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218. Amts- und Auzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6ma! wöchentlich. DnzeigenvreiS: JmOberamis- brznk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Beklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratarmahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Donnerstag, den 18. September 1913

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezuzsyreiS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1-30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.» rn Bayern und Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung, betr. Schutzmahregeln gegen Seuchcn- gefahr in den Molkereien.

Die Schultheißenämter werden aus den Erlaß des K. Medizinalkollegiums, tierärztliche Abteilung, vom 21. Aug. 1913, M.-A.-Bl. S. 654 mit dem Auftrag hin­gewiesen, denselben zur Kenntnis der Vorstände der Molkereien zu bringen.

Der Vollzug ist bis 1. Oktober d. Z. zu berichten, event. ist Fehlanzeige zu erstatten.

Zn dem verlangten Bericht ist zugleich anzuzeigen, ob außer den Erhitzungseinrichtungen sür Milch auch ge­eignete Einrichtungen zur Desinsektion der Milchgefässe vorhanden sind, bejahendenfalls welche.

Calw, den 16. September 1913.

Amtmann Ri pp mann.

K. Bauhandwerkerschulen in Biberach, Hall und Rottweil.

An den unter Aufsicht der K. Zentralstelle für Ge­werbe und Handel stehenden Bauhandwerkerschulen in Biberach, Hall und Rottrveil beginnt im November 1913 ein neues Schuljahr mit zwei Kursen. Der Zweck der Bauhandwerkerschulen ist, Bauhandwerker, und zwar Maurer, Steinhauer und Zimmerleute, in zwei je fünfmonatlichen Winterkursen soweit auszubilden, daß sie den Anforderungen gewachsen sind, die bei einer ernst genommenen Meisterprüfung auch in theoretische: Beziehung an sie gestellt werden müssen. Der Unter­richt erstreckt sich aus Bauzeichnen, Baukonstruttion, Eebäudekunde, Banführung, Vaukostenberechnung, Buch­führung und Eesetzeskunde. Die Schulen sind nunmehr dadurch zu der Meisterprüfung in engere Beziehung ge­setzt, daß die Schulvorstände in den betreffenden Hand­werkskammerbezirken zu Vorsitzenden der Meisterprü- sungskommissionen sür die Bauhandwerker bestellt sind.

Die Aufnahmebedingungen sind ans demwürt- tembergischenEewerbeblatt", welches bei den Herrn Ortsvorstehern eingesehen werden kann, zu entnehmen.

Gesuche um Aufnahme in die Schulen sind bis zum 15. Oktober d. Z. bei den Vorständen der Bauhand­werkerschulen in Biberach, Hall und Rottweil einzu­reichen. Den Aufnahmegesuchen sür den ersten Kurs sind eine kurze Darstellung des bisherigen Ausbildungs­ganges und etwaige selbstgefertigte Fachzeichnungen, sowie ein Altersnachweis und das Eesellenprüfungs- zeugnis anzuschließen. Die Schulvorstände werden die Eesuchsteller von ihrer Zulassung zu der Aufnahme­prüfung und von ihrer Aufnahme in den zweiten Kurs benachrichtigen.

Den 1. September 1913.

Regierungsrat Binder.

Vorbereitungsturs sür Bauleute in Hall.

Die Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel be­absichtigt in der Zeit vom 3. November 1913 ab einen Vorbereitungskurs für Bauleute in Hall zu veranstalten.

Näheres im Eewerbeblatt Nr. 36.

Das Eewerbeblatt kann u. a. bei den Herrn Orts­vorstehern eingesehen werden, an welche ich zu diesem Zwecke hiemit das Ersuchen richte, den Gewerbetreiben­den auf Wunsch Einsicht in das ihnen mit dem Staats­anzeiger zugehende Eewerbeblatt zu gewähren.

Den 6. September 1913.

Amtmann Rippmann.

Japans Chinapolitik.

Von H. Prehn v. Dewitz.

K.-K. Wieder gärt es im fernen Osten. Die An­nexionsgelüste so mancher Macht haben die letzten Jahre großgezogen und zur Reife gebracht, warum sollte nicht auch Japan jetzt endlich nehmen, was bereits wie eine reife Frucht vor ihm zu liegen scheint. Aber vielleicht Mert es in weitschauender politischer Klugheit und hält noch einmal China um mäßigen Preis die rettende Hand hrn. dre je später ergriffen, desto weniger retten kann. Vielleicht bringt jener im Grunde unwichtige Zwischenfall, die Entehrung der japanischen Flagge durch chinesische Pobelrotten, die chinesisch-japanische Verständigung. Mehr denn je spitzt sich die ganze

politische Lage im fernen Osten dahin zu, eine solche mit Naturnotwendigkeit zu fordern. Major Haushofer, einer der gewiegtesten Japankenner, äußert sich in Hin­sicht auf die politischen Ziele Japans im Reiche der Mitte, und auf die Möglichkeit eines japanisch-chinesi­schen Bündnisses mit den folgenden, in Westeuropa sicher sehr zu beherzigenden Worten:Wir haben Gründe zu glauben, daß es Japan ganz ernst ist mit seiner oft wiederholten Versicherung, daß es über seine mandschu­rische Stellung nicht hinausgehen, nur begreiflicherweise die angrenzenden Teile der inneren Mongolei nicht in die Hände anderer starker Militärmächte fallen lassen will."

