Kchwarzwälöex Tageszeitung

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Aus den Tannen"

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«r. L S.

NtterOeig, Gamstag Le« 21. Mat.

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Sonntagsgedanken.

Die Wunder am Wege.

lieber die Maßen reich sind die Wiesen, wenn sie so vor dem ersten Schnitt stehen. Doch gehen die mei­sten vorüber und sehen es nie. Sie haben das Heiz voll Alltag und denken an ihre unfruchtbaren Dinge. Da ist jedes Wunder ganz vergeblich an den Weg ge­stellt, und umsonst prangt neben ihrem steinigen Svr- aenacker der liebliche Garten, in dem die Sehenden in Herrlichkeit wandeln.

A. Suppe

Zur Lage.

Durch seine Unterhausrede am 13. Mai l>a1 Lloyd George die politische Welt überrascht und den einen eine Freude verdorben, bei den andern vielleicht allerlei Hoffnurlgen erweckt, alle aber um die Pfingstrnhe gebracht. Lloyd George ging mit den Polen scharf ins Gericht ob ihres räuberischen Ueberfalls auf ein Land, das durch deutsche Kulturarbeit feit 200 Jahren aus halbasiatischer Wildnis zu höchster Blüte emporgeführt wurde und das seit 600 Jahren mit Polen nicht wehr zu tun gehabt hatte, als daß es zu seinem Unglück einige hunderttausend Polen Wer die Grenze zog, um ihnen Verdienst und Brot zu geben und sie an deutschem Kulturleben teilnehmen zu lassen. Der pol­nischen Regierung in Warschau sagte Lloyd George ins Gesteht, daß' niemand ihre Unschuldbetenerung glwibe; sie dürfe sich nicht einbilden, daß der Verband ihre Umtriebe einfach hingehen lassen und die Besetzung eines wehrlos gemachten Landes, nachdem sie nun einmal geschehen sei, dulden werde. An die Frau zosen war die Warnung Lloyd Georges gerichtet, wenn er ferner sagte, England sei allezeit für ehrliche und anstän­dige Handlungweise kair nennt es der Engländer eingetreten und es werde darauf halten, daß dieser Grundsatz auch in Oberschlesien beobachtet iverde, selbst wenn es einmal zugunsten der Deutschen wäre. Es sei kein Grund einzusehen, warum die deut­scheHeeresmacht" nicht sollte sich des verbrecherischen Ueberfalls selber erwehren drüfcn.

' Unehrlich und unanständig ist es nach Lloyd George, wenn Frankreich gerade jetzt, wo der Oberste Rar die oberschlesische Frage zu entscheiden im Bcgrifj war, der gemeinsamen Beschlußfassung vorgreift und will­kürlich die Losreißung des Landes vom Deutschen Reich zu seinen Gunsten durch eine räuberische Uebcrrumpelung ins Werk setzt; unehrlich und unanständig ist vor allem das Verhalten des Generals Le Ron d, der als Vertrauensmann des Verbands das Vertrauen schmählich mißbrauch und mit einem Menschen wie Kor- fanty und der polnischen Regierung in Warschau den Aufstand abgekartet hat. Dieser tückische Versuch Frankreichs hat den schon längst vorhandenen und klar erkennbaren englischi-sranzösischen Gegensatz zur Kris« verschärft und den bereits altersmüde werdend^ Lloyd George, der in letzter Zeit nichts mehr ohne vor­herige Beratung mit seinen Ministern unternehmen wollte wollte, so in Harnisch gebracht. Nichts vertrügt England so schlecht, als wenn über seinen Kopf hinweg in der Welt wichtige Entscheidungen getroffen werden. Da­her erklärte auch fast die ganze englische Presse ein­mütig, Lloyd George habe dem englischen Volk aus der Seele gesprochen.

Es ist nicht so, daß Lloyd George, etwa den entschie­denen englischen Standpunkt in der oberschlesischen Streit» 'frage erst gefunden hätte, nachdem und weil Deutschland das Ultimatum unterzeichnet hatte, woraus B r i a n h mit den Worten anspielte: es sei (von England) die Un­vorsichtigkeit begangen worden, Deutschland in Aussichl zu stellen, es werde allerlei Vorteile haben, wenn et das Ultimatum annehme, und somit habe fick Lloyd George gebunden. Vielmehr ist wohl kaum zii bezweifeln, daß die Annahme des Ultimatums und dic Vorgänge in Polen den Engländern endlich die gewünscht, Gelegenheit gegeben haben, sich aus dem unerträglichen Druck französischer Willkürherrschaft - mit einem ener­gischen Ruck zu befreien und das gestörteGleichgewicht' nicht gar zu sehr und vielleicht bis zu einem nicht mehr gntzumachenden Maß verschieben zu lassen. Niemand wird glauben, daß England den Franzosen auch noch die Bo denschätzc O b e r s ch l c s i e n s zugestehen iverde, nach

dem sie durch den Einmarsch ins Ruhrgebiet sich Vis­ses gewaltigen Industrielandes bemächtigt hätten. Den Engländern ist es schon ein Dorn im" 'Auge, daß die Franzosen sich von ihren Absichten auf das Ruhrg e- biet nicht abbringen lassen wollen, und wenn mög­lich sollen die Franzosen aus dem Ruhrgebiet wieder hinausmanövriert werden. Die britische Regierung hat daher, unter Hinweis auf die Unterwerfung Deutschlands unter das Ultimatum, in einer Note die französische Re­gierung daran erinnert, daß dierechtliche" Grund--, läge für die Strafzollsperre am Rhein und die Besetzung der Rhein- und Ruhrhäfcn Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort weggefallen sei; das lair plav gebiete, daß diese Sanktionen nun aufhören.

