vis zu drei Monaten ausgedehnt werden, wenn die Druckschrift oder die vorher verbotene Druckschrift noch­mals gegen die Bestimmungen des Absatzes 1 verstößt. Das Verbot gilt für das gesamte Reichsgebiet und um­faßt auch jene angeblich neuen periodischen Druckschrif­ten, die sich nachher als die alten Herausstellen.

Versammlungen, Vereine und Kundge­bungen können außerdem nach Artikel 123 der Recchsverfassung verboten werden, wenn die Be­sorgnis begründet ist, daß in den Versammlungen Er­örterungen stattfinden, die zur gewaltsamen Aenderung oder Beseitigung der republikanisch-demokratischen Ver­fassung oder der verfassungsmäßigen Einrichtungen des Reichs oder einer seiner Länder, zu Gewalttätigkeiten gegen Personen des öffentlichen Lebens, zum Unge­horsam gegen Gesetze und rechtsgültige Verordnungen, oder die sich innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfassungsmäßigen Behörden auf- reizen.

Zuständig sind die Landeszrntralbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen.

Wer nach ß 1 verbotene Druckschriften herausgibt, verlegt, druckt oder verbreitet, wird mit Geldstrafe bis zu 500 000 Mkrrk und Gefängnis oder mit einer dieser Strafen bestraft. Entsprechendes gilt auch für verbotene Versammlungen.

Gegen Verbote nach 8 1 und 3 und gegen eine Be­schlagnahme nach 8 2 ist die Beschwerde zulässig, sie hat keine aufschiebende Wirkung. Die Beschwerde ist bei der Landeszentralbehörde einzureichen. Diese kann ihr außer im Fall des 8 4 Abs. 2 abhelfen. Ebenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem vom Reichsrat bestellten Ausschuß vorzulegen."

Die Besatzungs asten.

Nach einer Denkschrift der Reichsregierung betragen die Kosten der Rheinlandbesatzung allein bis Ende März 1921 rund vier Milliarden Gold­mark (90 Milliarden Papiermark) Dazu kommen die Ausgaben für Besatzungszwecke mit 7,3 Milliarden Papiermark. Die deutsche Friedensbelegung im Rhein­land betrug rund 70 000 Köpfe. Der französische Haus­haltplan für 1921 sieht dagegen allein für die fran­zösische Rheinarmee eine Stärke vor von 3095 Ossi- ! zieren und 94 948 Mannschaften, darunter 14 000 Ein- i geborene aus Nordafrika und 5480 Eingeborene aus , den übrigen französischen Kolonien. Die Gesamtbe- ! satzungsstärke der vier Besetzungsheere beläuft sich min- : bestens auf 120 000 Köpfe. Es bestehen neben der - Nheinlandkommission insgesamt 84 Kreisbeauftragte ^ und 10 Bezirksbeauftragte, von denen jeder einzelne i mit einem besonderen Stab von Hilfsoffizieren, Se- ; kretären, Dolmetschern und Unterpersonal ausgestattet »s ist. An Stelle der vertragsmäßig vorgesehenen z vier Mitgliedern ergibt sich eine tatsächliche Personal- - stärke der Nheinlandkommission und ihrer Beauftrag­ten von rund 13 000 Köpfen. i

Unbekümmert um die Bestimmungen des Friedens- - Vertrags wird beigetrieben und beschlagnahmt. An / Quartierlasten" hat z. B. die Stadt Mainz im No­vember 1920 allein 254 unmöblierte Wohnungen mit 1291 Räumen und 2391 möblierte Zimmer zur Ver­fügung stellen müssen, während zu gleicher Zeit 3400 obdachlose deutsche Familien sich im Stadtbezirk auf­hielten. Ein Bureauvorsteher bei der Rheinlandkom­mission hat sich auf Kosten des Deutschen Reichs be- reits zum dritten Mal eine Wohnung einrichteu : lassen. Er hat dazu ohne deutsche Mitwirkung die > Möbelfirma Bersud in Koblenz mit der Ausstattung > der Wohnung beauftragt und Möbel im Wert von ? 147141 Mk. auf Kosten der Stadt Koblenz bestellt ! Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß die beiden früheren Wohnungen tadellos ausgeftattet waren, und daß kein Grund vorlag, sie zu verlassen. Die Frau eines Beauftragten hat selbständig für rund 75 000Mk Gegenstände gekauft.

Für Soldatenheime sind einmalige Kosten von 11720191 Mk. entfallen, wozu noch die jährlichen Unterhaltungskosten kommen, die sich auf 7 517 000 Mk. belaufen werden.

Neues vom Tage.

Die Entwaffnung der Sicherheitspolizei.

