Fellbach, 9. Sept. Im Dampfsägewerk Schwegler brach in vergangener Nacht um 12 Uhr Feuer aus, das in kurzer Zeit das Fabrikgebäude vollständig in Asche legte. Auch die auf dem Lagerplatz liegenden großen Stamm- und sonstigen Holzvorräte wurden ein Raub der Flammen. Vom ganzen Fabrikgebäude steht nur noch das Kamin. Das in der Nähe liegende Wohnhaus konnte gerettet werden. Der Schaden ist sehr groß; das Feuer soll durch Selbstentzündung entstanden sein.

Eerabronn, 8. Sept. LautBeobachter" hat eine Vertrauensmännerversammlung der Volks­partei gestern einmütig den Landwirt E. Hermann in Vlaufelden als Kandidaten für die Landtags­ersatzwahl aufgestellt.

Leutkirch, 7. Sept. Die Königin hat bei der 7. Tochter des Sattlermeisters Büchels, die Paten - stelle übernommen und ein Geschenk von 20 Mark überreichen lassen.

Stetten i. R. 8. Sept. Das heurige Jahres­fest der Heil- und Pflegeanstalt Stetten i. R. ist auf das Jahr 1914 verschoben worden, in welchem die Anstalt 60 Jahre ihren Sitz in Stetten haben wird.

A»» Wett «»0 Zeit.

Die Kaisermanöver in Schlesien.

Freiburg (Schlesien), 8. Sept. Die Stadt Freiburg hat zur Ankunft der Manöverleitung und zahlreicher Manövergäste reichen Flaggenschmuck angelegt. Prinz Waldemar ist als Chef des Freiwilligen-Automobil- korps hier eingetroffen, ebenso die Eeneralstabschefs Freiherr von Hötzendorff und Pollio. Abends ist Gras Zeppelin eingetroffen, dem ein begeisterter Empfang zuteil wurde.

Freiburg, 8. Sept. Die allgemeine Kriegslage ist folgende: eine rote Armee bricht aus Oberschlesien vor und hatte am 6. abends die Linie StrehlenPatschkau erreicht. Die rote Kavallerie gelangte am 7. bis Ko­berwitzSchweinitzFriedland, nachdem sie im Gebirge und bei Schweinitz blaue Erenztruppen zurückgeworsen hatte, die hinter die Striegauer Wasser und bis Canth zurückgingen. Hinter ihnen ist die blaue Armee zwi­schen dem Riesengebirge und der Oder in Versammlung begriffen. Das 5. Armeekorps kämpft im Verbände der blauen, das 6. Armeekorps im Verbände der roten Armee. Die Manöverleitung teilt eine Reihe von Gesichtspunkten für die Beobachtung des Manövers mit: Zum Ausdruck kommen wird die Kunst des Führers, in engbegrenztem Raume seine Truppen in rücksichtslose­ster Offensive restlos an den Feind zu bringen und in frontalem Kampfe den Sieg zu erzwingen. Oberster Schiedsrichter ist der Kaiser, Oberschiedsrichter Freiherr v. d. Goltz. Die Anlage des Manövers läßt erkennen, daß es sich nicht an kriegsgeschichtliche Vorgänge an­lehnen wird, wenn es auch auf dem Boden glorreicher Taten der preußischen Waffen sich abspielt. Einzelheiten über die Lage des Gegners werden bei dem 5. bezw. 6. Korps erst heute abend bekannt werden.

Freiburg (Schles.), 8. Sept. Die heutigen ersten Zusammenstöße zwischen den feindlichen Teilen erfolg­ten auf dem landschaftlich schönen und historisch inter­essanten Gebiet der Schlacht von Hohenfriedberg, vor den Spitzbergen bei Striegau, in dem hügeligen Terrain östlich der Hohenfriedberger Höhen. Das Wetter war herrlich. Der Kaiser passierte mit dem König von Grie­chenland um 7 Uhr Freiburg im Automobil, und be­grüßte aus dem Neumarkt den Chef des Eeneralstabs, v. Moltke. Um -L8 Uhr stieg der Kaiser zwischen Oelse und Ullersdorf zu Pferd und hielt später auf den Töpferbergen, westlich von Striegau. Die fremd- herrlichen Offiziere waren in derselben Gegend ver­sammelt. Sie wurden von Kriegsminister v. Falken­

