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^S 188. Amts- und Auzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 88. Jahrgang.

Srscheinungsweise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im ObcramtS- bezirk Calw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Psg., außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnscratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Amtliche Bekanntmachungen

Den Schultheißenämtern

gingen heute Bestellzettel für den Bezug von Bcizmitteln zum Beizen der Winterfrucht zu, wobei es den Schultheißenämtern überlassen bleibt, die Bestellung für die Interessenten einem ortsansäßigen Landwirt zu übertragen. Aber in den Ge­meinden, die sublimathaltige Beizmittet wünschen, sollte die Bestellung unbedingt vom Schultheißenamt ausgesührt wer­den, damit die vom Gesetz vorgeschriebene Gewähr für richtige Behandlung der stark giftigen Mittel gegeben ist. Die Bestell­zettel sind unmittelbar der K. Anstalt für Pflanzenschutz in Hohenheim zu übersenden.

Calw, den 13. August 1913.

K. Oberamt Calw.

Reg.-Rat Binder.

August Bebel -s-.

Zürich, 13. August. (Telegr.) Der deutsche Reichstags­abgeordnete August Bebel ist heute vormittag gestorben. (Wiederholt aus einem Teil der gestrigen Auflage.)

cli. Der oberste Führer der Sozialdemokratie Deutschlands hat seine Augen für immer geschlossen. Mit ihm tritt nicht ir­gend ein. beliebicD Durchschnittsagitator, Vorsitzender oder Reichstagsabgeordneter von der politischen Bühne, nein, d e r Sozialdemokrat Deutschlands ist tot. An seiner Bahre trauert, wer sich zum deutschenProletariat" zählt, trauert, wer an ihn glaubte. Es war dem Sohn des preußischen Unteroffiziers Bebel, als der er am 22. Februar 1840 in einer Kasematte der Festung Deutz geboren wurde, nicht an der Wiege gesungen worden, daß er dereinst zum glühendsten Feind des Militarismus werde! Er genoß in den Volks­schulen von Brauweiler u. Wetzlar seine Schulbildungstrat 1854 in Wetzlar als Drechsler in die Lehre, ging auf die Wander­schaft und ließ sich 1876 als Meister in Leipzig nieder. Bald nach seiner Lehrzeit beteiligte er sich an der Arbeiterbewegung, wurde 1864 Mitglied des ständigen Ausschusses des Verbands deutscher Arbeitervereine, 1867 besten Vorsitzender, 1869 einer der Mitbegründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, er­litt 57 Monate Gefängnis, wurde 1881 aus Leipzig ausge­wiesen, war 1890/92 Parteikastierer, von da ab Parteivor­sitzender, wurde Mitglied des Sächsischen Landtags. 1867 wurde er in den Norddeutschen Reichstag gewählt, vertrat dann bis 1877 dort und im deutschen Reichstag den sächsischen Wahlkreis Glauchau-Meerane, bis 1881 Dresden, von 1883 bis 1893 Hamburg l, von da bis 1898 Straßburg und dann wieder bis heute Hamburg l. Seine Strafen erlitt er wegen Hochverrats und Beleidigung des deutschen Kaisers. Das der äußere Rahmen dieses Lebens. Bebels Bedeutung für die politische Geschichte des deutschen Reiches, für die der Arbeiterbewegung im besonderen beruht auf seiner über­ragenden Fähigkeit als Agitator. Die deutsche Sozialdemo­kratie wird nie mehr einen Bebel unter sich erstehen sehen, einen Mann, der sich aus den dürftigsten Verhältnissen zu seiner Ueberzeugung emporgeglaubt hat, mit dem Feuer des Propheten ausgerüstet, durchdrungen von der Selbstverständ­lichkeit seiner Lehre, durchglüht von dem Glauben an ihre bevorstehende, kommende Verwirklichung. Solche Männer sind einer Partei, einer wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Bewegung nur einmal geschenkt! Was wollte Bebel? Den Sozialismus heraufführen! Er kam von der bürgerlichen Demokratie her, bekämpfte jahrelang energisch die Richtung und Bestrebung Ferdinand Laffalles, der Arbeiterschaft Sinn für eigene politische Interessen zu wecken und sie ihre eigenen Wege, abseits des bürgerlichen Liberalismus, gehen zu lehren. Aber die Enttäuschungen, die ihm dieser Liberalismus berei­tete, drängten ihn in die Bahn Laffalles und machten ihn zu seinem treusten, überzeugtesten Gefolgschafter. Die von unten heraufkommen, sind alle mehr oder weniger für sozia­listische Ideen empfänglich; wie sollte das nicht bei einer Na­tur wie der Bebels erst recht vollendet sich ausprägen, die so viel für das, was sie erhoffte, erträumte, litt? Der popu­lärste Mündiger des WortsKrieg den Palästen und Frieden den Hütten", hat er wie nie einer vor ihm und nie einer nach

