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Rr. 154.
UUenfieig. Mittwoch de« S Ivli.
Sahrgaug 1«ri.
Dr. Mathenau in Hamburg.
Hamburg, 3. Juli ! ! Vor dem Hamburgischen Ausschuß für den Wiedev-1 'ausbau der Friedenswirtschaft führte Wiederaufbauminister Dr. Rathenau in einer Rede u. a. aus: Das Problem des Wiederaufbaus ist nur ei»! Ausschnitt aus dem großen europäischen Problems -as nicht durch die Mittel der Politik, nicht von Ein-: zelnen, nicht von Regierungen, sondern nur von den Völkern selbst und der Macht der Erkenntnis gelöst werden kann. Die Lösung des Problems wird darin bestehen, daß die große Verflochtenheit der europäischen Nationen, die freiwillige oder unfreiwillige Schicksalseinheit eines ganzen Kontinents erkannt wird und daß die Konsequenzen daraus gezogen werden, die die Zeit und die Not erfordern. Es gibt kein Land, das heute nichtverschuld etwäre, mit Ausnahme jenes großen Reichs jenseits des Ozeans. Generalgläubiger der Welt ist Amerika, General schuldner Deutschland und, zwischen ihnen eingeschalten, sämtliche Nationen, gleichzeitig als Schuldner und Gläubiger jede der anderen verbunden und verpflichtet. Weiterhin sind die Länder Verflochten durch die Entwertung ihrer Geldmittel. Minderwertig ist das Geld aller europäischen Staaten. Sodann sind die Staaten untereinander verquickt durch den Begriff des Wiederaufbaus, dessen alle bedürfen. Zerstört sind alle in ihrem wirtschaftlichen Leben. Diese Vernichtung schweißt die Nationen zusammen zu einer Interessen- und Notgemeinschast, denn der' Wiederaufbau des einen Landes kann nicht geschehen, wenn der Wiederaufbau des übrigen nicht erfolgt. Die' kleinen europäischen Territorien werden, wenn sie sich' jihres Zusammenhangs nicht bewußt sind, nicht imstande sein, die großen technischen Aufgaben der Zukunft zu lösen, denn die technische Führung liegt da, wo die Größe der Produktion sitzt Die Größe der Produktion aber ist bedingt durch die Größe -des Konsums, das heißt, die Größe des Territoriums.' Wor allem aber sind die Länder dieses Kontinents verbunden durch eine Krisis, die über ihnen schwebt. Diele sind geneigt, die Krise als eine vorübergehende Erscheinung anzusehen, die geheilt werden könn-e durch die einfachsten Mittel, mit denen man früher wirtschaftlichen Erschütterungen begegnete. Im Irrtum sind, die da glauben, diese Krisis sei eine organische Krankheit eines tief leidenden Wirtschaftskörpers. Von en Bewohnern des Planeten sind 300 Millionen als onsumenten ausgeschaltet. Durch diesen Krieg hat ine Umschichtung unter den Bevölkerungen stcrttgefun- en. Eine Umstellung des Produktionsprogrammes er Welt-wird hierdurch erforderlich. Wenn wir diese 'eberficht der Gebundenheiten vor uns vorüberziehen lassen, dann sollten wir glauben, daß keine Minute des europäischen und des Weltlebens verloren ginge, in nicht die Kenner des Wirtschaftslebens der Welt süsammentreten und von früh bis spät beraten, wie iese Krankheit zu heilen sei. Noch immer herrscht der edanke der Verfeindungen, der Vergeltung. Gegen- pärtig scheint die Politik die Fortsetzung d?s Kriegs Nit anderen Mitteln. Die wahre Sicherheit der Nationen und des Weltfriedens beruht nicht auf indivi- «dualischen Grundlagen, sondern auf dem Gefühl der Verflochtenheit sämtlicher Glieder der Welt zu einem Ganzen> und die Welt wird dann am sichersten und gesundesten sein, wenn die Lebensnotwendigkeit eines »eben erkannt wird. Wir Deutsche sind verpflichtet Durch unsere Unterschrift, den Friedensdertrag zu erfüllen und werden bis an die Grenze unseres Könnens gehen, auch wenn er nicht unseren Wünschen ent- qprilbt.
Die Zwangsauleihe-Frage.
Berlin, 5. Juli. Die Frage einer Zrvang^u.ileihtz ist vom Reichskabinett erneut ausgenommen worden. Eist Beschluß liegt noch nicht vor. Es ist jedoch ein neuerliches Gutachten von dem Reichsbankpräsidenten einge- sordert worden. j
! Deutsche Verhandlungen mit Italien. ^
Berlin, 5. Juli. Wie verlautet, sind'Verhandlungen eingeleitet worden, um einen Verzicht Italiens auf die sogenannte Beschlagncchmeklausel des Par. 18 des Verfall, ler Vertrags herbeizusüh-ren. Das zurückgetretene Ministerium Giolitti hatte bereits bindende Zusicherungen nach dieser Richtung den deutschen Vertretern in Nom gegeben.