Dieses Sichbescheiden stießt sicher nicht aus ideal­politischen Gründen, obwohl diese bei einem so langen Rennen um Beziehungen, die für Jahrhunderte gelten sollen, wohl mit in die Wagschale fallen, sondern aus sehr realpolitischen Erwägungen. Man fühlt sich dem Chinesen auf seinem eigenen Boden wirtschaftlich nicht gewachsen, scheut das zähe Ringen im Alltag, das beim Ueberschreiten der Großen Mauer beginnen müßte, hat den Eindruck, daß die klimatischen Grenzen der nach Nordwesten wünschenswerten Ausdehnung der Rasse erreicht sind, daß man die Auswanderer kaum weiter weg von Heimat und Meer in dieser Richtung würde bringen können, und daß man mit jedem Schritt weiter landeinwärts die eigene Stoßkraft nach den erwünsch­teren, eigentlich volkstümlichen Richtungen abschwächt und das Gegengewicht der beiden kontinentalen Mächte vergrößert. Das aber will man eigentlich nicht,' und deshalb, nicht aus Unsicherheit über die eigenen Ziele, stand das nächst beteiligte Reich solange abwartend da, als die Plünderung der chinesischen Außenländer be­gann, und verharrte demonstrativ in einer korrekten Haltung. Solange es möglich war, wollte man sein Eingreifen einem größeren Ziele opfern. Nicht unmit­telbar nach dem blutigen Ringen mit Rußland hatte Japan diesen Weg eingeschlagen. Für die Unantast­barkeit des Nachbarreiches und für seine eigene Rücken­deckung schien ihm ein Bündnis mit dem meerbeherr­schenden Albion wichtiger. Gemeinsame Abwehrinter­essen gegen Rußland in Nordchina hatten die Allianz geschmiedet, aber die Voraussetzungen, auf denen sie auf­gebaut war, wurden nur allzubald im Rahmen der Vierer-Entente zwischen England, Rußland, Frankreich und Japan gegenstandslos. Das Frühjahr 1912 brachte die Besetzung der Mandschurei durch russische Truppen. Das englisch-japanische Bündnis stand vor der Kraft­probe. Doch es erfolgte nichts. England war keines­wegs geneigt, die Integrität Chinas, d. h. die Integrität der Mandschurei seinem Verbündeten Rußland gegen­über zu wahren. Damals schrieb ein Tokioer Blatt: Wäre der ursprüngliche Geist der Allianz noch lebendig, England und Japan zusammen hätten den russischen Maßregeln in der äußeren Mongolei wehren müssen, aber England ist eher geneigt, sie zu billigen . . und die Osaka Mainichi fügte hinzu:Die russische Auf­saugung der Mandschurei wird England den Vorwand für das gleiche Tun in Tibet liefern". So geschah es. China wurde an seinen Gliedern verstümmelt unter den« englisch-japanischen Bündnis, das seine Unantastbarkeit garantierte. China war der Leidtragende und Japan sah als ohnmächtiger Zuschauer die seinen Interessen so schroff zuwiderlaufende Entwicklung der Dinge. Endlich erwachte es. Im Sommer 1912 ging Fürst Katsura nach Petersburg und dort erfolgten jene Abmachungen, die die Einflußzonen Rußlands und Japans in den nördlichen chinesischen Provinzen, der Mandschu­rei und der Mongolei regeln sollten. Aus diesen Ab­machungen heraus mußte sich mählich eine japanisch­russische Entente bilden, denn Rußland und Japan allein waren schließlich an der Integrität Chinas inter­essiert.

So liegen die Dinge heute. China kann sich immer noch nicht daran gewöhnen, in Japan seinen einstigen Verbündeten zu sehen und Japan anderseits ist weit davon entfernt, gegen China andere als rein politische Freundschaftsgefühle zu hegen. Dazu kommt, daß dem offiziellen Japan die siegreiche Revolution in China unsympathisch und Puanschikai ihm nicht nur wegen seiner Gegnerschaft in Korea vor 1894 verhaßt ist. Die Abneigung gegen die chinesische Republik sitzt in Japan tief und aus ihr erklärt sich manches, was vielen als schwerwiegender Interessengegensatz zwischen beiden Län­dern gelten mag. Nur die Union zwischen beiden Mäch­ten kann die äußeren Gegensätze verwischen und den Be­stand des chinesischen Reichs sür die Zukunft sichern.

