Durch ausländische Lotterieunternehmer werden auch jetzt noch Tausende geschädigt. Trotz aller Warnungen, die kürzlich auch von uns wiederholt sind, trauen noch immer viele den ausländischen Versicherungen, daß die Beteiligung an Spielgesellschaften und der Erwerb von Lospapieren gegen Monatszahlungen besonders günstige Eewinnaussichten böten. Dies ist unrichtig. Die Spieler müssen, wenn sie aus Monatszahlungen kaufen, wuche­risch hohe Preise zahlen; spielen sie als Mitglieder von Losgesellschaften, so erhalten sie, was kaum einer von ihnen aus den geschickt gefaßten Prospekten ersehen hat, von Gewinnen nur den hundertsten (oder fünfzigsten) Teil. Sie setzen sich aber auch der Strafverfolgung aus, sofern durch Bildung von Losgesellschaften usw. uner­laubter Weise eine Lotterie veranstaltet wird. Bei der Staatsanwaltschaft Cassel laufen Verfahren besonders gegen die in der Presse schon oft genannten Commerce- und Creditbank (auch Effekten-Abteilung), weiter gegen die Allgemeine Centralbank, Allgemeine Volksbank, (auch Institut Merkur), Deutsche Effektengefellschaft, In­ternationale Wechsel- und Effektenbank, Spar- und Vor­schutzverein (auch Holländische Kredit- und Obligatie- bank,) alle in Amsterdam; ebenso gegen die Eentralbank in Arnheim und Firmen in Kopenhagen. Wer mit sol­chen Firmen schlechte Erfahrungen gemacht hat, würde im Interesse der Allgemeinheit handeln, wenn er hier­von der Staatsanwaltschaft Cassel Mitteilung machen wollte. Zur Aufklärung etwa hervorgetretener Miß­verständnisse sei hierbei darauf hingewiesen, daß die dänische Kolonial- und die ungarische Klassenlotterie nichts mit ausländischen Schwindelunternehmungen zu tun haben. Das Spielen ihrer Lose ist aber in Deutsch­land, abgesehen von Hamburg, überall strafbar; schon viele Spieler haben zum Teil recht erhebliche Strafen zahlen müssen.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist zwar noch vorwiegend trockenes und warmes, aber zu gewittrigen Störungen ge­neigtes Wetter zu erwarten.

Neuenbürg, 9. Sept. Im Anwesen des Fabrik­arbeiters Wilhelm 2äck in Conweiler brach Feuer aus, wodurch das ganze Haus nebst Oekonomie- Eebäude vollständig niederbrannte. Der Eebäude- schaden beträgt ungefähr 4000 Mark.__

Württe«vertt.

Verband württ. Eewerbevereine und Handwerker Vereinigungen.

Ellwangen, 7. Sept. Der 55. Verbandstag des Ver­bandes württ. Eewerbevereine und Handwerkervereini­gungen nahm gestern abend hier mit einer Sitzung des Landesausschusses, sowie einer Festversammlung unter Mitwirkung des Sängerbundes und der Stadtkapelle in der städtischen Turnhalle seinen Anfang. Zugleich feiert der Gewerbeverein Ellwangen in diesen Tagen sein 60- jähriges Jubiläum. Den heutigen Verbandstag, zu dem ungefähr 400 bis 500 Vertreter aus allen Gauen erschienen waren, eröffnete ebenfalls in der städtischen Turnhalle um 10 Uhr der Vorsitzende, Flaschnermeister Lorenz- Stuttgart, Mitglied der 1. Kammer, und be­grüßte den Vertreter des Ministeriums, Ministerialrat

Das Schloß Dürande

7. von Joseph von Eichendorff.

Jetzt knarrte das Schloßtor, Renald sprang schnell auf, er verlangte seinen Herrn, den alten Grafen Dü­rande, zu sprechen. Man sagte ihm, der Graf sei eben erst aufgewacht; er mußte noch lange in der Ee- sindestube warten, zwischen Ueberresten vom gestrigen Souper, zwischen Schuhbürsten, Büchsen und Katzen, die sich verschlafen an seinen blanken Stiefeln dehnten, nie­mand fragte nach ihm. Endlich wurde er in des Grafen Garderobe geführt, der alte Herr ließ sich soeben frisie­ren und gähnte unaufhörlich. Renald bat nun ehr­erbietig um kurzen Urlaub zu einer Reise nach Paris. Auf die Frage des Grafen, was er dort wolle, ent- gegnete er verwirrt: seine Schwester sei dort bei einem weitläufigen Verwandten er schämte sich herauszu- sagn, was er dachte. Da lachte der Graf.Nun, nun," sagte er,mein Sohn hat wahrhaftig keinen Übeln Geschmack. Geh Er nur hin, ich will ihm an seiner Fortune nicht hinderlich sein; die Drandes sind in sol­chen Affairen immer splendid; so ein junger wilder Schwan muß gerupft werden, aber mach Er's mir nicht zu arg." Dann nickte er mit dem Kopfe, ließ sich den Pudermantel umwerfen und schritt langsam zwischen zwei Reihen von Bedienten, die ihn im Vorüberwan­deln mit großen Quasten einpuderten, durch die ent­gegengesetzte Flügeltür zum Frühstück. Die Bedienten kicherten heimlich Renald schüttelte sich wie ein ge­fesselter Löwe.

