Weg Uber E b e r st e i n s ch l o ß, Gernsbach, nach Herrenal b. Ebersteinschloß ist ein reizender Punkt, an der Burg rankt sich uralter Epheu empor, und der Schloßgarten zeigt eine Pracht von Rosen und nament­lich Fuchsienbäumchen, wie man sie selten antreffen wird. Das Auge kann sich kaum satt sehen an dieser gärtne­rischen Glanzleistung und Ausdrücke des höchsten Er­staunens hört man von allen Besuchern, die diesen herr­lichen Fleck Erde betreten. In Serpentinen führt die Straße hinab ins Murgtal und überall öffnen sich dem Auge herrliche Blicke. Bei Loffenau, das in zahme Kastanienwälder und Obstbäume eingehüllt ist, betreten wir wieder den württembergischen Boden und um 7 Uhr sind wir in Herrenalb. Da es uns die Lands­männinnen angetan haben, so fahren wir an dem Och­sen vor und begrüßen unsere liebe Frau Mönch. Nach Istündigem Aufenthalt in den gastlichen Räumen kam nun der letzte Auftakt. Die Nacht war hereingebrochen, Helle glänzten die Lichter in Herrenalb, noch Heller strahlten die Sterne am Himmel, tiefer Friede lag auf dem Gefilde und wir überließen uns ganz dem Zauber der Nacht, als wir von Herrenalb durch den Wald auf den Dobel und hinab ins Enztal fuhren. Ohne Auf­enthalt gings von Calmbach über Oberreichen­bach nach Hirsau unserer guten Stadt zu, wo wir um 10 Uhr eintrafen. Wir hatten eine Strecke von 170 Kilometern zurückgelegt, einen geradezu herrlichen Weg mitten durch den Schwarzwald hindurch, der uns in seiner Größe ordentlich zum Bewußtsein kam, und der noch einen Holzreichtum aufweist, den man in dieser Ausdehnung sich sonst nicht denken kann. Bei den Teil­nehmern herrschte nur eine Stimme des Lobes über den gelungenen Ausflug und über das Schöne, das die ganze Fahrt in der großartigen Gebirgsnatur geboten hat. Die Stadtkasse hatten wir leider zu Hause gelassen und so mußte jeder Teilnehmer wie in früheren Jahren seine Kosten selbst bestreiten, wie es sich nicht nur für jeden ordentlichen Bürger, sondern auch für die Ver­treter der Stadt von selbst gehört. Die Eindrücke aber, die die bürgerlichen Kollegien auch auf dem diesjähri­gen Ausflug gesammelt haben, werden zu Gunsten der Stadt verwendet werden, damit das Nützliche sich mit dem Schönen verbindet und in gemeinsamer Arbeit der Stadt zu gute kommt. Der heurige Ausflug wird allen Teilnehmern in freundlicher Erinnerung bleiben und für das harmonische Zusammenarbeiten der bürgerlichen Kollegien von Nutzen sein.

Anmerkung der Redaktion. In Nr. 200 ds. Bl. war unter der RubrikVom Ratbaus" zu lesen, daß die bürgerlichen Kollegien eine Autofahrt auf die Hornisgrinde und an den Mummelsee unter­nehmen würden. Dieses Ziel der Fahrt schien bei der Besprechung in der letzten Eemeinderatssitzung am ehesten die Zustimmung der anwesenden Herren zu finden. Da uns eine Mitteilung, daß der Plan, auf die Hornisgrinde zu fahren, zugunsten Baden- Badens geändert worden sei, nicht zugegangen war, glaubten wir, unbedenklich die Hornisgrinde und den Mummelse als Endpunkt des Ausfluges an­geben zu dürfen, für welche Gegend, wie gesagt, im Eemeinderat seiner Zeit sehr günstige Stimmung herrschte. Wären wir darüber unterrichtet worden, daß nachträglich Baden-Baden der Ausflug gelten sollte, wäre der Irrtum uns und unserer Leserschaft erspart geblieben. _

Die Sonderstatistik über die Einkommensteuerpflich­tigen in Württemberg nach Erwerbsklassen und Einkommensgruppen.

