Enzklösterle, 5. Aug. Zn Nonnenmiß ist das An­wesen des Holzhauers Frey zum Teil niedergebrannt. Das Feuer soll auf dem Schindeldach bei dem Kamin entstanden sein. Einige Schulknaben, die den Brand entdeckten, halfen wacker bei der Löschung des Feuers und verhinderten ein weiteres Umsichgreifen. Sommerfest der Nationalliberalen des 7. Reichstagswahlkreises.

Neuenbürg, 3. Aug. Der Maifestplatz war zum Sommerfest der Nationalliberalen des 7. Reichstags­wahlkreises ausersehen worden. Dem Fest ging am Vormittag eine Sitzung des Wahlkreisausschusses vor­auf, die Sägwerksbesitzer L. Wagner-Ernstmühl leitete. Es wurden hauptsächlich Organisationsfragen erörtert, wobei Parteisekretär Hopf-Stuttgart über Organisation und Agitation im Wahlkreis Vortrag hielt. Das Mittagsmahl wurde durch verschiedene An­sprachen gewürzt. Auf dem Festplatz begrüßte Apo­theker B o z e n h a r d t - Neuenbürg die große Ver­sammlung, die sich bei schönstem Wetter eingefunden hatte, darunter die Abgeordneten Schmid-Vesigheim, Hasel-Geislingen, Maier-Vlaubeuren und Böhm-Sulz. Für die Stadtgemeinde sprach Stadtschultheiß Stirn.

Der erste Vortragsredner war der Bezirksabgeordnete Commerell. Er bedauerte einleitend die im Land­tag hochgekommene unfruchtbare Vielrederei, die na­mentlich von den Parteifreunden des Präsidenten, der persönlich nach Möglichkeit auf Förderung der Geschäfte dränge, geübt werde. Der Redner verurteilt den Be­schluß der Kammer in Sachen der Kreisregierung und damit die Tatsache, daß der Gedanke der Staatsverein­fachung an einer so wesentlichen Stelle eingeengt wurde. Eine Richtungsänderung habe bei der Regierung statt­gefunden. Aber diese Tatsache auf die Zusammensetzung der Kammer zurückzuführen, sei unrichtig. Im übrigen sei für die Nationalliberale Partei die Frage der Auf­hebung der Kreisregierungen keine politische, sondern eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Der Redner unter­zog alsdann einige Positionen des Etats einer näheren Betrachtung. Er schilderte die Stellung seiner Fraktion zum Körperschaftspensionsgesetz, zur Wegordnung usw. und geißelte die Haltung der Sozialdemokratie bei der Abstimmung über den Etat. Mit dem Bekenntnis, stets bei seinen Abstimmungen sich von der Rücksicht aus das Wohl des Ganzen leiten zu lassen, schloß Lom- merell unter Beifall. Reichstagsabgeordne­ter List folgte alsdann mit einer großangelegten Rede über die Arbeiten des Reichstags. Er begann mit dem Hinweis, daß der deutsche Reichstag trotz seiner 110 Sozialdemokraten fähig gewesen sei, ernste nationale Fragen zu lösen. Schon bei der Beratung der Wehr­vorlage vom Zahre 1912 haben Redner der National­liberalen Partei hingewiesen auf die Lücken, die unsere Rüstung hatte. Man hörte nicht auf sie. Jetzt wird zur Begründung der riesigen Militärvorlage der Bal­kankrieg und seine Folgen herangezogen. Feinfühlige Diplomaten hätten zum mindesten anmerken müssen, daß sich am Balkan etwas vorbereitet. Man hätte schon im Jahre 1912 den Dingen Rechnung tragen müssen. Die Nationalliberale Partei trat mit ernstem Sinn an die Wehrvorlage heran. Wenn uns jemand klar beweisen könnte, daß es keinen Krieg mehr gibt, dann würden wir unsere Waffen in die Museen tragen zur Erinne­rung an unsere barbarische Zeit. Solange Menschen auf dieser Erde wandeln, wird die Nation am besten fahren, die Respekt einzuflößen vermag. Uns droht ernstlich der Panslawismus. Der alte Erbfeind, Frank­reich, hat aus dem Bündnis mit Rußland neue Hoff­nung geschöpft. Es gibt eine kleine Schrift, die in sämtlichen Schulen Frankreichs verbreitet ist. Dort heißt es im ersten Kapitel der Bürgerkunde:Die Zu­kunft der Republik beruht auf jedem von euch. Wenn jeder seine Pflicht tut, wird die Republik stark genug sein, um sich die verlorenen Brüder wiederzugeben, die Brüder von Elsaß-Lothringen." In 55 Auflagen ist dieseBürgerkunde" erschienen. Das Geschrei unserer deutschen Sozialdemokratie möchte ich sehen, wenn wir uns etwas ähnliches leisten würden. Wir müssen mit einem Krieg nach zwei Fronten rechnen. Unser Ver­hältnis zu England hat sich gebessert. Ob nicht die Engländer dabei ihren eigenen Vorteil suchen? Unsere verstärkte Rüstung ist uns eine Friedensgarantie. Bei unserem Heerwesen herrschen Zustände, die unserem mo­dernen Empfinden nicht mehr entsprechen. Man hat aber den Eindruck, als ob man dies an leitender Stelle nicht sehen will. Hier gilt es, einmal mit scharfem Besen auszukehren, wo es notwendig ist. Eine harte Nuß sei die Deckungsvorlage gewesen. Der Gedanke, keine Steuern auf den Verbrauch, sei maßgebend ge­wesen. Die Konservativen ständen deshalb im Schmoll­winkel. Zum Schluß seiner Ausführungen kam der Redner auf den Streik bei Bosch zu sprechen, dessen siegreichen Ausgang für die Firma er begrüßt, und gab die Versicherung, daß die Nationalliberale Partei auch für die Zukunft freundlich zur Volkspartei stehen wolle.