hayn begrüßt. Die LuftschiffeZ. 1". und Z. 4", sowie mehrere Flugzeuge waren an der Arbeit. Die blauen Grenzschutztruppen hatten eine Linie Hohenfriedberg- Striegau besetzt, um den Anmarsch der blauen Haupt­truppen zu verschleiern. Bei Haldendorf und Teichau lag das blaue 5. Jägerbataillon und andere Truppen­teile mit der Front gegen Südosten. Auf diese stieß von Schweidnitz her die gegen Nordwesten anrückende rote Kavallerie. Um 8 Uhr wurden die ersten Schüsse gewechselt. Drei rote Kavalleriebrigaden rückten all­mählich nach, durchbrachen die schwache blaue Kette und drangen weiter westlich von Striegau auf EUntersdorf vor, während das rote 6. Jägerbataillon auf standhal­tende Teile der blauen Kette von Königszelt her einen Angriff machte. Um 2 Uhr kehrte der Kaiser aus dem Gelände nach Bad Salzbrunn zurück.

Berlin, 8. Sept. Der deutsche Kaiser hat heute im Manövergelände dem König von Griechenland mit einer herzlichen Ansprache den Feldmarschallstab verliehen.

Die deutsche Beteiligung an der Panama-Ausstellung.

Berlin, 6. Sept. Die Stimmungsmache für eine nichtamtliche Beteiligung Deutschlands an der Panama- Ausstellung in San Franzisko wird in der Presse jetzt lebhaft betrieben. Die Regierungskreise verhalten sich gegen diese Bestrebung neutral und widersprechen auch nicht, wenn im Eifer für die Sache der nichtamtlichen Beschickung hier und da ein unrichtiger Ton mitklingt. Nur eine Vorstellung möchte man sich nicht festsetzen las­sen. Mehrere kürzlich erschienene Zeitungsartikel kön­nen und sollen vielleicht den Eindruck erwecken, als ob in der Auffassung der amtlichen Stellen sich ein Um­schwung vorbereite. Damit ist nicht zu rechnen, und man wird gut tun, sich in diesem Punkte vor einer Ent­täuschung zu hüten.

Wieder einmal Fremdenlegionär Müller.

Bern, 8. Sept. Ein kürzlich entlassener Fremden­legionär hat demBund" in Bern mitgeteilt, er habe den erschossenen Legionär Müller gekannt und mit ihm im gleichen Regiment gestanden. Müller habe ihm wiederholt gesagt, er sei unter falschem Namen einge­treten, er stamme aus Paris, habe aber seine Jugend größtenteils in Süddeutschland verbracht. Müller habe daher gut Deutsch, aber nur Hochdeutsch gesprochen. Er sei. wie fast alle Legionäre, ein Tunichtgut gewesen. Sobald er Geld gehabt, habe er sich betrunken.

Neapel, 8. Sept. Die Operettensängerin Lola Byron verlor auf einem Spaziergang ein Perlen­kollier im Werte von 20000 Francs, das ihr einst der König von Spanien geschenkt hatte. Die Sän­gerin gab bei der Polizei der Ueberzeugung Aus­druck, daß sie das Opfer internationaler Diebe ge­worden sei.

Paris, 8. Sept. Ein Militärtransportzug zu den großen Manövern in Südwestfrankreich mit 760 Mann und 22 Offizieren ist in der Nähe des Bahnhofs Saint-Amas mit einem Personenzuge zusammengestoßen. Zwei Passagiere und ein Unter­offizier wurden sofort getötet, ein Unteroffizier und eine Marketenderin nebst ihrem Mann wurden lebensgefährlich verletzt. Etwa 100 Soldaten er­litten leichtere Verletzungen. Schuld an dem Un­fall trägt der Stationsvorsteher, der sofort verhaf­tet wurde.

Landwirtschaft und Märkte.

Stuttgart, 8. Sept. Landesproduktenbörse. Die amerikanischen Terminbörsen meldeten fast die ganze Woche höhere Notierungen und dementsprechend waren auch die Angebote teurer. Die Tendenz hat sich auf dem

Eetreidemarkte wesentlich befestigt, wenn auch in den letzten zwei Tagen wieder eine kleine Abschwächung eingetreten ist. In der Hauptsache scheint die Weizen­hausse in Amerika auf den schlechten Ausfall der Mais­ernte zurückzuführen zu sein. Die Getreideernte in Würt­temberg, späte Gegenden ausgenommen, ist jetzt nahezu beendigt; im Quantum ist sie befriedigend, dagegen sind die Qualitäten sehr verschieden. In neuer Ware war auf heutiger Börse ein lebhafteres Geschäft. Von unseren Großgrundbesitzern, die ihren Weizen sofort dreschen, wurden größere Posten abgesetzt; in Gerste und Hafer konte sich dagegen bis jetzt noch kein richtiger Markt entwickeln. Der diesjährige Herbstsaatfrucht­markt findet am Montag, den 15. September d. I., von vormittags 10 Uhr ab, im Lokal der Landesprodukten­börse (Europäischer Hof) in Stuttgart statt. Muster sind spätestens bis Samstag, den 13. September, vor­mittags, an das Sekretariat der Börse (Europäischer Hof) einzusenden. Wir notieren:

Weizen württ.