Daß Wer für Lloyd Georgesehrliches Spiel" dic Deutschen gar nicht oder nur so nebenher in Betracht kommen, geht schon daraus hervor, daß er selbst z. B. das oberschlesische Abstimmungsgebiet nicht mehr als Ganzes behandelt und damit den Rechtsboden des Frie- densvertrags endgültig verlassen hat. Er ist bereit, Po­len die überwiegend polnischen Gebiete zu überlassen und es soll der Plan bestehen, das übrige Oberschlesien wie herrenloses Land unter die Verwaltung des Völker­bunds oder einer gemischten Verbandskommission zu stel­len und später einmal wieder das Spektakelstück einer Volksabstimmung" aufzuführen.

Dt Frankreich durchschaut man dasehrliche Spiel" voMommen und man ist über denenglischen NW" empört. Die Presse ergeht sich in den heftigsten per- Dnlichen Angriffen gegen Lloyd George; inan nennt mn einennwndsüchtigen Schwächling", einen Tölpel, aber man weiß auch, daß nun zwischen den Leiden Ver­bündeten eine entscheidende Machtfrage ansgetragen werden mich. Zunächst versucht man, im Vertrauen auf die bewährte Wankelmütigkeit Lloyd Georges, durch den festen Willen der französischen Diplomaten und tüch­tige Diplomaten haben die Franzosen zurzeit, das muß ihnen der Neid lassen Eindruck zu machen. Man rüstet sich zum Streit und sucht nach engeren Bundes­genossen für die nächste Konferenz des Obersten Rats, die nach englischem Wunsch schon am 21. yder 23. Mai in Boulogne stattfinden sollte, während es Briand nicht so sehr pressiert, er hat sogar eine von Lloyd George vorgeschlagene Vorbesprechung der beiden Ministerpräsi­denten rundweg abgelehnt. Auf der Konferenz wird Frankreich auf die Unterstützung Belgiens, das, wie Polen, ein reiner Vasallenstaat Frankreichs geworden ist, sicher rechnen dürfen. Bei der Begegnung des K ö - nigs Albert mit Briand in Lille ist ohne Zwei­fel das Nötige besprochen worden. Italien dagegen, das durch französische Schuld in Oberschlesien so schlim- ine Erfahrungen mit den Polen hat machen müssen, wird trotz Franzosenfreundlichkeit des Ministers Sforza, der übrigens mit dem Ministerpräsidenten Giolitti nicht mehr so recht zu harmonieren scheint, wohl auf englischer Seite stehen; ebenso Japan, des­sen Kronprinz zurzeit zwecks Erneuerung des englisch- tapanischen Bündnisses in London zu Gast ist. Auch Amerika wird alsBeobachter" vertreten sein. Seine Haltung ist, wie immer, nicht qanz klar und bestimmt. Harding hat zwar das kecke Ansinnen Polens, er möge zu Polens Gunsten in der oberschlesischen Frage eingreifen, abgelehnt mit der Begründung, Amerika wünsche sich! nicht in rein europäische Angelegenheiten einzmnischen, sofern nicht amerikanische Interessen ins Spiel kommen. Aber auf der nächsten Konferenz wer­den eben auch diese Interessen mit berührt werden. Reu­ter hat verbreitet, die Kortferenz werde die vberschlesischc Frage nicht endgültig entscheiden, sondern die all­gemeine Lage der Politik beraten. Das ist aber der englisch-französische Gegensatz, der Kamps um dasPrestige". Und diese Frage geht die Ameri­kaner gar sehr an. Hier kennen die Engländer keine Rücksichten, hier gibt auch keine Wankelmütigkeit Lloyd Georges mehr den Ausschlag, sondern jetzt tritt Groß­britannien in dic Schranken. Nach! dem ersten Lärm der Pariser Matter über dic Unterhansrede vs-m 13. Mai ließ Lloyd George hinübersagen, er sei mißver­standen worden. Dic Minister mögen ihm Wohl in­zwischen bedeutet haben, daß es da keinMißverständ­nis" gibt. Und so ließ Lloyd George am 18. Mai durch Reuter wissen, daß. er von seiner Rede vom 13. "kai nichts zurückzunehmen habe. Seine Auf- ssung iverde von ganz England, Italien und Amerika jeltener Einmütigkeit geteilt. Die Gewohnheit der

französischen Presse,'es als Ungehörigkeit zu'brand­marken, wenn jemand anderer Meinung ist als sie oder Frankreich, sei unheilvoll und bei längerer Dauer geeig­net, das Bündnis zu sprengen. Ereignisse, die sich im Nebel der Gegenwart noch nicht voraussehen lassen, kön­nen auch andere Gruppierungen der Mächte herbeifüh­ren, als sie jetzt bestehen. Nur der Friedesvertrag binde England und Frankreich zusammen, da es doch so vieles gOe, das beide trenne.

