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Kr. 88.
Altevfteig. Mittwsch Le« 18. April.
Jahrgang 1S88.
Me Msereur va» Gem.
Die Rede Tschitschert»-.
WTN. Genna, 11. April. (Lerspätet einzrtroffm) Tschit- jcherin führt« in seiner gestrigen Rede au«: Die russische Delegation erklärt mit besonderem Nachdruck, daß sie im allgemeinen Interesse de« Wievera fbaue« nach Genua gekommen ist. Die russische Delegation schreibt g öß e Wichtigkeit dem Punkte der Canmr R-solutio» zu, der die gegenseitige Anetkenaung der verschiedenen Wirtschaft Systeme und polnischen und wirtschaftliche» Formen verkündet. Die russische Delegation beabsichtigt nicht, ihre eigenen Theorie» zu betonen, sondern praktische Beziehungen zu allen Regle-tl-gm «ad Industrie- »ad Handelt kreisen anzuknüpfe«. Da« groß« Problem ist nur zu lösen, wenn olle Staaten den ausrichli- gen Wunsch haben, ihre Anstrengungen zu vereinen und wen» sie entschloss-« sird, die notwendigen zeitweise» Opfer zu bringen. Dt« wirtschaftliche Anerkennung Rußland« erscheint als unbedingte Notwendigkeit für die wirtschaftliche Erneuerung der Welt. Rußland will mit allen Mitteln seiner Lischt zur Lösung der Ausgaben der Konferenz beitragen. Es will seine Grenzen öffnen und internationa e Tran- fitwege ermöglichen. Es ist bereit, auf landwirtschaftlichem Md ittdustrielltM Gebiete große Konzessionen zu gewähren. Lcck Werk der wirtschaftlichen Umgestaltung Rußlands wäre vollkommen autfichlslo«, wenn die ökonomisch mächtigsten Naüo..en durch die Wacht ihrer Ansprüche und ihrer Macht die Zukunft Rußland« erwürgen sollte». Alle Anstrengungen zur wiuschaftllche» Erneuerung ver Welt sind vergeblich, solange die Gefahr neuer Kriege über den Völkern schw bt. Dir russische Delegation beabsichtigt, Vorschläge über die Ein schränkungen der Rö tungen einzubringen. Rußland selbst ist zu einer solchen Einschränkung der Rüstungen bereit. Mit Befriedigung nimmt die russische Delegation von drm Vorschlag des englischen Ministerpräsidenten Kenntnis, der die period-sche Berufung aller Konferenzen unter Beteiligung aller Nationen vorsieht. Die Teilnahme der Arbeiterorganisationen un diesem Kongreß ist unbedingt notwendig. Tschit- schrrin sprach sodann über eine Umgestaltung des Völkerbundes uud über die Stabilisierung der Wechselkurse und erklär» die Bereitschaft Rußlands, alle fortschrittlichen Vorschläge zu uluerftützen, die von anderen Ländern in dem oon chm entwickelten Sinne gemacht würden.
Bnrthous Grwidernug.
