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Der deutsche Reform- und

Berlin, 29. Jan.

Der Wiederh-r'te^lungS^ommission wurde am Sams­tag die Antwort der deutschen Reichsregierung auf die in Cannes getroffene Entscheidung vom 13. Januar übergeben. Die Note führt u. a. aus:

Die Sachverständigen der Verbündeten auf der Brüs­seler Konferenz im Dezember 1920 erkannten an, daß die deutsche direkte Besteuerung keiner weiteren Stei­gerung mehr fähig ist. Gleichwohl wird durch die dem Reichstag vorliegenden Gesetzentwürfe Vermögens­steuer. Vermögenszuwachsstcuer, Kapitalsteuer, Ver­kehrssteuer. Körverfchaftsstcuer die direkte Besteu- rung erneut erhöht, so daß vielfach ein Eingriff in die Bermögcnssubstanz nötig ist. Die Erhöhung der Um­satzsteuer von IV- v. H. auf 2 V.H. und der Kohlen­steuer von 20 V.H. auf 40 v.H. belasten Produktion And Verbrauch im Voraus. Ebenso sollen wichtige Kölle und Verbrauchssteuern erhöht werden. Die Zölle sollen auf wirkliche Goldbasis erhoben werden. Tie lGcsamtbelastung des Verbrauchs ist der indirekten Be­steuerung anderer Länder mindestens gleich. In der Nnlage wird die deutsche Steuerbelastuug mit 31 bzw. L3 V.H. gegenüber 14/15 bzw. 16-ft V.H. der fran­zösischen vom Einkommen angegeben.

Unter den scharfen Maßnahmen gegen die Kapital- mnd Steuers ncht wird die Aushebung des Bankgeheim­nisses, die Ucbcrwachnng des Wertpapierbesitzes bei den Banken durch die Steuerbehörden, besonders her­vorgehoben. Die Tarife sind gegenüber der Vorkriegs­zeit wie folgt erhöht: Eisenbahnperfouenverkehr ILsach, Güterverkehr L2fach, Post, Telegraphen 21sach. Zu­schüsse für Lcbensmittclverbillignng werden im Jahr '1922 nur noch eine Milliarde Papiermark gegenüber wie bisher 22,5 Milliarden betragen. Der Brotpreis wird demnächst erneut um 75 V.H. erhöht. Statt der Erwerbslosenunterstützung wird eine Arbeitslosenver­sicherung auf Kosten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeführt. Die außerordentlichen Ausgaben der Post And der Eisenbahn betragen nur ein Drittel V.H. des Anlagewerts gegenüber 3 v. H. in der Vorkriegszeit. Der ordentliche Reichshaüshalt weist mit 103,2 Mil­liarden Einnahmen und 86,7 Milliarden Ausgaben einen Neberschnß von 16/- Milliarden auf, die für die Kriegsentschädigungen usw. zur Verfügung stehen. Zwecks Eiuschränknug der schwebenveir Schuld wird ote Meichsregiernng 1922 trotz des Mißerfolgs der Spar- prämiena'n-eihe 1919 erneut eine innere Anleihe ver­suchen. Ein Erfolg ist erst zu erwarten, wenn fest- fteht, daß die Bestimmungen des Vertrags von Ver­sailles den Dienst nicht beeinträchtigen können. Un­abhängig davon ist die im Steuerkompromiß vorge­sehene Zwangsaulrihr, die aber nur eine äußerste, nicht »» wiederholende Maßnahme darstellt, um die Ent- schädigungsleistungen für 1922 möglichst ohne Noten­presse entrichten zu können. Die Selbständigkeit der Rcichsbank wird gesetzlich sichergestellt. Die Befugnis des Reichskanzlers zu Eingriffen in die geschäftliche Leitung wird beseitigt. Die Wirtschafts- und Finanz­statistik wird in gleicher Weise wie vor dem Krieg voröffentlicht werden.

Das Reformprogramm gewährleistet die Deckung der inneren Zahlungsverpflichtung, jedoch nicht die gesunde Finanzierung der Entschädigungsleistungen, da die Reichseinnahmen nur Papiergeld bringen.

