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Aus den Tannen

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Samstag de« 3«. 3«lt.

Jahrgang 1S31.

Sonntagsgedanken.

Erntezeit.

Das Korn steht gelb, gereift die Saat, nun kommt die frohe Zeit der Mahd, nun laßt die Sensen klingen!

Wir säten aus und sammeln ein und wollen in den Hof herein die Frucht der Arbeit bringen.

Ein Oleer von Aehren wogt im Wind; wie viele da beisammen sind?

Wer kann sie alle zählen?

O Gottes große Freundlichkeit, die uns dies Jahr wie alle Zeit den Segen nicht läßt fehlen!

Die Aehre neigt sich tief und schwer, bringt ihrem Schöpfer Preis und Ehr' und ruft uns ins Gemüts: vergiß auch du den Höchsten nicht, beug' ihm in Demut dein Gesicht, bedenke seine Güte! Rathke

Zur Lage.

Wir stehen wieder mitten in einer Krise drin. Die Ausbringung der. an die feindliche Entschädigungskom- mis'ion zu zahlende Summe begegnet größeren Schwie­rigkeiten, als man vermutet hatte. Zwar wollen amerika­nische Banken Deutschland einen Kredit von 9 Millionen Dollar, (etwa 660 Millionen Papiermark) einräumen und mglische Banken sollen zu einem Kredit von 3 Millionen Psund Sterling, (800 Millionen Mark) bereit Zein. Mein diese Kredite sind nicht für die Erleichterung der EnlschL- digurrgszahluna bestimmt, sondern sür den einen sen wir den Amerikanern Baumwolle abnehmen, der andere dient der Beschaffung ausländischer Lebensmittel. Nun ist es der Reichsbank gelungen, mit einer holländischen Bankvereinigung ein Darlehen von 150 Millionen Gold­mark, d. h. etwa so viel.als wir künftig alle 14 Tage an den Verband zahlen müs'en, sür die Entschädigungszah­lungen abzuschließen, was namentlich auch um deswillen erstaunlich ist, als das Abkommen beweist, da Detsch- land un ähig angesehen wird. Auch durch Vermittlung' des Amsterdamerers Bankhauses Mendelsohn u. Co. wurde ein solcher Kredit von 50 Millionen Goldmark sür die Reichsbank beschafft. Wer es ist begreiflich, daß diese Kredite nicht billig sein können, und zurückbezahlt'sen sie auch werden. Andererseits hat das Reich am 31. August einen Wechsel von 840 Millionen Goldmark ein- zulösen,, der zusammen mit dem Ultimatum bezahlten 160 Millionen die erste Halbjahrsrate der Jahreszah- lnng von zwei Milliarden Goldmark ergibt. Am 15. No­vember folgt die erste Viertelsjahrsrate der 26 Prozent des jährlichen Ausfuhrwerts mik rund 330 Millionen Goldmark, am 15. Januar 1922 sind 500 Millionen Goldmark als Viertelsjahrsrate der festen Jahreszahlung fällig, am 15. Februar weitere 330 Millionen der Aus­fuhrabgabe und am 15. April wieder 500 Millionen der festen Zahlung, zusammen im ersten Entschädigungsjahr 2,66 Goldmilliarden, während sür die folgenden Jahre je 3,3 Milliarden zu zahlen sein werden. Von den 2,66 Milliarden sind 240 Millionen in Gold bereits abge­tragen, an Sachleist ungen kommen zunächst nur die rund 480 Millionen Goldmark im Jahr in Betracht, die sich ans den Kohlenlieferungen ergeben und von denen für die Monate Mai bis August etwa 166 Millionen Goldmark in Rechnung zu stellen sein werden. Von den übrigen Sachleistungen über die zwischen den beiden Wiederaufbauministern Loucheur und Rathenan verhandelt wurde hört man nichts mehr, bedeutend werden sie jeden­falls nicht sein, denn den Franzosen liegt nicht viel an dem Wiederaufbau durch Deutsche, sie haben es auf unser Nationalvermögen abgesehen. Wenn nun der volle Betrag der holländischen Kredite mit 240 Millionen auf die Entschädigungszahlungen verwendet wird, so bleiben «ns 1. August immer noch 400 Millionen Goldmark O,4 Milliarden Papiermark) einzulösen.

Der ehrliche Wille der Reichsregierung, die Riesen­summe trotz aller Schwierigkeiten aufzub.ingen, wird aber durch die schnöde Politik Frankreichs immer wieder durch­kreuzt. Das fortwährende Schüren in Oberschlesien und die unleugbaren Verbuche Frankreichs, dort einen

vierten Aufstand der Po.en hcrbeizuführen, mindern na­türlich die Kreditfähigkeit Deutschlands im Ausland ganz beträchtlich, wie man an dem Stand der deutschen Valuta ersieht. Mitte Mai galt der amerikanische Dollar als Weltwertmesser bei uns 58 Mk.; er stieg aber von da an unaufhaltsam bis auf 75 Mark. Als am 13. Juli das holländische Kreditabkommen veröffentlicht wurde, sank der Dollar vorübergehend auf 73>/L Mk., er hat aber wieder eine Höhe von 77^ Mark erreicht.

