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Was lehrt der Marksturz?
M. >v. Schon oft ist von der Katastrophe der Mark- entwertung gesprochen worden, aber noch nie mit solchem Recht wie gegenwärtig, denn die Mark erreichte in wenigen Wochen einen Tiefstand, wie ihn die österreichische Krone vor einem Jahr auszuweisen hatte. Niemand weiß, wohin die weitere Entwicklung geht, ?8 die Mark nnn einigermaßen sesröreiZen ober noch tiefer sinken wird, die leicht so tief wie jetzt die österreichische Krone, die nur noch den tausendsten Teil eines Schweizer Franken gilt, die weniger wert ist als die polnische Mark und die nur vom Rubel an Entwertung übertrof- sen wird. Die notwendige Folge der fortschreitenden Entwertung des deutschen Gelds ist eine Verteuerung der gesamten Lebenshaltung. Besonders schwer wird hierbei die Preissteigerung der Lebensmittel empfunden, denn bei allen übrigen Bedarfsartikeln des täglichen Lebens kann sich der Mensch einschränken und seine Bedürfnisse zurückschrauben, bei den Nahrungsmitteln ist das ohne Schädigung der Gesundheit nur in engen Grenzen möglich.
Deutschland ist nun Oesterreich gegenüber insofern in einer besseren Lage, als es auch heutzutage noch trotz des Verlustes der östlichen Ueberschußgebiete und trotz des Rückgangs der Produktion infolge des Kriegs den größten Teil der benötigten Lebensmittel selbst erzeugt, während Oesterreich in überwiegendem Maß auf die Einfuhr aus fremden Ländern angewiesen ist. Hier führt jede Entwertung der Krone von selbst zu einer Preissteigerung der Lebensmittel,' die Preise waren bisher aber nur dank der Lebensmittelzuschüsse des österreichischen Staats für die Bevölkerung erschwinglich. Nun wird jedoch Einstellung der staatlichen Verbilligung in dem Programm des Finanzministers als wichtigste Maßnahme zur Sanierung der Finanzen angestrebt, beträgt ja das Defizit im Staatsvoranschlag für das Jahr 1920 150 Milliarden Kronen? Fallen dann die Staatszuschüsse fort, so wird die Perbraucherschaft hinsichtlich der Lebensmittelpreise von jeder Dsvisenfchwankung unmittelbar und restlos betroffen! — Diese Abhängigkeit von den Börsenkursen besteht in Deutschland dank der größeren landwirtschaftlichen Eisenerzeugung nicht; hier folgen dis Inlandspreise den Weltmarktpreisen in einem oft sehr großen Abstand. Bei den zahllosen Fäden, durch die Deutschland mit der Weltwirtschaft verbunden ist, besonders auch infolge der notwendigen Deckung des Lebensmittelabmangels durch Einfuhr, müssen aber aus die Dauer auch die deutschen Inlandspreise der Geldentwertung folgen; und sie werden ihr naturgemäß um so schneller folgen, je weniger die deutsche Landwirtschaft imstande ist, den deutschen Inlandsbedarf zu decken. Dabei spricht fernSr der Umstand mit, daß die Einfuhr von Lebensmitteln unsere Handels- und Zahlungsbilanz verschlechtert, — ein für die Zukunft vielleicht ganz besonders schwerwiegendes Moment. Denn Deutschland hat bei der Ausfuhr von industriellen Erzeugnissen nicht nur mit der von der Geldentwertung herdorgerusenen fortwährenden Erschwerung der Roh- stoffbeschassung, sondern auch (infolge der Abwehrmaßnahmen des Auslands gegen deutsche Einfuhr) mit zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Dadurch wird dann aber die Aufbringung der für die Einfuhr von Lebensmitteln notwendigen Devisen immer schwieriger, und es droht die Gefahr, daß eines Tages überhaupt jegliche Gelder fehlen, um eine Einfuhr zu bezahlen. Die Folge davon wäre eine Hungersnot, wie sie das deutsche Volk bisher noch nicht kennen gelernt hat. Denn, das darf man nicht vergessen, in den Kriegsjahren, wo wir gleichfalls von der Zufuhr aus dem Ausland abgeschnitten waren, standen uns noch die östlichen Ueberschußprovinzen sowie die besetzten Gebiete für die Versorgung zur Verfügung.