Noch an demselben Tage trat er seine Reise an.

Es war ein schöner blanker Herbstabend, als er in der Ferne Paris erblickte; die Ernte war längst vor­über, die Felder standen alle leer, nur von der Stadt her kam ein verworrenes Rauschen über die stille Ge­gend, daß ihn heimlich schauerte. Er ging nun an prächtigen Landhäusern vorüber durch die langen Vor­städte immer tiefer in das wachsende Getöse hinein, die Welt rückte immer enger und dunkler zusammen,

Schässer, den Vorstand der Kgl. Zentralstelle, Staats­rat v. Mosthaf und Regierungsrat Schüle, ferner von der Kreisregierung Oberregierungsrat Hack, Regie­rungsrat Schlaich, Stadtschultheiß Ettenspeger, Assessor Barth vom Kgl. Oberamt Ellwangen, die Abgg. Bolz, Bräuchle und Schmidberger, den Präsidenten des Badi­schen Bruderverbandes Niederbühl, schließlich den Ver­treter der deutschen Gewerbevereine, Geh. Regieungsrat Noack-Darmstadt und die Vertreter der Handels- und Handwerkskammern Stuttgart, Reutlingen u. Ulm. In seinem Bericht über die Tätigkeit der Verbandsleitung im abgelaufenen Jahr gedachte der Verbandsvorsitzende des verdienten verstorbenen Abgeordneten Augst-Eera- bronn. Neu eingetreten sind die Handwerkervereinigun­gen Erbach, Tettnang und Zwiefalten, die neugegrün­deten Eewerbevereine Vopfingen, Faurndau, Ilsfeld, Kaltental, Kleineislingen, Weilimdorf, wieder einge­treten sind Hechingen und Widdern, abgängig sind Willsbach und Ofterdingen. Der Verband zählt 191 korporativ angeschlossene Vereine. Die Mitgliederzahl be­trügt im ganzen 24 500 Personen, darunter 17 600 Hand­werker. Nach dem von Verbandssekretär C. Raith er­statteten Kassenbericht betragen die Gesamteinnahmen 12 257 -4l 34 L, die Gesamtausgaben 9174 21 L,

der Ueberschuß demnach 3083 -N 13 L; das Vermögen beläuft sich auf 25 913 -1l 68 L, das reine Vermögen demnach auf 14 583 -1l 13 L, eine Vermögenszunahme von 962 -/ll 45 ^ gegenüber dem Vorjahr. Das Thema über die Einführung einer obligaten Verbands­zeitung nahm mit der daran sich anschließenden, teil­weise sehr erregten Diskussion nahezu 3 Stunden in Anspruch. Der Referent, Reallehrer Rohr-Waib­lingen trat energisch für die Gründung der Zeitung ein: einem Verein von dieser Größe müsse ein inter­essenförderndes Organ zur Verfügung stehen. Diese Ausführungen wurden vom 2. Referenten, Schreiner­meister Müller-Obertürkheim, wesentlich ergänzt. Nach der Diskussion, an der sich auch Staatsrat von Mosthaf beteiligte, wurde mit 150 gegen 123 Stimmen der Antrag angenommen: Der Verbandstag wolle die Einführung einer Verbandszeitung, die von allen Mit­gliedern gehalten werden muß, vom 1. Oktober ab be­schließen, den Abonnementspreis auf vierteljährlich 40 Pfg. festsetzen, sowie die Verbandsleitung ermächtigen, die mit dem Verlag und der Druckerei der seitherigen Deutschen Gewerbe- und Handwerkerzeitung getroffenen vorläufigen Vereinbarungen, betr. Uebernahme des Ver vorläufigen Vereinbarungen, betr. Uebernahme des Ver­lagsrechts dieser Zeitung und Ausführung des Drucks der neuen Zeitung, sowie den Vertrag mit der Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel über Beischluß des amtlichen Eewerbeblatts an die Verbandszeitung und über den gemeinsamen Versand endgültig abzu­schließen. Hierauf wurde die von Verbandssekretär Raith verlesene Resolution einstimmig angenommen: wornach der Verbandstag mit der Errichtung eines Erholungsheimes für den württ. Handwerker­stand einverstanden ist und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß alle gewerblichen Kreise den Plan pekuniär unter­stützen, besonders auch durch freiwillige Beiträge. Nahe­