' Znm Vorgehen gegen Holz.
Berlin, 5. Juli. Wie die „Kreuzzeitung" erfährt, scheinen die sächsischen Justizbehörden ihren Plan gegen ; Hölz wiegen seiner Straftaten im Boigtland vorzngehen, . s wieder fallen zu lassen.
S- Kriegsbeschuldigtenprozeß Stenger-Crusius.
Leipzig, 5. Juli. Am Montag nachmittag wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Am Ende seiner an- derthalbstündigen Anklagerede beantragte der Ober- reichsanwalt gegen den Angeklagten Major a. D. Cr u- sius unter Zubilligung mildernder Umstände eine GefängnisstrafevonzweiJahrensechsMo- naten. Der Oberreichsanwalt führte aus, daß er fest davon überzeigt sei, daß der Angeklagte Stenger keinen Befehl zum Erschießen von Gefangenen gegeben habe. Nach der Annahme des Anklägers sei aber Crusius der Meinung gewesen, einen solchen Befehl empfangen zu haben. Infolgedessen sei tatsächlich auch eine Anzahl Verwundeter erschossen worden. Es sei auch durchaus glaubhaft, daß Crusius selbst geschossen habe. Es möge empörend sein für das Rechtsgefühl, daß Ueberschreitungen auf deutscher Seite bestraft würden, während diejenigen auf der Gegenseite ungefühnt blieben. Aber das gehöre vor das Forum der Geschickte, nicht vor das Forum des Reichsgerichts. Der Angeklagte Crusius habe sich der Anstiftung zur Tötung und versuchter Tötung schuldig gemacht. Züm mindesten sei es eine große Fahrlässigkeit gewesen, den Befehl nicht auf seine Rechtmäßigkeit nachzuprüfen. Was die dem Angeklagten Crusius für den 26. August vorgeworsenen Handlungen betrifft, so kann der Oberreichsanwalt gegenüber dem ärztlichen Gutachten nicht annehmen, daß Crusius an diesem Tage zurechnungsfähig war. Er sei daher nur für die Handlungen vom 21. August zu verurteilen.
General Stenger betonte, er habe niemals das Völkerrecht verletzt und nie ein Verbrechen begangen.
Er beanspruche eine Ehrenerklärung. — Major Crusius erklärte, daß er stets in gutem Glauben gehandelt habe und bat für den Fall der Verurteilung um Zubilligung mildernder Umstände und Anrechnung lier Untersuchungshaft.
Berlin, 5. Juli. Cs ist wohl kein Zweifel, daß General Stenger sreigesprochen wird, denn die Beschuldigung der Franzosen war an sich schon haltlos und widersinnig. In der ausländischen Presse wurde der Fall seinerzeit gegen Deutschland maßlos ausgebeutet. Denn der angebliche Befehl Stengers wurde sogar im Wortlaut veröffentlicht. Er sollte Verwundeten abgenommen worden sein, was heute als glatte Erfindung der zuständigen französischen Stellen gebrandmarkt werden kann. Die deutsche Heeresleitung hat zu dem ungeheuerlichen Vorwurf seinerzeit nicht geschwiegen. Als die französische und englische Presse, dann die neutrale Presse den angeblichen Befehl Stengers wiedergab, wurde sofort von deutscher Seite auf dessen innere llnhaltbarkeit und Unwahrscheinlichkeit hinqcwiesen.
Neues vom Tage.
s-k , Finanzminister-Konferenz. i
's Berlin, 5. Juli. Die Finanzminister der Länder ind laut „Vossischer Ztg." gestern in Berlin zu einer Beratung über das neue Steuerprogramm zusam- liengetreten. Sie haben, dem Blatt zufolge, der lieber^ eugung Ausdruck gegeben, daß es notwendig sei, die Mmendeu Steuergesetze durch ein Rahmengesetz zu verbinden, um die Ablehnung einzelner Steuern durch lüMelnde Mehrheiten unmöglich zu machen.
Der schlaue Japaner.
London, 5. Juli. Nach einer Reutermcwuug aus Washington erklärte der japanische Botschafter, der Gedanke, das englisch-japanisch Bündnis sei als Instrument' der Feindseligkeit oder auch nur der Verteidigung gegen Amerika geplant gewesen, sei unhaltbar. Japan wünsche die Bande der Freundschaft und des loyalen Zusammen-. Wirkens mit Großbritannien zu stärken, sei aber gleichzeitig entschlossen, nichts geschehen zu lassen, was die traditio-. Zellen Beziehungen und das gute Einvernehmen mit Den Bereinigten Staaten stören könnte.