Die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung ist also eine Lebensfrage für das gesamte deutsche Volk. Um diese Steigerung zu erreichen, Muß die Landwirtschaft nicht nur von allen produktionshemmenden Eingriffen und Maßnahmen verschont bleiben, sondern vielmehr auch tatkräftig unterstützt werden. Der jetzige Marksturz ist eine furchtbare Mahnung, daß Deutschland in der Lebensmittelversorgung volle Unabhängigkeit vom Ausland erstreben mutz: Der gegenwärtige Preis für 1 Zentner deutsches Umlagegetreide (Weizen) beträgt 115 Mk., für 1 Zentner ausländischen Weizen etwa 700 Mark.
j Me Vevolkeruncsvewegung ? im Re ch.
- In der „Münchner M.dizinischen Wochenschrift" fin- S den sich folgende Ausführungen über die Bevöllerungs- i bewegung in d.n Nachkriegsjahren 1919 und 1920: Die ! Bevölkervngs.ntwicklung vor dem Krieg wurde auch bei . uns in Teu.schland durch den Geburtenrückgang bestimmt, j der um die Jahrhundertwende besonders deutlich eingesetzt j halte. Auf 1000 weibliche Personen im Aller von 15 bis s 50 Jahren kamen im Jahr 1900 146,1 Kinder, 1906 z 132.6, 1912 nur noch 110,6 Kinder. Trotz dieses raschen f Gelurleiirückgangs hatte aber die deutsche Bevölkerung ! infolge des starren Rückgangs der Sterblichkeit und be- s sonders der Säuglingssterblichkeit eine, starke natürliche
- Zunahme. Der Ueberschuß der Geborenen über die Ge- j storbenen betrug auch noch in den letzten Friedensjahren s über 800 000 Seelen.
f Während des Weltkriegs ist die Zahl der Eheschließun- ! gen tief gesunken. Während bis 1914 im Deutschen Reich s — ohne Elsaß-Lothringen — durchschnittlich jäh lieh etwa f 500 000 Ehen geschlossen wurden, das sind 8 Heiraten
- auf 1000 Einwohn., sank die Zahl im Jahr 1915 und j 1916 au' 4 i auf 10 » urid betrug auch im Jahr 1918 ' nur 5,4 aus 1000. In d.n fünf Kriegslagen yarren
- normalerweise 2Vs Millionen Ehen geschloffen werden ' müssen; es kam aber in diesem Zeitraum bloß zul 660 000 , Ehen, so daß der Ausfall 840 000 Heiraten beträgt. Der
- Krieg wirkte also auf die Eheschließuugshäusigkeit so ein,
; als ob 1 Jahr und 8 Monate laug, überhaupt^ keine , Ehe geschlossen worden wäre. Die gleich nach dem Kriegs- f schluß einsetzende „Heiratsepidemie ' hat 82 Prozent die-
- ses Ausfalls wieder eingebracht. Jur Jahr 1919 kamen : auf 1000 Einwohner 14,8 HMat.n, und es wurden w ' den beiden ersten Nachkriegsjahren rund 1,7 Millionen
Ehen geschlossen, das find ewa 750 000 mehr, als nn> malcrweise zu erwarten waren. Ende 1920 war also tue Ehezisser der Vorkriegsjahre weit überschritten und d e ; Kriegsaussall bis au; etwa 100000 Ehen wieder ein j gebracht. !
Freilich nahmen nun auch die Ehescheidungen, die j im Krieg stark zurückgegangen waren, seit 1918 wieder - j sehr zu, und während sie z. B. 1916 nur 10 494 betrag n ; ! hatten, gab es 1919 22 022 gerichtliche Ehescheidungen.
