SchwarzmAder TageszeitungAus den Tannen"

Nr. LSS. Beiblatt.

Altensteig, de» 17. Dezember

Jahrgang Ivri.

Sonntagsgedanken.

Liebe, rüste deine Heere t

SS ist d'e Kunst der deuifchen Seele, mit den Kindern ein Kind zu sei", und mit diesem K nderstnn kommt auch heute noch da« Himmelreich auf die arme Erde. Klagt nicht darüber, d ß «rch die Welt ihr« Tar« zuzeschlvfl n hat. Dafür hat euer Han« wieder sein Türchen aufgelan, vnd vor diesem Türchm steht die A ende und bitt t:Laß mich ein l' Wr breiten die Arme und rufen: »Set willkommen, holder Gast." K. Hcsieldacher.

-O

Daß sich doch die Liebe mehr«!

Leihen wird ei immer mehr.

L ebe rülte deine H-ere,

Feinde stehen dicht umher i

Endlich muß die Liebe siegen

endlich! S-t die« ..Endlich' heut r

daß auf alle Himmelssttegen

sich ein mähttg L-rchten streut. G. Schüler.

Znm 4. Advent.

Die letzte Woche vor W hnachten bricht an. Nr» gilt's vollend'«! Vieles muß noch geschehen. Dcr Kopf steckt einem voll'von Gedanken. Vorbereitungen, Erwartungen. Nichts darf fehlen unter demTpistbau«. O w e fein, wenn man Freuve b-re-ten kann und darf! Aber um eins laß dich bmen. W'nn's so trubelig zugeht, vergiß nicht: es ist das Fest der Lebe, das du vorbereitest. ll >d darum laß diese letzte Woche besonders durchstrahlt sein von der Liebe. W e wenig wtll's stimmen, wenr wir einander vor lauter Umtrieb nur noch kur;« oder gar un-> freund! che Worte geben. W e li,blich, wenn wirklich nichts mehr die L cbe stör'. Sind es doch zumeist kleine Ding«, worüber wir die Geduld verlieren, nicht wert, daß wir ihnen diese Eh e aniun und uns die Festfreude und den Festessegen bu ch sie mindern lasier. Dar ist meine Bitte zu d eser letzten W>ch! vor Wnhnacht-n. Sie mag dir klein, ja kleinlich « scheinen. Un so besser, wenn du'« nicht nötig hast, daß ich sie an dich richte. Ich für mich will sie mir umsso nachdrück ichec aas Herz legen.

/ Mei' Kne ppknr.

Wer in der heutigen ernsten Zeit sich einen vergnüg­ten Abend bereiten und einmal wieder herzhaft lachen will, der lese Max Dürr'sSchwabestreich" (Verlag von Alexander Duncker-Weimar). Wir wollen unfern Lesern in folgendem ein Pröbchen aus einer der sechs Erzählungen des Buches, in welcher Max Dürr das Pech schildert, das der Schultheiß von Friedlingen bei seiner ersten und wie zu vermuten ist, letzten Kneippkur gehabt hat.

Der wohlbeleibte Schultheiß hat aus einem Morgen­spaziergang, den er an einem heißen Frühsommertag unternommen hat, eben auf einem Bänkchen im Wie­sengrunde Platz genommen und denkt bei sich selbst:

Weiß der Kuckuck, 'S Büttners Gustav hat halt doch recht, i werd stark, i mueß glei so schnaufe. Ond wie i so denk, sieh i am Bode a gelbs Blättle Papier. Hoppla, denk i, was ischt jetzt dös wieder für a Blättle Papier, ond han's so mit'm Fuetz hergschobe, bis i's Han lese könne, was auf dem Blättle stoht.

Pfarrer Kneipps Ma'zkaffee" ischt draufgstanda ond glei ischt mir drom wieder ei'gfalle, was Büttners Gustav geschtern obend predigt Hot, wie dös sei' sei ond wie dös gsond sei, wenn mer kneippe tät ond wie's gar nix Gsönders und nix Köschtlicheres gäb, als wenn mer barfüßig durchs nasse Gras lauf.

Weit ond breit ischt koi Mensch gwea ond dös Gras von der Wies', wo bis an Wald na'gange ischt, Hot ganz weiß gseah vom frische Tau.

/ Solltescht's no au amol probiere, Han i denkt. Do ischt jo nix derbei, 's löschtet jo nix ond seah tut's au koi Mensch, ond om die Zeit, morged's om neune, lauft au koi Seel. Jetzt ischt's grad amol gschickt, daß du's probiere ka'scht ond daß du au amol mitschwätze ka'scht wenn's Büttners Gustav wieder vom Kneippe a'farigt.

