Neues vom Tage.
Reichspräsident Ebert auf der Münchener Gewerbeschau.
München, 13. Juni. Reichspräsident Ebert stattete gestern dem Münchener Rathaus einen halbstündigen Besuch ab. Bürgermeister Schmid entbot dem Reichspräsidenten in einer kurzen Ansprache den Will- rommensgruß. Der Reichspräsident dankte für den Empfang, gedachte der Bedeutung der Deutschen Gewerbeschau und trug sich alsdann in das Gedenkbuch der Stadt München ein. Mit großer Begleitung, darunter fast sämtlicher bayerischer Minister, begab sich der Reichspräsident zur Deutschen Gewerbeschau, wo er von dem Präsidenten empfangen wurde, der kurz die grundlegenden Gedanken der Gewerbeschau darlegte. Reichspräsident Ebert dankte herzlich für die Einladung, bezeichnete die Gewsrbeschau als eine Zusammenfassung der deutschen Werkarbeit und sprach die Hoffnung aus, daß sie zur Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes beitragen möge. Nach etwa ^Mündigem Verweilen im Ausstellungsgebäude begab sich der Reichspräsident, der Einladung des Grafen Lerchenfeld folgend, zur Frühstückstafel beim Ministerpräsidenten, zu der auch die Mitglieder des Staatsministeriums und andere Ehrengäste erschienen waren
Verhaftungen beim Münchener Reichspräsivcnti nbcsnch.
München, 13. Juni. Wegen ordnungswidrigen Verhaltens bei der Ankunft des Reichspräsidenten im Hauptbahnhof wurden gestern vormittag 12 Personen, die sich am Pfeifen beteiligten, festgenommen. Beim polizeilichen Verhör gaben sie zum Teil an, sie hätten ihrem Mißmut über den Besuch des Reichspräsidenten Ausdruck geben wollen. Auch am Karlsplatz kam es in der Menge zu Auseinandersetzungen, die von Schutzleuten zerstreut wurden. Bei der Ankunft des Reichspräsidenten vor dem Rathaus ertönten wieder heftige Pfiffe. Ein Mann wurde festgenommen. Berittene Schutzmannschaft drängte die Ansammlung zurück. Bei der Anfahrt des Reichspräsidenten vor der Gewerbeschau wurde neuerdings gepfiffen. Wieder wurden einige Demonstranten zur Feststellung ihrer Personalien festgenommen.
LScrrheiitschtffahrt.
Kehl, 13. Juni. Der Verkehr aus dem Oberrhein, auch von Straßburg nach Basel, ist infolge des anhaltend günstigen Wasserstandes weiter recht rege. Ber der Mehrzahl der Kähne, die vom Niederrhein kommen, ist die volle Ausnützung des Laderaums möglich und die Schiffe setzen ohne Aufenthalt in Mannheim oder Karlsruhe ihre Fahrt fort. Das Holzgeschäft von Karlsruhe hat wieder etwas angezogen; in letzter Zeit sind verschiedene Kähne mit Holz nach dem Mittelrhein, sowie nach Holland abgeschleppt worden.
P.nneares Antwort auf die englische Rote.
Paris, 13. Juni. Poincare hat innerhalb 24 Stunden auf die vorgestern überreichte Note der englischen Regierung über die Haager Konferenz geantwortet. Offenbar war es die außerordentlich scharfe und wenig liebenswürdige Kritik, die die englische Antwort an den Argumenten des französischen Memorandums geübt hat, die Herrn Poincare zu einer so prompten Antwort veranlaßt e. Die ihm von der englischen Regierung vorgeworfene Berwii-uua der Gedanken und sachliche Unkenntnis scheint es gewesen zu sein, dre ferne persönliche Eitek^ keit verletzt hat, und er zögert, den Ball zurückzuwerfen. Sachlich bietet die Antwort wenig Neues, da -Poincare seinen Standpunkt in allen Fragen voll und ganz aufrecht erhält und mit wenig Geschick ver-< sucht, das englische Gegendokument zu widerlegen. Die Note erklärt sich mit der Interpretation, die die englische Regierung in dem Protokoll vom 14. Mai gegeben hat und nach der die Regierungen nicht diplomatische Bevollmächtigte, sondern Experten zu der Vorkonferenz entsenden werden, einverstanden, macht aber j
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Nmr blüht der Lehrenhalm und schafft uni Brot;
ES schwillt der Beere süßes Pnrpmrot;
Die Flur schafft Blüten und der Weinberg Reben.
Herz, war schaffst du? Und war hast du zu geben?
Frida Schanz.
Die Wirtin z. goldenen kämm.
Kriminalroman von Otto Höcker.
(48) (Nachdruck verbot«,.)
