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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altsnsteig-Sta-t. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirks Nagold, <Lalw und jreudenstadt
«ri der Y»st «ab der, Srmtrn Srzo-e» im Monat Juni Mart 18.—. K»«t»«»-rei», Vir Ifva
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Lttenfteig, Montag de« 1». Juni
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V« einer neuen kntentekomMe.
Von Dr. Paul Ostwald.
Man muß es der Entente lassen, daß sie es trefflich versteht, für ihre Gewalttaten und Brutalitäten uns gegenüber immer ein moralisches Mäntelchen zu finden, und so den Schein nach außen hin zu wahren. Und die Durchführung der Bestimmungen des Versailler Diktats, das selbst'auf der Lüge von der ausschließlichen Kriegsschuld Deutschlands aufgebaut ist, stellt den En- tentercgierungcu in bezug auf ein solches Komödienspielen vor der Wahl keine leichten Anforderungen. Ein Sch- in- manöver muß dem andern folgen; kaum ist im Namen -er Selbstbestimmung der Nationen das oberschlesische Wubersviel zu Ende gespielt, da wird eine neue Komödie nötig, die Wahlen zu einer Volksvertretung im Saargebiet. Getreu den Grundsätzen für die wahre Demokratie und für die Gerechtigkeit unter den Völkern, für die die Entente ja bekanntlich immer eingetreten sein will, wird sie sich auch nicht nachsagen lassen, daß unter der Herrschaft des Völkerbundes die Saarbevölkerung sich nicht selbst regieren darf. Wohl aber hüllt man den Schleier des Schweigens darüber, warum im Saargebiet besondere Wahlen zu einem Parlament nötig sind, und wie wenig sie für die Bevölkerung zu bedeuten haben werden. Wie kann von Selbstbestimmung der Nationen im Saargebiet die Rede sein, wenn man dieses Land, iu dem im Jahre 1914 kaum ein Franzose wohnte, einfach vom deutschen Mutterlande trennte! Hat Tardieu doch selbst im voriegn Jahre zugegeben, daß man Wilson belogen hätte, indem man ihm erzählte, von den 600 MO Einwohnern des Saargebietes seien 150 OM Franzosen; nur auf Grund einer solchen bewußt vorgebrachten Lüge war es überhaupt möglich, Wilson dazu zu bringen, einen Verzicht Deutschlands auf die Regierung des Saarbeckens erzwingen zu Helsen. Und heißt das etwa Selbstbestimmung der Nationen, wenn man die mit Gewalt vom Mutterlande getrennte Saarbevölkerung weiter dazu gezwungen hat, den Unterricht in französischer Sprache Ms den Schulen zu dulden und die Frankenwährnng zu übernehmen. Entspricht es den Grundsätzen der Demokratie, wenn die Regierungskon '"mn, die nach den Bedingungen des Versailler Di! """i Männern
M besteh n hat, so zusammenges, arin keine
den Saarländern erwünschte Per et! Denn
der Präsident der Kommission m >se Nault,
der den chauvinistischen Kreisen au,,,. - ' ndern
sind der Belgier Lambert, der in p 'haß
Mnn Rault nichts nachgibt, ferner der - - ?ll,llte, ein Mnzosenfreund, der als früherer Rennstallbesitzer sich Mz besonders gut für das Amt des saarländischen Mtusministers eignet, weiter der Kanadier Waught, der ^kder das Land noch dessen Sprache kennt, über das er Mumien soll, und schließlich der Saarländer Hektar, EUl Mann von gerade nicht bestem Ruse, den die Bcvöl- reiiiiig gründlich abzulehnen sowohl aus nationalen wie Gründen alle Ursache hat. Heißt das eine Be- Eerung im Namen der Demokratie regieren, wenn der 8Mwg,te Unwille gegen die ausgezwungenc französische und gegen die so brutal betriebene französische ibmpaganda mit Verweisung aus dem Lande und noch härteren Strafen belegt wird!
Bas soll in einem so vergewaltigten Lande noch eine Volksvertretung! Sie kann und darf auch nicht den ge- ungsten Wandel in dieser Richtung schaffen, sie wird nur oa» gutheißen und fördern dürfen, was den letzten Zi len A Franzosen dient, dem schließlichen Anhcimsall d s ^aargebiets an Frankreich. Wie sich die Regierungs- Emission bisher über Benülnne der Kreistaae und über
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mastige Aeußerungen des Vollswillens rücksichtslos hinweggesetzt har, wenn sie der französischen Raubpolitik cill- gegenstanden, so wird sie das auch bei einem von der Bevölkerung gewählten Parlament nicht anders machen. Der Kvrnmissionspräsident Rault wird auch weiterhin der Ermahnungen Loucheurs gedenken, nicht zu vergesst n. Laß er ein Franzose ist und daß er als solcher die Aufgabe hat, das Saargebiet für den Anheimsall an Frankreich reif zu machen.