Der nicht endenwollende stürmische Beifall klang aus in das LiedDeutschland, Deutschland über alles." Die Schlußansp rache hielt Apotheker Bozenhardt.

Württemberg.

Herrenalb, 4. Aug. Die Behörden fahnden immer noch nach dem Dieb, der in Dobel in einem Hotel den

Kurgästen die Stiefel und Hosen, dem Hotelier eine Wurst upd andere Vorräte gestohlen hat. Man ver­mutet in ihm denselben Dieb, der auch in Neusatz ge­stohlen und einem Säger die Uhr vom Leibe wegge­raubt hat.

Sindelfingen, 5. Aug. Die Bauarbeiten an der neuen Bahnlinie BöblingenRenningen sind nun auf der ganzen Strecke in Angriff genommen. Ueberall entfaltet sich eine emsige Tätigkeit. Die gegenwärtige gute Witterung fördert die Arbeiten. Wie bei allen Bahnbauten finden auch auf dieser Strecke zahlreiche italienische Arbeiter Beschäftigung.

Stuttgart, 4. Aug. Die Landesversammlung des Vereins Württembergischer Verwaltungsbeamter hat am Sonntag unter dem Vorsitz von Schlachthofsekretär O e st e r l e - Stuttgart hier in der Liederhalle getagt. Aus dem Jahresbericht geht hervor, daß die Mitglieder­zahl von 1761 auf 1780 stieg. Der Bericht kam auf die Sicherheitsleistung der Eemeinderechner und auf die Aenderung des Körperschaftspensionsgesetzes zu sprechen; in der Frage der Fachüberfüllung sei man vor allem auf Selbsthilfe angewiesen. Das Ministerium des In­nern habe in dankenswerter Weise einen Gesetzentwurf der neuen Prüfungsordnung ausgearbeitet, der die Ten­denz verfolge, die Ausbildung der Verwaltungsbeamten zu verbessern und zu vervollkommnen. Der Militäran­wärterstand sei zu Unrecht seit Jahren bestrebt, in die mittlere Beamtenlaufbahn hereinzukommen,' gegen diese Bestrebungen würden sie entsprechende Schritte beim Ministerium einleiten. Dem früheren Minister des Innern, v. Pischek, sowie dessen Nachfolger, v. Fleisch­hauer, sei für das Wohlwollen den Verwaltungsbe­amten gegenüber besonders zu danken. Stadtkassierer Schmiedbleicher- Feuerbach gab den Bericht über die Tätigkeit des Vereins in Sachen des Pensions­gesetzes, der sehr optimistisch ausklang; es soll noch eine Eingabe an die Stände gemacht werden, damit der Entwurf die Wünsche der Verw.-Beamten genügend be­rücksichtigt. Der Vermögensbestand ist lt. Vortrag von Sekretär Lutz- Stuttgart 1203 -K. Unter großem Bei­fall sprach in großzügigem Vortrage Prof. Dr. Kin­de r m a n n - Hohenheim über Volkswirtschaft und Staat. Als Stellvertreter für den Vorstand wurde Schmiedbleicher-Feuerbach gewählt, sonst gab es keine Aenderungen im Ausschuß. In Ulm wird die nächste Tagung abgehalten.