Berlin, 30. Sept. In den Verhandlungen mit der Reichsregierung hat General Rollet eine Abschwä­chung seiner Forderung hinsichtlich der deutschen Sicher­heitspolizei abgelehnt. Im Reichstag ist eine Inter­pellation der Volkspartei über die neue Forderung des Verbands eingegangen. ;

ReichS-Städtedunv >

Berlin, 30. Sept. Der Reichs-Städrebund hat in Dresden seine 11. Mitgliederversammlung begonnen. Die Tagung wird sich in erster Linie mit dem finan­ziellen Zusammenbruch der mittleren und kleineren Städte befassen. Es wird besonders wieder das Zu­schlagsrecht zur Reichseinkommensteuer gefordert und «ine Beteiligung der Gemeinden an der Reichserb* schaftssteuer verlangt.

Parteiübertritt

Darmftavt, 30. Sept. Der Vorsitzende des hessi­schen Landesamts für das Bildungswesen, Dr. Strek- ker, hat dem Staatspräsidenten seinen Uebertritt von de. . emokratischen zur Sozialdemokratischen Partei angezeigt und gleichzeitig sein Abgeordnetenmandat niedergelegt.

TaS Wiesbadener Abkommen.

Parts, 30. Sept. DasJournal" bemerkt zur Aust Hebung der Rheinzollsperre, auch die neue Ueberwa- chung der deutschen Ein- und Ausfuhr werde nicht lange aufrecht erhalten werden müssen, da das Wies­badener Abkommen zwischen Loucheur und Rathenau aufs genaueste die Waren bezeichne, die Deutschland frei einführen lassen müsse und andere, deren Ein­fuhr es beschränken dürfe.

Einfuhr von Lnxnswaren.

Berlin, 30. Sept. In den Monaten Juni bis Sep­tember 1920 sind auf Grund der erteilten Einfuhr­bewilligungen in Deutschland eingeführt worden: Haar­netze 4 300 000 Mk., Seiden und Tülle 40 240 000 Mk., Seidengewebe und seidene Konfektion 3180 000 Mk., seidene Tüllgewebe 14 600 000 Mk., Pelze 66 309 000 Mk., Schmuckfedern und Reiher 1 832 000 Mk., das macht zusammen 130 461000 Mk. Aus der Seifen- und Par­fümerie-Industrie sind nach französischer Aufstellung 1920 nach Deutschland eingeführt für 40 Millionen Mark. Der Wert der Einfuhr alkoholischer Ge­tränke betrug 1920 390 Millionen Mark.

Tie deutsche Mark Spekulationsgegenstand.

London, 30. Sept.Daily Expreß" berichtet, an der Londoner Börse und in den Geschäftsvierteln werde lebhaft in der deutschen Papiermark spekuliert. In England sollen sich 10 Milliarden Mark befinden. Man kauft die Mark auf in der Erwartung, daß sie bald wieder steigen werde, wofür jetzt schon gearbeitet wird. Jnchcape hielt gestern eine Rede, in der er erklärte, das Sinken der Mark werde aufhören, wenn die deut­sch« Ausfuhr steige.

Neue Verhandlungen mit Devalera.

London, 30. Sept. Lloyd George hat an den Jren- führer Devalera eine Note gerichtet und seine Ver­treter zu einer neuen Besprechung nach London am 11. Oktober eingeladen. Die Note weist darauf hin, daß die englische Regierung in der Grundfrage ihren Standpunkt nicht ändern könne. Die Frage müsse mündlich behandelt werden, schriftliche Auseinander­setzungen würden nicht zum Ziel führen.

Verschleppung der Fricdensbestätignng.

Washington, 30. Sept. Die demokratischen Sena­toren verlangen eine genaue Prüfung der Friedens­verträge mit Deutschland und Oesterreich, bevor dar­über abgestimmt werde.

Erholung des deutschen Mark.

^ Berlin, 30. Sept. Die Abschwäch u.',; . . . Kurse für ausländische Zahlungsmittel, die schon gestern den ganzen Tag über angehalten hatte, setzte sich heute fort. Der Dollar sank auf 119.

Reichstag.

Eine politische Aussprache.

Berlin, 30. Sept.

Die Sitzung wird kurz nach 12 Uhr eröffnet. An­fragen.

Abg. Graf Westarp (D.natl.VP.) erhebr Einspruch ge­gen das Verbot des Tragens schwär,zwcißroter Schlei­fen bei einer Landbundtagung in Schwieburg und ge­gen Gewalttätigkeiten gegenüber schwarzweißroten Far­ben in Berlin, Magdeburg, Neuhaldersleben, Lübeck, Cuxhaven, Osnabrück usw.