Da ihre Tätigkeit in der Meyligschen Wohnung ohnehin beendigt war, entschloß sich der Amtsrat, die Lammwirtin sofort aufzusuchen, und Dr. Findler schloß sich ihm an. Sie trafen die Frau in der vereinsamten Gasinbe. Sie saß, nach außen hin ruhig und gefaßt, im Bereich einer der entzündeten Hängelampen und hatte augenscheinlich beim Eintritt der Beamten in der Hauspostille gelesen.
Mit der an ihr gewohnten kühlen Zurückhaltung hörte sie den Amtsrat an. Dann schüttelte sie unmerklich mit dem Kopf. „Ich werde Ihnen kaum dienen können, denn Mehlig befand sich schon seit Jahren im Dienste meines seligen Mannes, als ich diesen heiratete, und ebenso war Mehlig damals schon seit Jahr und Tag in der heute noch von ihm bs- nützien Wohnung. Was immer er auch verborgen haben mag, ich kenne es schwerlich . . . übrigens, wenn ich auch das blinde Vertrauen niemals teilen konnte, das mein Mann immer für Mehlig übrig hatte, eigentlich unehrlich habe ich ihn nie gefunden, höchstens tat er 'mal einen kecken Griff in den Weinkeller oder in den Likörschrank dort, wenn gerade der Schlüssel steckte oder sonst die Gelegenheit Paßte."
vorauf aufmerksam, Daß man Mefes Protokoll auch anders auslegen könnte und daß dies in der Tat von mehreren Regierungen geschehen sei, die entschlossen seien, diplomatische Vertreter zu entsenden. Da nach Vorschlag der englischen Regierung die zur Vorkonferenz entsandten Vertreter keine Vollmachten haben sollen, bindende Beschlüsse zu fassen, wäre dies lediglich einer Experten-Besprechung gleich, in welcher man nichts anderes tun könne, als die Verhandlungsmethode festzulegen, ohne in der Lage zu sein, gerechte und tatsächlich wichtige Fragen anzuschneiden. Der am 2 6. Juni beginnenden allgemeinen Konferenz, an der auch die russischen Vertreter teilnehmen, könnten keinerlei gemeinsame Vorschläge gemacht werden, da bisher über die meisten Fragen noch keinerlei Einigkeit zwischen den beteiligten Regierungen bestünde. Es sei aber geradezu gefährlich, wenn die. Mächte uneinig und ohne prinzivielle Vorschläge mit den Russen sich an den Verhandlungstisch setzten, wie dies bereits einmal in Genua geschehen sei. Auch andere Mächte, außer Frankreich, seien sich darüber klar, daß es notwendig sei, sich zunächst untereinander selbst über die Vorschläge zu verständigen, die den Russen im Haag gemacht werden sollen. Die französische Regierung erklärt sich damit einverstanden, daß das russische Memorandum vom 11. Mai bereits durch das Protokoll der letzten Plenarsitzung von Genua für null und nichtig erklärt wurde, fügt aber hinzu, daß die französische Regierung sich ja bereits in Genua volle Handlungsfreiheit Vorbehalten habe, da sie demgemäß durch keinerlei Verpflichtungen festgelegt sei. Sie begrüßt dann weiter, daß die Resolution von Cannes gegebenenfalls auch für die Konferenz vom Haag als bindend anzusehen sei.
Beratungen der Reicksreerermm.
Berlin, 13. Juni. Staat?s."*retär Bergmannn hat über die Anleihefrage heute vormittag in einer Chefbesprechunq in der ReichskanzleiMit- teilungen gemacht. Er hat über die Vorgänge in Paris berichtet. Die Aussprache, die sich daran anschloß, wird fortgesetzt werden in einer heute nachmittag um 5 Uhr stattfindenden Kabinettssitzung.
Ein neuer Anschlag in München.
München. 13. Juni. Ueber einen Anschlag auf die „Münchener Post" teilt die Polizeidirektion folgendes mit: In der Nacht vom 10. auf 11. Juni wurde eine Auslage des Gebäudes der „Münchener Post" eingeschlagen und in dis Geschäftsräume drei Handgranaten geworfen. Die Zündschnur war zu drei Vierteln abgebrannt und scheinbar erloschen, ohne zu zünden und die Handgranate zur Explosion zu bringen. Außer der Zertrümmerung der Scheibe wurde kein weiterer Schaber» angerichtet.