Die Note ve.w ist auf die Ausführungen RathenauS . In Ein, es über die Gründe des Marksturzes und die Unmöglichkeit, trotz höchster Kraftanstrengungen zur­zeit die Entschädigung; eihungen aufzubringen Deutsch­land besitzt außer Kohlen nur noch wenig Rohstoffe. Die Produktivität der Landwirtschaft ist erheblich zu- rückgcgangcn. Der jährliche Einfuhrbedarf an unent­behrlichen Rohstoffen und Lebensmitteln beträgt je 2V, Milliarden Goldmark. Die Ausfuhr von 10 Milliar­den Goldmark im Jahr 1913 ist auf rund 4 Milliar­den, also unter Berücksichtigung allgemeiner Steige­rung der Weltmarktpreise auf etwa ein Viertel gefallen. Die Zahlungsbilanz mit rund 2 Milliarden ist passiv. Jede erhebliche Devisenzahlung bringt eine neue Er­schütterung des Markkurses, vermehrt die Notenaus­gabe und schwächt Deutschlands Fähigkeit zur Ent- lchädigungszahlung immer mehr. Bei der wirtschaft­lichen Betrachtung der Entschädigungsfrage ist daher das Ergebnis, daß es unbedingt erforderlich ist, Deutsch­land mindestens für 1922 von allem Leistungen in, bar z« bejreie». ^ V

5 ,-^deutsche Reichsregierung erkennt jedoch an, datz und Bedenken für die deutsche Wirtschaft

^E-Ananzen hinter den politischen Notwendigke »eu zuruckzustellen sind. Sie verweist ausdrücklich

die ihr bekannten Ziffern von 720 Millionen Gold­mark Barzahlungen und 450 Millionen Goldmark Sach­leistungen, die von den Verbündeten in Cannes in Er­wägung gezogen sind. Sie bittet, die Barzahlungen, nötigenfalls unter Erhöhung der Sachleistungen, nie­driger festznsetzcn, schlägt aber ohne Rücksicht auf die Höhe der Festsetzung auf Grund der Vorbesprechungen in Cannes verschiedene Einzelheiten für die Durchfüh­rung der Lieferungen vor. U. a. sollen die Besatznngs- kosten auf die Gesamtleistungen von 1 S 22 verrechnet und sonstige Verpflichtungen in fremder Währung aus dem Friedensvsrtrag, insbesondere dem Warenabrech­nungsverkehr, ermäßigt werden. Deutschland gibt fer­ner erneut seiner Bereitwilligkeit Ausdruck, mit allen verfügbaren Mitteln und Kräften an der Wiederher­stellung der zerstörten Gebiete mitzuwirken. Deutsch­land ist bereit, auch mit anderen Verbündeten Ab­kommen über Sachlieferungen abznschlreßen.

Der Schluß der Note weist auf die Erfahrung hin, daß monatlich oder vierteljährlich wirderkehrende Zah­lungen fremder Währung die Leistungsfähigkeit Deutsch­lands empfindlich schädigen und eine völlige Ordnung der Finanzen verhindern. Eine wirkliche Zahlungs­fähigkeit oder Inanspruchnahme inländischen und aus­ländischen Kredits zur Durchführung der Finanzopera­tionen großen Stils ist nicht denkbar.

Tie Wiede Herstellung des Vertrauens der Welt in Deutschlands Zahlungsfähigkeit ist die Vorbedingung für eine umfassende Durchführung der Reparationen. Die Reichsregierung ist daher der Auffassung, daß die Erhebung der Entschädigungen für 1922 nur ein erster schritt aus dem Weg zur Lösung des Finanzproblems ist. Wird dieses nicht in Angriff genommen, so wird die Ungewißheit über die Leistungen im Jahr 1923 auch auf die wirtschaftliche und finanzielle Lage der verbündeten Länder einen lähmenden Druck ausüben. Dis deutsche Reichsregierung bittet die Wiederherstel­lungskommission, die Schlußausführungeu besonders zu beachten, daurit der Weg der Wiederherstellung des deutschen Kredits im In- und Ausland gefunden und eine große Anleihe und ein internationales Zusammen­wirken möglich gemacht werden könne.

