186. Amis- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 88. Jahrgang.
IkrschetnungSweise: kmal wöchentlich. Anzeigenpreis: Jrn Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg-, außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon g.
Dienstag, den 12. August 1913.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trügerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post» KezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1-30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg,
Amtliche Bekanntmachungen.
Kgl. Oberamt Calw.
Die Gemeindebehörden
werden aufgefordert, zur Fertigung der Amtskörperschaftsumlage die nach 8 65 Abs. 3 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 22. September 1964 — Reg.Bl. S. 263 — vorgeschriebene Anzeige an die Oberamtspflege, soweit noch nicht geschehen, alsbald zu erstatten.
Bei der Angabe des Betrages des Eewerbekatasters sind die Abzüge an diesem auch in denjenigen Gemeinden zu berücksichtigen, in welchen eine Eemeindeeinkom- mensteuer nicht erhoben wird (8 104 Abs. 2 der Vollz.- Verf. zur Bez.-Ordg.).
Den 9. August 1913.
Reg.-Rat Binder.
Naturalien-Ankauf.
Das Proviantamt Stuttgart hat mit dem Ankauf von neuem Weizen, Roggen, Hafer und Stroh begonnen. Produzenten, Verkaufsgenossenschaften und Händler können diese Naturalien zunächst täglich, auch in kleinen Mengen, zuführen.
Weizen, Roggen und Hafer mutz aus reifen, gleichmäßigen, vollen, trockenen, dünnschaligen, nicht zu kleinen Körnern bestehen, frei von Mutterkorn, Brand und Insekten oder deren Spuren, möglichst frei von verkümmerten und ausgewachsenen Körnern, Unkrautsamen und sonstigen Unreinigkeiten sein und einen guten Geruch haben.
Das Viertellitergewicht nach dem Getreideprober soll mindestens betragen:
beim Weizen 189 g
„ Roggen 179 ß
„ Hafer 112 §.
Den Angeboten sind Muster von stark 14 Liter beizufügen.
Stroh mutz trocken und gesund sein, darf nicht dumpfig riechen, nicht mit Rost- oder Brandpilzen besetzt und nicht mit Disteln vermengt oder durch Mäusefratz beschädigt sein, auch keine kurz gedroschenen Strohteile oder Spreu enthalten.
Es werden gekauft:
Roggen-, Dinkel-, Weizen- und Haferstroh und zwar: Maschinenglattstroh, (Breitdrusch), Richtstroh (Flegeldrusch) und Pretzlangstroh, ausnahmsweise auch Maschinenkrummstroh (Büschelstroh) und Pretzballenstroh. Das Glattstroh mutz mit Breitdreschmaschinen gedroschen und das Pretzlangstroh aus Glattstroh mit Langpressen hergestellt sein.
(Flegelstroh (Richtstroh) wird nur gekauft, wenn es sich nicht teurer stellt, als Elattstroh (Vreitdrusch).
Angebote und Anfragen beantwortet
Proviantamt Stuttgavt,
Post Feuerbach.
Der Friedensvertrag von Bukarest.
In dem Augenblick, da der Depeschenwechsel zwischen dem Kaiser und König Karol über die Stellung Deutschlands zum Ergebnis der Bukarester Friedensverhandlungen völlige Klarheit verbreitet und von der überaus günstigen Gestaltung der deutsch-rumänischen Beziehungen Zeugnis ablegt, setzt eine lebhafte Besprechung der Frage einer etwaigen Durchsicht des Bukarester Friedensvertrages ein. Es ist bemerkenswert, mit welcher Einmütigkeit die deutsche Presse den Gedanken einer Durchsicht dieses Vertrages von sich weist und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß man sich in Wien zur gleichen Auffassung bekehren möge. So äußert die Kreuzzeitung die Ansicht, „daß eine Revision des Bukarester Vertrages nicht nur den ganzen eben erst überwundenen Eefahrenkomplex von neuem heraufbeschwören würde, sondern daß gerade der vorliegende Friedensvertrag den Interessen des Dreibundes und vor allem auch denjenigen Oesterreich-Ungarns am meisten entspricht, sofern man in Wien keine Augenblickspolitik zu treiben beabsichtigt". Die Deutsche Tageszeitung meint, daß auch die österreichisch-ungarische