Auf Grund einer Jndividualerhebung aus den Einkommensteuerlisten auf 1. April 1910 wurde im Auftrag des K. Finanzministeriums von dem K. Steuerkollegium, Abteilung für direkte Steuern, eine Sonderstatistik nach 6 Erwerbsklassen, d. h. Klassen, in denen auf die betreffende Hauptein­kommensquelle mindestens 60°/° des Gesamtertrags sämtlicher Einkommensquellen entfallen, angestellt. Diese 6 Erwerbsklaffen sind unterschieden in X Land­wirte. 8 Forstwirte, C Eebäudebesitzer, v Gewerbe­treibende, 8 Rentner, 8 Angestellte und Arbeiter einschließlich freie Berufe Eine 7. Klasse 6 er­faßt die Träger von Mischeinkommen (ohne eine Einnahmensquelle mit mindestens 60°/° der ge­samten Quellenerträge). Innerhalb dieser Erwerbs­klassen sind wieder 7 Einkommensgruppen gebildet, und zwar Gruppe I mit Einkommen bis 919 II von 950 bis 1699 III von 1700 bis 2599 IV von 2600 bis 5999 V von 6000 bis 9999 VI von 10000 bis 29999 VII mit 30000 ^ und mehr Einkommen. Württemberg zählt nach dieser Statistik im ganzen 704523 Eingeschätztex von denen 132437 den Erwerbsklassen /t, 337 8, 4764 E, 75573 v, 28186 8. 416775 8 und 46451 O zufallen. Nach Einkommenqruppen entfallen auf I 276234, II 254625, III 99536, IV 59181, V 8533. VI 5057 und VII 1357 Eingeschätzte. Im Bezirk Calw sind es 6712 Eingeschätzte von denen Land­wirte (-z.) 1685, Forstwirte (6) 13, Eebäudebesitzer (E) 27, Gewerbetreibende (v) 870, Rentner (8) 284, Angestellte und Arbeiter und freie Berufe (8) 3061, Mischeinkommen (6) 772 sind. Die Gliederung nach Einkommensgruppen bei der Bezirkstabelle war aus inneren Gründen nach den drei untersten 'Ein­kommensgruppen vorzunehmen und insgesamt die Zahl der Einkommensgruppen I bis VII festzu­stellen.

In unserem Bezirk sind von den Eingeschätzten

Landwirte (^) in Gruppe . I 682, II 746, III 215,1VII 1685

Forstwirte ( 6 ) ,. . i n 5 , m 1 , iVII 13

Gebäudebesitzer (L) in Gruppe I 17, II 6, III 3,1-VII 27

Gewerbetreib, (v) I 274, II 316, III 188.1VII 870

Rentner (8) I 120, II 65, III 28,1VII 284

Angestellte (8) I 1633, II 960, III 268,1VII 3061

Mischeinkomm. (Q) I 294, II 311, III 106,1VII 772

(Vgl. auch Calwer Tagbl. Nr. 201).

Von unserer Sanitätskolonne. In Hirsau fand gestern nachmittag eine größere Hebung unter Leitung des Kolonnenführers Pfizenmaier und des vr. meä. Schiler statt. Uebungsidee war: bei einem Erdbeben stürzte das Kraftsche Haus (Oelmühle) und die an demselben über die Nagold führende Brücke ein. Unter den Trümmern befindet sich eine größere Anzahl Leicht- und Schwerverletzter. Der in Hirsau zufällig anwesende Arzt requiriert telegraphisch die Sanitäts­kolonne Calw, die im Eilmarsch an der Unglücksstätte eintrifft. Aufgabe der Kolonne ist: die Verletzten zu bergen, ihnen die erste Hilfe zu leisten und sie mittels Kähnen über die Nagold an das rechtsseitige Ufer (An­lagen) zu verbringen. Während dieses Transports fällt ein Zuschauer in die einige Meter tiefe Nagold und ist dem Ertrinken nahe. Ein Sanitätsmann stürzt sich sofort nach und rettet den in Lebensgefahr Be­findlichen. Eine ungeheure Zuschauermenge hatte

sich auf der Nagoldbrücke zu beiden Seiten der Nagold angesammelt und war Zeuge von der frischen, mutigen und sachgemäßen Leistung der Mannschaften und der sachlichen, tatkräftigen Führung derselben. Jeder ein­zelne Mann spornte seine Kräfte nach bestem Können an und prompt wurden die vom Kolonnenführer ge­gebenen Befehle ausgeführt. Nach ärztlicher Kritik in den Anlagen, die für die Kolonne lobend ausfiel, wan­delten die Eanitätler unter Vortantritt der Calwer Jugendkapelle in die Restauration Mohr, und von da -- nach gemütlichem Vesper in ihren Standort Calw zurück. Die gestrige Uebung hat wieder dargetan, welch eine nicht wichtig genug zu schätzende Hilfsorgani­sation wir in der neugegründeten Sanitätskolonne ha­ben,' möge sie sich auch in Zukunft recht günstig weiter­entwickeln zu ihrem und zu unserer Stadt Nutzen!

