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Rr. 204
Ultenßeig. Sreitag tzsa 2. September.
l Jahrgang LS8L.
Die innere Lage.
Lluttgart, 1. Sept. (Die Kundgebung.) Ueber die gestrige Kundgebung der Arbeiterschaft Groß-Stutt- varts ist nachtzutragen: Auf dem Marktplatz waren vier Lastwagen verteilt, die als Rednertribünen dienten, außerdem sprach je ein Redner von dem Lichtständer in- viitten des Platzes und vom Kaufhaus Schaarschmidt aus. Von Seiten der Sozialdemokraten sprachen Dr. .Schumacher und Bullmer, von den Unabhängigen Engelhardt und Hoschka, von den Kommunisten .Hammer. Nach Beendigung der Reden zogen die Massen, die nun auf 10 bis 12 000 Personen geschätzt werden - eine einigermaßen sichere Schätzung war wegen der Verteilung in Lei: verschiedenen Seitenstraßen kaum möglich —, zum Gewerbehalleplatz, um die Antwort der Regierung ab- Zuwarten. Dem Zug ging eine kommunistische Kinder- gruppc voraus, die Arbeiterlieder sang.
Beim Staatspräsidenten Hieb er sprach mittlerweile eine Abordnung der Arbeiterschaft vor, um ihm die Forderungen betr. Bekämpfung der Reaktion usw. vorzutragen. Der Staatspräsident erwiderte: „Ich verstehe und würdige vollkommen die Besorgnisse, die Sie zu Ihrem heutigen Vorgehen veranlaßt haben und nehme vom Stand- Punkt der Staatsregierung aus gerne Kenntnis davon, daß Sie bereit sind, mit Leib und Leben die Republik Zu schützen. Ich selbst habe während meiner bisherigen Ministerzeit nie einen Zweifel darüber gelassen, daß ich der Ueberzeugung bin, daß ein Wiederaufbau und eine ruhige Entwicklung Deutschlands nur aus republikanischer Grundlage und in demokratischem Geist möglich ist. Wenn ich auch die Gefahren für den Bestand der Republik in Württemberg zurzeit noch nicht so unmittelbar drohend ansehen möchte, so halte ich doch im Hinblick auf das aufreizende Verhalten gewisser Kreise und da Deutschland heute mehr wie je Ruhe mrd Geschlossenheit braucht, Ihre Forderung, energische Maßnahmen gegen die Ruhestörer im Reich zu ergreifen, für berechtigt. Alle Versuche, von welcher Seite sie auch kommen mögen, der Republik auf anderem als verfassungsmäßigem Wege entgegenzutreten, sind rücksichtslos zu bekämpfen. Was Ihre Forderungen zur Rechtspflege, bezüglich der Reichswehr, des Acht-Stundentags und der Koalitionsfreiheit anlangt, so fallen sie in die Zuständigkeit des Reichs; ich werde aber, entsprechend der Haltung der wrüttembergischen Regierung im eigenen Lande, bei der Reichsregierung nachdrücklich für tunlichste Erfüllung dieser Forderungen eintreten. Zur Be- amtensrage bin ich der Meinung, Saß Ihnen so wenig wie mir an einer kleinlichen Gesinnungsschnüffelei unter den Beamten, der Polizei und den Soldaten gelegen sein kann, daß aber doch mehr als bisher darauf gedrungen werden muß, daß kein Diener des Staats seine amtliche Stellung gegen die Republik mißbraucht. Die Beseitigung gesetzwidriger Organisationen hält auch die Regierung für dringend geboten.
Die Kundgebungen im Reich.
Berlin, 1. Scpt. Nach, den bis jetzt eingegangenen Meldungen sind die gestrigen Kundgebungen in allen Städten unter großer Beteiligung ruhig verlaufen.
Wie der „Vorwärts" und die „Freiheti" melden, hat die Sozialdemokratische Partei Englands die Genossen beider Parteien zu dem einheitlichen Protest gegen die deutsche militärische Reaktion telegraphisch, beglückwünscht.
Begnadigung von Kommunisten.
Halle, 1. Sept. Der Reichspräsident hat in den letzten Tagen weitere vier Verurteilte des Osterausstands begnadigt. Die Begnadigten sind bereits in ihre Heimat- hemeinden bei Sangcrhausen zurückgekehrt, wo sie von ihren Parteigenossen mit festlichem Gepränge empfangen wurden.
Verbotene Sedanfeiern.
1. Sept. Der Polizeipräsident hat alle Sv- danfeiern, die von der Deutsch,nationalen Volkspartei in Groß-Berlin veranstaltet werden sollten, verboten, da sie den inneren Frieden des Staats gefährden könnten.'. Halbamtlich wird mitgeteilt, es treffe nicht zu, daß! Dun Aussührungskommissar für die Ausnahmeoerord-j i nungen Severrng (Soz.) ernannt worden sei. -Auchß * das Gerücht, daß der Kommunistenführer Hölz begnadigt worden sei, sei unbegründet.
