Poiurare geht nach Genua?
Paris, 23. Aprtt. „Chicago Trtburce" berichtet aus G.nua: In offiziellen französischen Kreisen verlautet, das; Barthou in Beantwortung des Telegramms von Attllerand die Lage als heikel bezeichnet habe und hinzufügte. daß der Ministerpräsident Poincare Herkommen wolle, um die Situation für Frankreich zu retten.
Paris, 23. April. Aus Genua trifft die Nachricht ein, daß dort die Dauer der Konferenz auf noch ungefähr 14 Tage geschätzt werde.
Türkische Beschwerde gegen die Ausschließung von der Konferenz von Genua.
Mailand, 23. April. Nach dem „Secolo" hat der Sekretär der türkischen Delegation dem Generalsekretär der Konferenz von Genua ein Pr otestsch'r eiben gegen den Ausschluß der Türkei von der Konferenz überreicht. Darin wird u. a. ausgeführt, daß der Ausschluß der Türkei und die Zulassung Griechenlands eine umso größere Ungerechtigkeit sei, als die Teilnahme Griechenlands an der gegenwärtigen Konferenz in formellem Widerspruch stehe mit den in Cannes ausgestellten Grundsätzen. Die Delegation der groß-türkischen Nationalversammlung, schließt die Note, hat dis Ehre, der Wirtschafts-Konferenz von Genua, indem sie gegen die Ausnahmemaßnahme portestiert, mitzuteilen, daß sich die Re- ! gierung von Angora in der Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Interessen volle Handlungsfreiheit Vorbehalt.
Amerika zweifelt an einem Erfolg von Genna. >
London, 23. April. Der Londoner Korrespondent ^ der „Daily Mail" berichtet, daß man sich in den Union- ! staaten allgemein beglückwünsche, daß Amerika an der ^ Genueser Konferenz nicht teilnahm. Trotz aller opti- ! mistischen Nachrichten aus Europa-glaubt man immer ! noch nicht, daß es gelingen werde, die wirtschaftliche : Lage Europas in irgend einer Weise zu ändern. An- ^ dererseits müsse man die Tatsache feststellen, daß durch die Handlungsweise Barthous sich die Stellung Frank- ! reichs in der öffentlichen Meinung der Unionstaaten ! erheblich geändert habe. i
Russenverhastriugen in Genua.
Genua, 23. April. Die Genueser Polizei glaubt, ^ dieser Tage ein Komplott gegen die russische ^ Delegation aufgedeckt und vereitelt zu haben. Die § verdächtigen Russen, die meist aus Paris gekommen ! sind und die am Bahnhof in Empfang genommen i und wieder abgeschoben worden sind, hatten sich in - Hotels 2. und 3. Ranges als Kaufleute unter deutschen Namen eingetragen und besaßen Pässe, die vom Berliner Polizeipräsidenten ausgestellt waren, und nun sich natürlich als gefälscht herausstellten. Bis jetzt wurden 12 Männer und 4 Frauen, unter ihnen bekannte russische Monarchisten, verhaftet.
Barthous Borstotz g gen Deutschland.
Genua, 23. April. Barthou hat gestern vormittag de Facta als dem Präsidenten der Konferenz das französische Protest schreiben überreicht. Er protestiert darin, da ßihm nicht offiziell die deutsche Antwortnote überreicht worden ist.
Wie aus Kreisen der französischen Abordnung verlautet, werden die französischen Delegierten in der politischen Kommission auf Dränzen Poincares neue Einwendungen bezüglich des deutsch-russischen Sondervertrages erheben und seine Aufhebung verlangen. Sie beharren darauf, er verletze nicht nur die Grundlagen von Cannes, sondern auch dis Reparationsbestimmungen des Versailler Vertrages. Die Franzosen sind erbittert, weil die meisten diplomatischen Unterhandlungen sich nur zwischen Deutschland, Italien und England abspielten.
Nach Erkundigungen in englischen Kreisen bedauert es Lloyd George selbst, daß es immer noch so scharfe Mißklänge gebe und daß man in Paris immer noch Gewaltmaßnahmen, wie die Besetzung deutscher Gebiete. vlane. Lloyd George würde es Vorgehen, wenn
Die Wirtin z. goldenen kämm.
Kriminalroman van Ott» Höcker.
<11) (Nachdruck ««boten.)