20.60 bis 21.50

.. Ulka

23.75

24.25

Saxonska 24.25

24.75

Azima

23.50

24

Kansas II 23.75

24.25

Dinkel neu

13.

14.

Roggen, neu

17.

18.

Gerste, württ.

16.

19

Gerste, Pfälzer

19-50

20.

fränk.

17.50

19.50

Futtergerste

15.

15.50

Hafer, württ., neu

15.

17

Mais, Laplara

15.75

16.

it Sack, Kasse 1°/»

Skonto.)

Tafelgries

33.75

34.75

Mehl 0

33.75

34.75

1

32.75

33.75

2

31.75

32.75

3

30.25

31.25

4

26.75

27.75

Kleie

9.

9.50

(netto Kasse ohne Sack).

Nagold, 6. Sept. Weizen 9.50, Gerste 8.50, 8.35, 8.20. Haber 8. 7.60 7.80. Vikturalien- preise. 1 Pfund Butter 1.051.20^. 2 Eier 16^.

Herrenberg, 6. Sept. Auf dem heutigen Schweine­markt waren zugeführt: 215 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 40-56 Mark. 95 Stück Läufer­schweine; Erlös pro Paar 65110 Mark. Verkauf: flau.

v. Die diesjährige Hopfenernte in Württemberg ist von der Zentralstelle der Hopfenbauvereinigungen aus 1820 000 Doppelzentner geschätzt worden. Da sich der Ertrag im Vorjahr auf 22 260 Dz. und im Jahr 1911 auf 21600 Dz. bezifferte, während er im Durchschnitt der letzten Jahre 31000 Dz. betrug, so bleibt die heurige Ernte hinter jenen Mittelernten zurück; nur das Miß­jahr 1909 mit 6437 Dz. steht nach. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, daß die Hopfenbaufläche wieder im Wach­sen begriffen ist; sie umfaßt Heuer 3329 ka gegen 3281 km im Vorjahre und 3182 ba im Jahre 1911. Ueb- rigens zeigt sich eine schwache Mittelernte auch in den anderen deutschen Hopfenbaugebieten, wie folgende Schätzungsziffern dartun: Bayern mit 17 585 kia 75 bis 80 000 Dz.. Baden mit 1008 tm 45000 Dz. Elsaß-Loth­ringen mit 4195 im 1215 000 Dz. Preußen mit 1035 ba 78000 Dz. Die Eesamternte Deutschlands ist aus 125 000 (Vorjahr 205 000) Dz. geschätzt, die Welternte auf 700 000Dz. Bei diesen Ernteaussichten sind höhere Preise wie 1912 zu erwarten, die aber hinter denen des Jahres 1911 mit noch geringerem Ertrag als Heuer Zurückbleiben werden. Da die Brauereien noch mit Vorräten versehen sind, wird sich Heuer das Haupt­geschäft später wie sonst abwickeln.

Für bi« Schristleitung »erantwortlich: Paul Kirchner.

Druck und Berlag der A. vrlschläger'schen Buchdruckeret.

Wildberger Brief.

X Wildberg, im Sept. 1913.

Das alte Schäferstädtchen Wildberg läßt Heuer wie­der seine Einladung zum Schäferfest ergehen. War der Schäfertag ursprünglich auf den 25. Juli (Jakobi) an- gesetzt, so wurde er im Lauf der Zeit auf den 21. Sept. (Feiertag Matthäus) festgelegt. Dies Jahr findet er am 22. Sept. statt, weil der Feiertag auf den Sonntag fällt. Eine Verordnung aus dem Jahre 1723 fordert, daß dann der Lauf am kommenden Montag gehalten werden soll. Mit Freuden kamen die Schäfer früher zu dem Fest, denn es war zugleich auch der Zunfttag. Das Schäfergericht waltete seines Amtes. Es schrieb die Jungen in dieLade" ein und aus, stellte Gesellen- und Meisterbriefe aus und erledigte allerlei Standesange­legenheiten. Außer den Zunftmeistern war immer ein Schäfereiinspektor von Stuttgart anwesend. Der Re­gierung war die Schäferei sehr wichtig, denn sie trug auch viel ein. Wer Schafe halten wollte, mußte sein Concessions- oder Leggeld bezahlen. Wer Meister wurde, hatte 3 Gulden zu entrichten, die in 3 Teile geteilt wurden und zwardie Terz unserer fürstlichen Rent- kammer, die andere Terz aber der Hauptlade (Mark­gröningen) und die 3. Terz der Veiladen (also dem Echäfergericht Wildberg)." Daß die Schäfer gerne kamen, wurde ihnen in ihrer Herberge ein Esten ange­wiesen. Der Hauptanziehungspunkt aber war der Schäferlauf mit seinem fröhlichen Drum und Dran. Der heute noch übliche Lauf ist in der Hauptsache un­