Die russische Hungersnot.

. Die Ost- und Südgouvernements Rußlands befinden sich in Hungersnot. Wie schrecklich sie ist, haben die furchtbaren Berichte gezeigt, die meldeten, daß Mütter die Leichen ihrer Kinder zu verzehren begonnen haben.

Nicht der . sieg ist die Ursache dieses ungeheuren Elends. Tenn selbst während des Kriegs, der die waffen­fähige Bevölkerung Rußlands vom Acker fernhielt, war die Bebauung und damit der Ertrag viel größer, als sie heute sind. Auch zeigt Deutschland, das schwerer unter dem-Krieg gelitten hat, weil es die Absperrung durch die Hungerblockade erdulden mußte, daß Hungersnot keine notwendige Folge des Weltkriegs ist. Schuld an den russischen Verhältnissen trägt zunächst das politisch-wirt­schaftliche System des Bolschewismus, das, mit dem An­spruch auftretend, die Menschheit von den Nebeln einer schlechten Gesellschaftsform erlösen zu können, nichts zu­wege gebracht hat als die Stockung aller wirtschaftlichen Strömungen, die den staatlichen Organismus gesund er­halten. Tie Lehrer des Bolschewismus befinden sich dem in Zuckungen liegenden Körper des Volks gegenüber. Das ist der Zustand, den sie angerichtet haben. Und wenn heute ein Mann wie Lenin einzuseh-en beginnt, daß er auf dem falschen Weg war und sich zu dem Wagnis ge­zwungen sieht, zu erklären, daß der Kapitalismus nicht entbehrlich sei, so wird doch niemand die unsagbar große Schuld von den Bolschewistenführern abwülzen können für das, was nun einmal geschehen ist.

Nur der äußerste Zwang hat die Sowjetverwaltung veranlassen können, von ihrem System der Ableugnung abzugehen, die inneren Verhältnisse Rußlands wenig­stens teilweise zuzugeben und nach Mitteln zur Besserung zu suchen. Auf dem 9. Rätekongreß stand die Land­wirtschaft im Vordergrund des Interesses. Den Haupt­bericht über die Landwirtschaft hatOssinski am dritten Tag des Kongresses erstattet. Er ist von besonderem Iw,cresse, weil selbst aus dieser vorsichtigen Darstellung der Verhältnisse die Not des Landes hervorgeht.

Ossinski sagte: Trotz der Verbesserungen auf einigen Gebieten schreitet der allgemeine Niedergang der Landwirtschaft fort und wird sich weiter ent- , Wickeln, wenn wir nicht außerordentliche Maßnahmen ergreifen. Ter Rückgang der Sommerfelder war 1920 katastrophal. Im Frühling 1922 wird an der Wolga

blotz ein Fünftel der Saatfläche von 1916 besät fein. Es genügt eben nicht nur, die Saaten hinzuschaffcn, sondern sie müssen auch ausgesät werden.

In bezug aus die Formen der Landnutzung, d. h. des Besitzes, erklärte Ossinski, daß die Sowjetregie.mng der Bauernschaft hierin volle Freiheit gebe. Tenn sie Witz?, daß iveder das Eigengehöft, das der Zarismus begünstigte, noch der Gemeindebesitz volle Entwicklung der Landwirtschaft gewährleiste. Es können also ganze Dörfer und ebenso einzeln- Mitglieder des Dorfs die Fo m der Landnutzung wählen, die ihnen gefällt. Ebenso solle die Landpacht, aber nicht länger als aut sechs Jahre bei alljährlicher Erneuerung des Pachtvertrags, gestattet werden. Es soll aber dem Bauern nur die Dacht eines solchen Landes gestattet werden, das nicht größer ist als die Hälfte seines Anteils. Auch die Zu­lassung von gemieteten Arbeitskräiren sei unler bestimmten Bedingungen zu gewähren. Ferne, befür­wortete Ossinski Meliorationsft.dite, Einfuhr von land­wirtschaftlichen Maschinen und von Kunstdünger, Ab­schaffung einiger Naturalsteuern, landwfttscha t iche Unter­weisung und Einführung von Getreidearteu, die der Dürre widerstehen, wie Mais. Wie man sieht, sind es neben den letztgenannten praktischen Maßnahmen Schrittp zumck zum Kapiralismus und zur Anerkennung des^ bäuerlichen Landeigentums, die Ossinski m seinem Bericht vorschlug.

