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Nr 63. ^ Ultensteiig. Samstag Lerr 16. 3uli. ^ Jahrgang 1VL1.

Zur Lage.

Die Nachrichten, welche im Laufe der zu Ende gehenden Woche aus Oberschlesien eingegangen sind, lassen leider mehr und mehr erkennen, daß die ursprünglich als Gerüchte ausgetretenen Drohungen der um Korfanty gescharten Polen, einen 4. Pole nauf stand inOber­scht e sie n zu inszenieren, eine tatsächliche Grundlage haben. Demgegenüber darf man auf die Durchführung der von der Interalliierten Kommission angeordneten Bestimmungen, welche den 17. Juli als Endpunkt für die Entwaffnung in der Bolksabstimmungszone festsetzen, ge­spannt sein. Nach diesem Zeitpunkt sollen Me Personen, bei denen Waffen vorgefunden werden, mit Geld- und Ge­fängnisstrafen von 2 Monaten bis 5 Jahren belegt wer­den/ Die Unterkommission, die einen Bericht über die Entwaffnung zu erstatten hat, teilte dazu mit, daß die vollkommenste Ruhe im geräumten Gebiet herrscht. Ge­spannt darf man schon deshalb sein, ob sie den Polen gegenüber gleich wie bei den Deutschen gehandhabt werden. Nach verschiedenen Meldungen sind zwar die Engländer in den letzten Tagen sehr energisch bei der Entwaffnung der vagabundierenden polnischen Banden vorgegangen. Aus Dombrowska wird z. B. berichtet, daß es dort Trup­pen deS Generals Hennickers gelungen ist- rund 200 polnische Insurgenten, die schon seit Wochen die deutsche Bevölkerung drangsalieren, restlos zu entwaffnen. Es dürste in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß der von der Interalliierten Kommission bestimmte Endtermin der Entwaffnung im ehemaligen Abstim- nmngsgebiet der '17. Juli zusammenfällt mit dem Tage, den die Polen als Beginn ihres 4. Ansstan­des offen ansprechen. Die neuesten Meldungen besagen hierüber nämlich, daß die polnischen Ausrührer allgemein und ungeniert bekannt geben, daß am 17. Juli der 4. Ausstand beginnen wird. Die deutsche Einwohnerschaft müsse bis 15. Juli das Gebiet geräumt haben. Die von Korfanty eingesetzten Behörden sind von der Interalliier­ten Kommission sogar als Entwicklungsbehörden aner­kannt worden, wodurch die Zustände durch die Inter­alliierte Kommission sogar eine Ordnungsmäßigkeit erfah­ren haben. Der neue Ausstand soll mit einem General­streik beginnen, wobei wirtschaftliche Momente vorge­schoben werden. In der Kattowitzer Gegend hat auch bereits eine starke Streikhctze eingesetzt, die insbesondere auch von kommunistischen und unabhängigen Elementen geleitet wird. Ob man da den Ausführungen des eng­lischen Generals Hennickers glauben kann, wollen wir dahingestellt sein lassen. Er erklärte bekanntlich überzeugt, daß jeder neue polnische Ausstand bald mit alliierter Waffengewalt unterdrückt würde.

Dis Sache mit unserer Milliarde Repara­tionsleistung hat unverhofft eine Wendung in an­genehmem Sinne genommen. Wenn es auch der Devisen- Beschaffungsstelle der Reichsbank wohl ohne Zweifel ge­lungen wäre, die jetzt an der Milliarde noch fehlende Summe es sind bis jetzt 247 Will. Goldmark beschafft worden, folglich bleiben noch 753 Millionen anzuschassen, bis zum Fälligkeitstage, 31. August, heranzuschaffen, so kommt uns doch die Sache mit den 150 Millionen Mark Kredit in Amsterdam jedenfalls sehr zustatten, denn jetzt können sicher da auch Verhandlungen über weitere Kredite angebahnt werden und die Reichsbank kann mit den weiteren Ankäufen von Devisen mehr Muße nehmen, was auf den unruhigen, förmlich fieberhaften Devisen­markt, an dem unsere Reichsmark in den letzten 14 .Tagen fortwährend im Sinken war, nur von höchst heil­samem Einfluß sein kann. Bis jetzt haben die Besitzer von Devisenbeständen in der Erwartung, daß die zustän­dig^ Stellen gezwungen sein würden, ihnen in der noch laufenden Frist, bis 31. August also, ihre Be­stände zu immer steigenden Kursen abznnehmen, ihre Be­stände zurückgehalten, Spekulanten waren sogar jeden Tag an der Arbeit, beträchtliche Posten Devsien noch aufzu­kaufen. Im Falle des Glückens dieser Devisen-Dispositio» «en wären Besitzern und Spekulanten auf Kosten der Allgemeinheit unvermeidlich sehr beträchtliche Gewinne zu­gesallen, schon deswegen, weil es sich ja um Millionen- Summen handelt. Jetzt dürfte aber der ganze Devisen­markt und mit ihm die Spekulation ein gutes Teil er­nüchtert werden, -und es läßt sich annehmen, daß die Besitzer von Devisen ihre Bestände jetzt williger hergeben werden. Wie wir hoffen, auch zu nachaebenden Preisen.