7 Monate Gefängnis für Smeets.
Köln, 13. Juni. Jrx dem Prozeß gegen den Sonderbündler Smeets weaen Bel-idigung des Reichspräsidenten fällte das Gericht folgendes Urteil: Der Angeklagte wird wegen Beleidigung des Reichspräsidenten (ß 285 und 186 R St.G.B.1 unter Zusammenziehung der Strafe, auf die dieselbe Strafkammer im März d. I. gegen Smeets erkannt hat, zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Strafe vom März betrug 5 Monate Gefängnis. Die zum Druck benutzten Platten sind unbrauchbar zu machen. Die noch vorhandenen Stücke der Ausgabe der „Rheinischen Republik", die den unter Anklage befindlichen Aufsatz enthalten, sind einzuziehen. Der Urteilstenor und Auszug aus der Urteilsbegründung find auf Kosten des Angeklagten in der „Rheinischen Republik", der „Kölnischen Zeitung". der „Kölnischen Volkszeitung" sowie in der „Rheinischen Zeitung" und anderen Blättern zu veröffentlichen.
Zentralverhandlungen mit den Bergarbeitern.
I Essen, 13. Juni. Nachdem infolge der Ablehnung der Ueberschichten und des Lohnabkommens der Berg- ! arbeiter die Voraussetzungen für dieses Abkommen in
Wegfall gekommen sind, har Die Regierung neue Handlungen für erforderlich gehalten. Am Misiwc,^ 14. Juni, sollen Zentralverhandlungen mit den sänn liehen Bergrevieren in Berlin stattfinden.
Die italienische sozialistische Partei.
Rom, 13. Juni. Der Nationalrat der sozialistM?» Partei Italiens ist in Rom zusammengetreten und die Diskussion über eine Aenderung der Partei-Taktik die auf eine tätige Mitarbeit an der Regierung hinzielt' begonnen. Die Führer des Gewerkschaftsbunds beton' ten, daß die bisherige Taktik der sozialistischen Partei sich nicht bewährt und nicht zur Erreichung der vorgezeichneten Ziele geführt habe. Sie empfehlen das,» eine tätige Mitarbeit an der Regierung, da aus diese Weise die Rechte des Proletariats besser verteidigt werden könnten als bei einem Verharren in der Opposition gegenüber der Regierung. Von extremer Seite wurde auf die Gefahr einer Versöhnungspolitik gegen- über der Regierung hingewiesen und ein Festhalten an dev» bisher geübten Politik dringend gefordert.
Zur Valutakrise in Wien.
Prag, 13. Juni. Von hiesigen amtlichen Stelle,, wird die neueste Valutakrise in Wien mit der größten Aufmerksamkeit beobachtet. Man ist der Ansicht, daß es sich ausschließlich Um eine finanzielle nicht um eine politische Angelegenheit handle, doch verkennt man nicht die Möglichkeit politischer Auswirkungen.
Die Lage in Frauzösisch-Westafrika.
Paris, 13. Juni. Der Generalgouverneur von Fran- zösisch-Westafrika, der nach Frankreich zurückkehrte, um die Verhältnisse in seiner Provinz zu berichten, ist gestern in Bordeaux eingetroffen. Er hat erklärt, daß in Frc' t ösisch-Westafrika in jeder Beziehung ausgezeichnete Verhältnisse zurückgekehrt seien.
Poineares neue „Sanktionen".
Paris, 13. Juni. Der Korrespondent der „Chicago Tribüne" in London berichtet, daß die Frage des französischen Rechtes, besondere militärische Sanktionen gegen Deutschland anzuwenden, bei der Unterredung Poineares mit Lloyd George zur Behandlung kommen werde. In offiziellen englischen Kreisen erklärt man, daß Poincare versuchen werde, die Unterstützung Englands für wirtschaftliche „Sanktionen" zu erlangen, falls die englische Regierung die Unterstützung in der Frage der militärischen „Sanktionen" verweigern würde.
Poincare wird am Freitag Paris verlassen, um sich nach London zu begeben. Marschall Petain wird bereits am Donnerstag nach London fahren, um dort eine Kundgebung für die Verstärkung der englisch-französischen Freundschaft anzubahnen. — Der Korrespondent des „Journal" meldet aus London, daß man in politischen englischen Kreisen nach dem Mißerfolg des Anleihekomitees der
Reise Poineares nach London besondere Wichtigkeit zumißt. Weder Frankreich noch die Alliierten würden über die Reparationsfrage einen Beschluß fassen, bevor diese Zusammenkunft stattgefunden hat. - Der Londoner Korrespondent des „Petit Journal" WA aus guter Quelle wissen, daß die Rerse Schan- zers nach London mit derjenigen Poin- cares zusammenfallen wird. Trotzdem die Reise Schanzsrs noch nicht offiziell bestätigt worden, sei, spricht man allgemein in politischen Kreisen davon. Gewisse Zeitunäen behaupten, daß der italierwche Außenminister sich mit dem Abschluß eines englisch- italienischen Bündnisses beschäftigen -werde.