Heilbronn, 4. Aug. Die Neckarzeitung bringt eine ihr aus Forstbeamtenkreisen zugegangene Einsendung, in der dagegen Widerspruch erhoben wird, daß der Ver­such gemacht werde, dem verflossenen Präsidenten der K. Forstdirektion, v. Eraner, die politische Märtyrer­krone aufs Haupt zu setzen. Das, heißt es in dem betr. Artikel, sei nicht auffallend, daß v. Graner ge­gangen sei, auffallend bleibe nur, daß er nicht schon lange seinen Abschied genommen habe. Im allgemeinen nehme man an, daß, wenn jemand so viel schon habe hören müssen von der Kammer, wie Graner, wenn man, wie er, den Forstbeamten des äußeren Dienstes schon habe bekennen müssen, daß es merkwürdig sei, daß man von den eigenen Beamten nicht recht geschätzt werde, während man in ganz Deutschland einen guten Namen habe, wenn man jeden sicheren Rückhalt in seinem Kol­legium verloren habe, und das Finanzministerium das Kollegium gegen einen ausspiele, dann habe man allen Grund, das Ränzlein zu schnüren. Tue man das nicht, dann dürfe man sich nicht wundern, daß der verantwort­liche Ressortminister das gröbste Geschütz auffahre .... In eine Polemik gegen den Minister v. Geßler einzu­treten, einen 12 Seiten langen Schwanengesang an die Forstamtsoorstände zu schreiben, in dem er den Minister anzuklagen sucht, sei inkorrekt, umsomehr, als v. Graner sich zu den Beamten des äußeren Dienstes schon länger in einen bemerkenswerten Gegensatz gestellt habe.

Aalen, 4. August. In Wasseralfingen hat der frühere Gehilfe Schönherr über den Totengräber Waiz- mann bei Streitigkeiten dem Stadtschultheißenamt mitgeteilt, Waizmann habe, wenn er Fundamente für Grabdenkmale einzulegen hatte, keine Grund­mauern gemacht, sondern Pfähle von 1'/- bis 2 Meter Länge in die Gräber geschlagen, wobei sie durch die Särge und die Toten hindurch gingen. Schönherr erhielt für diese Beschuldigung 4 Wochen Arrest, da er schon einmal wegen falscher Anschul­digung bestraft worden war. Diesmal aber setzte er es durch, daß die Ellwanger Staatsanwaltschaft die Gräber aufgraben ließ. Es zeigte sich, daß Schönherr doch die Wahrheit gesprochen hatte. Die Zahl der auf diese Weise geschändeten Gräber und Toten ist noch nicht festgestellt._

Ru» Welt und Zeit.

Paris, 4. Aug. Die Generalratswahlen sind, wie dies auch vor drei Jahren der Fall war, vollkommen ruhig verlaufen. Sie haben nur eine geringe Verschie­bung in der politischen Zusammensetzung der Departe­mentsparlamente gebracht. Die Nationalisten und rechts stehenden Progressisten haben einige 20 Plätze verloren, die von den Linksrepublikanern gewonnen wurden.

Newyork, 4. Aug. Der Redakteur derEvening Sun", Henry Mears, der infolge einer Wette New­york am 22. Juni verlaßen hatte, um eine Reise um

die Welt in 35 Tagen und 22 Stunden zu machen, traf am Sonnabend in Seattle im Staate Washington ein. Da Mears von dort aus Anschluß an den fahrplan­mäßigen Zug hat, wird er seine Weltreise innerhalb der vorgeschribenen Zeit zurücklegen und damit seine Wette gewinnen.

Hankau, 4. Aug. Die Aufständischen in der Provinz Kiangsi haben von Kanton, Hunan und Anhui Verstär­kungen erhalten. Ihre Stärke beträgt jetzt 25 000 Mann. Am Donerstag und Freitag wurden sie in einer großen Schlacht zurückgeschlagen. Die Nordtruppen nahmen eine wichtige Stellung ein, hauptsächlich durch ihre überlegene Artillerie.

Serichtssaal.

Prozeß Krupp (IV.).

