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Nr. 13.

Vitensteig» DiLNstag den 18. 3mm«r.

Jahrgang 1921.

Zum Reichsjubiläum. !

Der Reichspräsident hat aus Anlaß des heutigen l Tages folgende Kundgebung erlassen:

Am 18. Januar sind KO Jahre seit der Einigung der deutschen Stämme zu einem einheitlichen Staatsgebilde ver­gangen. Die Sehnsucht unserer Vorfahren, das heiße Ver­langen weiter Schichten des Volkes in allen deutschen Gauen ; fanden hierdurch ihre späte Erfüllung. Und diese Erfüllung blieb von Dauer. In allen schmerzlichen Verlusten, die uns jetzt durch Krieg und Frieden betroffen haben, ist uns fast als einziges das eine große Unglück erspart grblüben, daß die deutschen Länder wieder auseinander gefallen sind. Sie halten aneinander fest. Darüber wollen wir uns freuen, wenn wir auch mit besonderer Trauer an diesem Tage zu allen deutschen Landesteilen hinüberblicken müssen, die gegen ! ihren Willen von ihrem stammverwandten Lande getrennt sind, und aus das besonders schwer leidende Oesterreich, das mit dem Herzen zu uns strebt, wie wir zu ihm. Unsere f innerstaatliche Einheitlichkeit weiter zu erhalten und zu festi» : gen muß unser aller fester Wille sein. Wenn uns auch po- j Mische und wirtschaftliche Anschauungen mehr als gut ist I trennen, in einem sind wir alle einig: Grenzen sollen uns - nicht trennen. Die Einheitlichkeit unseres deut» ! schen Vaterlandes ist für uns alle ein Stück un» ! seres Glaubens, unserer Liebe und unserer! Hoffnung. ^

Berlin den 18. Januar 1S21. !

Der Reichspräsident (g--z): Eöett. ^

Der Reichskanzler (gez.): Fehrenbach. s

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WTB. Berli«, 18. Jan D'e 50. Wiederkehr des Jahrestags der Gründung des Demschr» Reichs ist, wie j Staalssekielär Trö tsch in derVossischen Zeitmg* schreibt, s für alle, die in erster Linie nichts sind als Patriot-« und ! denen die Parteien nur mehr oder minder taugliche Mittel ; zur Herstellung von Gesundung und Lebenskraft des Ganzen § sind, ein Tag der Einkchr, der geschichtlichen Selbstbestimmung § und Härtung der Seele zu Glauben und Arbeit trotz aller Finsternis.

DerVerl. Lokalanzeiger" schreibt: Der Gedanke deS Reichs lebt in allen Deutschen bei allen Parteien: Es >st das Gesetz deutscher Vergangenheit und deutscher Z cknnft. Wir müssen das glauben durch alle gewesenen und noch kommenden Wirrungen und Irrungen.

In der .Täglichen Rundichau* heißt es: Was vor 80 Jahren gegründet wurde, kann nicht untergehen. Es hat sich erhalten in seinem Kern, im Zusammenschluß aller deut­schen Stämme, der heute eine Setbuoerständlichkeir geworden ist und der durch Deutsch Oesterreich in nicht zu ferner Zu­kunft seine Vollendung erfahren wi d. Es wird in andeier Gestalt und mit freierer, allgemeiner M twirkung aller Bür­ger am Staat wieder aufgebaut werden. Das ist unser Glauben und Hoffen an diesem stolzen und wehmütigen Ge­denktag.

Das Ministerium Briand. ^

Aus dem Ministerrum Perel, das alle Aussicht hatte, j das gestürzte Kabinett Leygues zu ersetzen, ist nichts ! geworden, weil der frühere Präsident der Republik, Poin­care, auf dessen Mitarbeit der Senat Gewicht legte, nur i mittun wollte, wenn ihm statt des von Peret angebotenen Ministeriums der Finanzen das des Aeußeren über­tragen würde, das ihm vollen Spielraum für seine Macht­politik gegeben hätte. Allein Präsident Millerand trug doch Bedenken, gerade einen Poincare an die Stelle zu bringen, die in gewissem Sinne der sranzösi- schen Regierung das Gepragr gibt. Millerand mag

zu seiner Ablehnung weniger durch den alten persön­lichen Gegensatz zu Poincare bestimmt worden sein im politischen Frankreich ist ja jeder des andern Neben­buhler, noch weniger durch den durch nichts zu über* treffenden Deutschenhaß Poincares, als vielmehr durchs die Erwägung, daß ein Mann wie Poincare an aus­schlaggebender Stellung weder in Italien, noch erst recht in England gern gespien würde. Es ist ja bekannt, daß unter der Präsidentschaft Poincares das Verhält­nis zwischen den Verbündeten öfters ein recht gespanntes!