Ein interessantes Schauspiel konnte man am ver­gangenen Samstag auf dem hiesigen Bahnhof beobach­ten. Vom badischen Truppenübungsplatz Heuberg bei Ebingen kamen auf der Fahrt nach Mannheim in drei langen Zügen zwischen 2 und 7 Uhr nachmittags das erste und dritte Bataillon des badischen Grenadier­regiments Kaiser Wilhelm hier durch und wurde vom Bahnhofwirt mit Kaffee, Wurst und Brot restauriert. Die Zahl der Mannschaften betrug ohne Offiziere 1002 Mann. Am Bahnhof hatten sich viele Einwohner un­serer Stadt eingefunden, um dem bunt bewegten Trei­ben zuzusehen und die Spedsung der Hungrigen zu verfolgen. In Weinfäßchen und Kesseln war Kaffee ausgestellt, von welchem Getränk Herr Bauz etwa 600 Liter absetzte. Am nächsten Mittwoch passiert eine weitere Abteilung badischer Truppen Calw.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Dienstag und Mittwoch ist zwar zeitweilig ausheiterndes, aber vor­wiegend gewittriges Wetter zu erwarten.

-X- Bad Liebenzell, 31. Aug. Mit der gestri­gen Theatervorstellung und Reunion hat die Kur­theatersaison 1913 ihr Ende gefunden. Mancher ge­nußreiche Abend wurde uns bereitet, manch frohe Anregung gegeben. Stets war die Direktion bemüht, Abwechslung zu schaffen und Neues zu bieten. Aber auch die Darsteller taten ihr Bestes. Die besten Wünsche der dankbaren Theaterbesucher begleiten sie. Der Besuch war mit zwei Ausnahmen stets ein guter. Ganz besonders geschätzt wurde das Theater in den regnerischen Tagen des Juli. Alle Veran­staltungen hatten damals unter der Ungunst der Witterung zu leiden und damals war man froh, wenigstens ein gutes Theater zu haben. So ist das Kurtheater rasch zum Mittelpunkt des Badelebens geworden. Im ganzen wurden hier 30 Vorstellun­gen gegeben, welche nach der Statistik der Direktion von rund 5 200 zahlenden Personen besucht wurden. Es hat sich gezeigt, daß, das Kurtheater nicht nur lebensfähig ist, sondern daß mit dieser Einrichtung einem wirklichen Bedürfnis entgegengekommen wurde.

Pforzheim, 31. Aug. 14 Etuisfabriken mit 850 Arbeitern stehen vor einem Lohnkampf. Die Arbeiter streikten schon im August 1910. Ihre damaligen For­derungen wurden nicht allgemein genehmigt. Nun ver­langen sie eine Lohnerhöhung von 6 L für die Stunde für Arbeiter und von 4 ^ für die Arbeiterinnen. Es herrscht aber gegenwärtig eine geschäftliche Depression, die die Aussichten für die Bewegung ungünstig gestaltet. Die Stellungnahme der Arbeitgeber ist noch nicht be­kannt.

Das Schloß Dürande

Von Joseph v. Eichendorff.

In der schönen Provence liegt ein Tal zwischen waldigen Bergen, die Trümmer des alten Schlosses Dürande sehen über die Wipfel in die Einsamkeit her­ein; von der andern Seite erblickt man weit unten die Türme der Stadt Marseille; wenn die Luft von Mit­tag kommt, klingen bei klarem Wetter die Glocken her­über, sonst hört man nichts von der Welt. In diesem Tale stand ehemals ein kleines Jägerhaus, man sah's vor Blüten kaum, so überwaldet war's und weinum- rankt bis an das Hirschgeweih über dem Eingang: in stillen Nächten, wenn der Mond hell schien, kam das Wild oft weidend bis auf die Waldeswiese vor der Tür. Dort wohnte dazumal der Jäger Renald, im Dienst des alten Grafen Dürande, mit seiner jungen Schwester Gabriele ganz allein, denn Vater und Mut­ter waren lange gestorben.