verändert geblieben. Ein stattlicher Zug geht vom Rathaus nach der Klosterwiese. Denselben eröffnet ein Herold zu Pferd mit der Stadtfahne, diesem schließen sich mehrere Reiter, teils rot kostümiert, teils in ge­wöhnlicher Festkleidung, sowie die Musik an. Hierauf folgen der Pferchmeister zu Pferd, die Preishammel, die Festdamen mit Preisen, das Preisgericht, die Mit­glieder des landwirtschaftlichen Vereins. Hinter der darnach folgenden Schäferfahne gehen die Schäfermäd­chen, die ledigen und verheirateten Schäfer, die Waster- trägerinnen, die Sackhüpfer und Sackläufer. Den Zug beschließen der Turnverein, Veteranenverein, Lieder­kranz und die Feuerwehr. Als belebendes Moment sind neuerdings einige Festwagen des Gewerbes und der Ar­beiter eingeschoben. Außer den Wettläufen der Schäfer und Schäfermädchen ist hier auch das Wastertragen der Mädchen aufgekommen und erregt immer viel Heiter­keit. Siegerin wird diejenige, die ihren Kübel, ohne ihn mit der Hand zu berühren, zuerst am Ziel über eine Stange wirft. Die Jugend beteiligt sich am Fest, indem sich die Wildberger Jungen als Sackläufer und Sack­hüpfer zeigen. Viele Gaben können gewonnen werden. Die ersten Schäfer erhalten bei ihrem Lauf wie vor al­ters ihren Hammel; die übrigen, sowie auch die Mäd­chen erhalten meist Kleidungsstücke oder Haushaltungs­gegenstände. Sämtlichen Teilnehmern am Zug werden noch die bekannten Schäfernestel übergeben. Für alle Besucher des Festes bietet eine Lotterie Gelegenheit, für 50 das Glück zu versuchen. Fünf Hämmel und eine

stattliche Anzahl nützlicher Gebrauchsgegenstände werden verlost. Nach beendetem Lauf geht der Zug in der oben beschriebenen Ordnung wieder zurück,wobei aber," wie es in einem Bericht vom Jahr 1723 heißt,

sodann vor dem Fahnen der Schäfer so den Hammel und das Mentsch, so das Tüchlen gewonnen einander an der Hand, der Kerle einen grünen Kranz, das Mentsch einen Schapel aufhabend, einführen müssen."

Der Schäfertag von ehemals, der in die vielen freudlosen Tage des Schäferlebens etwas Sonnenschein brachte, wurde von den Schäfern jederzeit sehr hoch ge­achtet. Alte und Junge freuten sich längst zuvor auf ihn und war er herangerückt, strömten die Schäfer von weiter Ferne herzu. Der Glanz der einst blühenden Schäferzunft ist längst geschwunden, auch tagt kein Schä­fergericht mehr in Wildbergs Mauern und die Zunft ist seit 1827 für immer aufgehoben. Allein der Schäfer­markt am Matthäus-Feiertag ist geblieben und alle zwei Jahre rufen an ihm die Klänge des uralten Schä­fermarsches fröhliche Menschen hinaus auf die grüne Au, um vor den Toren der ehemals wohlbefestigten Stadt an den Ufern der Nagold die Todesruhe des al­ten Klösterleins zu stören. Mögen die tiefeingewurzel­ten Schäferspiele, die im Wandel der Zeit von ihrer Ur­sprünglichkeit und Anziehungskraft nichts eingebüßt ha­ben, auch Heuer und immer zahlreiche Freunde und Be­sucher finden. Ein jeder wird die fröhlichen Stunden, die er bei solchem Anlaß in dem Schäferstädtchen ver­lebt, in dauernder Erinnerung behalten.