I guck also nomol rechts ond links, aber i bin mutter- ileelealloi gwea und bloß ganz von weitem Hot mer de Rauch von G . . . en gseah ond hent a Paar tzenschterscheibe in dr Sonn blitzget. »

Kurz ond guet, 1 sang a ond zieh meine Royrftrefel aus, tue meine Socke ronter ond meine Hose bis ans Knut nauf, und daß jo nix passiere ka', Han i mejne Stiefel mitsamt de Socke drinn onter dös Bänkle ge­stellt, mein Rock über d'Lehne ghängt ond de Hut derzue na'glegt, ond Han a'gfange, in dös frische Gras nei' z'watte

Ischt gar net Übel, Han i denkt. Es ischt so a'gnehm küehl gwea, daß i mi grad gfreut Han. Er ischt doch net so domm, 's Büttners Gustav, Han i denkt. Dös tscht amol fei', dös sollt mer öfters mache.

Z'erscht bin i bloß so a bißl« omananderglosfe, aber noch vnd noch Han i 'n solche Eifer kriagt, daß i immer weiter weg bin. Jetzt laufschst grad no vollends bis an Wald, Han i denkt. Dös mueß mer systematisch mach«, wie's Büttners Gustav satt. No

Dtegscht om ond gohscht durch d'nächstt Wies' ond no außecom, bis du wieder zum Bänkle kommfcht. No ischt d'Kur fertig. No hascht au omol a Kneippkur gmacht, no ka'scht au mitmache, wenn se wieder dervo' «'fanget.

I mueß sage, mir ischt pudelwohl gwea. Dös machfcht morge glei wieder, Han i denkt, wenn's Wetter hält. No gohscht grad wieder doher, do kommt koi Mensch.

I lauf also tapfer am Wald rom ond bieg om durch d' nächscht Wies' ond guck immer vor mi na', wie dös Gras so naß ischt ond daß mer's z'erscht gar net sieht vnd moint, 's sei gar net naß, ond hentedrei' ischt mer doch Patschnaß.

Auf oimol hair i aber' n scheißliche Pfiff, so wie wenn oiner mit zwo: Finger Pfeift. I mueß sage, 's Hot mer glei net gfalle, ond i Han glei denkt, dös goht gwieß di a', do pfeift dir oiner.

Ond wie i nomguck, stoht do richtig oiner mit r' a greene Kapp auf ond Hot so'n Hoke'stock in dr Hand. Heidekuckuck, Han i denkt, jetzt ischt's gfehlt, dös ischt dr Feldschütz, nix anderschts, ond Han toe, wie wenn's mi gar net a'gange tät ond bin bloß bißle schneller gloffe

Aber 'S Hot nix gnüht.He, Sie," schreit der ganz grob,machet Sie glei, daß Sie aus dr Wies' naus- kommet! Was tont Sie in dr Wies' do drinn.?"

Dös Hot mi g'ärgeret, daß mi dr Feldschütz so a' schreit, mi, des Schuttes von Friedlinge.No kuehl," sag i,deswege brauchet Sie no lang net so z'schreie. Ich mach jo koin Schade."

So?" sait der ander ond kommt schon selber in d' Wies' rei' ond kriegt 'n ganz raute Kops vor Zorn. Sie mache also koin Schade, wenn Sie mit Ihre Lat- schefüeß in dem Gras omanandertrappet? I sag's Ihne in Guetem, machet Sie augenblicklich, daß Sie aus dr Wies' rauskommet. I werd Ihne a'zoige, hent Si mi verstände?"

Ondt sag Ihne," Han i zur Antwort gea,ganget Sie a bißle «'ständiger mit de Leut om. Wisset Sie, wer i bin? I bin dr Schuttes von Friedlinge!"

I döS sage ond dr Ma' mir nochgange ond mi am Aermel packe, ischt or's gwea.I will Ihne helfe," fait r ond ziehgt mi am Aermel, daß i beinah om« falle wär'.

Jetzt Han; i aber 'n sötte Zorn kriegt, daß! i int nemme kennt Han.Glei lasset Sie mi los," Han i gsait,oder . . . ."Was?" sait der ond fangt mi a z'dauze, du Witt di' au no mausig mache, Mändle?" Ond scho Hot r mi am Krage.

I woiß net, was se in G .. en für Feldschütze hent! Bei ons in dr Gmoind Hot mer no nie 'n Feldschütze ghet, wo so a seschter starker Ma' gwea ischt, wie der do. Kurz ond guet, i Han glei gseah, daß's a ganz rabiater Mensch ischt ond daß's besser ischt, dr Gschei- 1er' geit noch.