Der Reichsminister des Innern läßt erklären. es sei nicht die Absicht der Reichsregierung, die Be- nuknna der swwarrweikroten Karbe zu hind:.u.

Auf eine Anfrage des Abg. MnmM (D.natl.VP.) teilt ein Regierungsvertreter mit, daß noch 368 Ge­fangene in französischer Gefangenschaft sind. Auf eine Anfrage der oberschlesischen Abgeordneten erklärte der Minister des Innern, daß die Reichsregierung unter allen Umständen das Gesetz über die Autonomie Ober- schlestens zur Durchführung bringen werde.

Das Gesetz über die Verpflichtung zur Auskunft über militär-fiskalische Gelver und deren Herausgabe wird in dritter Lesung angenommen, ebenso das Ge­setz zur Verlängerung der Vorlage über die Abwei­chungen des Mersteuergesetzes.

Der deutsch-amerikanische Friedensvertrag wird dar­auf in allen 3 Lesungen nach einer ablehnenden Er­klärung des Abg. Stoecker (Komm.) mit großer Mehr­heit angenommen.

Sämtliche Anträge und Interpellationen wegen der Frage der Tnrchkrenznng der Politik des Reichskanz­lers, des Schutzes der Republik und der Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten vom 29 August werden miteinander verbunden.

Abg. Hergt (D.natl.VP.) bedauert, daß der Reichs­kanzler nicht selbst Gelegenheit genommen hat, sich über die schweren Gefahren der letzten Tage und den Wan­del zwischen den Verordnungen des Reichspräsidenten vom 29. August und vom 24. September auSzuspre- chen. Es liegt ein Rückzug auf der ganzen Linie vor, aber kein siegreicher Rückzug. Wenn es der Reichs­regierung mit dem inneren Frieden, den sie immer im Munde führt, ernst gewesen wäre, hätte sie wohl offen ! zugegeben, daß sie zu weit gegangen ist. Wir Deutsch­nationalen sind bereit, unser« Bersöhnungspolitik durch die Tat zu bekräftigen. Der Geist der Regierung ist aber der gleiche geblieben. Deshalb müssen auch wir in der Kampfstellung verharren. Der Reichskanzler soll ja zentnerschweres Material über dieMord- , atmosphäre" von uns in Händen haben. Aber er l kommt nicht damit heraus. Vielleicht glaubt er hier im ! Paus einen besseren Resonanzboden zu finden. In der

: bayerischen Frage kommt der Redner zu dem Schluß.

! daß nicht einmal geprüft wurde, ob die Ausnahme­bestimmungen einzelner Landesteile nicht tatsächlich eine Notwendigkeit gewesen seien. Die Verordnung des Reichspräsidenten war damals einfach ein Aufruf zur Außerachtlassung der gesetzlichen Bestimmungen. Jetzt ist sie natürlich geändert worden. Wenn jetzt aber der Reichstagspräsident in seinen Ausführungen Einwen- . düngen gemacht hat, die auf eine genaue Kenntnis der i Akten schließen lassen, so bedauere er, daß hier keine ^ größere Zurückhaltung geübt worden sei. Die Zuge­hörigkeit der Mörder Erzbergers zur Deutschnationalen - Partei ist nicht erwiesen. Einer (Tillessen) soll einer ' Zentrumsfamilie angehören, wir ziehen aber keine Fol­gerungen daraus. Jedenfalls sehen wir der gericht­lichen Auseinandersetzung getrost entgegen. Wir stehen auf dem Boden der Verfassung, genau wie jede andere Partei und wir ersuchen den Reichskanzler, diese Er­klärung zu respektieren. Wir protestieren gegen halt­lose Verdächtigungen und gegen Fechterkunststückchen.

. Dem zentnerschweren Material des Reichskanzlers kön­nen wir tonnenschweres Material entgegensetzen. Unser i Volk weiß, daß es nicht besiegt ist, sondern nur äußerem Einfluß unterlag. Daher die Liebe zu den alten Regi­mentern. Wir bestreiten nicht, daß die Sozialdemo­kratie auch Nationalgefühl hat; aber sie soll es betäti­gen, namentlich der Entente gegenüber.

! Aus Stadt und Land.

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Meirtelg. 1. Oktober 1»Lt.