Dr. Helfferich und die neuen Steuern.
Berlin, 5. Juli. In polit. Kreisen wird von einem Vorstoß Dr. Helsferichs in der Frage der neuen Steuern gesprochen, um unter Umständen noch vor dem Auseinandergehen des Reichstags eine große Finanzdebatte W erzwingen. Es liegen, um das noch einmal zu vräzisieren, im Schoße des Ministeriums zwei Projekte vor, das eine, das aus dem Reichswirtschaftsministerium stammt, geht auf die Erfassung der sogenannten Goldwerte. Aber dieses Projekt findet im Finanzministerium sehr energische Widersacher und sie haben insofern einen Vorsprung, als sie, was beim Reichswirtschastsministerium nicht der Fall ist, in der Lage sind, mit ausgearbeiteten finanztechnisch greifbaren Vorschlägen zu kommen. Der Kamvs im Kabinett selbst ist noch nicht ausgekämpft, aber da Dr. Rathenau hier dem Finanzministerium seine Unterstützung leiht, nimmt man an, daß dieses mit seinen Plänen siegen wird.
" Reichstag.
' Berlin, 4. Juli.
Der Reichstag nahm ohne Aussprache den Etat de« -Reichstags und das Alt-Rentnergesetz, sowie das Fern- sprechgebührengesetz an.
Bei der zweiten Beratung des Wehrmacht-Versor- Tinrgsgesetzes lehnten die Abgg. Karste« (USP.) und PlarLner (Komm.) die Vorlage ab, da sie den entlassenen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften viel zu hohe Summen bewillige.
Reichswehrminister Dr. Geßler verteidigte die Vorlage und betonte, daß die unterschiedliche Behandlung der Offiziere berechtigt sei, da diese sich auch für längere Zeit verpflichten müßten. Schließlich wurde der unabhängige Antrag ans einfache Gewährung von Erwerbslosenunterstützung an ausscheidende Militärper- fonen abgelehnt und die Vorlage in der Ausschußsaf- sung angenommen. Es folgte die Beratung des Antrags der bürgerlichen Parteien über die religiöse Kindererziehung. Der vom Ausschuß vorgelegte Gesetzentwurf bestimmt, daß kein Elternteil ohne die Zustimmung des andern Teils das Kind vom Religionsunterricht abmelden oder das religiöse Bekenntnis ändern kann, in dem das Kind bisher erzogen wird. Der Entwurf wurde gegen die Stimmen der Bayerischen Volkspartei, die eine in Bayern bestehende Regelung für zweckmäßiger hielt, genehmigt.
Berlin, 5. Juli.
Die gestrige Sitzung befaßte sich in der Hauptsache mit kleinen.Anfragen.
Auf die Anfrage des Abg. Gräfe (D.natl.VP.) wegen der schweren Gefährdung des Ansehens der deutschen Gerichte durch das Verhalten widersetzlicher Angeklagter, wie z. B. im Prozeß Hölz, wird regierungsseitig erwidert, daß diese Frage bei der allgemeinen Reform des Strafrechts mitzuprüfen sein werde.
Auf eine Anfrage des Abg. Künstler (Komm.) wegen der Abrechnung über das Baltikum-Abenteuer und der strafrechtlichen Verfolgung des Grafen v. der Goltz und des Leutnants Roßbach wird erwidert, die, Kosten ständen noch nicht fest. Graf v. der Goltz habe im Auftrag der Reichsregierung gehandelt und sich deren Anordnungen niemals widersetzt.
Auf eine Anfrage wegen des gesetzwidrigen Transports des U-Bootsleutnants Boldt nach Leipzig wird erwihert, der Vorfall habe Anlaß zur Anstellung von Ermittlungen gegeben, die jedoch nicht abgeschlossen seien. Die Antwort werde schriftlich gegeben werden
Zur zweiten Beratung des Entwurfs über die Gewährung von Beihilfen an Rentenempfänger aus der Angestelltenversicherung liegt eine Reihe von Abänderungsanträgen der Koalitionsparteien vor. Die Ber- sichcrungsgrenze soll von 15 000 auf 3V0M» Mark heraufgesetzt werden. Es sollen drei neue Klassen im Versicherungsgesetz für Angestellte geschaffen werden: Klasse K mit mehr als 6000 bis zu 15 000 Mark Gehalt mit 33.20 Mark Monatsbeitrag, Klasse l. bis 15 00« Mark mit 40 Mark und Klasse « über 15 000 Mark mit 48 Mark Monatsbeitrag. Das Gesetz soll zum Teil bereits ans den 1. Januar lOgi znrückdatierk werden.