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* Stuttgart, 8. Sept. Bon der Landtazsfraktion der württ. Bürgerpartei und des Bauernbunds wurde an die Staatsregierung wegen des Erlaßes des Reichspräsidenten und der Zeitungsverbote eiue »Große Anfrage* gerichtet und zugleich die sofortige Einberufung des Landtags beantragt.
An den Reichsminister deS Innern in Berlin wurde folgendes Telegramm abgesandt: Fraktion -er Bürgerpartei und des Bauernbundes im württ. Landtag legt Verwahrung gegen verfassungswidriges Verbot der .Süddeutschen Zei- ! tung* ein und erwartet sofortige Aufhebung, z WTB. MSache», 1. Sept. Die Fraktion der Bayeri- ! ichen Bolkspartei, der Bayerischen Mittelpartei, der Deutsch- ! demokratischen Partei und des Bayerischen Bauernbundes haben eine K»«dged»«g erlaßen, in welcher sie die Er- schütterung der Moral bedauern und die erbärmliche Mordtat an Erzberger verabscheuen, aber gegen die Verordnung vom 39. August 1921 und die Bestrebungen auf sofortige Aufhebung des Ausnahmezustandes in Bayern entschieden Verwahrung ringele gt werden.
WTB. Berlin, 1. Sept. Der Reichsminister des Innern hat auf Grund des § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 39. August de« »Berliner Lokalanzeiger* und de» »Tag* a«f die Daser va» 14 Tage, »erdate«, weil diese Blätter einen Artikel des »Miesbacher Anzeigers' abzedruckr haben, in dem das gegen diese Zeitung ausgesprochene Er- scheinungsverbot verhöhnt und die Reichsregierung mit Beschimpfungen überhäuft wird.
WTB. Bertt«, 1. Sept. Nach einer Meldung des »Berliner Lokalanzeigers' erscheint der vrrd«tr«e »Mies- Lacher Anzeiger* weiter und bringt einen sehr scharfen Leitartikel.
Die Rede des Reichskanzlers bei der Beerdigung Srzbergers.
Reichskanzler Dr. Wirth führte aus: Der Reich-: Präsident und die Reichsregierung widmen dem großen schwäbischen Volksmann, dem hervorragenden Parlamentarier und Staatsmann, dem Reichsfinanzminifter den verdienten Kranz der Ehre und die Versicherung des treuesten Andenkens. Nicht nur bei den Katholiken, nein, beim ganzen deutschen Volk, soweit nicht Haß und Verblendung das Urteil trüben, hatte die Kunde von dem Mord die stärkste Bewegung ausgelöst, insbesondere bei dem arbeitenden Volk. Heute sind nach tausenden zählende Arbeitermassen in der Hauptstadt des Deutschen Reichs in Bewegung. Die Welle kann ganz Deutsche land durchziehen. Mancherlei Gefahren können darauA entstehen. Wehe denen, die noch einen Tropfen in diesen übervollen Kelch schütten. Aufs neue kann das. Chaos über Deutschland herausbeschworen werden. Unser toter Freund hat in den vergangenen Jahren den Zusammenbruch durch den Krieg lange vorausgesehen, aber seine Warnungen blieben ungchört. Im Walde von Compiegne beim Abschluß des Waffenstillstand, da sah den ganzen unermeßlichen Umfang des hereingebroche- .chenen Unheils. Er hatte dem Stolz des Siegers, des Marschalls Foch, unmittelbar zu begegnen. Seine Hal-> tung war ritterlich und deutsch, nicht, wie man gemeint hat, hündisch und feig. Das war der erste folgenschwere Gang unseres Freundes und ich sage nicht zu viel, wenn ich es ausspreche, daß schon dieser Gang vielleicht sein Todesgang war. Die zweite Stunde kam in Weimar) alS der Friede zu unterzeichnen war, als die Folgerung zu ziehen war aus Krieg und Niederlage. Da waren viele,-die sich Patrioten nannten und doch froh waren, daß Zentrum und Sozialdemokratie den Gang nach Versailles auf sich nehmen. Jene erbärmlichen Wichte in Deutschland, die da höhnen, er habe dm Gang getan, um sein Vaterland zu verraten, die sollten sich in den letzten Winkel verkriechen. Unsere Waffen hatten wir verloren, aber um die Einheit zu retten, da riet Erzberger» den Frieden zu unterzeichnen. Früher haben die Dynastien die Länder zusammengehalten, sie sind dahin. Es muhte ein neues Band geschaffen werden. Das ist der n e u e demokratische StaatS- ge danke. An seiner Wiege stand unser Freund E r z - berger. Er har sich als Schöpfer einer neuen Wehr- m acht bewährt, indem er die Mittel für das erste Regiment aufbrachte. Er hat das neue einheitliche Finanzwesen für das Reich ausgerichtet. Heute sehen . wir bereits, daß wir zufammengebrochen wären unter j der Last unserer finanziellen Verpflichtungen, wenn
nicht rechtzeitig eine Grundlage und ein Orgcrnicm: .- als Träger dieser Verpflichtungen geschaffen word:u wäre. In dem ersten Vierteljahr dieses Rechnung - jahrs konnten wir nicht weniger als 17 Milliarden an Steuern und Gefällen aufbringen. Ihm ist es gelungen . was selbst einem Bismarck nicht gelang, eine einheitliche Post und Eisenbahn in Deutschland zu schasse.!. In jenem stillen Tal von Griesbach beschäftigten ihn auf Spaziergängen mit Freunden alle die großen Gedanken unserer wirtschaftlichen Organisation, zuletzr noch die Wohnungsfrage.
