1677
Aus den Tannen
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Altenfteig» Morrtag de» 17. Januar
Jahrgang 1921.
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Zuw 18. Januar.
Am 18. Januar 1871, dem 170. Geburtstag des Königreichs Preußen, das berufen war, den deutschen Cinheitsgedanken zum Sieg zu führen, wurde im Schloß zu Versailles das neue Deutsche Reich gegründet. Nicht einem bequemen Handelsgeschäft verdanken die deutschen Stämme die ersehnte Einheit, sondern sie mußte in einer langen Zeit innerer und äußerer Kämpfe errungen werden. Ein gütiges Geschick schmkte dem deutschen Volk, als die Zeit erfüllet war, auch die rechten Männer, das Werk zu vollenden. In nie verbleibendem Glanz strahlt über der deutschen Geschichte das Dreigestirn des genialsten Staatsmanns Otto von Bismarck, den dankbare Verehrung mit Recht des Reiches Schmied genannt hat, des großen Heerführers HelmuthvonMoltke und des weitblickenden Kriegsministers Albrecht von Roon. Sie wurden berufen von einem Stammesfürsten, der durch die edelsten menschlichen Tugenden zum Herrscher geboren schien, Wilhelm I. Wenn aber die Errichtung des Deutschen Reichs nicht möglich war, ohne daß die europäische Vorherrschaft unseres alten Erbfeinds gebrochen wurde, so gereicht es dem großen Baumeister des neuen Deutschland zu umso größerer Ehre, daß er nach einem siegreichen Krieg ohne gleichen in stolzer Mäßigung jede Demütigung oder dauernde Schädigung des Besiegten verschmähte und sich mit dem Notwendigsten für den Fortbestand und die dauernde Sicherung des jungen Reichs begnügte. Diese Bedingungen für sich zu schassen ist das Recht und die Pflicht jedes Staats, jedes Volks von Lebenskraft und Lebenswillen und selbstgeschaffener Kultur. Trotz dieser Selbstbeschcidung oder vielleicht auch dank ihrer hat das Deutsche Reich in den folgenden Jahrzehnten nach innen und außen einen Aufschwung genommen, wie er in so kurzer Zeit in der Weltgeschichte ohne Beispiel ist. Das deutsch" Volk zeigte der erstaunten Welt, was es zu leisten imstande ist, wenn es die. richtige Führung und die politische Spannweite für seinen Schaffensdrang hat. Bismarck drückte das fo aus: Das deutsche Volk werde schon reiten können, wenn er es nur erst in den Sattel gehoben habe. Was Deutschland nach seiner Einigung unter Preußens Führung an geistigen und materiellen Gütern gewonnen hat, das ist schier unermeßlich.
Fast auf den gleichen Tag fällt eine andere Erinnerung an das Schloß des Königs Ludwig XIV. von Frankreich, der sich in seiner maßlosen Selbstüberhebung und Herrschsucht den „Sonnenkönig" nennen ließ und der seinerzeit ohne Kriegserklärung seine berüchtigten Mord-
l Premier Melac usw. in die deutschen Lande schickte, um sie mit Feuer und Schwert, zu verwüsten. Am 10. Januar 1921 war es ein Jahr, daß der schmähliche Friedensvertrag von Versailles in Kamst getreten ist, der das deutsche Volk nicht nur uni all das seit dem großen Tag von Versailles 1871 Erworbene ! bringt, sondern es auf lange Zeit der politischen und j wirtschaftlichen Knechtschaft des Erbfeinds unterwirft, der s nur durch Ränke und Ueberlistung, durch tückische Aus- » Nützung des leider im deutschen Volk, als es aus der ! höchsten Höhe zu stehen schien, wieder sich einfressenden i inneren Haders im letzten Krieg mit Hilfe von 2» an- z deren Bundesgenossen schließlich doch Meister geworden l ist und der nun den Friedensvertrag dazu benützt, um I wie einst Ludwig XIV. das verarmte deutsche Lang zu I brandschatzen, nur mit dem Unterschied, daß heute dazu j auch noch die kannibalischen Schwarzen und Braunen aus : Afrika verwendet werden. Diese Zustände lassen uns ! mit fruchtbarem Ernst bewußt werden, was» wir verloren haben, verloren, obgleich unsere tapferen Heere j siegreich, jedenfalls unbesiegt, geblieben sind, i Welch ein Jubelfest überall, soweit die deutsche Zunge klingt und Gottes Lob in Liedern singt, wäre der 18. Ja-
- nuar geworden, wenn der 10. Januar 1920 nicht gekommen ^ wäre! So können wir des Tags der Reichsgründung
- nur mit stiller Wehmut und verhaltenem tiefem Schmerz r gedenken. Aber doch nicht ohne Hoffnung. Das Deutsche . s Reich wird bestehen bleiben: es ist mit Blut und Eisen »
- zusammengeschweißt und verdankt sein Dasein nicht, wie ! : die Kreaturen der „Friedenskonferenz", Papiersetzen von ! ^ der Art des Vertrags von Versailles. Das Deutsche Reich ' . wird den Haß der Feinde überdauern. Es wird aber,
s o hoffen wir, auch die inner? Zerrissenheit und den . - ^ s rch so tiefen — moralischen Niedergang überwinden, !