J-yr,SS»«rM« d,r Technisch«« Noihilfe. Dm 30. 9 1921 kann die Tecknische Noihilfe auf ein zweites Jahr ihres Bestehens zurückblicken So häufig wie im ersten Jahre hat sie in bösem Jahre nicht in Tätigkeit treten brauchen. Indessen die Technische Noihilfe 1919 20 nach den endgül' ttgen Ergebnissen 521 mal einsetzen mußte, beläuft sich dies­mal, soweit sich bisher überblicken läßt, die Einsatzz ffer auf 390. Nichtsdestoweniger zeigt die Slatistik, daß auch im letzten Jrihr kaum eine Woche verlaufen ist, ohne daß dir Technische Nothilfe an irgend einem Ort im Deutschen Reich tätig war. Von den 52 Jahreswochen sind nur 6 ohne jeglichen Einsatz gew-stn. Bezüglich ker aufiechterhaltenen Betriebe hat sich im Berichtsjahr 1920/21 gegenüber dem ersten Jahr 1919/20 dar Btld insofern verschoben, als die Emsatzzahl für Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke im Ver­hältnis zurückgegangen ist, während in der Landwirtschaft diese Z ffer bedeute, d gestiegen ist. Auch das Eingreifen der Technischen Nothilfe bei elementaren Ereignissen hat sich beträchtlich erhöht. Hier stehen den 3 Einsätzen dieser Art !m Vorjahr im Berichisjahre 26 gegeiüber. Der Ausbau der Oiganisation ist kräftig so,igeschritten Die Zahl der Orts- bezw Landgruppen hat sich seit dem Vorjahre um § über die Hälfte verm h,t, di« Mitgliederzahl verdoppelt. Die einzelnen Berufe sind an der Mitgliederzohl folgendermaßen beteiligt: im Reich: Technische Fachleute 18 Pioz, Hand- werke» 10 P,oz., Landwirte 22Pioz , freie Berufe 16 Proz., Arbeiter 15 Proz., Student«« 6 Proz., Frauen 11 Proz.; im Landesbrzirk Baden und Württemberg: Technische Fach­leute 22 Proz, Handwerker 14 Proz., Landwirte 25 Proz., freie Berufe 10 Proz., Arbeiter 14 Proz-, Studenten 8 Proz., und Frauen 7 Proz.

-Wichtige Entscheidung. Das Landesfinanzamt Karlsruhe hat den dortigen Verkehrsverein als um-- satzsteuerpflichtig erklärt. Auf dessen Berufung beim Reichsfinanzhof München hob dieser die Entscheidung des badischen Landessinanzamts auf und erklärte den Ber­kehrsverein als gemeinnütziges Unternehmen.

Eilzüge ohne Zuschlag. Im neuen Winterfahr­plan werden zum erstenmal in größerem Umfang Per- sonenzüge eingeführt, die nur auf größeren Stationen Mrd Knotenpunkten halten. Es gibt also in Zukunft Pev» sonenzüge für den Weitverkehr und solche für den Lokal» verkehr. Die beschleunigten Personenzüge ohne Fahr» Preiszuschlag dienen hauptsächlich dem Verkehr zwischen bien Städten und halten auf kleinen Stationen nicht mehr.

Warnung. Die südslawische Gesandtschaft warnt vor Betrügern, die sich in Deutschland als angebliche Beauf­tragte der Regierung oder von großen Geschäften in Ser­bien, Slawonien und Kroatien ansgeben und zum Teil recht wertvolle Musterauswahlen erschwindeln.

Spietberg, 30. Sept. Für die in großer Not sich br- findrndkn Deutschen in Oberschlesien wurde durch die Schü- ! lerinnen der Oberklafse auch hier eine Sammlung von Mehl ! und Geld vorgenommen. Das Ergebnis war ein recht ec i freulichkS, so daß 220 Psd. Mehl und 225 Mk. abgesandt werden konnten. Allen Gebern, sowie auch den Sammle­rinnen sei herzlich gedankt.

, Stuttgart, 30. Sept. (Kleine Anfrage.) Die Abgg. Pflüger und Keil (Soz.) haben eine Anfrage im Landtag eingebracht: Die in der Gefangenenanstalt in Vaihingen a. E. untergebrachten Gefangenen werden an Privatunternehmer für Löhne abgegeben, die in einem stärken Mißverhältnis zu den an freie Arbeiter zu be­zahlenden Löhnen stehen. Dadurch wird auf die Löhne der freien Arbeiter ein Druck ausgeübt und dem Staat ent­gehen Einnahmen, für die er reichliche Verwendung hat. Ist der Jüstizminister bereit, die Löhne, die für die Ge» fangenenarbeit zu zahlen sind, so festzusetzen, daß sie den Löhnen der freien Arbeiter: entsprechen?

, Stuttgart, 30. Sept. (Regimentsfeier der Olgagrenadiere.) Die Landeszusammenkunft der Olgagrenadiere am 16. Oktober findet im Hof der Rote» bühlkaserne um 11 Uhr vormittags statt. Das Fest- , bankett am 15. Oktober wird, wie ursprünglich sestge- ' setzt, in der Liederhalte abschalten. Nähere BekannntgcM