bei Lärm, das Rasseln der Wagen betäubte, das wech­selnde Streiflicht aus den geputzten Läden blendete ihn; so war er ganz verwirrt, als er endlich im Wind den roten Löwen, das Zeichen seines Vetters, schwanken sah, der in der Vorstadt einen Weinschank hielt. Dieser saß eben vor der Tür seines kleinen Hauses und verwun­derte sich nicht wenig, als er den verstaubten Wanders­mann erkannte. Doch Renald stand wie auf Kohlen. War Gabriele bei dir?" fragte er gleich nach der ersten Begrüßung gespannt. Der Vetter schüttelte erstaunt den Kopf, er wußte von nichts.Also doch!" sagte Renald, mit dem Fuß auf die Erde stampfend, aber er konnte es nicht über die Lippen bringen, was er vermute und vorhabe.

Sie gingen nun in das Haus und kamen in ein langes, wüstes Gemach, das von einem Kaminfeuer im Hintergründe,ungewiß erleuchtet wurde. In den roten Wiederscheinen lag dort ein wilder Haufe umher: ab­gedankte Soldaten, müßige Handwerksburschen und der­gleichen Hornkäfer, wie sie in der Abendzeit um die großen Städte schwärmen. Alle Blicke aber hingen an einem hohen, hagern Manne mit bleichem, scharfgeschnit­tenem Gesicht, der, den Hut auf dem Kopf und seinen langen Mantel stolz und vornehm über die linke Achsel zurückgeschlagen, mitten unter ihnen stand.Ihr seid der Nährstand," rief er soeben aus;wer aber die andern nährt, der ist ihr Herr; hoch auf, ihr Herren!" Er hob ein Glas, alles jauchzte wild auf und griff nach den Flaschen, er aber tauchte kaum die feinen Lip­pen in den dunkelroten Wein, als schlürfte er Blut, seine spielenden Blicke gingen über dem Glase kalt und lauernd in die Runde.

Da funkelte das Kaminfeuer über Renalds blankes Bandelier, das stach plötzlich in ihre Augen. Ein star­ker Kerl mit rotem Gesicht und Haar, wie ein brennen­der Dornbusch, trat mit übermütiger Bettelhaftigkeit dicht vor Renald und sragte, ob er dem Eroßtürken diene? Ein anderer meinte, er habe ja da, wie ein Hund, ein adeliges Halsband umhängen. Renald griff rasch nach seinem Hirschfänger, aber der lange

zu einhellige Annahme fand der Antrag auf Errichtung einer Kranken-llnterstlltzungskasse, ebenso die Perleihung von Ehrenplaketten auf Grund einer 25jährigen ununterbrochenen, erfolgreichen Tätig­keit. Ein Antrag betr. das Verbot des Verkaufs von Waren außer dem Marktplatz im Umherziehen wurde gleichfalls einstimmig angenommen. Da Staatsrat v. Mosthaf ein Bedürfnis nach einer weitergehenden Ver­tretung des Handwerkes beim Eesamtkollegium der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel oder nach einer besonderen Abteilung für Handwerk und Gewerbe nicht anerkennen konnte, wurde ein dahingehender Antrag zurückgezogen. Die Wahl des Vorsitzenden und des Stell­vertreters wurde durch Akklamation einmütig bestätigt; die Wahl des Ortes für den 56. Verbandstag dem Vor­stand überlassen. An diese Verhandlungen schloß sich im Lamm ein gemeinschaftliches Mittagsmahl an, hierauf ein Konzert in der Turnhalle. Der Montag galt der Be­sichtigung der Stadt und ihrer Sehenswürdigkeiten, so­wie einem Ausflug nach Wasseralfingen und Aalen.

Freudenstadt, 6. Sept. Holzhauer Fritz Geiger mußte am Sonntag über Hamburg nach Deutsch-Ost- afrika reisen, um zusammen mit einem Dußlinger Säger eine Stelle anzunehmen. Die Verpflichtung dauert drei Jahre; seine Aufgabe ist, 6080 Schwar­zen Handarbeitsunterricht im ehrsamen Holzhauer­geschäfte zu erteilen.