Vom sozialdemokratischen Parteitag.

m.

Jena, 17. Sept. Die Abstimmung über die Massen­streik-Resolution ergab 142 für und 333 Stimmen ge­gen Rosa Luxemburg. Im ganzen waren 450 Stimmen abgegeben. Die Vorstandsresolution wurde gegen zwei Stimmen angenommen Es folgt sodann der Bericht über die Tätigkeit der Reichstagssraktion, er­stattet von Schulz-Erfurt. Die Haltung der Reichs­ragsfraktion zur Militärvorlage ist dabei zurückgeftellt, weil sie im Einklang mit der Steuerfrage erst später be­handelt werden soll. Es lagen eine Reihe von Anträgen vor, z. B. ein Antrag gegen die Verteurung des Meso­thoriums, ein Antrag auf Erweiterung des Kinder­schutzes, aus gerechte Einteilung der Wahlkreise, ein Antrag gegen die Schutzimpfung und ferner ein ge­harnischter Antrag gegen das Schwänzen der Reichstags­sitzungen durch die sozialdemokratischen Abgeordneten. In der Erörterung traten verschiedene Redner dafür ein, daß künftighin bei Loyalitätskundgebungen für den Landesherrn die Sozialdemokratie im Sitzungssaals bleiben und demonstrieren solle. Der Reichstagsabge­ordnete Roste meinte, der Widerstand gegen die Mi­litärvorlage sei hauptsächlich in der Kommission vor sich gegangen. Dort sei noch niemals ein Kriegsminister sogebimst" worden, wie der damalige Kriegsminister. Der Reichstagsabgeordnete Ledebour verurteilte scharf die Regelung der Diätensrage, wie sie jetzt im Reichstage herrsche. Sie führe zu einer großen Kor­ruption des Reichstages, denn sobald es im Sommer keine Diäten mehr gebe, werde in den letzten Tagen alles, was vorliege, in Bausch und Bogen erledigt. Hierauf spricht G r u m b a ch - Paris über die deutsch- französischen Beziehungen und geißelt den deutschen Chauvinismus. Cohen hält die Einführung der drei­jährigen Dienstzeit sür viel schlimmer, als die deutsche Rüstungsvorlage. Wittig sieht in der Auflehnung gegen den Militarismus gerade eine Hauptaufgabe der deutschen Sozialdemokratie. Ein Antrag auf Schluß der Debatte beendet die Diskussion. Ein Antrag ans Abhaltung eines Frauentages 1914 wird ange­nommen, nachdem eine lange Debatte vorausgegang ist.

Stadt» Bezirk «ad Nachbarschaft

Calw, 18. September 1913

Der Steuerdruck.

Die Jndividualstatistik der Einkommensteuerver­anlagung auf 1. April 1910 hat in erster Linie die Einkommen nach Erwerbsklassen und Einkommensgrup­pen erhoben, dann die Verschuldungsverhältnisse, die Stenermilderung, die Selbstmiete und die Freigestellten ausgemittelt, auch besondere Nachweise über Misch-Ein- kommen und ihre Unterarten gegeben und schließlich einen allgemeinen wie spezialisierten Einblick in die unmittelbare staatliche Belastung sämtlicher Einkom­men vermittelt. Die gemeindliche Belastung anzu­fügen, war nicht möglich. Eine solche Aufstellung sür das ganze Land hätte, wie die Begleitworte zu der Sonderstalistik bemerken, naturgemäß nur Durchschnitts­ergebnisse liefern können, weil das Bild der tatsächlichen Belastung nur bei der Beschränkung auf die staatlichen Steuern sür Land, Bezirke, Gemeinden unmittelbar vergleichbar bleibt. Es kann auch nur von einer staat­lichen Steuerbelastung durch die direkten Steuern, die Ertragssteuern von Grund und Boden, Gebäuden, Ge­werben und Kapitalien, und die Einkommensteuern ge­sprochen werden, da die indirekten Steuern durch diese Veranlagtenstatistik nicht faßbar waren. An Einkom­men- und Ertragssteuern brachte das ganze Land auf 27 364 249 <4i, woran es auf die Einkommensteuer 19155 504 -4t, die Grund- und Gefällsteuer 1307 211 Mark, Eebäudesteuer 2 028178 -41, Gewerbesteuer 1589 476 -4t, Kapitalsteuer 3 283 880 -4t traf. Der Neckarkreis lieferte 14 131 209 -4t an Einkommen- und Ertragssteuern, woran Eroß-Stuttgart mit 9 183 264 -4t beteiligt ist. Der Donaukreis brachte als zweitsteuer­kräftigster Landeskreis 5 659 474 -K, der Schwarzwald­kreis 4 235 012 -4t und der Jagstkreis 3 288 554 -ll. Das