Die internationale Börse erwartet offenbar auch nichts Gutes für Deutschland aus der gegenwärtigen Spannung zwischen England und Frankreich; auch die Börse ist wohl der Meinung, daß Deutschland wieder die Kosten zu tragen haben wird. Und was ist denn aus dem monate­langen Gezerfe über Obersten Rat,Sachverständige" und Truppenverstä kung geworden? Schließ ich ist doch wieder eine sogenannte Einigung zustandegekommen, mäg sie auch noch so klapprig sein, aber sie genügt wenigstens für uns Deutsche. LloydGeorge erhält seine Obersten- rats-Konferenz, zwar später, als er wollte, nämlich am 4. August statt Ende Juli, aber das macht nun nicht mehr viel ans, nachdem Lloyd George schon auf seinen Schweizer Urlaübsaufenthalt verzichtet und sich einen stillen Winkel in Britannien dafür ausgesucht hat. Er selbst wird als vielbeschäftigter Mann oder in seinem Verdruß auch nicht nach Boulogne reisen, sondern s ine zwei Minister­kollegen Curzon und Balfour dahin schicken. Briand dagegen hat seine berühmte Sachverständigenvorüeratung zngesagt bekommen, die neben nnd-ren senen bekannten Bericht der dr«4 yeTchan-Sobe^ormpissare in vberschls- sien eine einheitliche Deutung, geben sollen, über die sich bisher London und Paris nicht einigen konnten. Der Bericht empfiehlt entweder schleunigste Einberufung des Obersten Rats oder sofortige Absendung von mili­tärischen Verstärkungen nach Oberschlllsien. In Paris legte man den Nachdruck auf das letztere, in London auf das erstere. England scheint, nebenbei bemerkt, seinenIrr­tum" inzwischen eingesehen und nachgegeben zu haben. DieSachverständigen", von denen Frankreich, England und Italien je drü entsandten, sind nun am 28. Juli in Paris zusammengetreten. Sie haben selbstverständlich Lion ihren Regierungen bestimmte Weisungen, aber ihrck Arbeit ist doch nur eine Formsache, die Brücke, auf der Lloyd George und Briand, ohne von ihrem Ansehen etwas zu verlieren, sich im Rückzug treffen können. Die Ent­scheidung über Oberschlesien ist keine Sachverständigen­frage und für den Verband auch keine Frage des Rechts, sondern eine politische und Machtsrage. Trotz der beider­seitigen Zugeständni s: ist deshalb die Sachlage noch nicht geklärt. Mrt der Division mag es ja nun seine Richtig­keit haben, aber auf dem Seeweg über Danzig wird sie nicht befördert; England will kcine Franzosen in Danzig haben, das ja !wch von England als eigener Flotten- und Handelsstützpunkt für die Beziehungen zu dem erst werdenden Neu-Rußland gedacht ist. Die Division durch Deutschland auf deren Kosten transportieren zu lass m geht nach dem Friedensvertrag aber nur an, wenn Eng­land und Italien zustimmen. England l Hute d.n Truppen­nachschub bisher beharrlich ab, nach der erfolgten Eini­gung soll dem Obersten Rat wenigstens die Notwendigkeit bewiesen werden. Italiens Stellung ist unklar, wie ge­wöhnlich. Deutschland hat die Beförderung der Division, die schon verladebereit bei Mainz versammelt ist, unter Hinweis auf den Friedensvertrag abgelehnt. Darob na- Ülrlich wieder größte Ent üstung in Paris, Drohung mit allerlei neuen Sanktionen usw., aber auch Verärgerung in London, von wo man der deutschen Reichsregierung sagen läßt, sie sollte ja nicht glauben, daß sie die gegen­wärtigen Meinungsverschiedenheiten zwischen London und Paris ausnützen könne um sich den Verpflichtungen gegen den Verband zu entziehen, oder daß dieherzlichen Ban­de" zwischen den beiden Verbündeten schwächer geworden seien. Da haben wir die praktische Seite der Einigung die beide können sich spinnefeind sein, sobald aber ihre Stel­lung zu Deutschland in Frage kommt, halten sic zusammen wie die Kletten. Und das eben macht die Lage für uns so gefährlich und krisenhaft. Wenn es zu dem vierten Ausstand der Polen kommt und es hat allen An­schein, so wird die Schuld Deutschland ausgeladen und dann werden, neben dem sicheren Verlust mindestens des südlichen Teils Oberschlesiens, nicht nur die gegen Recht und Vertrag trotz Annahme des Ultimatums pirtgesetzten Sanktionen (Rhein wllfperre und Besetzung der Ruhr­häsen) ansreA-rhullen, sondern es werden noch neue