In jener Zeit nun geschah es, daß Renald einmal an einem schwülen Sommerabend, rasch von den Ber­gen kommend, sich nicht weit von dem Jägerhaus mit seiner Flinte an den Saum des Waldes stellte. Der Mond beglänzte die Wälder, es war so unermeßlich still, nur die Nachtigallen schlugen tiefer im Tal, manch­mal hörte man einen Hund bellen aus den Dörfern oder den Schrei des Wildes im Walde. Aber er achtete nicht darauf, er hatte heut ein ganz anderes Wild auf dem Korn. Ein junger, fremder Mann, so hieß es, schleiche abends heimlich zu seiner Schwester, wenn er selber weit im Forst; ein alter Jäger hatte es ihm gestern vertraut, der wußte es vom Waldhüter, dem hatte es ein Köhler gesagt. Es war ihm ganz un­

glaublich, wie sollte sie zu der Bekanntschaft gelangt sein? Sie kam nur Sonntags in die Kirche, wo er sie niemals aus den Augen verlor. Und doch wurmte ihn das Gerede, er konnte sich's nicht aus dem Sinn schlagen, er wollte endlich Gewißheit haben. Denn der Vater hatte sterbend ihm das Mädchen auf die Seele gebunden, er hätte sein Herzblut gegeben für sie.

So drückte er sich lauernd an die Bäume in wech­selnden Schatten, den die vorüberfliegenden Wolken über den stillen Grund warfen. Auf einmal aber hielt er den Atem an, es regte sich am Hause, und zwischen den Weinranken schlüpfte eine schlanke Gestalt hervor; er erkannte sogleich seine Schwester an dem leichten Gang; 0 mein Gott, dachte er, wenn alles nicht wahr wäre! Aber in demselben Augenblick streckte sich ein langer, dunkler Schatten neben ihr über den mondbe­schienenen Rasen, ein hoher Mann trat rasch aus dem Hause, dicht in einen schlechten, grünen Mantel ge­wickelt, wie ein Jäger. Er konnte ihn nicht erkennen, auch sein Gang war ihm durchaus fremd; es flimmerte ihm vor den Augen, als könnte er sich in einem schweren Traume noch nicht recht besinnen.

Das Mädchen aber, ohne sich umzusehen, sang mit fröhlicher Stimme, daß es dem Renald wie ein Messer durchs Herz ging:

Ein Eems auf dem Stein,

Ein Vogel im Flug,

Ein Mädel, das klug,

Kein Bursch holt die ein!

Bist du toll!" rief der Fremde rasch hinzu­springend.

Es ist dir schon recht," entgegnete sie lachend,so werd ich dir's immer machen; wenn du nicht artig

bist, sing ich aus Herzensgrund." Sie wollte von neuem singen, er hielt ihr aber voll Angst den Mund zu. Da sie so nahe vor ihm stand, betrachtete sie ihn ernst­haft im Mondschein.Du hast eigentlich recht falsche Augen," sagte sie;nein, bitte mich nicht wieder so schön, sonst sehn wir uns niemals wieder, und das tut uns beiden leid. Herr Jesus!" schrie sie auf einmal, denn sie sah plötzlich den Bruder hinterm Baum nach dem Fremden zielen. Da, ohne sich zu besinnen, warf sie sich hastig dazwischen, so daß sie, den Fremden um­klammernd, ihn ganz mit ihrem Leibe bedeckte. Re­nald zuckte, da er's sah, aber es war zu spät, der Schuß fiel, daß es tief durch die Nacht widerhallte. Der Un­bekannte richtete sich in dieser Verwirrung hoch empor, als wäre er plötzlich größer geworden, und riß zornig sein Taschenpistol aus dem Mantel; da kam ihm auf einmal das Mädchen so bleich vor, er wußte nicht, war es vom Mondlicht oder vom Schreck.Um Gottes wil­len," sagte er,bist du getroffen?"

Nein nein," erwiderte Gabriele, ihm unversehens und "herzhaft das Pistol aus der Hand windend, und drängte ihn heftig fort.Dorthin," flüsterte sie,rechts über den Steg am Fels, nur fort, schnell fort!"

Der Fremde war schon zwischen den Bäumen ver­schwunden, als Renald zu ihr trat.Was machst du da für dummes Zeug!" rief sie ihm entgegen und ver­barg rasch Arm und Pistol unter der Schürze. Aber die Stimme versagte ihr, als er nun dicht vor ihr stand und sie sein bleiches Gesicht bemerkte. Er zitterte am ganzen Leibe, und auf seiner Stirne zuckte es zu­weilen, wie wenn es von fern blitzte. Da gewahrte er plötzlich einen blutigen Streif an ihrem Kleide. , (Fortsetzung folgt.)

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