Durch den vorzeitigen Dod so vieler im Kriege Gefallener l sowie durch die im Kriege gesteigerte Sterblichkeit der ! Zivilisten wu den etwa 450020 bestehende Ehen durch ! das Sterben eines Gatten mehr gelöst, als normalerweise j zu erwarten war. Vor dem Krieg hatte es jährlich ? durchschnittlich 200000 mehr geschloffene als gelöste Eh.n s gegeben. Der Gesamtbestand an Ehen betrug 1910 in Deutschland 11,6 Millionen und vor Kriegsausbruch 12,3. Bei normaler Entwicklung hätte es Ende 1929 in dem alten Reichsgebiet 13,6 Millionen Ehen geben müssen. Tatsächlich ergibt sich aber ein Fehlbetrag von einer halben Million Ehen.
Diese verhältnismäßig große Zahl von Eheschließungen hat aber nicht die zu erwartende Vermehrung der Geburten gebracht. Während des Kriegs wurden etwa 31/2 Millionen Kinder weniger geboren, als zu erwarten war. Mit einem Ersatz dieser Ungeborenen kann — im Gegensatz zu den nach anderen Kriegen gemachten Erfahrungen — nicht gerechnet werden. Wohl setzte im August 1919 eine verstärkte Geburtshäufigkeit ein, aber die.es Jahr schloß mit einem Fehlbetrag von 400 000 Geburten ab. Doch auch im Jahre 1920 hat die nach dem Frieden einsetzende „Geburtenwelle" nir knapp die Geburtenziffer des Friedensjahrs 1911 erreicht, ist aber bereits vom zweiten Vierteljahr 1920 an in rasch absteigender Linie so tief gesunken, wie es unter normalen Verhältnissen vor dem Krieg im Deutschen Reiche nicht bekannt war.
Die Sterblichkeit hat sich 1919 und 1920 wieder dem Vorkriegsstand genähert, ist in den letzten Dreiviertel fahren sogar unter den Stand von 1913 zurückgegangen. Auch die Säuglingssterblichkeit zeigt wieder einen er > treulichen Rückgang. Erst das Jahr 1919 brachte wieder einen Geburtenüberschuß von geringer Höhe, und auch im Jahr 1920 ist der Geburtenüberschuß der Vorkriegszeit nicht erreicht worden. Rechnet man die durch die Gebietsabtretungen verlorene Bevölkerung mit den anderen durch den Krieg erlittenen Einbußen zusammen, so ergibt sich, daß das Deutsche Reich bis Ende 1920 etwa 11 Millionen Menschen verloren hat. Während es bei normaler Weiterentwicklung Ende 1920 etwa 73 Mil!. Einwohner hätte haben müssen, ist die Zahl auf etwa 62 Millionen Lufainmenaesckmolzen.
Die Kohlenförderung des Ruhrgebiets im Oktober 1921.
Die Kohlenförderung des Ruh beckens (einschll. der linksrheinischen Z H.n) hat betragen:
Gesamt-
Zahl der
arbeitstägliche
sörderu: g
A.bei stage
Förderung
Oktober
1921
8 047 353 t
26
309 514 t
Septbr.
1921
7 853871 t
26
302 072 t
Februar
1921
81740t,6 t
24
340 609 t
Oktober
1913
9 895 090 t
27
366 484 t
Die arbeitstagliche Förderung ist mithin von 302 072 t im September aus 309 514 t im Oktober gestiegen. Die Mindersörderung beträgt im Vergleich zum Februar (dem letzten Ueberschichtsmonat) rund 31100 t und im Vergleich zum Oktober 1913 rund 57 000 t. Im rheinisch- westfälischen S einkohl nbergbau waren Ende Oktaler 1919 551730 Arbeiter b schastigc gegen 550502 Ende September 1921 und 519 685 Ende Oktober 1920. Seit Oktober 1913 lat sich die Belegschaft um etwa 130 000 Mann vermehr.. Die du chschnittliche Wagengestellung (ohne Sonntage) betrug 19 516 D-W. Die Eisenbahnbetriebslage wurde im Oktober infolge des anhaltend schlechten Wasserstands der deutschen Ströme so gespannt, daß vorübergehend verschiedene Geriete des Westens und auch der Hamburger Bezirk gesperrt werden mußten. Die Lagerbestände sind von 359104 t Ende September auf 634634 t Ende Oktober gestiegen. Die mit Geltung ab 1. September 1921 mit den Bergarbeiter-, sowie technischen und kaufmännischen Angestelltenverbänden neu abgeschlossenen Lohn- bzw. Gehalts- abkommcn sind zum Schluß des Monats Oktober wieder gekündigt worden. Die inzwischen im November eingeleiteten Verhandlungen mit den Bergarbeiterverbänden haben eine Erhöhung der Löhne um durchschnittlich 27 Mk. je Schicht gebracht; außerdem ist der Soziallohn um 3 Ml. erhöht worden.