London, 13. Juni. Auf eine Anfrage des Abg Oberst Wedgewood erklärte LlohdGeorgeinder gestrigen Sitzung des Unterhauses, daß nach dem Austausch der letzten Noten zwischen der deutschen Regierung und der Reparativ.cskommisiion die Frage eines Borrückcns der französischen Truppen am 15 Juni sich nicht mehr stelle.
' „So, das haben Sie also auch schon bemerkt?" fragte Martini, der inzwischen das Geschmeidebruchstück seiner Aktentasche entnommen hatte und es nun der Lammwirtin überreichte.
Diese nickte nur. „Ein Trunkenbold ist Mehlig schon immer gewesen. Ich habe meinen Mann nie begreifen können, daß er ihm so viel nachsah, ihm Wohl gar noch teure Schnäpse flaschenweife schenkte. Damit war dem unverbesserlichen Menschen doch kaum gedient. Konnte er unter der Hand 'was Trinkbares mitgehen heißen, so geschah es sicherlich . . . dort den Flaschenschrank hat er Wohl ein dutzendmal unbefugt aufgebrochen. Aber so unerbittlich mein armer Mann sonst auch war, dem Mehlig gegenüber drückte er beide Augen zu und ließ fünf gerade sein, obwohl er doch wußte, wie unausstehlich mir der Mensch von jeher gewesen ist-- hilf Gott!" unterbrach sie sich plötz
lich, mit gänzlich veränderter, schreckentstellter Stimme. „Woher, sagen Sie, Herr Amtsrat, stammt dies?"
Sie war vom Stuhl emporgeschnellt. Nun stand sie, weit nach hinten übergebeugt, und streckte, ein wildes Entsetzen in den schneeweißen Zügen, das Geschmeide weit von sich, dennoch aber den grauenerfüll- teu Blick nicht davon ablassend.
Beunruhigt und überrascht durch ihr Gebaren traten die beiden Beamten näher.
„Was ist Ihnen, was ergreift Sie, Frau Bindewald?" fragte der Amtsrat. „Kennen Sie die Herkunft des Bildes?"
Ein nervöses Aufschluchzen kam' über die Lippen der Frau, deren Erregung sich immer noch steigerte und ins Uferlose wuchs. „Ob ich das Bild kenne?" schrie sie dann. „Warten Sie, meine Herren," unterbrach sie sich, „ehe ich antworte, will ich Ihnen etwas zeigen, die eigentliche Kette nämlich, von der diese Glieder samt der Bildkapsel in grauenvoller Stunde >abaerissen worden sind."
Damit eilte sie auch schon in fliegender Hast aus dem Zimwier unter dem Kopsschütteln der Beamten, die nicht recht wußten, was sie von ihren dunklen Andeutungen und ihrem ganzen plötzlich so veränderteil Wesen halten sollten.
Mit bleiernem Fluge verstrichen endlos währende Minuten, bis die Lammwirtin endlich wieder eintrar. Sie trug einen altmodisch geformten Schmuckkasten in der Hand, den sie sorgsam auf den Tisch setzte. Ohre ein Wort zu sprechen, öffnete sie ihn, und mit ungeduldigen Fingern durchwühlte sie seine Bestände, bis sie endlich das Gesuchte gesunden. Sie zog eins zerrissene Goldkette hervor, an der eine flache Goldkapsel, ähnlich wie die vom Amtsrat aufgefundeff, befestigt war. „Sehen Sie, meine Herren," stieß ß nun in atemloser Hast hervor, während sie zuglei- das Geschmeide öffnete. „In dieser Kapsel befindet ff mein eigenes Bild. Sie werden es freilich kaum mlr erkennen, denn es stellt mich als junges Mädchens und seitdem ist das Leben über mich hinwsggeschrM ich war früher eine andere und man sagte mir <sN heit nach." Sie sprach ruhig und sachlich, als haM es sich um eine fremde Person; keine Spur von EE findlichkeit oder Trauer sprach aus ihrem Stimmklaff Ein schönes Mädchengesicht, mit Weichen, sch^ , merischen Zügen, aus denen die dunklen Augen ^ j verträumt blickten, bot sich den Beschauenden dar, e- Farben schon verblaßt und undeutlich geworden. , mußte schon scharf zuschauen, um von dem Bilde aff! die gealterte Frau schließen zu können, denn eine M von Gegensätzen lag trennend zwischen beiden. ^ Amtsrat war kein weicher Mann, aber der schreien" Kontrast zwischen einst und jetzt legte sich ihm engend auf die Seele; er konnte nicht anders, sonder mußte die Hand der Matrone fassen und sie drücke".
Fortsetzung folgt.