Donnerstag, den 14. August 1V13.

vezugSpreiS: In der Stadt mit Lrägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post» bezugSvreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkebr Mk. 1.2V, im Fernverkehr Mk. 1.3V. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg

ihm die reine, absolute und kompromißlose sozialistische Welt- ^ anschauung gelehrt und in tausend Reden gepredigt. Er hielt > dieneue Gesellschaft" für eine Sache von greifbarer Nähei und Deutlichkeit. Er malte in seinem Buche über dieFrau" das, was kommen sollte mit den Farben eines volksverständ­lichenirdischen Paradieses".Er war ein gewaltiger Auf­wecker schlafloser Seelen, ein Wohltäter der Versunkenen, de­nen er Hoffnung gab, zugleich ein Phantast, voll von fabel­haftem Glanze für das arme Volk, das da wohnt im dunkeln Lande. Was er brachte, war eine Art neue Religion an Stelle der alten.Das was seinen Namen zur Mas­

senparole machte, war der hinreißende. Glück weissagende so­zialeUtopismus". Und daß der komme, bald komme, das glaubte er, Voraussagen zu können. Von Erfurt aus hallten im Jahre 1891 die glühenden Worte durch Deutschland:Ja, ich bin überzeugt, die Verwirklichung unserer letzten Ziele lst so nahe, daß wenige in diesem Saale sind, die diese Tage nicht erleben werden!" Es ist anders gekommen. Ganz an­ders. Dort, zur Zeit seines politischen Höhepunktes, wa­ren es vor allem seine Reichstagsreden, die ihm das Ohr auch der Nichtsozialdemokraten liehen, wenn er fast jedjährlich gegen den Militarismus donnerte, wie's eben in so zündender Wucht nur Bebel vermochte. Aber auch Bebel hat dem Gesetz der Entwickelung sich beugen müssen. Die Sozial­demokratie von heute ist die nicht in ihrer inneren Verfassung, die er im Geiste sah. Das Spielen mit der Revolution ist einigen wenigen Theoretikern und Radikalinskys verblieben, das Gros der Partei und ihrer Vertreter arbeitetrevisio­nistisch". Volkmar, Heine, David, Schippel, Calwer, v. Elm haben die radikale Bahn aufgegeben, sie wollen statt der möglichst raschen Verwirklichung des Endzieles, der vol­len Gewinnung der politischen Macht und der Umgestaltung der Wirtschaftsordnung für die heutige Generation ar­beiten und sich begnügen, ein politischer Faktor zwischen den andern zu sein. Aber Bebel hat von diesem Revisionismus nie et­was wissen wollen. Auf der großen Auseinandersetzung in Dres­den schleuderte er es seinen Anhängern und Gegnern zu:Ich will der Todfeind dieser bürgerlichen Gesellschaft und dieser Staatsordnung bleiben und sie in ihren Existenzbedingungen untergraben und sie, wenn ich kann, beseitigen. . . ." Und nun liegt er stumm. Der Todfeind der bürgerlichen Ge­sellschaft ist nicht mehr. Seine Zeit war um und eine neue steht an der Leiche des größten Sozialdemokraten, den Deutschlands Erde getragen. Was er erkämpfte, ward nicht zur Wirklichkeit, wird es auch nie. Aber sein Glaube an das, wovon er überzeugt war, wird der deutschen sozialdemokra­tischen Arbeiterschaft stets die Erinnerung an ihren großen Führer wachhalten. Und uns, die wir die politische Gesin­nung des Verstorbenen nicht teilen, bleibt dieser Glaube an die Zukunft, die Hoffnung auf endliche Erfüllung dessen, wo­für man leidet und tätig ist, vorbildlich.

*

Näheres über Bebels letzte Stunden besagen folgende Meldungen:

Chur, 13. August. August Bebel ist heute vormittag in Passug, wo er seit einiger Zeit zur Kur weilte, im Alter von 731- Jahren gestorben. Er hielt sich hier mit sei­ner Tochter, Frau Dr. Simon, und seinem Enkelkind Werner Simon auf, um Linderung von seinem Gallensteinleiden zu suchen. Vor einigen Tagen trat dann noch Herzschwäche ein. Man legte dem zunächst keine größere Bedeutung vei, da Bebel schon öfter an Herzschwäche gelitten, aber sich immer wieder erholt hatte. Der Kranke selbst schien zu fühlen, daß es mit ihm schlimmer stand, als seine Umgebung glaubte. Ec ließ deshalb vor einigen Tagen seinen Freund Ullmann aus Berlin kommen. Heute vormittag trat infolge Herzlähmung der Tod ein. Seine Leiche wird heute nach Chur und mor­gen früh zur Einäscherung nach Zürich abgehen. Auch die Beisetzung wird in Zürich erfolgen. Ueber das Ab­leben Bebels wird noch gemeldet: Noch gestern abend führte Bebel bis 1-10 Uhr einen Spaziergang aus und fühlte nach­her keine besondere Müdigkeit. Seine einzige Sorge war, daß er mit dem 3. Band seiner Lebenserinnerungen noch nicht fertig geworden war. Nur diese Anost deutet darauf hin, daß. er sein Ende nahe fühlte. Schmerzlos ist er dann in der Nacht verschieden. Man wurde sein Hinscheiden erst gewahr, als man ihn tot in seinem Bette ausfand.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Calw, 14. August 1913.