„l-cun, oas rönnen wir sofort feststellen, Jhc Mann wechselte mir gestern noch einen Tausender, ich trage die Banknoten alle bei mir." Er zog die eigene Brieftasche und entnahm dieser eine Anzahl Hunderter. „Nun lassen Sie sehen, wo denn — hier im Anfangsbuchstaben von „Einhundert Reichsmark" — da im großen Schnörkel — ja, ich glaube wirklich etwas zu sehen. Doktor, Sie haben gewiß in Ihrem Besteck eine Lupe, bitte, her damit." Er prüfte und verglich einen Schein um den andern. Kopsnickend wendete er sich an die Wirtin. „Sie haben recht, in jedem Schnörkel finden sich zwei Tintenkreuze, aber so winzig klein, daß man sie nur mit Mühe ohne Lupe zu finden vermag. Es ist dies eine unter Umständen recht dankenswerte Vorsicht Ihres Mannes . . . aber sind Sie Ihrer Sache auch völlig sicher, Frau Bindewald?" setzte er kopfschüttelnd hinzu. „Ihr Mann hat dem Unwetter zum Trotz die beschwerliche Schlittenfahrt doch nur gemacht, um sein gegebenes Wort einzulösen und die Kaufsumme zu zahlen, und nun soll er womöglich das Geld in der Tasche behalten und sich der Vergeßlichkeit fälschlich beschuldigt haben? Das glaube ein anderer, aber ich nicht."
„Herr Amtsrat, was da vorgegangen ist, weiß ich nicht, aber auf meines Mannes Wort kann man bauen," entgegnete Frau Bindewald. „Verloren haben kann er das Geld unmöglich, denn er hat es in die Innentasche seines Rockes gesteckt und den schweren Wintermantel fest darüber geknöpft. Ich blieb bei ihm am Schlitten stehen bis er abfuhr."
aber merkwürdig," wunderte sich Martini.
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> Poincare Miyr naa) «Zwunn rameTsirar ! Delegation fortwährend mit Telegrammen leiten ^ wollen. Die Franzosen erwidern, daß, nachdem schon ^ Barthous Stellung in der Konferenz erschüttert sei, man nicht auch noch Poincare kompromittieren könne.
Tie Taktik Poincares.
Paris, 23. April. „Aktion Francaise" schreibt: Wenn wir richtig verstehen, geht Poincare folgendermaßen vor: 1. verlangt er die Respektierung des Versailler Vertrages, der von Deutschland in mehreren Punkten l dadurch verletzt wurde, daß es gegenüber Rußland j über Pfänder verfügt hat, die den Alliierten gehö- ^ ren. Die Reparationskommission, die über diese Pfän- ' der zu wachen hat, ist damit betraut worden; 2.
! apelliert er an die Exekutivgewalt der Verbündeten, i den Botschafter oder den Obersten Rat, die über die j Durchführung der Verträge zu wachen hat. Wenn ! man diesen Disziplinarausschuß durch die Staaten der ! Kleinen Entente ergänzt, würde man die deutsch-rus-
- fischen Komplizen genügend einschüchtern, um sie zu ' zwingen, sich zu trennen. Es handelt sich mit einem
Wort gesagt darum, gegen ihren Wunsch einen anderen ! weit mächtigeren Bund zu schaffen und, wie man sagt,
- mit Hilfe der deutschen Herausforderung die Front der l Verbündeten wiederherzustellen. Das ist der Grund, ! weshalb Barthou in Genua geblieben ist und mit i Lloyd George Fühlung gehalten hat.
Das Genuamcmorandrlm an die Russin.
punrc ynincynra, oet' seMfch-rmiiicr, teilen sollten, würde Frankreich die notwendigen Handlungen allein ausführen. Diese Entscheichlna wurde durch eine in Paris eingetroffene Meldung veranlaßt, daß die deutsche Kavallerie an der Grenze des polnischen Korridors aufmarschiert ist. Der französische Generalstab hat sich an die Arbeit gesetzt, und hat bereits einen Plan für einen militärischen Aufmarsch angefertigt. Die Lage Frankreichs wird noch dadurch kompliziert, daß zwischen Barthou und Pvin- care in der Frage des deutsch-russischen Vertrages ein Konflikt ausgebrochen ist.
Französische und belgische Minister reisen ins Rheinland.
Paris, 23. April. Das „Echo de Paris" meldet aus Brüssel, daß der belgische Minister für nationale Verteidigung, Deveze, am nächsten Montag nach Koblenz reisen werde und zwar in Begleitung des belgischen Generalstabschefs, verschiedener Generäle und seines Kabinettschefs, sowie des belgischen Militärattaches in Paris. Gleichzeitig wird der französische Kriegsminister Maginot sich ebenfalls nach Koblenz begeben uch dort mit dem Belgier zusammen treffen. Beide weiden in Koblenz von dem amerikanischen Kommandanten der amerikanischen Besatzungsarmee empfangen werden. Am Mittwoch werden sich die beiden Minister nach Duisburg und Ruhrort begeben, um die Besetzung der Brückenköpfe zu untersu-
Genua, 23. April. Das von Lloyd George der russischen Delegation übergebene Memorandum hat folgenden Inhalt: 1. die alliierten Regierungen lehnen die Verantwortung für die von den Sowjets erhobenen Ansprüche ab; 2. Mit Rücksicht auf dis ernste wirtschaftliche Lage Rußlands sind die alliierten Regierungen bereit, die russischen Kriegsschulden in gewissen, später zu vereinbarenden Höhe abzuschreiben und die angelaufenen Zinsen zu ermäßigen; der Sowjetregierung kann in folgenden Punkten nicht entgegengekommsn werden: Punkt a) Hinsichtlich der Schulden und finanziellen Verpflichtungen, die Rußland fremden Staatsangehörigen gegenüber hat: b) hinsichtlich des Rechts solcher fremden Staatsangehörigen auf die Abgabe ihres Eigentums oder Schadenersatz für erlittenen Schaden.
