zum Schlachtvieh markt waren ausgetreten: 108 Ochsen, 189 Bullen, 589 Kühe und Rinder, 293 Kälber, 125 Schafe und 878 Schweine. Bezahlt wurden für die 50 Kilo Lebendgewicht für Ochsen 19002350, Bullen 20002700, Kühe und Rinder 13503050, Kälber 27003450, Schafe 1500 vis 2200, Schweine 48005400 Mk. Stimmung: Han­del mit Großvieh und Schweinen mittelmäßig, mit Kälbern und Schafen lebhaft.

Vermischtes.

Ranbübrrfall aus einen Beamten der Reparations- kommission. In Berlin wurde nachts vor seinem Wohn- hause an der Kirchbachstraße der 30jährige Beamte der , Reparations ommission St. Govard, ein französischer ! Staatsangehöriger, von mehreren Männern überfallen und zu Boden geschlagen. Man fand ihn mit starken Kopfwunden auf. Als, mehrere Polizeibeamte sich um den Verwundeten bemühten, leistete ein 19jähriger Ar­beiter Hilfe, der ebenfalls Kopfwunden aufm res, über deren Entstehung er ausweichende Angaben machte. Er wurde daher unter dem dringenden Verdacht der Beteiligung an dem Raubüberfall der Kriminalpolizei übergeben. Govard beklagt den Verlust seiner Brief­tasche mit 8000 Mk. Er ist so schwer verletzt, daß er nach dem Elisabethkrankenhaus gebracht werden-mußte.

Der Konkurs des Köhn-Konzerns. Einen stürmi­schen Abschluß nahm in Berlin der Prüfungstermin in Sachen des Köhn-Konkursesi Von den angemeldeten 50 000 Einlegerforderungen sind bisher trotz monate­langer Arbeit erst dreißig geprüft worden. Während der Konkursverwalter^bisher stets den Standpunkt ver­treten hatte, daß er die angemeldeten Einlegerfor­derungen als zu Recht bestehend anerkenne, erklärte er jetzt, daß er auf Grund der juristisch begründeten Anträge der Rechtsanwälte Tarnowskr und Dr. Kurt Pindar als Vertreter Köhns zu der Ansicht gekommen sei, daß die aus Wetteinlagen herrührenden Forde­rungen nicht anerkannt werden können. Diese Er­klärung rief unter den anwesenden Vertretern des Glänbigerausschusses große Aufregung hervor, die noch dadurch - verstärkt wurde, daß Rechtsanwalt Dr. Ka­lischer erklärte, daß die Prüfung der 50 000 Forde­rungen an der bisherigen Zeitdauer gemessen, allein etwa 264 Jahre dauern würde, fodaß nicht nur für die Mitglieder des Gläubigerausschusses, sondern auch für deren Kindeskinder gesorgt sei. Für die 50 000 spiellustigen Leidtragenden wird es sich nun fragen, ob sie, da der Konkursverwalter ihre Forderungen nicht mehr anerkennt, den Weg der Zivilklage beschrei­ten wollen. Auf die wiederholten Anträge der ^Verteidiger des Wettkonzerninhaöers Klanthe, Rechts- ianwälte Dr. Alsberg und Dr. Welt, auf Haftent­lassung Manches gegen Kaution von 100 000 Mk. hat Ach der Staatsanwalt zu einer Haftentlassung bereit Erklärt, wenn Klanthe eine Kaution von 1 Million Mk. stellen würde. Eine Stellungnahme des Beschul­digten zu dieser Sicherheitssumme steht noch aus.

Letzte Nachrichten.

Bsyurr ««d dir »«-«ahmebrpiwmuußr«.

WTB. Münch»», 38. Juni. Die Bayerische Mittel­partei brachte im Landtag eine Entschließung ein, die zur Verordnung dr8 Reichspräsidenten vom 24. Juni Stellung nimmt und darin eine Verletzung der Souveränität der Einzelstaaten erblickt.

srnhig verla«sr».

WTB. Berlin, 37. Juni. Die heutigen Kundgebungen anläßlich der Ermordung Rathenarrs sind nach den bisher vorliegenden Meldungen in den verschiedenen Teilen des Reichs ruhig verlaufen. _

Beksuutmachnng de- Ministeriums de- Innern, Abteilung für da- Hochbanwesev, betreffend die Gebühre» der Kaminfeger.