Das war englisch gesprochen und es hat in Paris natürlich noch weniger gefallen als die Rede vom 13. Mai. Aber man weiß jetzt in Frankreich, woran man ist. Für Me Fälle muß man sich nun selbst eine Kückzugsb rücke frei, halten, die Briands Großmut ngentlich dem Herrn Lloyd George nach dessen Unter­hausrede zugedacht hatte. Denn wenn Frankreich aus »er Konferenz ohne die Unterstützung Amerikas bleiben würde, so befände es sich in einer Sackgasse. Und von Amerika weiß man nur soviel, daß es für die Erhaltung des Verbands eintreten wird. Die Franzosen werden :s sich auch wohl iwch überlegen, ob sie ihre Zeitnngs- wohnng, den Verband fahren zu lassen und auf eigene Kaust in Deutschland zu schalten und zu walten, aus- Ähren wollen. Auf den Bruch werden es aber beide Leite vorerst wohl nicht ankommen lassen, denn sie brau- hen einander noch; in letzter Linie ist es ja doch die gemeinsame Absicht, Deutschland auch fernerhin nieder- pchalten, die den Ring des Verbands zunächst immer noch s geschlossen hält.

' Es ist daher trotz des Rummels in Paris wahrschem- ! ich, daß die englisch-französische Krise zum soundsoviet- l en Mal vertagt wird und eine Verständigung zu- ^ lande kommt, wobei selbstverständlich wieder Deutsch- ; and die Kosten des Streits zu tragen haben wird. Kor- ' janty wurde von Paris aus veranlaßt, einen sogenann- . len RückzugsbLsechl zu veröNenllichen. An der Sach- ! tage in Obcrschlesien wird dadurch natürlich nichts ge- l ändert; die polnischen Banden rauben und morden nach : wie vor, stehlen ganze Bahnhöfe aus und empfangen j durch die Warschauer Regierung die französischen Lie- i besgaben an Waffen, Munition usw. Kvrfanty hat sich ! auch noch keinen Fußbreit zurückgezogen, er ! konnte nur aus Mangel an Mitteln nicht weiter j Vordringen. Wer Briand wird auf der Konfe- i «nz sagen: Die Polen mögen in ihrer Begeisterung ! pr pzeit gegangen sein, als sie die deutschen Angriffe ! «rrückwiesen, aber ihre Biederkeit hat jetzt alles aus dem i Weg geräumt, woran das englische kair x>Ia^ etwa An- ! A>h nehmen könnte. Die Brücke zur Verständigung ! W geschlagen; ob sie die Belastungsprobe der vielleicht ' Ende nächster Woche stattfindenden Konferenz aushält, ; ist setzt die Fraae. Wenia erbaut dürfte Lloyd- » Mvrge gewesen sein, als der Me Pole Körsaum -un ! am gut Wetter bat mit dem halb dreisten, HM vwms->

! unterwürfigen Hinweis, daß er, Korfanty, während des ' Weltkriegs als Spion in Berlin sein Leben ris- ! kiert habe und daher glaube, ans die Dankbarkeit dD ! Verbands rechnen zu dürfen.

^ Das Ultimatum" in derfranzösischenKammer

l Paris, 20. Mai- In der Abgeordnetenkammer wurde j gestern nachmittag mit der Be prschung der Anfragen über ; die auswärtige Politik der Regierung begonnen.

! Abg. Tardie n (der erste Mitarbeiter Clemenceaus) j führte aus: Man müsse die Verbündeten aus ihre Unter- ; schriften unter den Friedensvertrag Hinweisen. Deutsch- ! land habe auf 1. Mai die erste Milliarde in Gold nicht ; bezahlt. Die Verhandlungen der Verbündeten haben mit s rednerischen Kundgebungen geendet, die, zufolge der Schwäche der französischen Regierung, den französisch u Verhältnissen nicht Rechnung tragen. Frankreichs Forde­rung für Kriegsschäden usw. sei allein auf 136 Mil­liarden Goldmark zu berechnen, wie könne also die Wie- : derherstellungskommission den Gesamtbetrag der Schä- ! den aller Verbündeten auf 132 Milliarden sestsetzeu ? i Da Frankreich von der Gesamtentschädigung 52 Prozent ! erhalte, so würde es nur 68 Milliarden Goldmark bekom- j men statt 136, es würde also einen Verlust von 50 Pro- ; zent erleiden. Me Wiederherstellungskommission habe die s in London festgesetzte Entschädigungssumme einfach an- I nehmen müssen. Briand habe in der Kammer gesagt, er werde Deutschland am Kragen fassen, wenn cs zum ! 1. Mai nicht die rückständigen 12 Milliarden Gold- ! mark bezahle. Deutschland habe nichts bezahlt und Briand j Hape sich mit einem Versprechen begnügt. Die sran-