Berlin, 4. Aug. Im Krupp-Prozeß hofft man, die Verhandlungen spätestens morgen zu Ende zu füh­ren. Während der Beratung der einzelnenKorn­walzer" wurde heute vormittag die Oeffentlichkeit ver­schiedentlich ausgeschlossen. Ein militärischer Sachver­ständiger gibt darüber Auskunft, daß einer der Korn­walzer Mitteilungen enthalten habe, die auf einer ober­flächlichen Einsicht in die Eeheimakten des Kriegsmini­steriums beruhen, indessen seien in dieser Kornwalze nur Ungenauigkeiten enthalten. Der betreffende Korn­walzer wird dem Angeklagten Pfeiffer zur Last gelegt. Darauf wird untersucht, welche Kornwalzer dem Abge­ordneten Liebknecht zugegangen sind. Die militäri­schen Sachverständigen stellten fest, daß es sich um die Mitteilung genauer Vorschriften von geheimem Mate­rial aus dem Kriegsministerium und der Artillerie- Prüfungskommission gehandelt habe. Oberleutnant Jung vom Kriegsministerium bekundet, daß die Heeres­verwaltung der Firma Krupp gegenüber in artilleristi­scher Beziehung kein Geheimnis habe. Auf eine An­frage der Verteidigung betonte der militärische Sachver­ständige nochmals, daß der Hauptinhalt der Kornwalzer im Interesse der Landesverteidigung geheim bleiben müsse. Darauf ist die Beweisaufnahme so gut wie ge­schlossen. Nach der Mittagspause wird Frau Brandt als Zeugin vernommen, die erklärt, daß keinerlei Be­einflussung auf ihren Mann versucht worden sei. Dar­auf beginnen die Plaidoyers des Anklagevertreters, der zum Schluß

folgende Strafanträge stellt: gegen den Angeklagten Tilian 9 Monate Ge­fängnis und Dienstentlassung, gegen Hinst 9 Mon. Ge­fängnis und Dienstentlassung, gegen Schleuder 8 Mon. Gefängnis und Dienstentlassung, gegen Schmidt 6 Mon. Gefängnis und Degradation, Droese 3 Monate Gefäng­nis, Hoge 3 Mon. Gefängnis, Pfeiffer 1 Jahr Gefäng­nis und Amtsverlust. Die Untersuchungshaft soll keinem der Angeklagten angerechnet werden. Die Beträge, die die Angeklagten vom Zeugen Brandt erhalten haben, sollen eingezogen werden, und zwar von Tilian 300 -4l,

von Schleuder 250 -4l, von Hinst 4- und von

Pfeiffer 900 olt. Darauf erfolgen die Playdoyers der Verteidiger, deren Fortsetzung auf morgen Mittwoch K>10 Uhr vertagt wird.

Stuttgart, 1. Aug. Der Arbeiter Albin Geyer hatte bei einer Hochzeit zu viel getrunken und brachte das Maß dadurch zum Ueberlaufen, daß er nachts um 2 Uhr in einer Wirtschaft in der Neckarstraße sich noch einige Schnäpse genehmigte. Er und sein Anhang lärm­ten dann sehr stark in der nächtlichen Straße, was sie damit begründeten, daß sie eben vergnügt gewesen seien. Ein Polizeiwachtmeister schritt ein und gebot Ruhe. Geyer warf ihm erst eine der in Stuttgart gebräuch­lichsten Verbalinjurie an den Kopf und widersetzte sich dann seiner Festnahme auf ganz unerhörte Weise. Als endlich der Wachtmeister den Säbel zog, um sich gegen die kraftvollen Angriffe Geyers zu verteidigen, nahm dieser mutvoll die Säbelspitze in die Hand und bog den Säbel zurück. In dem Augenblick hoben auch Geyers Komplizen den Polizeibeamten von hinten hoch, aber trotzdem gelang, es wenigstens Geyer dingfest zu machen. Das Schöffengericht gab zu, daß der Angeklagte wohl in hohem Maße, aber nicht sinnlos betrunken war und verurteilte ihn wegen Widerstands und Beleidigung zu einer Gefängnisstrafe von 2 Monaten. Gegen, dieses Strafmaß hatte Geyer Berufung eingelegt, die aber nach der heutigen Verhandlung vor der Strafkammer verworfen wurde.

Vermischtes

Zur Begrüßung.

Nun wollen glücklich wir vollenden Den Kurpark an des Schwarzwalds Fuß.

Schaut an den stillen See, den glatten,

Dabei die blühenden Rabatten,

Gezaubert wie aus einem Guß.

Die Bächlein durch den Rasen springen;

Sie eilen, und mit leisem Klingen So flüstern sie dem Wandrer zu:

O, weil' auf unsern grünen Matten,

Die Väumlein spenden dir den Schatten,

Hier, Pilger, pflege deiner Ruh'!"

Dort drüben, in den luft'gen Hallen

Laßt frohe Klänge uns erschallen! !