I bin also raus aus dr Wies' ond Han mi a'fanga aufs Bettle verlege ond au nomol gpnz ruhig ond mit Nochdruck gsait, daß i dr Schuttes von Friedlinge sei ond daß r jetzt amol soll z'friede sei, ond dös häbi t no nie ghairt, daß dr Feldschütz de Schuttes a'zoig.

So?" sait der ond ischt a bißle stutzig wurde,Sie sind dr Schuttes von Friedlinge? I mueß sage, i für mei Perso' Han no nie ghairt, daß d' Schuttes hemmed- ärmelig oder barfüßig ond ohne Huet in ander' Leut ihre Wies' omananderlaufet."

Jetzt ischt mir's eigentlich erscht recht wieder zum Bewußtsei komme, daß i jo im a ganz gspäßige Auf­zug vor dem Ma' stand, ond i mueß sag«, i Han mi a bißle scheniert, aber kurz bsonne, wie i immer bin ond wie's a Schuttes sei soll, Han i denkt: No net merke lasse, daß du in Verlegehoit bischt, sonscht kriegt der Kerle Oberwasser, ond Han gsait:Goht Sie viel­leicht dös ebbes a', wie i romlauf? Dös goht Sie gar nix a'! 's ischt bis jetzt im Deutsche Reich no net verbotte, daß d'Schultes hemmedärmelig ond barfüßig romlaufet, ond übrigens do drübe bei dem Bänkle könnet Sie a Paar guete Stiefel stände seah ond do hangt au a Rock ond vielleicht liegt sogar a Huet auf dem Bänkle, wenn Sie dös enteressiert!" Und derbei Han i mei spöttisches Gsicht na' gmacht.

No, i Han glei gmerkt, daß dös guet toe Hot ond daß 'm dös naufstiega ischt.So?" fait r ond guckt mi ganz Pfiffig a'.So? Bei dem Bänkle? . . . Also vorn' ond Holle Se Ihre Sache!"

Was?" sag i.Wöllet Sie mi am End gar ar­retiere? Dös wär nomol schöner. I glaub, Sie sind nemme recht bacha!"

Sparet Se Ihre Wort," geit r zur Antwort,vora'l ! Sie hent ganz recht, oiner von ons boide ischt net recht bache, i bin's aber net. Ond i rot Ihne in Guetem, machet Se koin Widerstand."

Es ist unserm Schultheißen an diesem Tag aber noch übler mitgespielt worden, da der Feldschütz gar keinen Respekt vor dem Herrn Schultheißen von Fried- lingen hatte und ihn sogar, da zu allem Unglück hin die Stiefel und der Rock gestohlen waren, fürs Irren­haus reif gehalten hat.

Eine Urttersnchlmg der Schnldsrage.

Tie Verteilung der Welt, die aus allen Haltestelle» zwischen Versailles und Washington mit der größte» Kaltblütigkeit vorgenommen wird, geht einzig und allem aus der Grundlage des berüchtigten Artikels 231 des Ver­sailler Vertrags vor sich, der Deutschland das Bekennt­nis der alleinigen Schuld am Krieg abgepreßt hat. Seit­dem verharrte alles in Schweigen, die Richter von Ver­sailles und ihr Opfer. Nunmehr scheint sich aber doch s» etwas wie ein Gerichtshof auszutun, der die Richter von Versailles und Spa und London und Washington vor seinen Richterstuhl zu laden sich anschickt, um das Urteil der nötigen Durchsicht zu unterziehen. Es hat sich nämlich ein neutraler unparteiischer Aus­schuß gebildet, der Anfang Januar in Christiania sich versammeln wird, um die Verantwortlichkeit für den Krieg und die Art der Kriegsführung und des Kriegs­schlusses zu untersuchen. Eine Anzahl angesehener Män­ner auf dem Gebiet der Ethik, der Geschichte und der Politik hat aus verschiedenen der im Krieg neutral geblie­benen Länder je zwei Mitglieder in diesen Ausschuß ge­wählt, um die ganze Frage zu prüfen, und zwar in einer Weise, die ein gerechtes, wissenschaftliches und vorurteils­freies Ergebnis zu gewährleisten verspricht, ein Ergebnis, das nach Ansicht der Veranstalter des Unternehmens infolge der Kriegserregung bis jetzt noch nicht erzielt wer­den konnte. Ein Blick rn die Liste der Männer, die hinter der Bewegung stehen, zeigt zur Genüge, daß die Veranstaltung nicht gut übersehen oder überhört werden kann. Die Liste enthält die Namen von Erzbischöfen und Bischöfen, von Rektoren der ältesten Universitäten, von ehemaligen Staatssekretären und Ersten Ministern, von Nobelpreisträgern, Parlamentsmitgliedern, Senatoren und Generalen, von Zeitungsleitern und Schriftstellern, von Adligen und Sozialisten und von Finanzmagnaten, haupt­sächlich in den neutralen Ländern, aber auch manche Völ­kerrechts- und Geschichtsprofessoren in den Si^gersmaten.