In London werden dieser'Tage, nachdem schriftliche und drahtliche Meinungsaustausche stattgefunden haben, Sinn Feiner mit der englischen Regierung oder doch wenigstens mit deren Vertreter an einen Ver­handlungstisch setzen. Nicht sehr viele Engländer wür­den noch vor wenigen Wochen erwartet haben, daß der britische Premierminister solche Freundlichkesten an den Präsidenten der Irischen Republik drahten werde. Und heute? ist wohl jedermann froh darüber. Der Führer der Sinn Feiner, de Balera, wird nach London kommen und wahrscheinlich dürfte das Ergebnis einer Vorbe» sprechung mit Lloyd George seine Teilnahme an der ge­meinsamen Irland-Konferenz sein. Inzwischen hat der englische General Macready, völlig unbeschützt und vom Publikuni mit Beifall begrüW, an einer Konferenz - in Dublin zwischen Sinn Fein und Unionisten teil­genommen. Er hat mit dem militärischen Chef der Sinn Feiner, Michael Collins, die Einzelheiten eines Waffen­stillstandes festgesetzt. General Macready, der Führer der königlichen Truppe, die Sinn Fein bis gestern mit dem wildesten Haß verfolgt hat!... Solche Umschwünge sind wahrlich nicht in jedem Lande möglich. Sie dürfen aber auch nicht über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen, die für die sachliche Lösung des Problems fortbestehen. Mer die Barrikaden auf der Straße zum Frieden sind inst einer radikalen Entschlossenheit niedergeworfen worden. Das ist britische Art. Für den Deutschen ist dergleichen nicht leicht zu verstehen. Die allgemeine Stim­mung in Irland, wenn man den Berichten trauen darf, ist so, daß wirklich für Hoffnung Raum bleibt. Es scheint, als seien die größeren Schwierigkesten nicht von Sinn Fein, sondern von Ulster zu erwarten. Ueber den Kernpunkt haben beide Teile in den letzten Stunden noch nicht endgültig gesprochen: wie muH die Einheit" der beiden Irland-Teste beschaffen sein? Ge­nügen die Ansätze, die sich aus der neuen Verfassung ergeben, wenn diese in einigen Punkten erweitert wird? Bevor dies nicht klar steht, läßt sich nichts über das materielle Ende d er Konferenz Voraussagen. Wahrschein­lich einigt sich Sinn Fein mit London leichter, als mit Nordirland, das heißt: es ist vielleicht geneigt, die Stellung eines Dominion anzunehmen, aber es ist wahr­scheinlich weniger geneigt, mit Nordirland als einem gleichberechtigten Landesstil zusammmenzuleben. Das Schicksal der Konferenz ist von außerordentlicher Trag­weite, für Irland, für England, für die ganze Welt. Der Streit um Irland hat nicht nur allzu starke Kräfte der britischen Regierung absorbiert, sondern er hat diese Regierung immer wieder in dem Glauben an die Not­wendigkeit unerbittlicher Gewalt bestärkt. Doch zeigt es sich immmer wieder, daß in Englmrd äußerste Gewalt und Friedensbereitschaft aanz dicht beieinander wohnev- Jn Washington sind nunmehr die Einzelheiten für die Abrüstungskonferenz bekannt gegeben worden. Sie find vorsichtig abgefaßt und lassen alle Fragen offeil. Nichsdestoweniger geht aus der Fassung hervor, daß es Harding hiuipsächlich darum zu tun ist, die Kriegsgefahr im fernen Osten auszufchalten. Daß sie vorhanden ist, ergibt sich aus der zwangsläufigen Ent­wicklung Japans. Noch schärfer wird die Aufgabe der Konferenz unterstrichen durch die Antivort, die Lloyd Ge­orge der Einladung im Unterhause erteilte. Das angel­sächsische Bündnis soll gewissermaßen der Eckstein der Politik sein, aber er soll ergänzt werden durch das eng­lisch-japanische Bündnis. Von ihrer Lösung der Fragen des fernen Ostens hängt demnach mehr ab als wir heute zu übersehen vermögen. Die Bedenken gegen die Teil­nahme Frankreichs an der Abrüstungskonferenz kom­men in einem Teil der Presse sehr unzweideutig znm Ausdruck. Daß durch die Initiative Hardings der Völ­kerbundsgedanke völlig diskrediert wird, geniert die öffent­liche, Meinung Frankreichs weit weniger als die Be- lfürchtung, man könne in Washington die Revision i des Versailler Vertrages versuchen wollen.

§ Im griechisch-türkische n Krieg wird der Be- z ginn der griechischen Offensive von amtlicher griechischer Stelle aus dementiert; ob das Dementi aber nicht als ein Versuch aufzufassen ist, den mißlungenen Vormarsch der Griechen zu verschleiern? Darüber werden uns erst die nächsten Tage aufktären. Einstweilen spricht man ja auch- von einem Friedensbedürfnis Kemal Paschas. Der , Grund soll in Differenzen zwischen ihm und Moskau .und in Uneinigkeit unter den Kcmalistenführern zu suchen sein.