Das erschütternde Urteil über den Stand der russischen Wirtschaft wird durch den Bericht des Vertreters des Saratower Gouvernements, Bulasio. noch vertieft. Nach seinen Angaben ist die Saarflä ch e von Südoft-Ruß- land um 9 0 Prozent z u r ü ckg e g a n g e n! Tie die- - sem Gebiet zugeteilten Saaten bezeugen 38 bis 40 Prozent der Saatmenge von 1916. Ter Viehbestand ist stark zurückgegangen. In den deutschen Kolonien war der Vieh­bestand zum 1. August 1921 um die Hälfte gesunken:» seit dem 1. August sind die Viehbestände weiter nochmals um die Hälfte dahingeschwunden. Es gib- viele Kolio- nistendörser ohne ein einziges Pferd. Im Saratower Gouvernement sind über Iw/z Millionen Hektar unbesät. Dieses Gouvernement mit seiner Beoölrerung von 3,9 Millionen wird aus einem kornnusführendeu zu einem kornemführenden Gebiet. Dasselbe gilt vom ganzen Wol- gagebiet. Auch dieser Redner rief zu heroischen Maß­nahmen auf, um den Verfall von Südostrußland auf­zuhalten.

Tie Hilferufe Nansens sind verhallt, die Versuche, dem zusammengebrochenen Land von außen staatliche Hilft zu bringen, am Widerstand Frankreichs gescheitert. Hier ist der Punkt, wo die Schuld des Bolschewismus a» die Schuld des herrschsüchtigen Frankreichs grenzt.

Neues vom Tage.

Entlassungen bei der Eiscnvarin.

Berlin, 29. Jan. Nach demLokal-Anz " hat daS Reichsverkehrsministerium eine Verfügung herausge­geben, wonach im Bereich der Reichseisenbahnen bis 31. März 1922 20 000 Arbeiter entlassen sein müs­sen. Hiervon treffen auf Preußen-Hessen 15 000, auf Bayern 1800, auf Sachsen 1400, auf Württemberg 600 usw Von den 20 000 Entlassungen fallen 6000 auf die Werkstätten. Hierbei sollen die Lehrlinge, die am 1. April ausgelernr haben, mitgezählt werden. In Betracht kommen insgesamt etwa 30 000 Dienststellen, auf die sich die Entlassungen verteilen. Die Maßnahme ist ein erster Schritt zur Wiederherstellung der Wirt­schaftlichkeit der Eisenbahnen.

Das Hrlsswerk vor, Fndu'tric r:.w Landwirtschaft hinfällig.

Berlin, 29. Jan. TerTägl. Rundschau" wird mit- geteilt, daß durch die vom Reichstag angenommene Zwangsanleihe -das Kreditangebot der deutschen Industrie hinfällig geworden sei. Die maßgebenden Kreise des Reichsverbands der deut­schen Industrie seien der Auffassung, daß durch die Zwangsanleihe die Industrie so angespannt werde, daß sie überhaupt kein eigenes Angebot mehr aufrecht er­halten könne. Auch die deutsche Landwirtschaft habe beschlossen, keine freiwilligen Leistungen an das Reich mehr zu machen, da durch die neuen Steuern und die Hwangsanleihe die Landwirtschaft sich kaum noch wirtschaftlich lebensfähig erhalten lasse.

Erweiterung der Koalition.

Berlin, 29. Jan. Der Vorsitzende der demokratischen Reichstagsfraktion hat den Antrag gestellt, die Frak-