Gang durch die Wanderbauausstellung in Calw.

V.

Am Ausgang ins Freie ist die Bacula-Zn- dustrie Ziegler u. Esch, Wildberg mit ihren be­kannten Baeulageweben vertreten, während seitlich da­von eine für einen Calwer Umbau gefertigte Zimmer­türe von Ehr. Braun, Schreinermeister in Calw, auf­gestellt ist

Von hier tritt man ins Freie und kommt auf den freien Platz hinter der Turnhalle, wo noch verschiedene Aussteller ihre Erzeugnisse zur Schau gestellt haben. So ist zunächst die Baumaterialienhandlung Hugo Rau in Calw mit neuen Mustern von Ludowici-Ziegeln und Wandbekleidungsplättchen und Cebr. Pfeiffer, Calw mit einem Spültisch, Cementtrog, Tonzeugröhren usw. vertreten. Schlossermeister W. Wackenhuth, Calw, sowie Schlossermeister Lebzelter, Calw, haben Teile von Geländern ausgestellt, während Schlosser­meister Ludwig Eisenmann, Calw ein schönes, in heimischen Formen gehaltenes Kindergrabkreuz, und Flaschnermeister Carl Grießler, Calw eine wohl­gelungene Dachspitze mit Windfahne zur Schau stellen. Die übrigen ausgestellten Erabkreuze sind aus einem Wettbewerb der Beratungsstelle hervorgegangen. Zu den 4 Gräbern hat Steinbruchbesitzer Fr. Deuble in Eültlingen die Einfassungen geliefert, während Han­delsgärtner Mast, Calw, die gärtnerische Ausschmük- kung der Gräber übernommen hat.

In der Mitte des gesamten Platzes ist ein Tauben­haus erstellt, das von Zimmermeister Kirchherr, Calw, gezimmert wurde und von K a l m b a ch - Spiel­berg sein Schindeldach erhalten hat. Daneben hat Pflästerermeister Franz Stotz, Calw, verschiedene Pflasterarbeiten, so auch ein Muster von Kleinpflaster ausgeführt.

Hiemit ist der Rundgang durch die interessante und lehrreiche Ausstellung beendet. Die Aufzählung der ausgestellten Gegenstände macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es ist jedoch anzunehmen, daß manchem Besucher der Ausstellung die vorliegenden Zeilen zur Führung dienen können.

(Schluß.)

* Eemeindeverband Elektrizitätswerk Station Teinach Gestern war es möglich, dem Verwaltungs­rat des Eemeindeverbands Elektrizitätswerk Teinach- Station die fertig gestellte Baurechnung, welche 6 Jahre umfaßt, zur Prüfung und Feststellung des Vermögensstandes zu unterbreiten. Das Ergebnis selbst kann als günstig bezeichnet werden, insofern als der Voranschlag einschl. der Erweiterungsbauten nicht überschritten wurde und die von der K. Kreis­regierung zum 1. Aus- und Erweiterungsbau ge­nehmigten Mittel im Betrage von 2 358 000 ^ zu­reichten; von dem Jnstallationsgewinn konnten un­vorhergesehene Ausgaben, wie Bankzinse, Projekt­kosten rc. beglichen und noch ein ansehnlicher Teil für Ausfälle an Jnstallationseinrichtungskosten und sonstigen Kosten zurllckgestellt werden. Die defini­tive Anerkennung der Baurechnung soll in der auf Samstag den 23. August d. I. nach Birkenfeld ein- berufenen Verbandsversammlung herbeigeführt wer­den, woselbst auch die durch die Versorgung der Stadt Calw und Vereinigten Deckenfabriken als Großabnehmer nötigen Erweiterungsbauten der Ge­nehmigung der Verbandsversammlung unterstellt werden sollen. Dabei dürften die in letzter Zeit erfolgten Einsendungen von Althengstelt und Grä- fenhausen in verschiedene Blätter auch ihre Er­ledigung finden und die durch derartige unverstan­dene Agitationen heraufbeschworenen Geister be­ruhigt werden.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Freitag und Samstag ist vorwiegend trockenes und warmes Wetter zu erwarten.