oazu kommen. Btnf dem rechten Ufer des unteren Rheins haben die Franzosen mit oder ohne Zustimmung Englands auch eine weitere Division angesammelt. Der bekannte Pertinax rückt imEcho de Paris" auch ganz osfen heraus, daß die eigentliche Absicht Frank­reichs nicht aus Oberschlesien, sondern aus das Ruhr­gebiet gerichtet sei. Und in der Tat, wenn man die un­durchsichtige, unstete und sprunghafte Politik Briands in der letzten Zeit überdenkt, so kann man zu der Ver­mutung kommen, daß die obcrschlesische Frage für die französische Politik nur ein Borwand sei, hinter dem man wichtigere Fragen zu verdecken sucht. Briand will der Entscheidung wichtiger Ausgaben mit den englischen Staatsmännern möglichst aus dem Weg gehen. Viel­leicht glaubt man bis zum Herbst günstigere Tausch­gegenstände zu finden als sie zurzeit der französischen Politik zu Gebot stehen, um die schlesische Frage doch noch durch Kuhhandel in französischem Sinn zu Ende zu bringen. Frankreich läge wohl viel daran, Deutsch­land g genüber überhaupt freie Hand zu bekommen und nicht mehr an Zustimmungen der anderen Verhandle» gebunden zu sein. In Paris ist ja wohl bemerkt wor­den, daß daS englisch-amerikanische Einverständnis doch größer ist, als vermutet wurde. Dazu kommt, daß der Krieg in Kleinasien sich nicht so gewendet hat, wie Frank­reich es wünschte, sondern wie England es wollte, d. h. die Türken sind die Geschlagenen, die Griechen, Eng­lands. Beauftragte, die Sieger. Dadurch hat sich für England die Lage vollständig verändert, es ist, wenn überhaupt noch, nicht mehr so aus die Unterstützung Frank- 0 reich» im Osten angewiesen, im Gegenteil, durch die - Ernennung des. äraoisch'N Emirs Feysal zum König s Mesopotamiens und des Irak, dem Todfeind Frankreichs, j ist dieses in Syrien mcd Cilicirn in eine gefährliche j Lage gekommen. Das schlaue England aber hat recht- j zeitig noch ein Abkommen mit Italien über Klein­asien getroffen, Italien ist demnach für die Unterstüt- ! znng Frankreichs. Die Rollen sind also gegenüber der s Zeit noch vor einem halben Jahr gerade vertauscht. Und i hierin dürste der Schlüssel liegen, daß die französische ' Politik nicht mehr die gewohnten Triumphe über Lloyd ! George festen?onnte. Die beiden brauchen einander noch, j aber Frankreich ist vorläufig doch der bedürftigere Teil i geworden. - _

! Nalhenau über die Sachleistungen.

! Berlin, 29. Juli. In der gestrige» Sitzung des Ent- j schädigungsausschusses des vorläufigen Reichswirt­schaftsrats führte Reichsminister Dr. Rathenau u. a. aus: In den Verhandlungen mit Frankreich wurde u. a. über die Frage der Errichtung einer franzö­sisch-deutschen Organisation gesprochen. Wir haben die Absicht, den freien Handel gewährleisten zu lassen. Zurückgetreten ist während der Verhandlungen das Gebiet der Arbeitsleistung an Ort und Stelle. Die französische Re"' n a bat den Wunsch, das Wie­beraufbaugeschäft in wenigen Fahren zu beenden. ÜSiG Umwandlung vvn Gvldleistunaeu in Sachleistungen ist für uns unentbehrlich. Auf der anderen Seite ist von Bedeutung, daß wir neben den schwersten Lasten, die wir in den nächsten Jahren zu tragen haben, nicht mit Beschäftigungslosigkeit zu kämpfen haben. Wie dürfen nicht mit einemUnerfüllbar" etwa einen Man­gel an gutem Willen entschuldigen. Ich glaube, daß man den Versuch mit großer Nachhaltigkeit mach«« sollte, die Leistungen dadurch tragbar zu machen, daß man sie in verständige Formen bringt, daß man ferner nicht von vornherein daran verzweifelt, etwas Erheb­liches leisten zu können. Nehmen wir an, daß unsere Sachleistungen sich in sehr erheblichen Grenzen bewegen werden, so wird ein Strom von Waren aus Deutschland nach Frankreich, ein Strom von Bestellungen von Frankreich nach Deutschland geleitet und ausgenommen werden müssen. Der Träger unserer Verpflichtung in Deutschland ist der Wiederaufbaukommissar. Er muß durch die Einrichtungen des Landes so gedeckt sein, daß er unter allen Umständen erfüllen kann, was er über­nimmt. Es mutz eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Leistungen nach Ländern sowohl wie nach Be­rufsständen erfolgen. Jeder Auftrag muß endlich un­bedingt prompt, geschäftskundig und rasch ausgeführt werden. Der Weg, den wir dabei beschritten haben, zielt in erster Reihe darauf hin, dem Reichskommissar diejenigen Garantien zu verschaffen, die er braucht»