Gehaitsbewegung der HandelsangestellLen.
Ter Schlichtungsausschuß in Stuttgart hat die folgenden Sätze vvrgeschlagen:
Gruppe H.: Mit 16 Jahren für Oktober 600, November 660, Dezember 600 Mk.; 17 I. 600, 660, 700 Mk., 18 I. 700, 760, 800 Mk.; 19 I. 780, 860, 900 Mk.: 20 I. 860, 960, 1020 Mk.; 21 I. 960, 1060, 1120 Mk.; 22 I. 1060, 1160, 1220 Mk.; 23 I. 1140, 1260, 1340 Mk.; 24 I. 1200, 1350, 1430 Mk.; 25 I 1420, 1500 Mk.; 26 I. 1300, 1475, 1o<5 Mk.; 2? H 1350, 1525, 1625 Mk.; 28 I. 1400, 1575, 1675 Mk.' 29 I. 1450, 1625, 1725 Mk.; 30 I. 1500, 1700, 1800.
Gruppe 6: Mit 19 Jahren für Oktober 830, Novem? ber 950, Dezember 1000 Mk.; 20 I. 950, 1050, 1106 Mk.; 21 I. 1050, 1150, 1200 Mk.; 22 I. 1150, 125H 1325 Mk.; 23 I. 1275, 1400, 1475 Mk.; 24 I. 1275, 1400, 1475 Mk.; 25 I. 1375, 1500, 1575 Mk.; 26 I. 1425, 1580, 1680 Mk.; 27 I. 1475, 1660, 1760 Mk.; 28 I. 1525, 1740, 1840 Mk.; 29 I. 1600, 1820, 1920 Mk.; 30 I. 1700, 1900, 2000 Mk.
Gruppe 6: Mit 21 Jahren für Oktober 1200, Noz vember 1350, Dezember 1425 Mk.; 22 I. 1300, 1450, 1525 Mk.; 23 I. 1400, 1550, 1625 Mk.; 24 Je 1400, 1550, 1650 Mk.; 25 I. 1450, 1650, 1750 Mk.; 26 I. 1550, 1750, 1850 Mk.; 27 I. 1650, 1850 1950 Mk.; 28 I. 1750, 1950, 2050 Mk.; 29 J.-180« 2025, 2125 Mk.: 30 I. 1900, 2100, 2200 Mk.
Gruppe v: Ml: 26 Jahren für Oktober 1880, Nov. 2100, Dez. 2200 Mk.; 27 I. 1960, 2200, 2300 Mk.j 28 I. 2040, 2300, 2400 Mk'; 29 I. 2100, 2375, 2475 Mk.; 30 I. 2200, 2450, 2550 Mk.
Verheiratete: für Oktober weitere 5 Prozent ans dem Septembergehalt, für November und Dezember je 200 Mk. mehr in allen Gruppen.
Einzelhandel:
Im Gruppe .4 80 Mk., in Gruppe 8 60 Mk. wenige» als obige Sätze, Gruppe 6 und V dem Großhandel gleich. Gültig ab 1. Oktober.
Weibliche Angestellte: Abschlag bis zu 10 Prozent zulässig. Leistnngsznschläge sollen bleiben.
lieber die Annahme dieser Vorschläge soll eine Urabstimmung entscheiden.