Wie wenig deshalb selbst die saarländische Bevölkerung sich von den Wahlen zu einer Volksvertretung verspricht, geht am besten daraus hervor, daß alle Partei n. von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemokraien, sich in der grundsätzlichen Ansicht'einig sind, man müsse eigentlich einen allgemeinen Wahlstreik proklamieren, um so die Vergewaltigung und das Unrecht vor aller Welt offenbar werden zu lassen. Wenn die bürgerlichen Parteien sich dennoch zu einem anderen praktischen Vorgehen entschlossen haben, wenn sie dennoch die Wahlen betreiben wollen, so geschieht das nur mit Rücksicht auf die vielen eingewanderten Franzosen, die auch Listen aufstellen dürfen. Ein Wahlstceik würde praktisch nur das Ergebnis haben, daß die Franzosen sich einen scheinbaren Rechtstitel holten, daß sie mit einem Hinweis auf die dann „so zahlreich und fast ausschließlich" gewählten französischen Volksvertreter ihre gewaltsame Kulturpropaganda für durchaus berechtigt erklären.
Der Saarbevölkerung ist es so gut wll unmöglich gemacht, von den Leiden ihrer Unterdrückung und Vergewaltigung zu reden Um so mehr aber haben wir im Reiche die Pflicht, davon zu sprechen und der Welt die Augen darüber zu öffnen, welches Verbrechen an deutschen Brüdern und Schwestern im Saargebiet verübt wird, und was sich auch hier in Wirklichkeit hinter den großen Worten von Demokratie und Selbstbestimmung der Nationen verbirgt.
Neues vom Tage.
Eine Rede Scheidemanns.
Berlin. 18. Juni. Die „Tägl. Rundschau" schreibt: Oberbürgermeister Scheidemann sprach am Freitag abend vor einer Versammlung der Sozialdemokraten über das Thema: „Der Feind steht rechts." Er sagte u. a., man frage sich oft, warum ich denn von Berlin weggegangen bin. Ich habe diesen Entschluß im Jahre 1919 gefaßt, als der Oberst Reinhardt, der die Regierung Bauer-Noske als „Lumpengesindel" bezeichnet hatte, gegen mein dringendes Bitten gehalten wurde. (Lebhaftes hört, hört! Zurufe: „Noske!") Andere Meinungsverschiedenheiten kamen dazu. und ich ging nicht, um mir eine sogenannte Lebensstellung zu schaffen, sondern um in der Parteientwick- lung auch die Entstehung eines geringsten Konflikts zu vermeiden. War die verweigerte Entlassung Reinhardts ein kleiner politischer Schnitzer, so ist die Ernennung des Kappistenkommandeurs v. Löwen selb zum Befehlshaber eines unserer Kreuzer unerhört (Rufe: Sehr richtig!) und als ein Schlag ins Gesicht der Arbeiterschaft habe ich es empfunden, als ein Stin- nesdampfer mit dem Namen „Karl Legren" vom Stapel lief. Herr Stinnes, der zwei seiner Dampfer beschimpfender Weise „Hindenburg" und „Lnden- dorff" getauft hat, glaubt mit seinen Millionen alles erreichen zu können. Aber wir Hütten uns diese Beschimpfung Karl Legiens nicht gefallen lassen dürfen. (Zurufe: Ebert war doch Pate!) Vor kurzem habe ich das Scherzwort gehört: In unserer Reichswehr gibt es nur einen Republikaner, einen Demokraten, das ist Herr Geßler. Wenn es wahr ist, was uns auS Bayern berichtet wird, daß Herr Geßler in seyr respektvoller Entfernung vor einem P r in z e n gestanden haben soll, der eine Parade abhielt, dann muß ich allerdings sagen, leider ist dieser eine Republik >r auch nicht Demokrat. Die Reichswehr ist für : nicht das Instrument, das sie sein müßte, wenn wir auch nur einen Pfennig dafür ausgeben. Die Rcicysweyr. die die Republik schützen soll, kommandiert von monarchischen Offizieren, ist der Fuchs als Wächter im Hühnerhof. Hier mutz einmal ein ernstes Wort gesprochen werden, sonst muß ich den Leuten recht geben, die da sagen, besser gar keine Reichswehr, als eine solche. Die Verwaltung ist noch genau so reaktionär und bürokratisch wie früher. Die Gesetze der republikanischen Regierung werden von den asten Geheimräten sabotiert.
Der deutsche Lehrervcrcin zum Religionsunterricht.