Die Gebühren für Kaminfeger, deren Kehrbezirk mehr alt eine Ortschaft umfaßt, werden im Hinblick aus die fort­schreitende Teuerung und Geldentwertung mit Wirkung vom l. Juli 1833 ab bis auf weiteres auf das Elffache der Festsetzung vom 1. Juli 1919 (siehe Staatsanzeiger 1931 Nr. 249) bestimmt.

Im einzelnen gellen hiernach folgende Sätze:

1. Grundgebühr für jedes Kamin . . 4 Mk. 40 Pfg.

3. Zuschlag für ftdes Stockwerk unterhalb deSDachgetätS.

3. Kaminschoß, He zwinkel, Rußkästen,

Abschlvßllappen.

4. Herd-, Krssel und diejenigen Ofen­röhren, welche oemKaminreinigungS- zwang unterliegen:

bis 8 Meter.

jeder weiter« Meter ....

5. Verbindungsröhren der gegliederten

Kamine ..

8. Abdecken der Kamine.

7. Erweiterte Kamine über 60 am Licht­weite .

8. Ganggebühr unter Beschränkung auf solche in dem ausführlichen Ortschafts- verzeichnis des Staatshandbuchs namentlich aufgesührten Wohnplätze, die insgesamt weniger als 13 bewohnte Gebäude zählen und mehr als 1 tun von der Etternrenz« des nächsten, ohne Ganggebühr zu bedienenden Wohn- platzr» entfernt sind,

für jedes Kamin .

1 Mk. 10 Pfg. 1 Mk. ly Pfg.

1 Mk. 10 Pfg. 1 Mk. 10 Pfg.

1 Mk. 10 Pfg. 1 Mk. 10 Pfg.

1 Mk. 10 Pfg.

8 Mk. 30 Pfg.

9. Für AuSbrennsn der Kamm« mit nachfolgender Reinigung der dreifache Betrag der Gebühren Ziffer 1 und 3 bei Lieferung der erforderlichen Stoffe durch den Kaminfeger: wenn die Be­sitzer die Stoffe selbst stellen, der 3 V-fache Betrag.

10. Reinigung der Kamine von gewerb­

lichen Bäckereien und Gemeindeback­häusern .. . . . .

11. Rauchkammer« von Metzgereien . .

sonstige Rauchkammern . . .

13. Außergewöhnliche Arbeiten, die dem Zwang unterliegen, wie Darren und dergl., für jede Stunde.

13. Früharbeit, d. h. vom 1. April bis 15. Oktober für Arbeit vor 6'/- Uhr und vom 16. Oktober bis 31. März für Arbeit vor 7'/, Uhr, für jedes Kamin Zuschlag .

11 Mk. - Pfg.

8 Mk. 80 Pfg. 3 Mk. 30 Pfg.

33 Mk. Pfg.

6 Mk. 60 Pfg.

Dieser Zuschlag darf indessen nur dann erhoben werden, wenn die Früharbeit von dem Zahlungspflichtige« ausdrück­lich verlangt worden ist.

Abtragspflichtige, die wider Erwarten die am 19. Ok­tober 1931 (Staatsanzriger 1931 Nr. 349) geforderte Er­klärung immer noch nicht abgegeben haben sollten, find auch von vorstehender Gebühren«Höhung aukgtschloffen.

Stuttgart, den 19. Juni 1983. Scheurlen.

Fichterrpapierholz.

1 u. 3 m lg., gesunde, handelsübl. Ware, gerrppelt, 834 cm Zopf, jede Menge zu kauf. ges. Gef. Angebote an Adolf Krei- H* «o., G.m.b.H., Holzhdlg., Tübingen, Tel. 684.

In Berlin fände» gestern Nachmitag 3 Uhr im Lust­garten, auf dem Schloßplatz und auf dem neuen Markt ueue große Kuudgrtuuge« für die Republik und gegen die Monarchisten statt. Zwischeufölle haben sich nicht ereignet.

In München fanden die von den sozialistischen Par­teien einberufenen Massenkundgebungen auf der Lheresten- wiese statt. Die Sektionen der Parteien zogen mit schwarz, rot-goldenen und roten Fahne», vereinzelt auch mit Tafeln mit der Aufschrift »Hoch die Republik', zum Versammlungs­ort. Die Redner wandten sich hauptsächlich gegen die gei­stigen Urheber des Mordes.