WLB. Genna, 11. April. (Zp-zialberrcht de« Vertreter« des WLB ) Auf die große Rede Tschitschecins erwiderte Barchou u. a. r Die Rede de« ersten russischen Delegierten «iligt mich zu einer karzr», aber scharfe« Frststellaug. He» Facla hat eine Erklärung verlesen mir folgender Stelle: Die gegenwärtige Konferenz ist auf der Bast« der Konferenz von Emms zusammenberusen worden. Die, di« d-e Ein- iadnng angenommen haben, haben auch di, Grundsätze angenommen, dt« in den Beschlüssen von Crnnes als die Ba- B ieder weiteren Erörterung angenommen worden sind. »>r französische Delegation hat nicht den Wunsch, dir R-chte «er russischen Delegation in Frag« zu stellen, noch die irgend muer anderen Delegation. Wenn zur Z«»t die russische Delation die Absicht anheimstellt, e nen Beschluß über eine Vtrkehrßsrage elnzubrinzrn, so gebraucht sie ihre Rechte. Die russische Delegcuion hat indessen in ihre ollde noch rin andere« Element hiueingelegt. Sie gibt ihr« Wr Absicht kund, in die E öc>erung Gegenstände einzufü- Seo, dir nicht erörtert wilden sollten, so z. B. die Frag« der sogenannten allgemeinen Konferenz. Tatsächlich ist in l , Beschlüssen von Canms nichts enthal en, was als die ä ^iündigung oder Vorbereitung einer derartige« Konferenz f enachlet werden könnte. Wenn Cannes die Einsetzung 1 >,!?? ständigen Konferenz dieser Art zum Gegenstand gehabt - Me, so Hütte sich die französische Delegation dagegen erklärt, «»ß ich im Name» Frankreich« entschiede» verwah. ei,lege», daß dies- Frage h er erhöbe, XI«»' Tschitscherin kündigte seine Absicht an, die Eat- M»ungsftage anzuschneiden. Diese Frage ist gleichfalls «geschieden worden. Ich m«ß die rassische Deleaatia» "«wer»"* b' »«»schlag mache» sallte, die Frage
Tschitscherin
i darauf: der Sinn der in den Beschlüssen von Cau-
mir hegten Grundsätze ist nicht ganz klar. Daher machen ! ""len Vorbehalt auch hinsichtlich anderer Punkte des Wir bitten in dieser Hinsicht aufgeklärt zu rde«. Doch, da wir im Geiste der Versöhnung hierher
gekommen find, stad wir bereit, un« der kollektive« Entscheidung der Konferenz über ihr eigenes Programm zu beugen. WaS die Idee periodischer Konferenzen an sagt, so hat sie der britische Premierminister selbst in einer seiner Reden angeführt. Hinsichtlich der Entwaffnung ist mir de» französische Gesichtspunkt aus Feststellungen bekannt, die Herr Brtai d in Washington machte. Gr sagte, daß der G und, weshalb «ine En waffaung nicht «orges-hen werden könne, in dem Bewuffnungezustund Rußlands lieg». Wir nahmen daher an, wenn Rußland in eins Entwaffnung etnwillige, das von Herrn Bciand genannte ipso facto verschwinde« würde. Wr find bereit, die Entscheidung der Konferenz aazunehme», wen« sie entscheidet, daß dies<Frage nicht in da« Programm eingeschlosie» sein solle.
Lloytz George
ergriff im Laufe der Diskussion das Wort und erklärter Mit Bezug auf di« drei Punkte in Herrn Tschitscherin« Rede, anf die sich Herrn Bartho» bezogen hat, möchte ich sage«, daß ich nicht der Meinung bi«, daß He-r Tschitscherin diese Punkte als Bedingungen verstanden habe» woll e, sondern als allgemeine Bemerkung, die zwar an sich sehr nützlich, aber doch etwa« gifährlich sein körnen. Nichts ist so mit Explosivstoffen geladen, wie ein« Friedenskonferenz. Wmn man im Geiste de« Friedens und der guten Willen« znsammenkommt, liegt jedermann, wir ich immer beobachtet habe, auf der Lauer, seinem Nachbar einen Tort anzutun. Deshalb hoffe ich aufrichtig, daß die höchst bewundernswürdigen und an sich durchaus ersprießlichen Bemerkungen oe« Herr» Tschitscherin, die aber außerhalb de« Rahaens der allgemeinen Bestrebungen zu« Wohls der ganze» Menschheit liegen, von einer Konferenz ausgesch^osi-n werden müßien, deren Programm schon etwas über da« Maß best« hinauSg'he, was einige von un« in de» wenigen zu» Verfügung stehenden Wochen ohnehin schon bewältigen könne«. Eine allgemeine Konfereni ist zweifelsohne etwa« sehr Schöne« und Bewunderungswürdige« ; aber nur wenige von uns haben Zeit dazu. Ich selbst werde älter und glaube nicht, deß ich eine «n verseile Konferenz überdauern könnte, deshalb möchte ich Herrn Tschitscherin bitten, nicht darauf zu bestehen, daß die Konferenz von Genna über das gegenwärtige Programm hinausgehen und sich auf da« Universale, Edle und Erhabene ausdehnen sollte. Während alle diese Dinge noch in der Schwebe und in weiter Ferne sind, steht schon in dem Can- ner Programm, wie ich Herrn Tschitscherin versichern kann, eine Unmenge von Dingen, übe» die er Herrn Barthon in die Schranken fordern, Herrn Poineare und auch mich tüchtig kritisieren kann. Wenn er das will, so braucht er nicht über da« Programm von Genua hinanSzugehen. Dann kann er mit alle« Teilnehmern der Konferenz eine» kleine« Zank anfangen, wenn er sich nur anf diesen Gegenstand beschränkt.