Neues vom Tage.
Französische Absichten in Süddeutschlanv.
München, 23. April. In einer sozialdemokratischen Versammlung, die letzter Tage in München stattgefunden hatte, sprach der Führer der bayerischen Mehr- hsitssozialisten Auer unter anderem auch von den französischen Absichten in Süddeutschland. Er erklärte, daß die französischen Militaristen durch ihre Zwangsmaßnahmen das deutsche Volk zum Aufruhr treiben wollen, um dann einen Grund zur Eingreifung zu haben und betont, daß die Franzosen für diesen Zweck allein in Bayern schon mehr als 5 Millionen ^ Franken aufgewendet haben.
Der französische Generalstab arbeitet.
Berlin, 23. April. Der „Lokalanz." schreibt: - Der diplomatische Mitarbeiter der Cablogramm-Agentur teilt mit: Die französische Regierung hat eine wichtige Entscheidung getroffen, deren Tragweite man nicht übertreiben und deren Sinn man nicht entstellen darf. Poincare ist der Meinung, daß der Vertrag von Versailles verletzt worden ist und daß diese Entwicklung eine neue Lage schafft. Wenn Deutschland das Abkommen von Rapallo nicht zerreißt, wird Frankreich fortfahren zu glauben, daß gewisse Maßnahmen notwendig sind. Diese Maßnahmen wird Frankreich im Einverständnis mit seinen Alliierten treffen. Es werden zwei Dinge versucht: 1. die Unterschrift des französisch-englischen Garanticbertrages in Garantien für die Ostgrcnze und 2. Einberufung des Obersten Rates. Falls dis Verbündeten den französischen Stand-
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Verschärfung Ser Bor'christen gegen den Wncherhandel in Bayern.
München, 23. April. Das bayerische Landwirtschaftsministerium erläßt eine Verordnung, die auf eine Säuberung des Handels mit Lebens- und Futtermitteln von unzuverlässigen und nicht fachkundigen Personen hiazielt. Darnach werden die Kreisregierungen und die Bezirksverwaltungsbehörden angewiesen, alle Fälle einer Erteilung von Handels-Erlaubnisscheinen, Wandergewerbefch einen und Gewerbelegitimationskarten mit aller Strenge nachzuprüfen. Jede Zurücknahme einer Handelsberechtigung ist in den Amtsblättern ie- z kanntzugeben, desgleichen wird auf die bereits bc- ! stehende Verordnung aufmerksam gemacht pnd deren z rücksichtslose Anwendung verfügt. — Dies Vorgehen kann noch in anderen deutschen Staaten Besserung der Verhältnisse bringen, wenn man in seinen Spuren geht.
RIte>tt1eis. 24 April 1»r»
* Befördert wurde zur» Förster, Forstwart Mack »o« hier.
* Atschied. Am morgigen DisrrStas orrläßt Siad'pfarm Hang mtt sei»« Familie die hiesige Stadt, in der er nahezu IS Jahre gewirkt hat, «m nach Oeschelbronn OA. Herrenberg überzr siedeln und eine leichtere Pfarrstelle zu übernehmen. Stadlpfarrer Hang entwick le in den 13 Jahren seiner hüstgen Aufenthalts eins fruchibare, nie erlahmende Tätigkeit als Prediger und Seelsorger, sowie in den Vereine«, dem To. Volktbmrd, dem Jungsrauenverein md dem Iüng» lingkvrrei« »te. Auch der Gemeinschaft war er eine Stütz». Insbesondere war Stadlpfarrer Hang aber ein treu« Seelsorger. Mit welcher Liebe und Treue er die hiesige Gemeinde auf dem Herze« getragen hat, das ging auch wieder
! aus seiner gestrigen NbschiedSpredigt hervor, in welcher er sich nochmals an die Gemeinde wandte, zugleich für alle ihm «. seiner Familie hier gewordene Liebe herzlich dankend. Stadt- pfarrer Hang hat in seiner bekannten Bescheidenheit sür jeden öffentlichen Abschied entschieden gedankt. Der Jung« srauenvrrnn ließ rS sich aber nicht nehmen, in ein« schö» »erlaufenen Feier seiner Dankbarkeit Ausdruck zu geben. Der Kirchengemeinderat sprach gestern im Anschluß an die Abschied» predigt durch eine Abordnung, an deren Sp'tz« Stadt
„Und Sie sind Ihrer Sache ebenso sicher, Bürgermeister?" wendete er sich diesem zu.