Ll-Boot-offiziere unter Anklage des Mordes.

Die beiden Oberleutnants zur See Dithmar und Boldt stehen bekanntlich unter der Anklage, das La­zarettschiffLlandoverh Castle" torpediert zu haben, und dann durch Granaten einen Teil der Rettungs­boote mit ihrer Besatzung vernichtet und ermordet zu haben. Sie sind durch eine Wendung des Verfahrens gegen den U-Bootkommandanten Patzig aus der Rolle des Zeugen in die des Angeklagten gerückt. Patzig steht auf der Auslieferungsliste hat sich aber dem ge­gen ihn schwebenden Verfahren durch die Flucht ent­zogen. Bei den Vorvernehmungen in diesem Verfah­ren haben die beiden jetzt auf der Anklagebank sitzen­den Offiziere die Aussage verweigert, da sie sich durch ein Versprechen, das ihnen Patzig abgenommen hat, ge­bunden fühlen. Der Oberreichsanwalt hat aus der Tatsache dieser Zeugnisverweigerung auf die Mitschuld der beiden Offiziere geschlossen und gegen sie Anklage erhoben.

Während sich Dithmar mit der einfachen Aussageu- verweigerung begnügte, gab Boldt eine Schilderung seines Verhältnisses zu Patzig. Atemlose Stille herrsch­te in dem überfüllten' Saal, als der junge Offizier kurze Bilder aus dem Leben der U-Boote entwirft. Blitzartig läßt er die Zuhörer erkennen, in welche grau­enhafte Gefahrlagen der Krieg die Besatzungen der U- Boote gebracht hatte und dann schilderte er das Ver­halten des Kommandanten Patzig in solchen Augen­blicken der höchsten Not. Es läßt sich nach dem Aus­spruch von Boldt kein geistesgegenwärtigerer und mu­tigerer Kommandant denken, als es Patzig gewesen ist. Aber auf solche Gefühlsregungen kann bei der Suche nach Wahrheit und Schuld keine Rücksicht genommen werden, darum fragte der Vorsitzende, wie verträgt es sich mit dem Mur des Offiziers Patzig, daß er sich durch die Flucht seiner Vernehmung entzieht und die Zeugen nicht von ihrsn Versprechen entbindet, nach­dem sie unter der schweren Anklage des Mords stehen? Der Angeklagte Boldt verweigerte eine Erklärung dar­über, weil er dann Dinge sagen müßte, über die er sich zum Schweigen verpflichtet habe.

Der junge Offizier empfindet selbst den aufsteigenden Verdacht und fügt daher seinen Worten eine letzte Er­läuterung hinzu. Es kann sein, betonte er, daß sich Patzig in den Mitteln vergriffen hat, unzweifelhaft aber sei, daß er sich stets nur von dem Bestreben hat leiten lassen, die englische Hungerblockade zu brechen, durch die Tausende am Krieg nicht Beteiligter täg­lich hingemordet worden sind.

Die Spannung löst sich und man weiß nun, daß hinter diesen beiden Angeklagten in Wirklichkeit der englische Blockademord

vor dem Welttribunal steht, der Massenmord an Hun­derttausenden deutscher Frauen und Kinder.

Die Vernehmung der Zeugen erfolgte mit gewis­senhafter Ausführlichkeit und zeigte, wie die englischen Beteiligten die Vorgänge beurteilen. Die englischen Offiziere behaupteten z. B-, dieLlandoverh Castle" habe keine Munition an Bord gehabt und die zweite Explosion sei eine Kesselexplosion gewesen, die erfolgte, als das Wasser in dem sinkenden Schiff die Kessel erreichte. Der Zeuge Barton erklärte aber, bet dieser Kesselexplosion habe er Flammen emporschlagen sehen. Ist es möglich, daß Flammen emporschießen, wenn eine Feuerung ins Wasser sinkt? Bisher wußte man nur von dem Entstehen gewaltiger Dampfexplosio­nen. Aber Flammen? Und keine Munition? Schwer belastend für die Angeklagten sind vorläufig die angeblichen Rammversuche gegen das Rettungsboot, in dem sich die Zeugen befanden.

Nach der Beweisaufnahme beantragte der Olcr- reichsanwalt am Schlüsse seines Plädovers gegen Bvlor und Dithmar wegen versuchten Mords zu je 4 Jahre Zuchthaus. Aus seinen Ausführungen ist hervor­zuheben: Die Frage, ob dieLlandoverh Castle" mit Recht oder mit Unrecht versenkt worden ist, interessiert uns hier nicht, denn wir verhandeln nicht gegen Ka­pitän Patzig wegen der Versenkung des Lazarettschiffs, sondern Gegenstand unserer Verhandlungen ist das. was der Versenkung nachfolgte: die Versenkung der Rettungsboote und die Tötung der daraus befindlichen Menschen.