Stuttgart, 8. Sept. Ein württembergischer Großindustrieller hat, wie jetzt bekannt wird, die Summe von 50 000 Mark zur Anschaffung von Ra­dium und Mesothoriumpräparaten zu Verfügung gestellt. Es wäre zu wünschen, daß diesem Beispiel noch mehrere folgen werden.

Stuttgart, 8. Sept. Die Stadtgemeinde hat bei der Versteigerung von 72 Plätzen für die Wirt­schaften, Sektbuden, Schaubuden und Karussels über das Volksfest rund 40000 Mark erlöst. Nicht ein­gerechnet ist der Erlös von den Wirtschaftsplätzen, die auf mehrere Jahr verpachtet sind.

Plattenhardt, 8. Sept. Zu der gestern gemel­deten Mordtat wird von anderer Seite gemeldet, daß der 27 Jahre alte Maurer Christian Roth schon längst den Verdacht hegle, der 23 Jahre alte Maurer Christian Epple stehe zu seiner Frau in unerlaubten Beziehungen, weshalb es öfters zu Streitigkeiten zwischen Roth und seiner Frau ge­kommen sein soll, so daß sich diese von ihrem Manne trennte und in das Haus ihrer Mutter zog. Gestern abend saßen Roth und Epple im Wirtshaus und als der letztere fortging, schlich Roth ihm nach. Er bemerkte, daß Epple sich nach dem Hause begab, wo Roths Frau bei ihrer Mutter lebte. Roth schoß nun Epple mit seinem Revolver nieder. Er wurde in die nahe Scheuer gebracht, wo er nach 2 Stunden starb. Epple hatte ein Verhältnis mit einem Mäd­chen von Plattenhardt, das nicht ohne Folgen blieb. Die Eltern des Mädchens wollten von einer Heirat mit Epple nichts wissen. Epple soll schon öfters gedroht haben, er werde in Plattenhardt noch 4 erschießen.

Redner trat dazwischen, sie wichen ihm scheu und ehr­erbietig aus. Dieser führte den Jäger an einen abge­legenen Tisch und fragte, wohin er wolle. Da Renald den Grafen Dürande nante, sagte er:Das ist ein altes Haus, aber der Totenwurm pickt schon drin, ganz von Liebschaften zerfressen." Renald erschrak, er glaubte, jeder müßte ihm seine Schande an der Stirn ansehen. Warum kommt Ihr gerade auf die Liebschaften?" fragte er zögernd.Warum?" erwiderte jener,sind sie nicht die Herren im Forst, ist das Wild nicht ihres, hohes und niederes? Sind wir nicht verfluchte Hunde und lecken die Schuh, wenn sie uns stoßen?" Das verdroß Renald; er entgegnete kurz und stolz:Der junge Graf Dürande sei ein großmütiger Herr, er wolle nur sein Recht von ihm und weiter nichts." Bei diesen Wor­ten hatte der Fremde ihn aufmerksam betrachtet und sagte ernst:Ihr seht aus wie ein Scharfrichter, der, das Schwert unterm Mantel, zu Gerichte geht; es kommt die Zeit, gedenkt an mich, Ihr werdet der Rüstigsten einer sein bei der blutigen Arbeit." Dann zog er ein Blättchen hervor, schrieb etwas mit Bleistift darauf, versiegelte es am Licht und reichte es Renald hin.Die Grafen hier kennen mich wohl," sagte er; er solle das nur abgeben an Dürande, wenn er einen Strauß mit ihm habe, es könnte ihm vielleicht von Nutzen sein. Wer ist der Herr?" fragte Renald seinen Vetter, da der Fremde sich rasch wieder wandte.Ein Feind der Tyrannen," entgegnete der Vetter leise und geheim­nisvoll.

Dem Renald aber gefiel hier die ganze Wirtschaft nicht, er war müde von der Reise und streckte sich bald in einer Nebenkammer auf das Lager, das ihm der Vetter angewiesen. Da konnte er vernehmen, wie im­mer mehr und mehr Gäste nebenan allmählich die Stube füllten; er hörte die Stimme des Fremden wieder da­zwischen, eine wilde Predigt, von der er nur einzelne Worte verstand, manchmal blitzte das Kaminfeuer blut­rot durch die Ritzen der schlechtverwahrten Tür; so schlief er spät unter furchtbaren Träumen ein.

(Fortsetzung folgt.) .