So beugen wir uns in Dankbarkeit vor den unge heuren Opfern, die er gebracht hat in treuer Pflichter ftillung gegen Gott, gegen sein Land, nicht zuletzt aber auch vor den schweren Opfern, die seine Famili n ittragen mußte. Erzberger hat in seinem Leben vir: Tragisches erlebt. Nach so großen Taten für das Vaterland bringen es Deutsche über sich, noch am offenen Grab den Toten zu schmähen. Ich erinnere nur an eine Zeitung in Süddeutfchland die sich (Bayerische) Sraatszeitung nennt. Der erste Proz eß ist zu Ende, sieter den zweiten, über den Steuerprozeß, kann im nicht sprechen, aber ein Kenner hat mir erklärt: Erzberger bat nicht nur die Wahrheit sagen wollen, er hat sie auch gesagt.
Wir wollen über den Toten den Schild halten, aber nicht in stummem Schmerz verharren, sondern wir wollen handeln, denn das Vaterland ist in Gefahr. Das neue Deutschland kann nur bei )«« aus sozial-christlicher Grundlage. Es ist eine e,ende Lüge, daß Erzberger nach seinem Abgang sich in die Ministerien eingedrängt, eine Nebeuregierung antge» richtet habe. Unwahr ist, daß er das Heft wieder in die Hand nehmen, die Führung des Zentrums nach Trimborns Tod wieder übernehmen wollte. Das Vaterland ist in Not, und da rufe ich es hinaus i > alle Gaus unserer Heimat: Deutsches Voll, wachc ruf, schüttle die ab, die aufs neue dich in schwere Bedrängnis bringen wollen! Folge dem Stern des neue.'. Staatsgedankens, den dieser Tote gezeigt hat.
Der indische Aufstand und Deutschland.
Ein Londoner Blatr spricht mit Bezug auf die Rebellion der mohammedanischen Moplahs an der Malabarküste uon einem „Funken in einem Pulvermagazin" und schreibt: „Indien befindet sich infolge des Weltkriegs in einein Instand der Gärung. Ein Funke kann eine große Explosion verursachen". Das Bild ist etwas gemischt: der ihm zugrunde liegende Gedanke erklärt aber wirklich, warum der Ausstand den Londoner leitenden Kreisen Anlaß zu schwerer Sorge gibt. Die Lage an der Malabarküste ist allerdings auch, ganz abgesehen von dein allgemeinen indischen Hintergrund, ernst genug, wie selbst die amtlichen englischen Nachrichten erkennen lassen. Ruhestörungen seitens der fanatischen Moplahs, die arabischer Herkunft find, abe> mit starker Beimischung bekehrter Urbewobner, der 'ogeuaniuen Di avidis, sind an sich nichts Neues. Während es sied aber bei früheren Gelegenheiten um vereinzelte Ansprüche kleiner schlechtbewaffneter Banden handelte, die sich rn der Hauptsache gegen die Hindus richteten, hat man es diesmal mit einer wohlgeplanten Erhebung zu tun und statt Banden von Hunderten stehen nun Hainen von Tausenden im Feld, die merkvürdigcrweije mit guten Gennchren ver- >.!:'N sind und denen uniformst rte Freiwillige und srü Here indische Soldaten rm englischen Dienst Rückgrat verleihen. Schon die gcichicklen Versuche der Aufständischen, das AusstaüdSgcbiel durch Zerstörung der Eisenbahnen und Telegraphen möglichst abzugrerlzen, um eine schnelle Zusainmeuziehung der Regierungsrruppeu zu verhindern, deutet ans eine Oberleitung, von der bei früheren Moplahaiisbrüchen nichts zu inerten war.
Der „Daily Telegraph" schreib!:
,,Jn ihren Hauptlinieil hat diese Moplah-Erhebniig Ähnlichkeit mit dein Pandschab Aufstand von 1919. Wie werden die innere Geschichte di ser Erhebung wahrschein lich nie kennen lernen, so wenig, wie wir heutigen Tag- wissen, wer wirklich für die geschickte Einleitung der Ruhestörungen verantwortlich gewesen ist, die 1919 in so vielen Bezirken des Pandschabs gleichzeitig ansbra chcn und die scheinbar ganz natürlich und unvermeidlich zu dem Kriegsausbruch an der Nordwestgrenzc und dem Eindringen ans indisches Gebiet durch die asghani-