war, weil Poincare in seinemSiegeskoller" die sran- ' zösische Politik über alles stellen zu dürfen glaubte, ohne Rücksicht auf die anderen Verbündeten. Frankreichs . hat im Krieg die größten Opfer bringen müssen, also- ! hat es auch imFrieden" das meiste zu sagen, das war das zweite Wort Poincares. England, d. h. das englische i Kabinett war anderer Meinung. Wenn es dem ge- , wandten und Willensstärken Millerand, solange er Mini­sterpräsident war, immer wieder gelang, Lloyd George herumzubringen, so beruhte das auf anderen, mehr per­sönlichen Gründen; die protzenhafte Gewalttätigkeit ei­nes Poicare aber ist den Engländern in der Seele zu­wider, auch dem Herrn Lloyd George. Wenn also auch Poincare der von einer starken Partei in Frankreich Ak- tvünschtestarke Mann" gegen England im Gegen­satz zu Leygues gewesen wäre, Millerand glaubte ' doch darauf verzichten zu müssen, dem neuen Kabinett - diese Spitze gegen England zu geben. Vor einigen Tagen reisten der englische Kriegsminister Churchill und der Generalstabschef Wilson nach Paris. Ohne Zweifel hing die ungewöhnliche Reise mit der Auswahl des Mini­sterpräsidenten bzw. der Richtung des neuen Kabinetts zusammen; sehr wahrscheinlich hatten die Engländer den Auftrag, die Franzosen darauf aufmerksam zu ma- i chen, welche Folgen einenglandstarkes" Kabinett ha­ben könnte.

Für England liegt der. Drehpunkt der Politik gegen­wärtig im Orient. Wenn es dazu kommt, daß König Konstantin vom Verband anerkannt und auf die Aen- derung des Vertrags von Sevres, von Kleinigkeiten ab­gesehen, verzichtet wird, so hat die englische Politik über die französische gesiegt. Die Pariser Presse weist bereits darauf hin. Konstantin und Sevres bedeuten aber englische Sorgen um das Bestehen der englischen Welt­macht, deren Wurzeln in Asien liegen. Wenn also Millerand den Herrn Poincare ablehnte, so bedeutet es, daß man beiderseits auf eine engere Fühlung nicht - verzichten will; England soll freie Hand im Orient, in Asien haben, wogegen Frankreich dasselbe für sich Deutschland gegenüber beansprucht, wohl unter Verzicht auf die erträumte Vormachtstellung in der Levante, die - ihm England doch niemals eingeräumt hätte.

Peret hat nun dem Präsidenten Millerand erklärt, - daß seine Bemühungen gescheitert sind und Millerand ; hat daraus Briand mit der Kabinettsbildung beauf- ! tragt. Am Sonntag abend war die Ministerliste bei- i einander und Briand konnte die Herren Kollegen noch ^ an demselben Abend dem Präsidenten vorstellen. Der - scharfen Richtung des nationalen Blocks ist Briand, ' der, wie fast alle Politiker des neuen Frankreich, eine f stattliche Reihe von politischen Wandlungen hinter sich hat, nicht genehm und er wird bereits von Blättern ' des Blocks angegriffen. So schreibt der übrigens auch sehr wandlungs äh g - PariserTemps", Briand betreibe ; eine Politik der Versöhnung mit Deutschland wohl , die grimmigste Verdächtigung, die man heutzutage in Frankreich gegen einen Politiker ersinnen kann. Aber i eine Politik der Versöhnung wird man von Briand ? -ebenso wenig erwarten dürfen, wie von Poincare, aller- ! dings gilt er für einen Kopf, der mehr Sinn für poli- . tische und wirtschaftliche Notwendigkeiten besitzt, als Poincare und seine Gefolgschaft. -

Aristide Briand steht im Alter von 59 Jahren. - Ursprünglich sozialistischer Agitator in den Pariser Vor­orten, machte er, einmal in das Parlament gewählt, rasch seine Laufbahn. Als Minister trat er den Sozialisten ' oft ebenso scharf entgegen wie ein Clemenceau, der auch ^ von den sozialistischen Wählern auf die Höhe des Be- ' rufsparlamentariers getragen worden war, von denen ! jeder in Frankreich schon sein Ministerpatcnt in der ! Tasche trägt. Fünfmal war Briand Minister, davon ^ dreimal Ministerpräsident. In den Kriegsjahren - 1915/16 vereinigte er das Ministerium des Aeußern ^ mit der Ministerpräsidentschaft.