„Wenn Sie mir nicht glauben, so sitzt jetzt noch die ganze Gaststube voll Zeugen, die jedes Wort mit angehört haben."
Der Amtsrat blieb bei seinem Kopfschütteln. „Wenn ihm vielleicht auch unterwegs der Handel leid geworden ist und er suchte sich durch eine Notlüge zu entziehen, so hatte er doch die Hosentaschen voll Geld. Der Mann nimmt in seiner eigenen Wirtschaft auch von den vertrautesten Gästen nicht einmal eine Zigarre an und nun sollte er die paar Zehrgroschen schuldig bleiben? Das will mir nicht einleuchten."
„Aber, Herr Rat, Sie kennen doch meinen Mann zur Genüge!" rief die Lammwirtin vorwurfsvoll. „Da kann was nicht stimmen. Kein Wort soll er übn den Verlust der Brieftasche verloren haben und dabei kehrt er das ganze Haus wegen eines vermißten Groschen um . .. und die Zeche soll er nicht bezahlt haben? Sagen Sie selbst, Bürgermeister, Sie kennen ihn doch auch, warum sollte er sich auch scheuen, so viel Geld verliert keiner gern, zumal mein Mann, der so genau ist — und Ihr hättet ihm gewiß gern mit Euren Leuten beim Suchen geholfen."
„Aber selbstverständlich," beeilte sich der Bürger^ meister zu versichern. „Ich sagte vorhin schon, Ihr Mann siel mir auf, er war ganz anders wie sonst, ich weiß nicht, wie — so wie dösig, gerade wie vor den Kopf geschlagen . .. und nicht rasch genug könnt' ich einschenken, das ging nur so ... in zwei Minuten hatte er drei Wassergläser voll starken Kirschgeist 'runtergeputzt."
„Mein Mann?" Die Wirtin war aufgesprungen und starrte ihn verdutzt an. „Daß ich nicht lach'," entfuhr es ihr, „nun frage ich die Herren sämtlich, so viel trinkt mein Mann nicht in einem Monat, der ist doch die Mäßigkeit selbst."
„Darum berichte ich's ja, weil es mir selbst so komisch vorgekommen ist," verteidigte sich der Bürger
meister. Er hätte noch mehr hinzugefügt, wenn Martini, der sich inzwischen erhoben, nicht neben ihn getreten wäre, ihn vertraulich beim Arm gefaßt vnb abseits gezogen hätte.
; „Ein Wort im Vertrauen, da stimmt etwas nicht,
> Bürgermeister," flüsterte er. „Was halten Sic Von der Sache? Sie haben Bindewald doch sozusagen z>' letzt gesehen "
Der Gefragte wippte nur mtt Len Schultern. „Dc- bin ich zu dumm dazu, Herr Amtsrat." entfuhr es ihm dann. „Heute abend, so um acht herum, hat man gleich beim Dorf auch einen Schuß fallen hören, aber da war der Lammwirt ja schon stundenlang fort untz Sie hatten bereits bei mir durch den Fernsprecher angefragt."
„Einen Schuß will auch Mehlig gehört haben, aber das soll um volle vier Stunden früher gewesen sein ^
„Schon möglich, das will nicht viel heißen, hier herum knallt es öfters. Nur nicht gerade hart beim Dorf und auf der offenen Landstraße."
„Ja, gerade dort soll man nach Mehligs Angaben während der Dämmerung geschossen haben und etm ' zehn Minuten später ist der Braune mit Bindewam- s Schlitten die Straße wie toll heruntergesaust gekommen-, Ob dieser Schuß etwa dem Vermißten gegolten hatte- Das letzte sagte er mit Rücksicht auf die Nähe ott Lammwirtiu ganz leise; aber er hätte kaum die Rücksicht walten zu lassen brauchen, denn bei der Fra» machten eben die völlig erschöpften Nerven ihr Recht geltend.
„Hm, hm!" Der Bürgermeister kratzte sich unschlw- sig hinter dem Ohr. „Sie meinen, es möchte erne aus dem Dorf den Lammwirt aufgelauert haben.
„Erraten. Haben Sie zweifelhafte Gesellen, dene man eine derartige Tat zutrauen könnte?"
Wieder wippte der andere mit den Schultern. pengesindel haben wir so eigentlich keines im iw, ich wützt' keinenB