Politik wohl Anlatz habe, mit der heutigen Gestaltung der Dinge, wobei sie namentlich die derzeitige Stellung Rumäniens auf dem Balkan meint, zufrieden zu sein. Das Blatt betont vor allem die Wichtigkeit der Tatsache, daß „das vielberusene geeinte Slawentum und gar der Panslawismus in keiner Weise auf ihre Kosten gekommen sind, noch kommen können, wenn die Grundlagen des Bukarester Friedens bleiben, wie sie sind. Dieser Gesichtspunkt mützte für die Leiter der österreichisch-ungarischen Politik doch schwer ins Gewicht fallen und im besondern sie in ihrem Bestreben stutzig machen, eine Revision des Bukarester Vertrages herbeizuführen." In der Täglichen Rundschau wird die Hoffnung geäußert, daß man auch in Wien nach einigem Widerstreben sich mit den vorhandenen Tatsachen abfinden werde und gesagt, „nachdem Rumänien in aller Form erklärt hat, daß es als moralischer Bürge des Bukarester Friedens an diesem nicht rütteln lassen könne und wolle, bleibt der Monarchie kein anderer Ausweg, als sich mit den Bukarester Abmachungen abzufinden, wenn sie nicht eine dauernde Verstimmung des rumänischen Volkes gegen die österreichisch-ungarische Politik und damit ein Hinneigen zu Rußland Hervorrufen will". Die Vossische Zeitung möchte Oesterreich-Ungarn in ehrlicher Freundschaft warnen, nicht uferlose Politik in den Balkandingen zu treiben. Das Blatt ist der Meinung, „nach unserer Ueberzeugung ist, nachdem Oesterreich-Ungarn auch den alten rumänischen Freund sich abwendig gemacht hat. der von Kaiser Wilhelm im Namen des Deutschen Reiches eingeschlagene Weg der richtige, der Rumänien und Griechenland (und in Nebenwirkung auch Serbien) dem Deutschen Reich zu Dank verpflichtet. Die Vorteile hiervon kommen auch der habsburgischen Monarchie zugute". Das Berliner Tageblatt kommt zu dem Schluß: „Bulgarien wird auf die Dauer für die östererichisch-ungari- schen Interessen auf dem Balkan doch nicht zu gewinnen sein, und gerade in Griechenland, das die Wiener Regierung heute durch ihre Forderung der Vertragsrevision zurückstötzt, könnte Oesterreich-Ungarn ein doch wohl zuverlässigeres Gegengewicht gegen Serbien erblicken."
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Zar Ferdinand von Bulgarien hat an die Armee einen Tagesbefehl gerichtet, in dem er den Truppen die Siege und Triumphe der Bulgaren gegen die Türken ins Gedächtnis ruft. Er fährt dann aber fort, daß Bulgariens Verbündete das Land verraten hätten und das zu entreißen versuchten, was zehntausende Helden mit ihrem Blute erkauften. Also habe man, dazu gedrängt, neu zu den Waffen greifen müssen, was auch erfolgreich gewesen wäre, wenn nicht eine Reihe unvorhergesehener politischer Zwischenfälle die Kraft Bulgariens gelähmt hätte. „Erschöpft und ermüdet, aber nicht besiegt, mutzten wir unsre glorreichen Fahnen für bessere Tage zusammenfalten." Im Namen Bulgariens dankt der König den Truppen für alle Opfer, Mühen und Leiden, die sie während der gigantischen Kämpfe erdulden mutzten; Gott möge ihnen alles lohnen. Der Tagesbefehl schließt: „Erzählet Eueren Kindern und Enkeln von der Tapferkeit der bulgarischen Soldaten und bereitet sie vor, eines Tages das ruhmvolle Werk zum Abschluß zu bringen, das Ihr begonnen habt." Die Demobilisierung der Armee ist von einzelnen Staaten inzwischen begonnen worden. — In Sofia fand ein feierlicher Gottesdienst statt anläßlich des Friedensschlusses. — Aus dem gleichen Anlatz tauschten Zar Nikolaus und der König von Rumänien Glückwunsch- und Danktelegramme.
Konstantinopel, 11. Aug. Der Erotzwesir hat den Botschaftern mündlich die Antwort der Pforte mitgeteilt. Die Pforte dankt darin den Mächten für die freundschaftlichen Gefühle, die sie durch ihr Versprechen, betreffend die Abgrenzung bekundet hätten und erklärt, die Pforte habe um der Sicherheit der Grenze willen Adrianopel besetzen müssen. Die Antwort schließt mit der Hoffnung, daß die Mächte die Tatsachen anerkennen würden.
Kommen die Jesuiten?