Uebrr die A-rkfinn» möchte ich setzt meine Meinung ganz offen sagen: Wenn die Konferenz von Genna nicht zur Einigung führt, wird sie ein Fehlschlag sein. Aber «he die Entwaffnung kommen kann, muß «ine Verständigung da sein. Man muß erst wisse», ob die Nationen wirklich gemeinsam miteinander marschieren wollen. Das ist die Aufgabe der Genueser Konferenz; das muß erst erreicht werden. W r dürfen dem Konferenzschiff kein« allzu großen Lasten auspacken, andernfalls würde das Schiff zum Sinke« gebracht werden. Herr Tschitscherin würde dann selbst mit ertrinken. Schwere See ist in Sicht. Ei» überladene« Sch'ff kommt nicht sicher dmch die Woge«. Wir dürfen die Hoffnung der Völker nicht zuschanden machen, indem wir mehr habe« wollen, als menschenmöglich bewerkstelligt werden kann. Lassen Sie uns diese Reise erst zu Ende bringen und wenn wir erst gutes Einvernehmen und guten Willen haben» und wen« Rußland und anders Mächte sich verstanden haben, im Geist der Freundschaft nach Hause zurückkehren, dann wird auch die Entwaff -ung kommen. Der Völkerbund studiert die prakt.schen Entwaffnungsoorschläge. Herr Barthon widersetzt sich diesen Dingen ja auch nicht. Alle noch verbleibenden Fragen könne» dem Völkerbund überwiesen werden, der dadurch nur gefestigt werden kann, wenn er noch nicht stark genug sein sollte. Herr Tschitscherin hat behauptet, die Canner Beschlüsse wären nicht klar. Er bezieht sich dabei auf Poineare. Die Cuuner Beschlüsse sind so klar, wie st« in den beiden besten Sprachen, der englische« und französischen, nur ausgedrückl werden können. Ich suche zu vermitteln als Mann de« Friedens. Lasten Sie uns an« Werk gehe« und kein« uferlose», abseitSliegendeu Fragen aufwrrfe». Lasten Sie un« bei unsere« Rieseuprogra«« bleiben und damit praktisch vorwärt« kommen.
Die deutsche« Delegierte« ««ter sich.
WTV. Genna, 11. April. (Spezialbericht des Vertreter« de« WTB) Heute morgen traten die deutsche« Delegierten zu einer Sitzunz mit den Sich oerständigen zusammen. Der Reichskanzler gab in groß;» Linien ei» Bild der politischen Lage, wie e« sich au« dem Verlauf der gestrigen Elöffanngssttzung ergibt. Hierauf wurden di« Delegierten und die stellvertretenden Delegierten für die erste Sitzung der allgemeine« Konferenz bestimmt. Hauptdelegierte find Reichskanzler Dr. Wirth und Reichsministrr de« Arußrrn Dr. Rathens«. Al« stellvertretende Delegiert« fungieren die Siaatssekcetäre. De» Delegierten werde» Sachverständige beigegeben werden. Heute Nachmittag «m 4 Uhr werden sich all« Sachverständigen zu einer Vollsitzung zusammmfiasr», nachdem bereit« vormittag« die Unterkomrnisfionen getagt hatten.
Der Eindruck der Eröffnungsreden.