In Hannover wurden die von den Spitzenvrrbändrn der Gewerkschaften einberufenen Trauerkuvdgebungen auf dem Waterloo-Plotz sbgebalten. Etwa 100 000 Personen nahmen an der Kundgebung teil. Die Redner traten für eine Einheitsfront der Arbeiter, Angestellten u. Beamtm ein.

Auch im rheinisch-westfälischen Industriegebiet harten zahlreiche Teilnehmer den Aufrufen der Gewerkschaf­ten Folge geleistet. In Esten herrscht von heute früh 6 Uhr bis morgen früh 6 Uhr völlige ArbeitSruhe. Die öffentlichen Gebäude haben Halbmast geflaggt. Die Ge- schäfte sind geschlossen.

Doch »«Sschreituugr«.

In Karlsruhe fand nachmittags ft,4 Uhr auf dem Marktplatz vor dem Rathaus eine Kundgebung statt. Leider kam es nach dem Abzug in verschiedenen Stadtteilen zu Ausschreitungen. Trupp» von Arbeitern zogen durch die Straße« und rissen Schilder mit Hostiteln und Krone« herunter und zertrümmerten sie auf der Straße. Zu schwe­ren Ausschreitungen kam eS vor dem Hause der Geschäfts­stelle der Deutschnationaten Partei in der Waldstraße. Hier wurden die Rolläden gewaltsam emporgehoben, die großen Schaufensterscheiben zertrümmert und sämtliche» Mobiliar kurz und klein geschlagen und auf die Straße geschleudert.

Eruste Zwischenfälle iu Darmstadl.

In D arm st a dt kam e» zu Zwischenfällen, die gegen Abend einen ernsten Charakter annahme». Die Menge drang in die Wohnungen der Abgeordneten der Deutschen Volks. Partei Divgeldey und Dr. Osann ein und zertrümmerte die Wohnungseinrichtungen. Der Abgeordnete Dingeldey wurk e so schwer verletzt, daß an seinem Aufkommen gezweifen wird. Auch der Abg. Osann wurde schwer mißhandell. Alsdann sprang die Mer ge in die Redaktion der »Hessischen LandeS- zeitung', zerschlug Türen und Fensterscheiben, demolierte das Mobiliar und warf die Zeitungen und Manuskripte ans die Straße. Auch in der Redaktion des »Täglichen Anzeigers' wurden sämtliche Fensterscheiben eingeschlagen, da» Mobiliar zerstört und die Zeitungen auf die Straße geworfen. Gegen 7 Uhr schritt die Polizei ein, feierte nach einigen blinden Schüssen scharf auf die Menge, worauf diese auseinander- stob. Mehrere Personen wurden verwundet. Eine soll ge­tötet sein. I» den späte« Abevdstunden ist Ruhe riu- getreten.

WTB. Larmstadt, 38. Juni. Nach den letzten Mel- düngen soll e» bei dem gestrigen Zulammenstoß 3 Tele ««» etwa 88 Berw«»dete gegeben habe».

Ei« schwere- Eise«bah»«»>l8S.

WTB. Bertt«, 37. Juni. Zwischen den Bahnstationen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen ereignete sich bei dem Begegnen zweier Ringzüge ein schwerer Eisenbahnunfall. ES gab 39 Tote und 55 Schwerverletzte.

Mutmaßliches Wetter.

Obgleich der Hochdruck im Südwefte» zugenomme» hat, ist wegen der Verstärkung der Depression im Norden auch am Donner»tag und Freitag vielfach bedecktes, zeitweilig regnerisches und ziemlich kühles Weiter zu erwarten.

Druck mid Verla- »er W- Rieker'schrn HuchdrrrLerei Alteustei,

Für dir Kchristlettuvg verantwortlich: Ludmi» Lank,

»»»»» »««»» I I I IU . .

Hauskrautzn

verwendet bei den hohen Preisen für Kaffeebohnen

UllMmze»,

die außer Malz einen hohen Prozentsatz Kaffeebohnen enthalte». In verschiedenen Preislagen vorrätig in der

IZursn-Orogsris

unä Lbkau 86 n.

Jüngere

Arbeiterin««»

sür rmsere Versilberer auf sofort oder später gesucht

Ätz L Wetz S.A.H.H.

»Mia« «lteastei,.

Inserate

habe» i« »«serer Sch»«rr«iilv .r Tages zrit«»s »*«S tzr«raime«' »efir« »rs»l>.