DasProgramm", das Briand seinen Ministerkol­legen vorlegte, faßte er folgendermaßen zusammen: Wir : können uns nicht rmt einer langfristigen Politik befas- fassen; wir müssen die jetzige Lage zu gesunden suchen. , Es ist daher nötig, möglichst rasch die Summe zu be­stimmen, die Deutschland zu bezahlen hat, sowie den Be­trag der Jahresraten in Waren und Geld und den ! Gewinnanteil seiner Jndnstriegesellschaften. Vor allem aber sind Vereinbarungen mit den Verbündeten zu treffen, um die von Deutschland ausgestellten Wechsel auf diese oder jene Weise in den Handel bringen und ! verwerten zu können «

Das Kabinett har folgende Zusammensetzung: Mini­sterpräsident und Minister des Aeußern: Briand; Ju­stizminister: Bonnevay; Minister des Innern: Marraud; Kriegsminister: Barthou: Marinerni- nister: Gut st-Han; Finanzminister: Paul Dou- mer; Minister für diebefreiten Gebiete": Lou- cheur; Kolonialminister: Sarraut; Minister für öffentliche Arbeiten: Le Trocguer; Minister für Pensionen: Magi not; Handelsminister: Lu eien Dior; Ackerbauminister: Lefebre du Prä; Ge­sundheitsminister: Leredu; Minister für Wissenschaft und Künste: Bararad.

Die Wegsteuerung des Vermögens»

Unter den 41 Fragen, die von den Sachverständigen des Verbands auf der Konferenz in Brüssel der deutschen Reichsregierung zur Beantwortung übergeben waren, lautete eine auf die Art der Besteuerung der großen Privvtvermögen und des Besitzes der Erwerbsgesellschaf­ten. Die Reichsregierung hat die Frage durch Anfüh­rung folgender Beispiele beantwortet:

Das erste Beispiel nimmt an, daß ein Privatmann am 30. Juni 1919 100 Millionen Vermögen hatte, da­von 25 Millionen Kriegsvermögenszuwachs, daß der Mann 1920 stirbt und sein Vermögen zwei Neffen zu gleichen Teilen hinterläßt, Don denen der eine noch 'kein Vermögen, der andere ein Vermögen von einer Million hat. Die Besteuerung ergibt dann, daß von den 100 Millionen noch 13 479 216 Mk. übrig bleiben: das übrige ist weggesteuert.

Das zweite Beispiel behandelt den Fall eines Privat­manns, der 10 Millionen Vermögen hat, davon 4 Mil­lionen Anteile an einer Erwerbsgesellschaft, die 1920 20 Prozent Dividende verteilen könnte, wenn sie keine Kör- perschaftssteuer zu zahlen hätte. Das übrige Vermögen (Grundvermögen) rentiert sich mit 5 Prozent. Vermö­genszuwachs ist nicht vorhanden. Ohne Steuern würde dieser Mann 1,1 Millionen Jahreseinkommen beziehen. Durch die Steuern vermindert sich das Einkommen aus 289 952.50 Mark.

In dem dritten Beispiel ist eine Million Vermögen vorhanden, kein Kriegsgewinn. Das Rentenvermögen verzinst sich mit 5 Prozent, ein Drittel des Rcichsuot- opfers wird bezahlt, für den Rest 6 Hz Prozent Ainorti- sationsrente. Hier verringert sich das Einkommen ruf 22 497.50 Mark oder 2250 Goldmark, was früher ein gewöhnlicher Arbeiter verdiente.

Das vierte Beispiel behandelt die Besteuerung einer Ak­tiengesellschaft mit 100 Millionen Kapital, 300 Millionen Gesamtgesellschaftsvermögen, 50 Millionen Geschäftsge­winn, wovon 10 Millionen znm Reservefonds gehen. Diese Gesellschaft zahlt 10 Millionen Reichsnotopfer und 9 Mil­lionen Körperschaftssteuer, außerdem aber noch Grnnd- und Gebäudesteuern und Gewerbesteuern an Länder uno Gemeinden.

Das Ergebnis der direkten Steuern.

Der Verband wollte wissen, wie hoch das Erträgnis der direkten Steuern in Deutschland sei. Die Reichs­regierung hat ihr, soweit sie dazu in der Lage war, prompt aufgewartet. Infolge der grundlegenden Umbil­dung des Finanz- und Steuerwesens in Deutschland ist ein umfassender Ueberblick noch nicht möglich, da die Steuerveranlagung sich um ein volles Iah: im Rück/and befindet. An Einkommensteuer hat aber der Monat Ok­tober 1920 schon eine Milliarde Mark eingemacht. An direkten und indirekten Steuern, Ausfuhr- und son­stigen Abgaben sind im Oktober 3,2 Milliarden einge- gangen, was ungefähr genau einem Zwölftel der im Reichshaushaltplan angenommenen Jahres ausgaben entspricht. Die Gesamteinnahme des Reichs, der Bun­desstaaten und der Gemeinden ergeben in den Finanz­jahren 1913 bzw. 1920 folgende Zahlen:

1913 1920

in -aaillionen Mark Reich 1,960 29,776

Länder 1,140 4,916

Gemeinden 1378 10,319

^ 4,4/8 45,002

An einmaligen Steuern sind in den Haushaltpläne» enthalten: 1913 800000 Mark, 1920 4 500000000 Mar?