Berlin, 11. April. Die Berichterstatter der Berliner Blätter stimmen darin überein, daß Herr Dr. Wirth gestern nicht schlecht abgeschnitten hat. Die Bedeutung des Tages hä te in der starken Rede Lloyd Georges gelegen, der alle Töne, die ihm zur Verfügung standen, anschlug, um auf die Versammlung zu wirken. Lloyd George hätte rauschenden Beifall geerntet, an welchem sich Barthou nur mit ein paar Handbewegungen beteiligt hatte. Die Rede Barthous sei nichts als eine theatralische Geste. Selbst der deutschnationale „Lokalanzsiger" stellt fest, daß Dr. Wirths Rede nicht mit minder starkem Beifall ausgenommen worden sei als die von Lloyd George und de Facta und trotz ihrer Länge Eindruck gemacht hätte. Ihre Sachlichkeit und Aufrichtigkeit würden schon jetzt allgemein anerkannt. Eine Betrachtung der „Deutschen Allg. Zeitung" schließ: nicht ganz ohne Optimismus: „Es ist ein Anfang gemacht worden, und eine Arbeit hat begonnen, die wie immer sie ausfallen mag, nicht in der Äbsicht begonnen wurde, Europa noch mehr zu zerreißen."
Der erste Zusammenstoß in Genua.
Genua, 10. April. Es ist schwer, den Eindruck der langen Sitzung allgemein festzustellen. Zweifellos haben Lloyd Georges feuriger Aufruf, ebenso die Rede d?s Reichskanzler Dr. Wirth sehr starke Wirkung auf die Versammlung ausgeübt. Wenn der Beifall bei einzelnen Sätzen des Belgiers Theunis und des Franzosen Barthou besonders stark war, so ist das darauf zurückzuführen, daß in diesem Kreis die meisten Französisch verstanden und nicht wie bei Lloyd George und Wirth auf umständliche Uebersetzungen angewiesen waren. Die Beurteilung der Rede Wirths ist auch aus diesem Grunde bei den Ausländern nicht einheitlich, aber man hofft, daß die authentischen Uebersetzun- gsn zu einer Vertiefung des Eindrucks beitragen werden. Die ganze Größe der Schwierigkeiten, vor denen die Konferenz steht, zeigte sich schon nach der Rede des Russen Tschitscherin. Es kam dann zu einem heftigen Rededuell zwischen Barthou und Tschitscherin, in das Lloyd George und de Facta wiederholt eingrissen. Immerhin waren die Bemerkungen Barthous sehr bezeichnend für den Geist, den die französische Abordnung in die großen Auseinandersetzungen hineinträgt. Barthous bestimmte Weigerung, in die Erörterung einer irgendwie über die verabredete Tagesordnung hinausgehende Frage, z. B. die Abrüstung, an der England vor allem gelegen zu sein scheint, einzutretcn, beweist nach Ansicht ita ienischer und englischer Vertreter, daß die Franzosen mit streng gebundener Marschroute hierhergekommen sind. Man erkennt dies besonders deutlich aus einer Aeußerung Lloyd Georges: „Wenn die Genueser Konferenz nicht zur Abrüstung führt, ist die Welt bankerott", und man fragt, wie diese Meinung des englischen Ministerpräsidenten mit der offenen Ablehnung Barthous, über die Abrüstung auch nur zu sprechen, in Einklang zu bringen fei. Die Folgerungen, die aus diesem schwer zu versöhnenden Gegensatz zu ziehen sind, sind naturgemäß wenig zuversichtlich. Man zitiert ohne Hoffnung die gerade im Munde Barthous so seltsam anmutenden Worte, daß die Welt der schönen Reden müde sei. Es ist möglich, daß -.dieser Eindruck etwas hoffnungsvoller gemacht wird, wenn in den nächsten Tagen die Vertreter der anderen Länder, vor allem die der neutralen Staaten, zu Wort gekommen sein werden. Vorläufig ist ein» starke Niedergeschlagenheit unverkennbar. Ter Eindruck der letzten Auslassungen Tschitscherins war Lünstig. Man findet, daß Tschitscherin sich gegen Barthou eine auffallende Mäßigung auserlegt hat.