Hannover, 18. Juni. Der bedeutsamste unter den Beschlüssen, die die Bertreterversammluna des Dent-
scyen ^ehrerverems in den letzten Tagen in Hannover ! faßte, betrifft das Verhältnis der Schule zur reli- ! giösen Erziehung. Der Antrag des Siebzehner-Aus- k schusses vom April 1922, der u. a. den Satz enthält: ; „Auch die religiösen Anlagen des Kindes sind im Schul- : leben zu pflegen" wurde abgelehnt. Angenommen : wurde dagegen, freilich nur mit kleiner Mehrheit (284 ! gegen 250 Stimmen), eine von Pretzel-Berlin und s Nützle-Stuttgart vorgelegte Erklärung: „Der Drilliche
- Lehrerverein hält nach wie vor die in seinen Schul-
- sorberungen von 1919 gekennzeichnete Regelung der ! Beziehungen zwischen Staat, Schule und Kirche auf : dem Gebiet der religiösen Erziehung, eine Regelung, i die der staatlichen Schule die Erziehung zur sittlichen Persönlichkeit als höchste und wichtigste, durch das gesamte Schulleben zu lösende Aufgabe zuweist, den nach den Grundsätzen eines bestimmten Bekenntnisses zu erteilenden Religionsunterricht aber den Bekenntnisschulen selbst überläßt, für die zweckmäßigste und allen Teilen am besten gerecht werdende.
: Da indes die Reichsverfassung der Durch
führung dieser Forderungen entgegen- , steht, tritt der Deutsche Lehrerverein ein für die , allen Kindern gemeinsame Schule, in welcher ' der Religionsunterricht nach den Bekenntnissen ge- ! trennt erteilt wird. Insbesondere fordert er, daß diese Schule in Ländern, wo sie als gesetzliche Einrich- ! tung besteht, uneingeschränkt erhalten bleibt und daß § durch die in der Verfassung zugelassene Einrichtung : von Son .erschu en (Bekenntnisschu en und bekenntnis- : freie Schulen) weder der Aufbau der einzelnen Schu- ^ len noch des gesamten Schulwesens eines Ortes beeinträchtigt werden darf."
! Damit wird als Ziel der Schulpolitik die weltliche i Schule erklärt, die en Religionsunterricht den Bekenntnisgemeinschafte.. selbst überläßt. Vorerst aber soll die Gemeinschaftsschule mit bekenntnismäßigem Religionsunterricht als Schulfach zur Einführung gelangen und zwar an allen Orten mit nur einer Schule als einzige, sonst als die bevorzugte Schulform.
, ErUärungen des deutschen und polnischen Bevollmächtigten.
DPPeln, 18. Juni. Der deutsche und der polnisch? Bevollmächtigte veröffentlichen 2 Erklärungen, worin sie die Gewalttätigkeiten -er Regierungskomr ission auf das schärfste verurteilen, und in denen es heißt, daß es Flüchtlingen ermöglicht wird, wieder zurückzukehren sobald die Regierungen ihre Gebiete übernommen haben. Die Regierungen werden auch ferner dafür sorgen, daß die einzelnen Bewohner auf ihrem Wohnsitze bleiben können.
Italien und Rußland.
Rom. 18. Juni. Im italienischen Senat gab Außenminister Schanz er am Freitag die Erklärung ab, daß er bis jetzt noch keine offizielle Mitteilung über die Ablehnung der Ratifizierung des italienisch-russischen Vertrages durch die Sowjetreg^erung erhalten habe. Immerhin dürfte aber auf Grund der indirekten Nachrichten aus verschiedenen Quellen mit der Ablehnung dieses Abkommens gerechnet werden. Diese Ablehnung sei darauf zurückzuführen, daß Italien nicht in die Aufnahme von politischen Bestimmungen in den Vertrag habe einwilligen wollen. Während die russischen Delegierten mit den italienischen Unterhändlern verhandelten, sei im Rat der Volkskommissare eine Entschließung angenommen worden, die bestimme, daß in Zukunft mit keinem europäischen Staat ein Vertrag abgeschlossen werden könne, wenn nicht in demselben die Klausel der de jure Anerkennung -er Sowsetregie- rung enthalten sei Italien bade di Je AeAngung schon mit Rücksicht auf seine Alliierten nicht annehmen können.
Von der Haager K n seren).
Haag, 18. Juni. Die Sachverständigenberatungen, die am Freitag vormittag und nachmittag im Haag abgehalten wurden, gelangten sehr bald auf einem toten Punkt an. Man kam nicht weiter als zur prinzipiellen Annahme des belgischen Vorschlages für die Gründung einer allgemeinen Kommission und drei Unterkommissionen, die den im französischen Memorandum angeführten Ansichten entsprechen. Die französische Delegation erklärte aber sofort, daß che sich nicht, wie dies die meisten Staaten annehmen, in die allgemeine Kommission eintragen lassen könne und sie nichts weiteres unternehme, bevor von Poincare Weisung eingetroffen sei. Dadurch wären auch dis anderen Delegationen in ihrer Entscheidung behindert. Der englische Delegierte und Unterstaatssekretär im Finanzministerium, Boung, nahm Veranlassung, zu erklären, daß alle Delegationen im Haag auf dieser Konferenz über keine politischen Fragen verhandeln
Unterbändler seien. Der