> )en wir voll Beschämung heute beklagen müssen. Keine i ! §rage, wer daran schuld sei; keine Anklage! Wir alle - ? wagen an der Schuld mit, wie wir alle auch büßen s
> müssen. Kein Volk erträgt das Glück schwerer, als das ! j deutsche, — und wir konnten das Uebermaß unseres
z Glücks nicht tragen. Die dem echten deutschen Wesen i f so fremde Sucht und Jagd nach Geld und Genuß hat wie i i eine Seuche fast alle Stände ergriffen und krank ge- ^
- macht. Wir haben allenthalben des Maßhaltens entraten ^
- und Bismarcks erzieherisches Beispiel vergessen, der uns ' ? die Wege weisen wollte, wie man Ererbtes erwerben > ! müsse, um es zu besitzen. Es hätte anders werden können
j und sollen. Nun sind wir arm, trotz unserer 82 Mil- j s liarden Papierscheine recht arm. Aber nie war das ! s deutsche Gemüt reicher, nie hat es köstlichere Gaben aus l seinem im Tiefen verborgenen Schatz zutage gefördert, ! ! als wenn die äußeren Verhältnisse des. deutschen Volks ! dürftig waren. Das ist uns eine Gewißheit, daß es mit s dem deutschen Volk nicht am Ende ist, daß es vielmehr noch eine große Zukunft hat, an der, wie der Dichter s ? Geibel sagt, noch einmal die fremde Welt genesen soll, die in j j mildester Maßlosigkeit sich gefällt und die wir jetzt j i in den Verderben bringenden Strudel de? Machtgenusses l j sich stürzen sehen j
Zum 36jährigen Bestehen des Deutschen Reiches
18. Januar 1871 1921.
Steig' hernieder, Geist der Ahnen,
Auf die deutsche Völkerschar,
Ihr den rechten Weg zu bahnen Zu dem Gott, der mit Dir war;
Sammle wieder Me Glieder
Um Alldeutschlands Hochaltar!
Laß vereint in ihrer Mitte Stimmen an den Bundessang Daß nach alter, deutscher Sitte Geh' das Leben seinen Gang:
Daß die Freude Aus dem' Leide Frische auf die bleiche Wang'!
Sv bring ich, als treuer Schwalu,
Mit der Harfe in der Hand,
Ein „Grüß Gott" als Liebesgabe Dir, mein teures Vorland'
Tief im Staube Hält mein Glaube
Fest im Hoffen, Liehen stand!
Feuerbach Karl Wieland.
Neues vom Lage.
Die Reichsfarben.
Berlin, 16. Jan. Die Deutsche Volkspartei hat, wie WTB. meldet, bei den anderen Regierungsparteien (Zentrum und Demokratie) angeregt, die Frage der N a - tivnalfarben durch eine Volksabstimmung entscheiden zu lassen, da die Festsetzung von Schwarz-rot- aold in der Verfassung durch die frühere Nationalver- j sammlung von den meisten Kreisen des Volks nicht an-
; erkannt werde und einen dauernden Anlaß zur Stö-
- rung des inneren Friedens und der Geschlossenheit des ; deutschen Volks bilde Die anderen Regierungsparteien i werden zu der Anregung Stellung nehmen.