Zürich, 11. Aug. Der Berner Bund will aus sehr zuverlässiger Quelle über Paris erfahren haben, daß in kürzester Zeit der deutsche Bundesrat sich mit der endgültigen Aufhebung des Iesuitengesetzes beschäftigen werde. Die beiden größten Bundesstaaten, Preußen und Bayern, sollen hierfür geschloffen stimmen, so daß von den 59 Gesamtstimmen des Bundesrats sicherlich 23 für die Aufhebung wären. Es bedürfe also immer noch sieben Stimmen,um die absolute Mehrheit zu erreichen. Zurzeit werde ein eifriger Schacher getrieben, um auch diese sieben Stimmen noch zu erhalten. Daß Preußen seine Stimmen zugunsten der Jesuiten abgeben werde, sei den mehr als dreijährigen Bemühungen eines beim Berliner Hofe sehr gerne gesehenen und in den polnischen Provinzen reich begüterten Schlotzhauptmanns zu verdanken, der sich auch der besondern Gunst der allein maßgebenden Persönlichkeiten erfreuen soll. Eingeweihte Kreise wollen sogar wissen, daß die verstorbene Gräfin von Flandern, eine geborene Prinzessin von Hohen- zollern, eine streng gläubige, geschäftlich sehr gewandte Dame es wohl verstanden hätte, ihre hohen Verwandten von der Notwendigkeit der Aufhebung des Jesuitenverbots zu überzeugen. Wir geben die aufsehenerregenden Mitteilungen des Schweizer Blattes, das als glaubwürdig gilt, mit allem Vorbehalt wieder. (Ueb- rigens beträgt die Zahl der Stimmen im Bundesrat nach Erlaß der elsatz-lothringischen Verfassung 61 statt, wie bisher 58. Die drei Stimmen Elsaß-Lothringens werden aber nicht gezählt, wenn die Präsidialstimme, d. h. Preußen, nur durch den Hinzutritt dieser Stimmen die Mehrheit für sich erlangen oder den Ausschlag geben würde.) — Aehnliche Mitteilungen, wie sie der Bund heute über angebliche Vorgänge in der deutschen Jesuitenfrage brachte, enthält auch die Zürcher „Post". Das Blatt teilt mit, es habe von einer ihm als glaubwürdig geschilderten Seite erfahren, daß in allernächster Zeit über die Wege, die von den Jesuiten gewählt wurden, um sich der Zustimmung der preußischen Regierung im Vundesrat zur Aufhebung des Jesuitengesetzes zu sichern, große Enthüllungen zu erwarten seien. Sobald die Aufhebung des Jesuitengesetzes im deutschen Bundesrat beschlossen sein werde, stehe dem Blatte das ganze aufsehenerregende Material zur Verfügung. Soviel dürfe indes jetzt schon bemerkt werden, daß die Fäden nicht von Rom unmittelbar nach Berlin gesponnen worden seien, sondern daß man es vorgezogen habe, sich sehr hoher belgischer Kreise zu bedienen, wodurch man ein doppeltes Ziel zu erreichen bezwecke. Dies Ziel sei denn auch, wenn auch unter gewaltigen Opfern, in der Tat erreicht worden.
Stadt» Bezirk and Rachbarschaft
Talw, 11. August 1913.
Gang durch die Wanderbauausstellung in Calw.
III.
Vauwerkmeister Hugo Schmohl, Stuttgart stellt Melkens Patentgitter zur Abdeckung von Luftschächten, Abwafferkanälen rc. aus. Neuerungen von Sprossen und Oberlichtern bringt in verschiedenen Mustern die Firma Hottinger u. Eble in Eßlingen. Die Beschlägefabrik Fr. W. Killing in Hagen zeigt an einem Modell, wie geräuschlos und leicht die von ihr hergestellten Beschläge funktionieren, während Schloffer- meister Ehr. Er Hardt, Calw selbsttätige Schließer vorführt. Die Glasgroßhandlung Wilh. Weber in Stuttgart zeigt alle erdenklichen Elassorten in einem geeigneten zusammenklappbaren Rahmen vor, während an der Wand ein aus einem früheren Wettbewerb hervorgegangenes Oberlichtfenster von E. Schrägte, Elasermeister in Bad Teinach untergebracht ist. Gute, selbstgefertigte Töpferwaren bringt noch in dieser Abteilung Hafnermeister Eug. Weiß-Calw zur Ausstellung. Geht man wieder zurück zum Vorraum, und wendet sich gegen die rechte Seite der Turnhalle, so fallen dem Beschauer zwei Gipsmodelle von einem städtischen Einfamilienhaus auf, die von der Beratungs-