Der Gedanke scheint von denkenden Leuten in Eng­land, Amerika, Frankreich und Italien ausgegangen z» sein, die sich von der Gerechtigkeit des Versailler Frie­dens nicht zu überzeugen vermochten und die deshalb führenden Geschichtsforschern in den neutralen Ländern die Bitte vortrugcn, eine wissenschaftliche Untersuaiuag der Kricgsursachen vorzunehmen. Namentlich Gelehrte in Christiania antworteten sofort, und unter der Führung von Professor Harris Aall von der dortigen Uni­versität wurden Vorkehrungen getroffen, an die Pro,?! soren der Geschichte und des Völkerrechts, wie an die hohe Geistlichkeit und die Literaten der skandinavischen Länder, von Holland, der Schweiz und von Spanien heranzutreten und sie für den Plan zu gewinnen. In Norwegen wurde der Gedanke sofort aufgegriffen, »nd in großen Versammlungen, an denen die Bürger aller Klassen und Parteien teilnahmen, wurde beschlossen, die Sache durchzuführen. Man bildete einen Wahlaus­schuß, bestehend ans dem Präsidenten des Stortings, dem Ersten Bischof von Norwegen und den führenden Professoren der Universität, und diesem Ausschuß wurde ein Beirat angesügt, dem ein früherer Ministerpräsident und ein Volkerrechtslehrer angehören. Dieser Wahlaus­schuß versammelte sich bald daraus im Parlamentsgebäude und wählte als die norwegischen Mitglieder für den neu­tralen unparteiischen Ausschuß die zwei angesehensten Autoritäten des Königreichs. In Schweden wurde eine Liste ausgestellt, auf der sich die hervorragendsten Persön­lichkeiten des Landes finden, darunter der Erzbischof, sämtliche Bischöfe, Universitätsprofessoren, die höchsten Militärs, Gelehrte, Schriftleiter, Schriftsteller, Finanz­leute usw. In den Niederlanden bildete sich ein Ausschuß unter Leitung des Direktors der königlichen Archive und mit Unterstützung einer eindrucksvollen Liste weiterer Persönlichkeiten, darunter ehemalige Erste Mi­nister und Minister des Auswärtigen, Heerführer, Rich­ter des Obergerichts, Universitätsrektoren, die Chefredak­teure der großen Zeitungen, wieNeuwe Ctzprant" im Haag und desUtrcchtsch Tagblad" (auch die Chefredak­teure einer Reihe skandinavischer Zeitungen, besonders desAktonbladet" und desNya Tagligt Mlehanda", haben sich ihren'Landcsausschüssen angeschlossen). AuS Argentinien wird eben berichtet, daß sich dort ei« Ausschuß in Vorbereitung befindet, an dessen Spitze zw« ehemalige Staatssekretäre für Auswärtige Angelegenheiten stehen und den^ Professoren der Universitäten in Buenos Aires, Cordova und La Plata angehören. Auch in Chile soll eine ähnliche Gründung rm Gang sein. I« der Schweiz und in Spanien sind Ausschüsse in der Bildung begriffen und Mitglieder für den neutrale« Ausschuß werden binnen kurzem gewählt werden.

Der neutrale Ausschuß wird am 5. Januar 1922 ode-v schon früher zu seiner Eröffnungssitzung im Nobelinstitut in Christiania zusammentreten und dann wahrscheinlich nach dem Haag übersiedeln. Für besondere Untersuchun­gen werden Sachverständige verwendet werden, und alle Regierungen der Länder, die in den Krieg verwickelt waren, werden eingeladen werden, ihre Archive »u ösineu und Vertreter zu senden, um mit dem Ausschuß zusam­menzuarbeiten, sofern sie den Wunsch dazu haben. Cs ist bereits eine große Menge von Material, darunter bis­her Unveröffentlichtes, zur Versüguug des Ausschiifs.s. Geldmittel sind in ziemlich ansehnlichem Umfang sicher-