! Dieser Entschluß der Parteien wäre zu begrüßen, denn ^ es ist nicht zu leugnen, daß die neuen schwarz-rot-golde- ! neu Reichsfarben keinen Boden gewonnen haben: die i große Mehrheit des Volks, bis weil in die Reihen des
- Zentrums' und der Demokratischen Partei hinein, be-
! sonders in Norddeutschland, hat die Abschaffung der
i schwarz-weiß-roten Reichsfahne nicht verstehen können und ; die schwarz-rot-goldene bekam man seitdem fast nur bei s der Ausschmückung von Amtsgebäuden oder in Sälen, in denen Feiern der demokratischen Partei abgehalten wurden — die sozialistischen Parteien halten an ihrem Rot fest —, zu Gesicht bekommen. Selbst das linksdemofia- tiiche „Berliner Tageblatt" sagt, daß die Einiüh m g der schwarz-rot-goldenen Fahne „eine ganz überflüssig.' Erschwerung des republikanischen Ausbaus" sei. Konferenz der Ernährungsminister. Dresden, 16. Jan. Gestern traten hier die llährungsmiuister der deutschen Staaten unter dem Borkitz des Reichseruährungsministers Dr. Hermes zusammen. Er wies darauf hin, daß für die Getreideernte 1921 die Mindestpreise baldigst festgesetzt werden müssen. Die Zwangsbewi fichastung des Getreides werde beibehalten werden, aber es müsse eine andere Form gefunden werden.
Nun erst recht.
Mainz, 16. Jan. Aus den Einspruch des deutschen Kommissars gegen das Verbot der Reichsgründungsieiern im Gebiet der französischen Besetzung hat die Rheinlandskommission des Verbands das Verbot auf das ganze besetzte Gebiet ausgedehnt.
Schwierigkeiten bei -er Kabinettsbildung in Frankreich.
Paris, 16. Jan. Kammerpräsident Peret, der am Freitag den Auftrag Millerands, das neue Kabinett zu bilden, angenommen hatte, gab ihn gestern zurück.
Nach Peret wurde Bricmd mit der Kabinettsbil >ung i . - anstrcwt.
Die Urabst immun g -er Eisenbahner. Stutthart, 16. Jan. In Württemberg beteiligten sich nach der „Franks. Ztg." 2798 Beamte an der Abstimmung. Bon diesen stimmten 2050 für den Streik, in Baden stimmten von 7200 Beamten 5760 für den Streik und in Bayern vion 4900 Beamten 3972 für den Streik. Von ungefähr 270 OM eingetragenen Mitgliedern der Reichsgemeinschaft deutscher Eisenbahnbeamten haben sich im Ganzen 251 252 an der Abstimmung beteiligt. Bon den abgegebenen Stimmen entfallen für den Streik 8l HZ Prozent und gegen den Streik 15 Proz.
Polnische Werbung in Süd-entschland. München, 16. Jan. Nach der „Frankfurter Ztg." entfalten die Polen in Bayern eine rege Agitation, um die in Bayern befindlichen abstimmungsbereck Kosten Polen zur Stimmabgabe in Schlesien zu bewegen.
Polnische Rüstungen.
Berlin, 16. Jan. Nicht nur an der oberschlei,sehen Grenze, wo etwa 170000 Mann festgestellt wurden, sondern auch an der ostpreußischen Grenze sind polnische Truppen zusammengezogen. Letztere dürften die Stärke von drei Divisionen haben.
Die Griechen in Anatolien.
Athen, 16. Jan. General Papulös soll wieder nach Smyrna zurückgekehrt sein. Man glaubt, daß der griechische Vorstoß aufgehalten wird.
„Daily Mail" meldet, der König Konstantin Pabe seine Absicht aufgegeben, den Oberbefehl über die griechische Armee in Kleinasien zu übernehmen, weil die Provinz Smyrna tatsächlich noch nicht griechischer Besitz sei. (Der Vertrag von Sevres ist noch nickt rechtsgültig.)
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